Das gute Leben

Das gute Leben

Heinrich Brodersen macht sich auf in den Schwarzwald, um seinen Patenonkel Dietrich zu besuchen. Um der unliebsamen Reise wenigstens noch etwas Gutes abgewinnen zu können, bucht sich Brodersen am Treffpunkt im Hotel Schwarzwaldhof gleich ein paar Tage Wellness-Programm mit. So kann er doch wenigstens auf etwas Erholung hoffen.
Er ist sogar noch vor dem Onkel da. Der wird sich verspäten, muss einige Untersuchungen im Krankenhaus über sich ergehen lassen. Also geht Brodersen hinunter ins Hotelrestaurant. Kurzerhand wird er vom Oberkellner am Herrentisch platziert und so ergeben sich die ersten Gespräche mit den anderen Hotelbewohnern. Auch die Abendveranstaltung zum Thema „Was ist für Sie Glück?“ gibt Anlass zu Diskussionen. Brodersen wird etwas derb in seinen Formulierungen und irritiert die Gruppe, und das mit Freude.
Der Aufenthalt im Hotel mit den vielen Gesprächen mit dem ihm eigentlich fremden Personen, und auch die seltsamen Behandlungen des Haustherapeuten lassen seine Kindheit wieder lebendig werden. Längst Vergangenes, aber keineswegs Abgehaktes kommt ihm wieder hoch und beeinflusst sein Denken. Besonders der in seiner Kindheit eine große Rolle spielende Großvater, mit seinen verhassten Erziehungsmethoden, macht ihm gedanklich zu schaffen. Aber es geht auch um andere Dinge, welche die vergangene Zeit nicht ungeschehen gemacht hat. Außerdem muss er damit fertig werden, dass sein Onkel wieder an Krebs erkrankt ist und kaum noch eine Chance hat. Brodersen versucht Ordnung in die Gedanken und das Leben zu bringen, sucht alte Bekannte wieder auf, darunter auch eine Freundin, die er nie vergessen konnte. Sie hat eine besondere Überraschung für ihn, die sein ganzes Leben umkrempeln wird.

Was anfangs so dahinplätschert, entpuppt sich bald als spannende Geschichte. Dabei geht es eigentlich nur um das bisher gelebte Leben. Viel scheint es für Brodersen nicht gebracht zu haben, auch wenn er beruflich erfolgreich ist und eine nette Freundin hat. Und dann holt ihn, er ist jetzt um die fünfzig, auch noch die Vergangenheit ein. Alte Vorfälle aus seinem früheren Leben, an die er sich gar nicht erinnern will, drängen sich auf wie Albträume. Der Kopf gibt keine Ruhe. Man fragt sich, wo das hinführen soll und wird dann sehr überrascht. Das Ganze hat einen tieferen Sinn. Im Nachhinein scheint es fast, als hätte Brodersen das unbewusst geahnt. Als wäre da was, was er übersehen hat, etwas das seinem langweiligen Leben doch noch die entscheidende Wende geben kann und einen Sinn.

Das Buch ist gut geschrieben, die Dialoge perfekt ausgearbeitet. So kann man sich die Menschen, mit denen Brodersen zusammenkommt, leicht vorstellen. Auch wenn man sich wundert, mit welcher Offenheit die Gespräche zwischen Fremden geführt werden. Aber hier hat jeder Probleme mit dem Leben, an denen er fast erstickt und das muss raus, ganz schonungslos. Und so steht die Frage im Mittelpunkt, was eigentlich ein gutes Leben ausmacht. So viele Chancen wurden verpasst. Falsch abgebogen an den Kreuzungen des Lebensweges. Aber auch mit 50 Jahren hat man es noch in der Hand, sich für einen neuen Weg zu entscheiden. Das ist wohl die Botschaft, dieses Buches.

Über den Autor:
Franz-Maria Sonner wurde 1953 geboren. Der Autor lebt heute in München.

Rezension von Heike Rau

Franz-Maria Sonner
Das gute Leben
221 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann, München
ISBN: 3-88897-408-9
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