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Daan Heerma Van Voss: Die Sache mit der Angst

Daan Heerma Van Voss: Die Sache mit der Angst

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Der holländische Autor Daan Heerma van Voss hat ein wissenswertes Buch über Depressionen und Angstzustände geschrieben.

Als sich die Freundin von ihm trennt, weil sie seine Ängste nicht mehr ertragen kann, fasst er den Entschluss, den eigenen Ängsten auf die Spur zu kommen.
Konfrontiert mit immer neuen Angstphasen, besucht er zunächst einen Freund in Frankreich, wo er sich in intensivem Studium mit den Ursprüngen der Ängste befasst. Er staunt selber über Statistiken, aus denen hervorgeht, wie verbreitet Ängststörungen sind.
Es gibt chemische Formeln, mit denen man im Gehirn bei der Untersuchung am Menschen abweichende Normen für mentale Zustände diagnostizieren konnte.
Seine Studien führen den Autor zu seinen Ahnen in Indonesien, von denen ebenso bekannt ist, dass sie unter Ängsten litten.
Sehr präzise macht er den Weg aus, der bis zur Erkenntnis des heutigen Begriffs “Angststörung“ geführt hat. Da ist zunächst von Überarbeitung die Rede, neurasthenischer Veranlagung, Nervosität, Unruhe und vielen Begriffen mehr.

Schon zu Beginn des 19.Jahrhunderts finden sich Andeutungen über Melancholie. Aber es geht noch weiter zurück bis hin zur griechischen Mythologie.
Ängstlich vermieden die Betroffenen, ihren Zustand als krank zu bezeichnen. Man beließ es gerne bei äußeren Einflüssen: Überarbeitung und wirtschaftlicher Not etc. Allerdings hat man bei Forschungen schon in Darwins Tagebüchern Aufzeichnungen gefunden, die auf gelegentliche Stimmungsschwankungen schließen lassen.

In der Literatur gibt es vielfache Hinweise auf psychische Not wie z.B. bei Proust, Hölderlin, ja selbst Goethe schrieb über die Melancholie; man findet sie bei Heine, Stefan Zweig, Thomas Mann und vielen anderen mehr.

Der Autor bemüht zahlreiche Studien, führt Gespräche mit Psychiatern und Psychologen, um zu dem heutigen Begriff der „Angststörung“ vorzudringen. Er bezeichnet seinen Weg als einen, der durch die Familiengeschichte, Wissenschaft, Literatur, Geschichte und Philosophie führte, um sich selber besser zu verstehen.
Es geht ihm eindeutig darum, mit der Ursachenforschung die Begründung für seine eigenen Malaisen zu finden. Dabei geht er neben eingeschobenen eigenen Stadien der Krankheit sehr wissenschaftlich vor. Er beeindruckt durch seine klare Sprache, seinen ungetrübten Blick und die rückhaltlose Offenheit. Dazu gehört ein immenses Wissen an verschiedenen Forschungsrichtungen, mit denen man den dehnbaren Begriff der „Angststörung“ auf die Spur zu kommen trachtete. Spannend wird sein Bericht dadurch, dass häufig Wissenschaftler oder auch Entdecker für weitere Forschung am eigenen Leib mit den Merkmalen von ungeklärten Symptomen geschlagen waren als da sind: Phobien, Melancholie, Unruhe, Schwindel, Platzangst etc.

Van Voss zieht als Fazit aus seinen Studien und der Ahnenforschung die Bilanz, dass genetische Faktoren, soziale Einflüsse und defekte chemische Strukturen im Gehirn erst zu den krankhaften Erscheinungen an Leib und Seele führen können.
Durch die Einschübe eigener Angstphasen und Gesprächen mit anderen Betroffenen wird die Verbindung zwischen realem Leben und Forschungserkenntnissen einleuchtend und lebendig.

Van Voss beginnt und lässt seinen Bericht enden mit seiner Liebe zu einer Lebensgefährtin, die seine Ängste weder verstand noch tolerierte.
Tabus belegen auch heute noch diese Krankheiten, die doch seit Jahrhunderten schon die Menschheit bedrängen.

