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Kategorie: Essay

Daniel Schreiber: Allein

Daniel Schreiber: Allein

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Eine Philosophische Abhandlung über das Leben mit seinen zahlreichen Facetten im Zusammen- und Alleinleben.

In den Schriften von Daniel Schreiber geht es darum, wie wir in der Welt verortet sind.
Schon in dem Buch „Zuhause“ ging es um sehr persönliche Fragen dieser Denkrichtung.
In dem jetzt erschienenen Buch „Allein“ stellt der Autor die gleichen Fragen nun aber bezogen auf sein Dasein als Schriftsteller.
Er bezieht Stellung zu seinem Alleinsein und sucht die Gründe für das Leben ohne Liebe oder eine Zweisamkeit. Wie und auf welche Weise lebt man überhaupt in den Beziehungen zu anderen Menschen?

Dass die Liebe und die Gemeinschaft mit anderen unser soziales Leben bestimmen, ist unleugbar.
Nicht jedem aber ist es vergönnt, eine anhaltend gute Beziehung in der Zweisamkeit zu finden.

Für uns Menschen können Freundschaften einen großen Teil sozialer Einsamkeit abdecken. Für seine Freundschaften ist D. Schreiber ausdrücklich dankbar und definiert genau, wo Freundschaften anfangen, und wie es um Bekanntschaften steht, und wie verschieden Beziehungen sein können. Unwillkürlich denkt man an den jungen Pianisten Igor Levit, der in allen Gesprächen betont, wie wichtig ihm Menschen, gute Freunde und Freundinnen sind, auch und gerade in schwierigen Zeiten, wichtiger sogar als die Musik!

Daniel Schreiber entwickelt seine Ideen, in dem er u.a. auf die Aussagen bekannter Schriftsteller und Philosophen zurückgreift. Er bleibt in der Erzählung jedoch bei sich, denn die Reflexion eigener Erfahrungen werden zur Grundlage für seine Theorien über das Alleinsein.

Die Natur als Entdeckung und Horizonterweiterung wird von ihm unglaublich einfühlsam beschrieben. Er war zu einem Literaturaufenthalt in der Schweiz eingeladen. Sehr lustlos hat er die Reise angetreten, um dann in Schnee, Kälte und einsamen Wanderungen die Befreiung seiner Seele zu erleben. Das ist hinreißend geschildert.

In weiten Teilen greift Schreiber die Wochen und Monate der Pandemie auf, um anhand der Lebensformen, die uns alle betreffen, über Isolation und Einsamkeit nachzudenken.

Zwischen den Reflexionen über sein Leben zitiert Schreiber unzählige Autoren und Philosophen, die ihm bei seinen Einsichten Stützpfeiler zur Selbsterkenntnis waren.

Das Buch mit seinen Essays regt zum Nachdenken an. Die Abhandlungen sind intensiv und einprägsam.

Die Denkschrift von Daniel Schreiber ist nicht unterhaltsam. Sie enthält eine Analyse wichtiger Stadien menschlichen Seins im Sozialgefüge menschlichen Zusammenlebens am Beispiel seines eigenen Lebens. Dabei eröffnet sich auch für uns Lesende der Horizont in Richtung Kontemplation und Begreifen. Eine sehr empfehlenswerte und erhellende Studie ist Daniel Schreiber mit seiner Schrift gelungen.

Im Anhang findet man eine lange Liste zitierter Schriften und Autoren.

Daniel Schreiber
Allein
Hanser Berlin, 6. Auflage September 2021
160 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446267921
ISBN-13: 978-3446267923
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Annie Ernaux: Eine Frau

Annie Ernaux: Eine Frau

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Annie Ernaux hat bereits in drei früheren Büchern Episoden aus ihrem Leben erzählt.
Ihre emotionale, visuelle und intellektuelle Wahrnehmung über Tage und Jahre oder Beziehungen ihres Lebens sind tief berührend und erschütternd.

