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Monat: Januar 2012

Carola Clasen: Tote gehen nicht den Eifelsteig

Carola Clasen: Tote gehen nicht den Eifelsteig

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Wer die Krimis von Carola Clasen kennt, der weiß, dass man um den Humor darinnen nicht herum kommt. Charmanter Humor, der nicht durch die Vordertür hereinpoltert, sondern ganz feinsinnig zwischen den Zeilen zu entdecken ist. So auch in dem aktuellen Krimi „Tote gehen nicht den Eifelsteig“ aus dem KBV-Verlag.

Den Anfang nimmt das Desaster in der „Klinik am Wald“. Hier ist der Posten des Chefarztes demnächst neu zu besetzen. Die beiden Oberärzte, die bis dato enge Freunde aus der Schulzeit waren, streben diese Stelle an. Der Verwaltungsdirektor und der Noch-Chefarzt mögen keine Entscheidung zwischen den beiden Bewerbern treffen. Was liegt da schon näher, sie den beiden selbst zu überlassen. Aber selbst bei so langjährigen Freunden ist eine friedliche, im Gespräch getroffene Einigung schwer vorstellbar. Also einigen sich beide auf einen Wettstreit: Wanderung auf dem Eifelsteig, einem 330 Kilometer langen Wanderweg von Aachen bis nach Trier, quer durch den Nationalpark Eifel. Einer von ihnen startet in Aachen, während sich der andere in Trier auf den Weg macht. Auf halber Strecke sollten sie sich über den Weg laufen. Die zurückgelegte Strecke ist mit Hotelbelegen und Fotos nachzuweisen. Als sie dieses Wettrennen vereinbaren, ahnt keiner, dass ihr Weg mit Leichen gepflastert sein wird. Die Verwicklungen nehmen ihren Lauf.

Ein Eifelkrimi, der sich dieses Mal der gesamten Eifel annimmt und in welchem die bereits bekannte Protagonistin Hauptkommissarin Sonja Senger unentwegt auf dem Strohhalm kaut, weil sie sich gerade das Rauchen abgewöhnen will.
Ein Eifelkrimi, der Spaß macht auf mehr. Sowohl, was das Lesen angeht, als auch das Wandern in der Eifel. Für ersteres steht mit „Die Eifel sehen und sterben“ schon der nächste Clasen-Krimi in den Startlöchern.

Carola Clasen
Tote gehen nicht den Eifelsteig
262 Seiten, broschiert
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3942446057
ISBN-13: 978-3942446051

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Hans Zippert: Die 55 beliebtesten Krankheiten der Deutschen – Im Selbstversuch getestet

Hans Zippert: Die 55 beliebtesten Krankheiten der Deutschen – Im Selbstversuch getestet

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Das Buch ist Mogelpackung und der Titel ein Lockvogel. Man kann es nicht anders sagen. Der Autor hat sich nicht extra für dieses Buch Blasenentzündungen, Parasitenbefall, Hämorrhoiden, Sehschwäche, Flugangst, Wechseljahresbeschwerden oder Altersstarrsinn zugelegt, auch wenn diese Krankheiten im Inhaltsverzeichnis stehen und als Überschriften für die Texte herhalten müssen. Es ist ohnehin Unsinn zu glauben, man könne sich eine Krankheit einfach zu zulegen, die kommen von ganz allein, auch wenn natürlich Fördermöglichkeiten bestehen.

Hans Zippert versucht uns mit seinem Buch seine alten satirischen Texte, bereits veröffentlicht auf den Blogseiten der Zeitschrift „Cicero“, unterzujubeln. Diese jetzt noch mal in einem Buch versammeln zu müssen, schreibt er seiner Krankheit „Verlustangst“ zu. Da ihm klar war, dass diese Kolumnen auch in Buchform kaum einer lesen würde, hat er diesen reißerischen Titel für seine Texte missbraucht, um wenigstens einen Verlag zu überzeugen. Es ist eine Wiederholungstat, denn das Buch erschien schon einmal (Edition Tiamat, 2008). Wobei die vorliegende Auflage auch einige neue Texte enthalten soll.