Van Voss leistet mit seinem Buch einen hervorragenden Beitrag zu den so weit verbreiteten Formen der Angst und Depression mit der damit einhergehenden Einsamkeit. Sie zeitigen häufig tragische Folgen für die Betroffenen.
Ein gründliches und verstehbares Wissen macht den Bericht auch für den Laien sehr lesenswert.

Daan Heerma van Voss, Historiker, Autor und Journalist gilt als eine wichtige Stimme seiner Generation in Holland.

Im Anhang gibt es ein ausführliches Quellenverzeichnis.

Daan Heerma Van Voss
Die Sache mit der Angst
Diogenes, März 2023
384 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3257072309
ISBN-13: 978-3257072303
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Lesley Kara: Das Gerücht

Lesley Kara: Das Gerücht

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Joanna zieht mit ihrem Sohn von London in die kleine Küstenstadt Flinstead. Sie hofft, dass der Schulwechsel Alfie guttun wird. Außerdem wohnt hier ihre Mutter. Das dürfte die Hektik aus dem Alltagsleben nehmen. Eine neue Stelle hat Joanna bei einem Immobilienmakler gefunden. Die Idylle ist also perfekt.

Das Gerücht nimmt seinen Anfang mit Jakes Mum Cathy. Am Schultor erzählt sie etwas, das die anderen Mütter aufhorchen lässt. Die Kindermörderin Sally McGowan soll unter neuer Identität in Flinstead leben. Selbst noch ein Kind soll sie einen Spielkameraden umgebracht haben. Joanna lässt das aus Sorge um ihren Sohn keine Ruhe. Sie beginnt nachzuforschen und hat bald einen Verdacht, den sie mit anderen Müttern teilt. Es ist eine unbedachte Aussage, deren Folgen ihr in diesem Moment nicht klar sind. Sie möchte einfach zu den anderen Müttern dazugehören und es Alfie erleichtern, Freundschaften zu schließen.

Das Gerücht verbreitet sich. Joanna hat etwas in Gang gesetzt, dass sich nicht mehr stoppen lässt. Die ganze Sache beginnt aus dem Ruder zu laufen. Das ist deutlich spürbar. Es entwickelt sich eine unheilvolle Stimmung, die in Angst und Panik mündet. Doch es gibt kein Zurück.

Der Roman beginnt recht harmlos und doch spürt man als Leser sofort ein bedrohliches Gefühl. Es ist eben nicht irgendein harmloses Gerücht, um das es hier geht. Wie kann man als Mutter auch ruhig bleiben, wenn die Möglichkeit besteht, dass eine Kindermörderin in der Stadt lebt? Es versetzt Eltern in Alarmbereitschaft. Für Joanna ist das nicht zum Aushalten. Die Autorin schafft es leicht, Joannas Angst auf den Leser zu übertragen. Sie recherchiert und teilt ihre Erkenntnisse mit anderen Müttern, um Bestätigung zu bekommen. So wird das Gerücht mit immer weiteren Spekulationen gefüttert. Was wirklich ist, spielt kaum eine Rolle. Die Wahrheit muss ans Licht kommen, dafür ist jedes Mittel recht.

Die Geschichte ist ausgesprochen spannend aufgebaut. Immer wieder kommt ein neues Puzzleteil dazu, aber man kann nicht sagen, ob es passt oder nicht. Nicht selten wird ein Teil mit Gewalt ins Bild eingefügt, wo es sich dann langsam löst oder, dann wird es dramatisch, herausspringt!

Rezension von Heike Rau

Lesley Kara
Das Gerücht
Deutsch von Britta Mümmler
400 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft, Februar 2020
ISBN-10: 3423262427
ISBN-13: 978-3423262422
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Johann Scheerer: Wir sind dann wohl die Angehörigen

Johann Scheerer: Wir sind dann wohl die Angehörigen

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Ein 13 jähriger Junge erlebt unerwartet und schockierend den Zusammenbruch seiner Welt der Geborgenheit und Sicherheit.

