Stéphane Audeguy: Das Leben des François Rousseau, von ihm selbst erzählt

Stéphane Audeguy: Das Leben des François Rousseau, von ihm selbst erzählt

Abenteuer und Aufbruch: Leben im 18. Jahrhundert.

Das Leben des François Rousseau wirft ein besonderes Licht auf das 18. Jahrhundert, das als das Jahrhundert der Aufklärung in die Geschichte eingegangen ist und mit der französischen Revolution endete.
Als Greis blickt François Rousseau auf sein Leben zurück und schildert in fiktiven Erlebnissen seinem Bruder Jean-Jacques sein vergangenes Leben.
Während der Bruder zu den großen Vordenkern der französischen Revolution gehörte und mit seinen
„ Bekenntnissen“ und vielen anderen Werken weltberühmt wurde und bis heute unvergessen blieb, frönte sein Bruder François den sinnlichen Genüssen und erfreute sich eines ausschweifenden Lebenswandels!
In Genf als erster Sohn seiner Eltern geboren, begegnete er schon in frühen Kinderjahren dem Marquis de Saint – Fonds, Sohn aus altem französischem Adel, der sich in Genf niedergelassen hatte. Die beiden ungleichen Freunde genießen gemeinsame Lehrstunden und gehen ihren sinnlichen Gelüsten nach.

Jean-Jacques wurde nach dem Tod der Mutter zum erklärten und verzärtelten Liebling des Vaters, während sich François alleine behaupten musste. Er ist gewissermaßen ein Antipode, der, wenngleich klug, das Leben aus der bodenständiger Position heraus betrachtet. Ein schwieriges, leichtlebiges und genussvolles Leben führt ihn von Ort zu Ort, und er lernt, sich in guten und schlechten Tagen durchzuschlagen. Aus Genf geht es unter abenteuerlichen Umständen nach Frankreich, der Hochburg des Feudalismus und der Knechtung der Armen. Er findet Freunde, Gönner und Gönnerinnen, und sein Leben verläuft reich an Höhen und Tiefen. Bei seinen Ortswechseln lernt er Reichtum und Armut, Ungerechtigkeit und Ausbeutung, Verluste von Menschenrechten und den Kampf ums Überleben kennen. Zuletzt erreicht er Paris, wo er sich in Philosophenkreisen bewegt und in Bordellen verkehrt und mitten hinein in die Unruhen der französischen Revolution gerät. Hier wird der Bericht ein wenig langatmig, zeigt jedoch zwei Brüder, von denen der eine der Denker, er andere der praktische Teilnehmer der französischen Revolution wurde. Francois lernt Diderot kennen, sitzt in der Bastille ein, entgeht seinen Henkern, trifft den Marquis de Sade und überlebt schließlich als alter Mann die Verfolgungen und Auswüchse der Jakobinischen Herrschaft.

Stéphane Audeguy hat den Ton der vorrevolutionären Stimmung getroffen und in eindrucksvollen Bildern in Szene gesetzt. Man fühlt sich als stiller Beobachter des jungen und älter werdenden Reisenden, und fiebert mit ihm seinen Abenteuern entgegen. Ärmliche Unterkünfte, bewegende Verführungskünste und dunkle Verliese lassen ein mittelalterliches Szenario lebendig werden, das einen berührt und gelegentlich das Fürchten lehrt. Verschiedene Lehrherren demonstrieren die herrische Grausamkeit, die als Mittel zum Zweck der Züchtigung an der Tagesordnung war. Soziale Missstände zeigen das Ausmaß der Ungleichheit und Verkommenheit, in der sich die Menschheit befand. Audeguy ist ein hervorragender Rechercheur und Interpret dieses von der französischen Revolution beherrschten Jahrhunderts. Sein Entwurf richtet sich strikt am Zeitgeist aus, so dass man fast überzeugt ist, es hier mit den richtigen Lebenserinnerungen des François Rousseau zu tun zu haben.
Und doch ist alles nur Fiktion!

Stéphane Audeguy
Das Leben des François Rousseau, von ihm selbst erzählt
Schirmergraf
296 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3865550439

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