Hier geht es um ihre Mutter, nach deren Tod sie diese Erinnerungen verfasste.
Aus ärmsten Verhältnissen stammend ist das Leben ihrer Mutter vom Kampf um Arbeit und gesellschaftlichem Ansehen hart gezeichnet.
Ihre zweite Tochter nach dem Tod einer ersten soll es einmal besser haben. Wir wissen aus Ernaux’ anderen Büchern, dass dieses Mädchen Annie begabt war und den Aufstieg ins bürgerliche Milieu geschafft hat. In den assoziativ verfassten Erinnerungen der Autorin wird man unmittelbar konfrontiert mit gesellschaftlichen Gegensätzen zwischen arm und reich, zwischen gebildeten Bürgern und denen, die sich des Geldmangels wegen um derlei Bildung nie kümmern konnten. Mühsam ist der Weg zum aufstrebendem Bürger, wenn der Alltag alle Kräfte verzehrt, so dass kein Moment der Muße, des Genusses und der Kontemplation möglich ist. Annies Mutter ging es nach außen hin um gutes Ansehen, um den Erhalt von Würde und Anstand.
Annie entfernte sich aus dieser Welt; zuerst in einem Job als Betreuerin in einem Kinderferienlager, dann durch den Besuch weiterführender Schulen bis zur Universität.
Sie heiratet einen Mann aus gut bürgerlichem Milieu und bekommt zwei Kinder.

Der Kontakt zu den Eltern bleibt erhalten. Als der Vater stirbt, kümmert sich Annie um die Mutter. Diese hat einen starken Charakter und feste Prinzipien in ihrer Lebensführung.
Es geht in dem schmalen Büchlein nur um die Mutter. Annie Ernaux versteht wie durch ein Brennglas ihre objektive Berichterstattung von ihren eigenen Gefühlen zu trennen. Doch spürt man sehr wohl, dass sie nicht ohne innere Teilnahme ist.
Mutter und Tochter sind so verschieden! Annie Ernaux schwankt zwischen beobachtender Anhänglichkeit, Rebellion und Verständnis.
Tief anrührend beschreibt sie das Alter und die Demenz der Mutter. Erst spät erkennt Annie Ernaux, wie sehr sie sich getäuscht hat, und wie sehr sie mit ihrer Mutter im Innersten doch verbunden war!
Ihr Tod lässt sie gewahr werden, dass ihre Brücke zur Kindheit Vergangenheit ist.
Man liest das schmale Büchlein in wenigen Stunden und bleibt von so viel Offenheit der Autorin ein wenig sprachlos. Die Verbindung von sezierend- klarer Einsicht und innerer Beteiligung ist frappierend. Alle vier biographischen Essays, und so möchte ich ihre Bekenntnisse bezeichnen, sind eindrucksvoll und einmalig in Sprache, Duktus und Wiedergabe von Erlebten.
Sehr lesenswert!

Annie Ernaux
Eine Frau
88 Seiten, gebunden
Suhrkamp Verlag, Oktober 2019
ISBN-10: 351822512X
ISBN-13: 978-3518225127
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Julian Barnes: Am Fenster

Julian Barnes: Am Fenster

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Abhandlungen über das Leben als Schriftsteller.

Julian Barnes gehört zu meinen unbedingten Favoriten unter den englischsprachigen Autoren. Auch mit seinem neuen Buch, den Essays und einer Shortstory, enttäuscht er nicht.
Im Gegenteil: wie er in einem Prolog auf 1 ½ Seiten erklärt, welche Bedeutung die Literatur in unserem Leben hat, zeigt sich der wahre Meister. Ja, durch Literatur lernen wir die Welt verstehen! Zitat “Literatur erklärt und erweitert das Leben mehr als jede andere schriftliche Form“. Und ein weiteres Zitat: “Romane erzählen uns die reinste Wahrheit über das Leben; was es ist, wie wir es leben, wozu es da sein könnte, wie wir es genießen und was es uns wert ist, wie es misslingt und wie wir es verlieren“. Prägnanter und kürzer könnte man nicht ausdrücken, wie Literatur unser Leben erfasst.
Hinzu kommt seine Wortwahl, mit der sich der Leser unmittelbar angesprochen und in seine Überlegungen mit einbezogen fühlt.