Tja, und so muss man sich mit den mal mehr, mal weniger lustigen Texten auseinandersetzen. Wobei es auch reicht, sie einfach nur zu lesen. Es geht um dies und das aus dem Alltag eines beruflich schreibenden Familienvaters, der Sorge hat, zu sterben, bevor die Steuererklärung gemacht ist, an Verschwörungstheorien arbeitet, es mit seiner Tierliebe übertreibt, der Morgengymnastik mag, unter eingebildeten Krankheiten leidet und eben einfach zu viel denkt und das alles auch noch aufschreiben muss.

Diese kurzen satirischen Texte helfen schon ein wenig über die gekonnt gemachte Täuschung hinweg. Trotzdem, wenn man was anderes bekommt, als erwartet, und auch noch dafür bezahlt hat, ist das immer eine Enttäuschung. Es wird Leser geben, die das genauso sehen.

Rezension von Heike Rau

Hans Zippert
Die 55 beliebtesten Krankheiten der Deutschen – Im Selbstversuch getestet
192 Seiten, broschiert
Heyne Verlag, München
ISBN-10: 3453590252
ISBN-13: 978-3453590250
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Laurence Gonzales: Lucy

Laurence Gonzales: Lucy

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Nur durch Flucht kann die im Kongo arbeitende Primatologin Jenny Lowe den Rebellen entgegen. Sie schafft es zu Donald Stones Hütte. Er wurde umgebracht. Doch seine Tochter ist am Leben. Jenny nimmt die 15-jährige mit sich. Die beiden fliehen zum Fluss, werden von einer Familie in einem Holzboot mitgenommen und schaffen es so bis ins nächste Dorf. Hier kann Jenny einen Kontakt zur britischen Botschaft in Kinshasa herstellen. David Meece organisiert die Ausreise und nimmt Jenny und Lucy mit nach London. Von hier aus reisen beide nach Chicago, wo Jenny in einem Vorort ein Haus hat.
Lucy, die im Dschungel bei ihrem Vater und den Bonobos aufgewachsen ist, bekommt all das zu sehen, über das sie bisher nur in Büchern gelesen hat. Sie muss sich an die Stadt erst gewöhnen.
Jenny ist aufgefallen, dass Lucy ein ganz besonderes Mädchen ist, das über erstaunliche Fähigkeiten verfügt. Bis ihre Familie mütterlicherseits ausfindig gemacht worden ist, will sie Lucy bei sich behalten. Erst die mitgebrachten Tagebücher Donald Stones, öffnen ihr die Augen.

Lucy ist das Ergebnis eines Experimentes, das ihr Vater durchgeführt hat. Sie trägt die Gene von Mensch und Menschenaffe ins sich. Lucy ist mit diesem Wissen aufgewachsen, ohne zu ahnen, welche Konsequenzen dies haben wird, auch wenn ihr Vater, der später bereut, was er getan hat, sie versucht hat, darauf vorzubereiten. Man nimmt Teil an Lucys Versuch, sich mit Jennys und später auch mit Amandas Hilfe, die ihre beste Freundin wird, ein normales Leben aufzubauen. Es ist interessant zu lesen, wie Lucy, die ohne Kontakt zu anderen Menschen, außer ihrem Vater, über unsere Gesellschaft denkt, was sie mit ihrer scharfen Beobachtungsgabe und ihren guten Instinkten wahrnimmt.
Der Wendepunkt kommt, als Lucy aufgrund einer Krankheit, die eigentlich nur Tiere bekommen können, ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen muss. Ihre Gene sind daraufhin kein Geheimnis mehr.

Die Geschichte, die der Autor mit diesem Buch durchspielt, ist sehr spannend gemacht. Man kann sich der widersprüchlichen Gefühlte, die es auslöst, nicht entziehen. Ist Lucy ein Mensch oder ein Tier? Auch mit dieser Frage beschäftigt sich die Geschichte und man kann sich vorstellen, dass die Meinungen der Menschen im Roman, weit auseinander gehen. Die Geschichte dieses unglaublichen Experiments wird von vielen Seiten beleuchtet.

