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Alan Bennett: Die Lady im Lieferwagen

Alan Bennett: Die Lady im Lieferwagen

Würde und koketter Anstand des Alters.

Alan Bennett ist ein Komiker, der sein Talent in vielen witzigen und äußerst fantasievollen Texten bewiesen hat.
In dieser Erzählung geht es um eine schrullige Alte, Miss Shepherd, die sich mit ihrem Lieferwagen in einer guten Wohngegend Londons eingenistet hat.
Dort lebt der gehobene Mittelstand, dessen Wohnkomfort im Kontrast zur politisch fortschrittlichen und aufgeklärten Haltung seiner Bewohner steht.
Miss Shepherd kann nichts aus der Ruhe bringen. Sie nimmt ihren Aufenthalt für selbstverständlich und die Hilfen der Anwohner ebenfalls. Ihr gelb verfärbter und verbeulter Lieferwagen ist Wohnort, Schlafstatt und Vehikel in einem und parkt auf Dauer am Straßenrand der Wohnsiedlung. Das Fahrzeug springt nicht immer an, so dass helfende Hände es anschieben müssen. Vorbeifahrende Flegel pöbeln Miss Shpherd an, und als Alan das nicht mehr aushält, bietet er ihr zunächst Unterschlupf in einem Schuppen auf seinem Grundstück an. Nicht genug damit ist eines Tages der ganze Lieferwagen breit auf seiner Hauseinfahrt platziert. Nachdem aus dieser vorübergehend gedachten Lösung ganze zwanzig (!) Jahre werden, kann man sich vorstellen, wie es am Ende im und um den Wagen herum aussieht!
Bennett führt ein Tagebuch über die Alte, das durch die Jahre von 1969 -1989 führt.

Dank seines Humors und seiner Erfindungsgabe mangelt es Bennett nicht an witzigen und skurrilen Einfällen, mit denen ihn Miss Shepherd auf Trapp hält. Das Verkommen von Frau und Fahrzeug ist mit der Dauer des Aufenthalts vorprogrammiert. Da geht es um Hygiene und Abfälle, um Reinlichkeit, Wünsche und Vorschläge der Alten und um die Würde, die Miss Shepherd zur Schau stellt.
Er gibt in seiner Geschichte über die Lady im Lieferwagen eine seiner typischen Menschenbeobachtungen wieder, die, wenn auch übertrieben, so doch zur Unterhaltung auf höchstem Niveau anregt. Die Grenze zwischen Unglaubwürdigkeit und Realitätsnähe ist fließend, so dass menschliche Schwächen und Verrücktheiten immer nahe am menschlichen Sein entlang gleiten.
Bennett ist der begabte Dramatiker und Autor, der eine verrückte Lebensgeschichte herbei zaubert, die ihresgleichen sucht. Mit seinem trockenen Humor, mit dem er auch noch in den absurdesten Situationen die komischen Seiten aufzeigt, bringt er uns wie immer zum Schmunzeln und Kichern.
Hervorragend wie in seinen anerkannten Vorgängerwerken, man denke nur an „ Die souveräne Leserin,“ ergötzlich und spaßig eignet sich das Büchlein zum selber Lesen und Verschenken gleichermaßen!

Alan Bennett
Die Lady im Lieferwagen
Wagenbach Verlag 
ISBN-10: 3803126215
ISBN-13: 978-3803126214

Vater,Vater lichterloh

Vater,Vater lichterloh

In zwei skurrilen, witzigen Erzählungen wird der Tod in unserer heutige Welt mit ihren Eigenheiten aufgespießt und zu Thema gemaht.
Worum geht es ?
Die erste Erzählung behandelt die Trauerfeier für einen im frühen Alter von 34 Jahren verstorbenen Masseur.
Alle möglichen und unmöglichen Leutchen versammeln sich in der Kirche, um des Toten zu gedenken. Pater Jolliffe hält die Gedenkrede.
Auch er hat den Toten sehr persönlich gekannt, wie so viele der Anwesenden.
In der Menge herrscht Unruhe und Angst, denn die Todesursache ist unklar.
Da Clive, so heißt der Verstorbene, ganz offensichtlich als Masseur neben den eigentlichen Gesundheitsaufgaben darüber hinaus noch andere Gelüste der Klienten befriedigt hat, steht die Vermutung im Raum , daß er an Aids gestorben sein könnte. Man spürt wachsende Spannung, da jeder sich fragt, was der Verblichene einem jeden womöglich hinterlassen haben könnte.
Alleine die Idee, anläßlich der Trauerfeier eines Verstorbenen etwas über die Ängste, den Zustand einer bestimmten Gesellschaftsschicht, die Erleichterung bei Bekanntwerden der Todesursache zu schreiben , hat mich erheitert.
Pater Jolliffe kann am Ende glücklich einen Dankgottesdienst zelebrieren!
Das Ganze wird mit einer gewissen Leichtigkeit und einem skurrilen Witz dahererzählt,–wirklich, es ist unterhaltsam und aufschlußreich, intelligent und humorvoll , so daß trotz der möglichen Tragik der Geschichte ein Lachen bleibt.

In der zweiten , der Titelgeschichte : Vater,Vater lichterloh, wird noch drastischer die Hand auf die Wunde der Gesellschaft gelegt.
Der Vater von Midgley liegt im Sterben. Außer dem Sohn erscheint so nach und nach die ganze Familie: Bruder, Schwester, Nichte,Neffe ,Kinder und die Enkelkinder.
Die Anmerkungen und Handlungen der Besucher offenbaren, mit wieviel Heuchelei, Verlogenheit und Scheinheiligkeit dem Tod begegnet wird.
Einzig die jüngeren Kinder sind ganz unbefangen im Erledigen des Sterbens, indem sie zu ihrer Tagesordnung übergehen.
Midgley, der Sohn des Sterbenden, scheint gequält von dem Gedanken, wie er sich nun von seinem Vater verabschieden und trennen soll.Er ist die längste Zeit bei ihm, nur nicht im entscheidenen Augenblick!
Mit so viel Witz, mit dem die Hilflosigkeit und Angst vor dem Tod demaskiert wird, habe ich noch nicht über das Sterben reden hören . Es ist ein gutes, treffend beschriebenes Bild, in dem uns der Tod als das erscheint, was er ist:fremd und unerklärlich, fern den Lebenden, die sich mit Liebe, Hass und Lust beschäftigen. Der Humor, mit dem uns das alles dargeboten wird, macht den Tod verträglich , so daß der Leser schmunzelnd an eigene Erfahrungen denken mag. Das Buch sollte unbedingt jeder lesen, der dem Tod in einer leichten Aufmachung begegnen möchte.
Claudine Borries

Alan Bennett
Vater,Vater lichterloh
Zwei Geschichten um den Tod einmal mit Humor erzählt….
ISBN:3803131685
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