In den folgenden Essays beschäftigt sich Barnes mit Ford Madox Ford, dessen Vorzüge in seinen Schriften er zu beschreiben weiß. Zahlreiche namhafte Schriftsteller wie George Orwell, Graham Greene, Henry James und viele andere mehr finden Eingang in seine Gedanken. Kiplings Frankreich und Frankreichs Kipling zeigen seine geist – und kenntnisreiche Art, sich mit Autoren auseinanderzusetzen und sich in deren Werke zu vertiefen.
Barnes erwähnt die Vorlieben dieser Dichter, ihre schriftstellerischen Besonderheiten, den Umgang mit dem Leser und so fort. Er offenbart sein breites Wissen über Schriftsteller der Vergangenheit und Gegenwart. Man wird sich manche Namen merken und andere wieder vergessen. Kipling, Dickens und Houellebeque werden ausführlich erörtert. Wer die Romane der genannten Autoren kennt, ist besser dran beim Lesen der Essays als der Unwissende.

Am unmittelbarsten nähert sich Julian Barnes dem Leser, wenn er ihn mit seiner eigenen Entdeckung der Literatur konfrontiert.
Seine Ausführungen gleichen Vorlesungen über Literatur. Man kann sie in schneller Folge lesen oder immer mal wieder in den Essays blättern. Das ganze Buch ist ein Plädoyer für die Welt der Bücher!

Julian Barnes
Am Fenster
352 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch,Januar 2016
ISBN-10: 3462048643
ISBN-13: 978-3462048643
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Julian Barnes: Lebensstufen

Julian Barnes: Lebensstufen

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Von der Liebe und anderen Leidenschaften…

Diese drei Essays von Julian Barnes enthalten allerlei Erkenntnisse über das Leben, über Bindungen, Verlust, Leidenschaft und Trennungen.
Von der Ballonfahrt als Möglichkeit, die Erde von oben zu betrachten handelt dieses Buch ebenso wie von Liebe, Vergänglichkeit und Tod.
Über die ersten Ballonfahrten des Pioniers auf dem Gebiet der Raumfahrt berichtet Julian Barnes und stellt einen symbolischen Bezug her über Freiheit und Bindung.
Nadar war ein bekannter Ballonfahrer und Fotograph. Fotographie kann Momente bannen, doch menschliche Ereignisse in ihrer Dynamik lassen sich so nicht festhalten. Zu dieser Schlussfolgerung kommt der Autor.
Er  erläutert ferner Liebesverlangen und Verzicht. Sie sind Bestanteile unseres Lebens genau so wie Veränderungen, die der Liebe erst Bestand geben können. Über Sarah Bernhardt als Zielobjekt der Begierde handelt ein Teil des Buches. Sie wird gerne umworben, lässt sich aber kaum je erobern. Viele Männer haben sie begehrt, fast niemandem aber hat sie dauerhafte Liebe gewährt.
Im letzten Kapitel berichtet Julian Barnes über den Verlust seiner Frau, die ihm so fehlt. Hilflose Versuche des Trostes seiner Freunde sind ihm suspekt. Niemand kann ermessen, wie anhaltend der Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen bleiben kann.
Julian Barnes versteht die Menschen in ihren Abgründen und in ihren tiefsten Sehnsüchten. Er bringt uns in Metaphern seine Erkenntnisse nahe, denn er kennt sich aus mit der menschlichen Seele. In dem vorliegenden Büchlein fasst er seine Einsichten über das Leben, seine Tücken und Tiefen, haarscharf zusammen. Man liest es in einer ruhigen Stunde und findet Weisheiten, die einem selbst das Leben plausibler erscheinen lassen. Manches bleibt ungesagt und vieles muss man aus dem erfassen, wie er es umschreibt. Ein kleines Werk mit Tiefgang ist ihm gelungen!

Julian Barnes
Lebensstufen
144 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, Februar 2015
ISBN-10: 3462047272
ISBN-13: 978-3462047271
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Val Sidal, ZEIT.E – Voicings (Buchvorstellung)

Val Sidal, ZEIT.E – Voicings (Buchvorstellung)

Im Rahmen der Edition Leselupe bieten wir Autoren die Möglichkeit, ihre Bücher als Taschenbuch und Hardcover zu veröffentlichen. Die aktuellen Veröffentlichungen stellen wir Ihnen natürlich auch auf dem Blog der Leselupe vor.

