Ein Oktobertag in Oslo

Ein Oktobertag in Oslo

Ein Oktobertag in Oslo

Oslo in den 30er Jahren: Tordis ist Model in der Modebranche und hat nur einen Makel: Sie ist geschieden – Ein Skandal im Norwegen der 30er Jahre! Aufgrund von verleumderischen Briefen, verfasst von Tordis Nachbarn, verliert sie ihre Anstellung und erleidet einen Nervenzusammenbruch. Das bringt die übrigen Mieter des Hauses in Aufruhr, denn ein jeder von ihnen hat sich auf seine Weise schuldig gemacht. Als auch der letzte verzweifelte Versuch, zu ihrem Ex-Mann zurückzukehren scheitert, begeht Tordis Selbstmord durch einen Fenstersprung.

Kapitel für Kapitel geht der anonyme, auktoriale Erzähler die Bewohner des Hauses durch und beschreibt jeweils aus ihrer Sicht, wie sie den Nervenzusammenbruch bzw. den Selbstmord erlebt haben. Der gesamte Roman spielt nur an einem einzigen Tag im Oktober, der aber ist einschneidend und zwingt alle Hausparteien zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrem Leben.

Tordis Ravn ist aufgrund ihrer Schönheit, ihrer Jugend und ihres Rufes, dem etwas verwegenes inne wohnt – Tordis ist ja geschieden und außerdem Model -, für alle Männer im Haus Freiwild, aber auch die Frauen sind aus denselben oder ähnlichen Gründen auf Tordis fixiert. Einem jeden dient Tordis als Projektionsfläche für seine eigenen verdrängten Wünsche, Ängste, Sehnsüchte und Gefühle. Der seelische Zusammenbruch der scheinbar unabhängigen und emanzipierten jungen Frau fungiert schließlich als Katalysator, der verdrängte Konflikte an die Oberfläche und zur Explosion bringt. So gesteht z.B. die Frau des Grossisten Hammer ihrem Mann, dass sie ihn mit seinem besten Freund betrogen habe. Zwischen anderen Ehepaaren, etwa den Gabrielsens, herrscht längst Schweigen, das auch durch die nahende Katastrophe nur schwerlich oder gar nicht zu durchbrechen ist. Auch die Welt des Bürochefs Ribe und seiner Frau gerät aus den Fugen und führt ihnen schmerzlich zu Bewusstsein, wie trostlos ihr Leben geworden ist, wie wenig Liebe, Wärme und Geborgenheit zwischen ihnen herrscht und dass sich die Jugendträume nicht erfüllt haben. Mit anderen Worten: Der seelische Zusammenbruch Tordis‘ bringt Selbstbetrug, Egoismus, Mangel an Wärme und Liebesfähigkeit in ihren eigenen intimen Verhältnissen zum Vorschein (Fritz Paul).

Der Roman versteht sich als psychoanalytisches Protokoll und gilt als Norwegens erster Kollektivroman. Hoel deckt hier die Scheinmoral der bürgerlichen Ehe auf. Der Roman ist atmosphärisch dicht und ergreifend.

Literatur:

Fritz Paul, Grundzüge der neueren skandinavischen Literaturen.

Sigurd Hoel
Ein Oktobertag in Oslo
Der seelische Zusammenbruch einer jugen Frau zwingt ihre Mitbewohner zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrem Leben.
ISBN:3453177231
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