Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Don Julius sollte schon lange nach Krumau abgeschoben werden. Doch glaubte er bis jetzt seinen Platz in Prag. Die Vorhersage eines Sternguckers, der Julius Zukunft ebenfalls in Krumau sieht, macht ihn nachdenklich. Doch auf die Sprünge hilft ihm erst der Tod der Hure Mariandl. Er kann sich nicht erinnern, sie umgebracht zu haben, und doch lag sie tot neben seinem Bett. Ein grausiger Anblick.
Begleitet wird der Bastardsohn des Habsburger Monarchen Rudolf II. von seinem Ziehvater Maître d’Alambert.
Kaum hinter den hohen Mauern der Burg verschwunden, erfüllt sich eine weitere Vorhersage des Sternenguckers. Markéta Pichlerovà, die bald die Mätresse Don Julius wird, und ihr Vater, der Bader von Krumau, treten vor ihn, um ihm sein Eigentum zurückzubringen. Es ist ein Knabe ohne Bauchnabel, also ein Kind, das nicht von einer Mutter geboren sein kann. Erschaffen hat ihn der Alchimist Jurij Hezilow, auch Puppenmacher genannt. Und dieser behauptet, und damit bewahrheitet sich wieder ein Teil der Vorhersage des Sternenguckers, Gold machen zu können.
Kein Wunder, dass sich Rudolf II. vom Können des Alchimisten überzeugen will und Hezilow überzeugt ihn auch mit einer spektakulären Vorführung. Daraufhin befielt er den Puppenmacher nach Prag. Doch der Bastardsohn denkt gar nicht daran, Hezilow gehen zu lassen. Er erfindet eine Pestepidemie und lässt die Tore schließen. Niemand kommt mehr herein und vor allem niemand raus. Doch das ist erst der Anfang vom Ende.

„Der Alchimist von Krumau“ ist wunderbar zu lesen. Don Julius, der um Macht und Reichtum kämpft, und dabei immer mehr dem Wahnsinn verfällt; der eitle Maître d’Alambert mit den Schnabelschuhen, der den Bastardsohn lenken und führen soll; Markéta, die Schöne, die Julius unverständlicherweise in Liebe zugetan ist und Jurij Hezilow, der Blender und Betrüger, fesseln den Leser an eine Geschichte, die nur aus Intrigen zu bestehen scheint. Der Autor zeigt Sinn für Details, egal ob es sich um Beschreibungen der weitläufigen Burg an der Moldau, des makaberen unterirdischen Laboratoriums, der damaligen Mode oder des quirligen höfischen Lebens handelt. Er erzählt voller Enthusiasmus, spart nicht mit Spott und Seitenhieben gegen gesellschaftliche Zwänge, und verleiht der Geschichte damit eine ungeheure Lebendigkeit. Die Geschichte ist amüsant, verrückt, tragisch und schaurig. Eine tolle Mischung. Vor allem aber bringt der Autor den Leser zum Staunen. Und er überrascht. Denn so fantastisch und unglaublich die Geschichte auch wirkt, ganz und gar erfunden ist sie nicht. Von 1602 – 1622 war das historische böhmische Krumau tatsächlich im Besitz des Kaisers Rudolf II. von Habsburg und sein Sohn, Don Julius d’Austria, hielt sich mehrere Jahre dort im Schloss auf, bevor er seine Geliebte Markéta Pichlerová in einem Tobsuchtsanfall ermordete.
Dieses Buch begeistert von der ersten bis zur letzten Seite und ist damit sehr zu empfehlen.

Über den Autor:
Andreas Gößling, Jahrgang 1958, studierte Literatur- und Politikwissenschaft und gilt heute als Experte für phantastische, mythen- und kulturgeschichtliche Themen.

Rezension von Heike Rau

Andreas Gößling
Der Alchimist von Krumau
430 Seiten, gebunden
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main
ISBN: 3-8218-0944-2
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