Johann Scheerer ist der Sohn von Jan Philipp Reemtsma, dem anerkannten und tief in seine Bücher versunkenen Sozialwissenschaftler. Man besitzt zwei Häuser in Hamburg und ist wohlhabend. Der Vater pflegt abends nochmals in seinem Haus mit den vielen Büchern zu verschwinden. Als er an jenem Abend um Ostern 1996 herum nicht wieder im Haus der Mutter erscheint, wird diese unruhig, und es beginnt eine unruhige und dramatische Suche nach dem Vater. Man erfährt sehr bald, dass er entführt wurde, um ein hohes Lösegeld mit seiner Freilassung zu erpressen. Die Geschichte machte Furore und hielt ein ganzes Volk in Atem.

Johann Scheerer berichtet über seine Erinnerungen an die dramatische Nacht und deren Folgen. Im Haus wimmelt es von Freunden der Familie, Anwälten und Polizeiangehörigen.

Es wird alles versucht, um möglichst kein Aufsehen zu erregen. Mehrere Geldübergaben scheitern und es folgen bange Tage des Wartens, der Verzweiflung im Wechsel mit Hoffnung.

Der Junge macht sich seine eigenen Gedanken, die den Tod des Vaters einschließen. Er bildet mit der Mutter eine Einheit, obwohl sie immer wieder versucht, ihn vor den gröbsten Enttäuschungen zu bewahren. Mit einer gewissen Distanz, gelegentlichem Humor, immer aber mit kritischem Blick sucht der Junge der größten Verzweiflung Herr zu werden. Er beobachtet, registriert und bleibt bei einer sehr trockenen Darstellung. Ihm haftet keine Sensationslust, Eitelkeit und Aufgeregtheit an. Mit Einsamkeit lässt sich wohl sein Gemütszustand am ehesten beschreiben. Es gibt wirklich nur einen Freund, dem er sich mitteilt.

Die Atmosphäre verzweifelter Entschlossenheit gepaart mit irrlichternden Strategieversuchen, einen Ausweg zu finden, teilt sich dem Leser durch die Darstellung von Johann Scheerer unmittelbar mit. Man kann sich vorstellen, was es für einen pubertierenden Jugendlichen bedeutet, gerade in der jugendlichen Ablösungsphase durch das Ereignis aller Lösungsmöglichkeiten beraubt zu werden. Die Sorge um den Vater gibt dem Jungen nur schwer eine Möglichkeit, zuzulassen, dass ihn und den Vater gravierende Interessensunterschiede trennen. Ob Musik oder Bücher: Johann geht einen eigenen Weg und lässt sich vom Vater nicht davon abbringen.

Die Erzählung lässt vermuten, dass hier ein spannungsreicher Konflikt aufgeschoben wird, weil das Wohl des Vaters über allem steht. Deutlich wird aber auch, wie sehr Jan Philipp an seiner kleinen Familie hängt und um seine Wiederkehr bangen muss.

Wir wissen, wie die Geschichte ausging. Johann Scheerer hat ihr einen eigenen Klang verliehen, mit dem man aus Sicht eines Jungen spannungsreiche und die Nerven angreifende Stunden und Tage erlebt. Es lohnt sich, das Buch zu lesen!

Johann Scheerer wird aus der Lektüre als eigenständiger, klarer und seinen eigenen Weg meisternder Mensch sichtbar.