Teilweise ist es schwer, hier zu folgen. Manches ist nicht ganz schlüssig, anderes wirkt zu realitätsfern, zu unglaublich. Zum Ende hin wird der Roman immer dramatischer und emotionsgeladener und darf sich zurecht Thriller nennen. Die Geschichte geht zu Herzen, man fiebert mit, denkt mit, kommt nicht umhin zu versuchen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Es ist ein Buch, das lange nachwirkt.

Rezensionen von Heike Rau

Laurence Gonzales
Lucy
Deutsch von Britta Mümmler
432 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248904
ISBN-13: 978-3423248907
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Eva Goris und Claus-Peter Hutter: Der Duft-Code – Wie die Industrie unsere Sinne manipuliert

Eva Goris und Claus-Peter Hutter: Der Duft-Code – Wie die Industrie unsere Sinne manipuliert

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Alles duftet! Die Zahnpasta nach Pfefferminze, der Lufterfrischer nach Sauberkeit, der Weichspüler nach Meeresprise, die Duftkerze nach Apfel und Vanille und das Geschirrspülmittel nach Zitrone. Man könnte diese kleine Aufzählung beliebig fortsetzen.

Eva Goris und Claus Peter Hutter haben sich einmal mit dem Thema beschäftigt. Die Medaille hat nämlich zwei Seiten. Düfte und Aromastoffe haben eine bestimmte Wirkung. Das weiß man auch aus der Aromatherapie. Der Mensch ist also durch Düfte beeinflussbar und eben auch, möglicherweise ohne sein Wissen, manipulierbar. Das ist den wenigsten Menschen klar.

Die Autoren sprechen nicht umsonst von Duftterror, denn überall werden Düfte eingesetzt. Geschäfte werden beispielsweise beduftet, Büroräume und Hotels.
Daneben können Düfte auch Nebenwirkungen haben und Allergien verursachen. Empfindlichen Menschen werden Düfte auch schnell unangenehm. Leichtfertig sollten diese also nicht eingesetzt werden, auch nicht zu Hause. Aber wer denkt schon darüber nach? Dabei machen Aromen nicht mal vor unserem Essen halt.
So duftet und schmeckt der Joghurt herrlich nach Erdbeeren, obwohl kaum Erdbeere enthalten ist. Geschmacksaromen findet man neben Geschmacksverstärkern in vielen Fertigprodukten.

Spannend und informativ ist das Buch, das viele Aspekte, Düfte betreffend, aufgreift. Es geht den Autoren nicht darum, diese zu verteufeln. Denn Düfte faszinieren uns, sind oft angenehm, wecken Erinnerungen oder versetzen uns in Stimmung. Riecht dagegen etwas schlecht, löst das Alarm aus, und schützt uns beispielsweise davor, verdorbenes Essen aufzunehmen. Nicht zuletzt werden auch zwischenmenschliche Gefühle durch Duftmoleküle beeinflusst. Diese Sensibilität für Gerüche wollen wir nicht verlieren.

All diese Themen und viele mehr beleuchten die Autoren näher. Die Texte sind spannend und unterhaltsam zugleich. Man kommt ins Staunen, in welcher Art und Weise und vor allem in welchem Umfang künstliche Düfte heute genutzt werden und das sehr sorglos. Es scheint hier keine Grenzen zu geben. Und das ist dann doch schon ein wenig besorgniserregend. Oder ist das übertrieben?

Jeder kann sich selbst seine Meinung bilden. Dazu haben die Autoren recherchiert und zusammengetragen, was Produzenten und Anwender sagen, was Experten und Verbraucherschützer meinen und auch Vertreter aus der Politik befragt, ob Handlungsbedarf gesehen wird. Fest steht, der Verbraucher hat zu wenige Informationen. Mit dem Buch ändert sich das. Gut ist in diesem Zusammenhang das letzte Kapitel des Buches. Die Autoren zeigen hier, wie man den Umgang mit Düften wieder in halbwegs normale Bahnen lenken kann, soweit man es selbst in der Hand hat.

Rezension von Heike Rau

Eva Goris und Claus-Peter Hutter
Der Duft-Code
Wie die Industrie unsere Sinne manipuliert
288 Seiten, gebunden
Wilhelm Heyne Verlag, München
ISBN-10: 3453200012
ISBN-13: 978-3453200012
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Italo Svevo: Zenos Gewissen

Italo Svevo: Zenos Gewissen

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Selbstbetrachtungen eines eingebildeten Kranken.