Ob in der Steinzeit, heute oder im Jahr 2222 – Val Sidals Geschichten beobachten ihre Protagonisten an Wende(zeit)punkten ihres Lebens: Angst und Lust, Freude oder Not – und die Liebe entscheidet. Lakonisch, gelegentlich ironisch, aber immer einfühlsam führen sie den Leser aus dem Komfort der Normalität hinaus, halten jedoch zum Zeitpunkt der oft überraschenden Zwickmühlensituationen keine vorgefertigte Zukunft bereit. Es bleibt dem Leser vorbehalten, die Lebensläufe der Figuren fortzuführen.
Wie unterschiedlich das Leseerlebnis sein kann, zeigen zwei Kommentare zu „Die Schweiz im Garten“: „…der Text SCHREIT nach einer Fortsetzung!“ und „…mein Eindruck nach intensivem Lesen: Ein fertiger, abgeschlossener Text!“ Kräftige Konturen, wie in „Has’n Euro?“: „Sie wurde nicht zum Leben gefickt. Sie wurde gemixt, sagte sie, keine Frucht einer Befruchtung. Ein Früchtchen, verfaultes Fallobst, ein Remix.“, wechseln sich mit leisen Tönen ab: „Wenn der Zug im letzten Bahnhof vor der Endstation hält, wird mein Gegenüber von einem Jungen erzählt haben, den er mal kannte“, wie in „Hängepartie“ – Lesermeinung: „…schrecklich brillant!! Ich ziehe meinen Hut. …stilistisch, politisch, philosophisch, soziologisch und poetologisch ausgezeichnet“. ZEIT.E legt dem Leser fünfzehnmal kurze Prosa und fünfmal „geometrische“ Lyrik (Fraktalette) zum Nachdenken, Innehalten und Entspannen vor.

Val Sidal
ZEIT.E – Voicings
Gebundene Ausgabe: 136 Seiten
Verlag: Edition Leselupe (20. Januar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3849573850
ISBN-13: 978-3849573850
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Christan Schüle: Wie wir sterben lernen

Christan Schüle: Wie wir sterben lernen

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Über den Tod nachzudenken, ist etwas, das viele Menschen ablehnen oder zumindest auf unbestimmte Zeit hinausschieben wollen. Man wird aber unweigerlich damit konfrontiert werden, es ist unausweichlich. So ist nun einmal der Lauf der Dinge. So ist das Leben.

Christian Schüle hält nichts von Verdrängung. Er hat sich in einem Essay auf eine sehr persönliche Art und Weise dem Tod und dem Sterben angenähert und spricht darüber, keine Tabus zulassend. Es hat hier ohnehin, wie er beobachtet hat, ein Wandel eingesetzt. Es wird langsam umgedacht. Dennoch ist es ein schwieriges Thema, eines dem man mit Fingerspitzengefühl begegnen muss. Aber das gelingt dem Autor sehr gut. Er kritisiert wenig, er beobachtet lieber, setzt sich auseinander und zieht Schlussfolgerungen.

In seinem Essay geht Christan Schüle vielen Fragen nach und ergründet, wie das ist mit dem Sterben und dem Tod. Ansichten und Einsichten werden zusammengetragen. Und daraus entstehen Gedanken, die durchaus hoffnungsvoll klingen, die Trost bringen und das Unaufhaltsame erträglich erscheinen lassen. Dabei wird natürlich auch ein Blick auf das medizinisch und auch das menschlich Mögliche geworfen, das verhindern könnte, dass das Sterben und der Tod völlig unbeherrschbar scheinen oder gar würdelos und in Einsamkeit vonstattengehen.

Am Ende fasst der Autor die wichtigsten Erkenntnisse, die er durch die Arbeit am Essay und durch das tiefgehende Nachdenken gewonnen hat, zusammen. Das Buch liest sich überraschend leicht. Es löst keine Schwere aus, es macht einem nicht zu schaffen. Ein gekonnter Schreibstil, eine überlegte Wortwahl und die persönliche Offenheit des Autors sorgen dafür. Das Weiterdenken und die Schlussfolgerungen für das eigene Leben und den Blick auf den nahenden Tod, den eigenen oder anderer, muss man natürlich selbst übernehmen.

Rezension von Heike Rau

Christan Schüle
Wie wir sterben lernen
Ein Essay
224 Seiten, gebunden
Pattloch Verlag
ISBN-10: 3629130429
ISBN-13: 978-3629130426
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