Johann Scheerer
Wir sind dann wohl die Angehörigen
240 Seiten, gebunden
Piper, März 2018
ISBN-10: 3492059090
ISBN-13: 978-3492059091
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Harriet Cummings: Eine von uns

Harriet Cummings: Eine von uns

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Der Roman spielt im Jahr 1984 in einem abgelegenen englischen Dorf. Das Leben geht hier seinen Lauf bis der Fox auftaucht. Er ist nicht wirklich ein Dieb. Aber er geht in die Häuser und hinterlässt dort Spuren. Es lässt sich also nicht leugnen, dass jemand dagewesen ist. Die Dorfbewohner werden nervös. Aber die Angst hält sich noch in Grenzen. Bis Anna verschwindet. Man ist sich schnell einig, dass der Fox sie entführt haben muss. Es kommt nichts anderes infrage. Die Polizei greift zu härteren Maßnahmen und auch die Leute aus dem Dorf beginnen, sich zu bewaffnen. Aber gegen die Angst hilft das nicht, denn der Fox könnte einer von ihnen sein.

Die Autorin baut die Spannung sehr kontinuierlich auf. Schritt für Schritt wird die Lage kritischer im Dorf. Die Menschen verändern sich, werden vorsichtiger und auch misstrauischer. Teilweise verhalten sie sich irrational. Den Fox vertreibt das nicht. Er macht gnadenlos weiter und erschleicht sich die Geheimnisse der Dorfbewohner. So mancher hat sozusagen eine Leiche im Keller. Als Leser spürt man, dass eine Entführung nicht ins Bild passt. Die Leute halten aber verbissen daran fest. Es ist spannend zu lesen, wie das Misstrauen wächst. Unaufhörlich. Gegenseitige Anschuldigungen und Verdächtigungen vergiften die Atmosphäre im Dorf. Keiner scheint seine Nachbarn wirklich zu kennen. So mancher hatte bisher auch kein Interesse an ihnen. Aber mit dieser gespielten Anonymität ist es vorbei.

Im Blickfeld stehen Deloris, die erst kürzlich wegen ihrer Heirat ins Dorf gekommen ist. Brian, der Dorfpolizist und Jim, der Vikar auf Zeit und Stan, der Anne viel besser kennt, als bekannt ist.
Es war sehr interessant für mich zu sehen, welche Entwicklung die Autorin sich für diesen Krimi ausgedacht hat, bis hin zum für mich sehr überraschenden, aber doch schlüssigen Ende.

Rezension von Heike Rau

Harriet Cummings
Eine von uns
Aus dem Englischen von Walter Goidinger
368 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552063358
ISBN-13: 978-3552063358
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Miriam Stein: Das Fürchten verlernen

Miriam Stein: Das Fürchten verlernen

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Miriam Stein hat mit dem vorliegenden Buch ihre Biographie geschrieben.

Sie wuchs als adoptiertes Kind in einer deutschen Familie auf. Als Säugling war sie in Korea an einer Straßenkreuzung aufgefunden worden.

Die Familie besteht aus Vater, Mutter und vier Kindern: zwei eigenen und zwei angenommenen. Die Kinder sind 14, 13, 9 und sechs Jahre alt. Als die Jüngste, Jessica, adoptiert wurde, ist die Familie komplett.  Letztere ist ein schwieriges und kaum zu bändigendes Kind. Seit ihrem Erscheinen wurde die Mutter von unerklärlichen Angstattacken geplagt. Diese führten zu einem vollständigen Stillstand ihres Lebens und betrafen die Familie mit.

Miriam Stein scheint ein sensibles und empfindsames Kind gewesen zu sein. Sie beobachtet dezidiert, was in der Familie passiert. Zuerst gehört dazu ihr andersartiges Aussehen. Die anderen sind blond und hellhäutig, sie ist eher dunkel mit schwarzem Haar und mandelförmigen Augen. Auf dem Titelbild ist sie eine hübsche junge Frau.

Wie lebt es sich in einer Familie, die langsam durch die Angsterkrankung der Mutter aus der Fugen gerät?

Man kann es sich durch die Schilderungen von Miriam Stein lebhaft vorstellen.

Kinderbesuch wird selten, und auch das übrige gesellige Leben der Familie erstirbt langsam. Der Vater bleibt immer länger auch über Nacht in Hamburg, wo er arbeitet. Miriam beginnt, sich zu einem renitenten Teenager zu entwickeln mit Hang zum Punk. Mit Anorexie und Bulimie zeigen sich bei ihr die Folgen der Angstkrankheit ihrer Mutter, die sie jahrelang miterlebt hat.