Wohl selten hat ein Dichter mit der gleichen Detailbesessenheit über die letzte Zigarette geschrieben wie Italo Svevo, der mit bürgerlichem Namen Ettore Schmitz hieß. Von James Joyce entdeckt und zu seiner schriftstellerischen Arbeit ermutigt stammen aus seiner Feder die schönsten Romane, in denen er mit Akribie das Innenleben seiner Protagonisten offenlegt.

In diesem Roman heißt der Held Zeno Cosini, der am Leben und seinen inneren Verrenkungen über die Bewertung des Für und Wider seiner Handlungen zu scheitern droht. Auf Geheiß seines Psychoanalytikers schreibt er eine Art Autobiographie, in der er sein Innenleben und seine psychischen Qualen beschreibt.

Zu Beginn liest man auf ca 100 Seiten in dem Roman von Italo Svevo die unmöglichsten Versuche seines Helden, von der gesundheitsschädlichen Zigarette los zu kommen. Er geht sogar in ein Sanatorium, das er auf schnellstem Wege wieder verlässt, denn seine letzte Zigarette ist immer nur die vorletzte. Er schafft es einfach nicht!

Seine Gedanken wandern zurück zu seinem Vater und dem frühen Tod seiner Mutter. Immer windet er sich in Gedanken, ob dieses oder jenes Verhalten richtig oder falsch ist. Mit anderen Worten: wir haben es mit einem ernsthaft schweren Neurotiker zu tun. Und die Psychoanalyse ist es auch, die unseren Autoren und seine Werke innerlich tief durchdringen. Hat doch Italo Svevo zu seiner Zeit die Traumdeutung von Sigmund Freud ins Italienische übersetzt.

Unser Held Zeno Cosini möchte schließlich eine Frau zu seinem Glück finden. Als drei der vier Töchter von Giovanni, seinem Geschäftspartner, Freund und Gönner, ihn nach und nach abweisen, bleibt er an Augusta, der hässlichsten der vier Schwestern, hängen. Und es passiert Unfassliches: er findet sein Glück bei ihr! Rührend kommen seine Ängste zum Ausdruck, wie sehr dieses Glück von der Endlichkeit begrenzt sein wird. Die alten Zweifel verfolgen ihn, doch dann erkennt er: „Ich begriff endlich, was vollkommene menschliche Gesundheit ist, als ich erahnte, dass die Gegenwart für sie, Augusta, eine fassliche Wahrheit war, in der man sich einrichten und es sich bequem machen konnte.“

Doch leider gelingt unserem Helden das nicht!

Er quält sich weiter durchs Leben gepeinigt von Eifersucht, beängstigenden Einbildungen und Vorstellungen, die ihn nie zur Ruhe kommen lassen. Untreue gepaart mit Selbstzweifeln und Eifersucht vergiften sein Leben vom Anfang bis Ende. Wie Italo Svevo sich in seinen Protagonisten hineinversetzt, lässt ahnen, dass er gewisse Erfahrungen selber gemacht haben muss. Von feiner Selbstironie und triftigen Ängsten getragen liest man sich durch diese Abhandlung einer Seelenverirrung, wie sie nirgends besser beschrieben ist. Man ist fasziniert von dem, was kranke Seelen umtreiben kann und liest die fragilen Seelenverrenkungen mit wachsender Aufmerksamkeit. Gilt es doch zu erkennen, dass die eine oder andere Einbildung auch von ganz normalen Sterblichen nachempfunden werden können.

Italo Svevo ist Zeitgenosse von Proust und etwas später auch James Joyce.

Sein herausragendes Werk, das 1929 zum ersten Mal erschienen ist, findet sicher in der Neuübersetzung von Barbara Kleiner wie schon zum früheren Erscheinungszeitpunkt begeisterte Leser!

Italo Svevo
Zenos Gewissen
800 Seiten, gebunden
Manesse Verlag, September 2011
ISBN-10: 3717522264
ISBN-13: 978-3717522263
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