Bei aller Abnormität ihrer Krankheitssymptome werden die Konturen eines starken Charakters deutlich. Eine erstaunliche junge Frau beschreibt das Milieu der achtziger Jahre, den Mief und die Spießigkeit in ihrer Familie mit Haus, Auto und Karriere und einer von ihr erwarteten Konformität darüber, wie man zu leben oder zu arbeiten hat. Das alles wirft sie über Bord und startet ein eigenes Leben, das anderen Bahnen folgt.

Miriam Stein beginnt ihren außergewöhnlichen Lebensweg. Sie verlässt das Elternhaus und begibt sich über London und andere Großstädte nach Berlin. Dort kellnert sie und betreibt Fotografie und Film und versucht sich gar als Regisseurin.

Nach zahlreichen Umwegen und einem Leben der Boheme in Berlin Mitte begibt sie sich auf die Suche nach den Ursprüngen ihrer Herkunft und den  Behandlungsmöglichkeiten von Angststörungen.

Sie beschreitet einen abenteuerlichen Weg, kommt weit herum, befragt Therapeuten und Experten, um für sich selber einen Ausweg aus der auch für sie bemerkbaren Angst zu finden. Nach diversen Forschungserkundungen und eigenen Therapien beginnt sie, das Fürchten zu verlernen.

Der Reiz ihres Berichtes liegt in der Überschneidung von eigenem Erleben mit der Erforschung dessen, was Angst für Menschen ausmacht; welche Formen und Auswirkungen sie annehmen kann, und worin sich Angst und Furcht unterscheiden.

Miriam Stein zeigt mit ihrer Erzählweise eine Vielzahl von Forschungsergebnissen und Behandlungsmöglichkeiten auf. Ihre Schilderungen sind von reflektierter Genauigkeit. Im Kontext steht alles immer im Zusammenhang mit ihrer eigenen Biographie.

Die Autorin ist voller Lebensvitalität und Neugier. Auf diesem Wege ist ein spannender Lebensbericht entstanden. Das Leben der Autorin ist wie ein Roman. Sie fügt wissenschaftliche Erkenntnisse und eigene Erfahrungen in einen nachvollziehbaren Zusammenhang. Für interessierte Leser ist das Buch absolut lesenswert.

Miriam Stein wuchs in Osnabrück auf und lebt heute in Berlin.

Miriam Stein
Das Fürchten verlernen
270 Seiten, broschiert
Suhrkamp Verlag, Oktober 2016
ISBN-10: 3518467255
ISBN-13: 978-3518467251
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Tom Rob Smith: Ohne jeden Zweifel

Tom Rob Smith: Ohne jeden Zweifel

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Ein Thriller der besonderen Art!

Der Icherzähler dieses spannenden Romans beginnt mit gemütvoller Schilderung seinen Lebensbericht über seine Eltern und sich und das, was er mit diesen erlebt hat.

Die Eltern zogen eines Tages aus London nach Südschweden, woher seine Mutter stammte. Sie hatten ihre Gärtnerei in London verkauft und im Süden Schwedens einen etwas herunter gekommenen Hof erworben. Dort wollten sie bescheiden und glücklich ihren Lebensabend verbringen. Was wie eine romantische Idee aussah, entpuppte sich jedoch für Daniel, ihren Sohn, als wahre Schauergeschichte. Denn ohne Vorwarnung bekam er nach etwa einem viertel Jahr einen Anruf vom Vater, dass die Mutter an einer Psychose litte und in einer Klinik sei.

Nun nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die mit Spannung zu immer neuen Höhen aufdreht.

Tilde, Daniels Mutter, flieht vor der schwedischen Psychiatrie nach London zu ihrem Sohn in der Hoffnung, dass er ihren vermeintlichen Wahnideen Glauben schenkt. Doch auch Daniel weiß sich nicht anders zu helfen, als seine Mutter nach wirren und fast unglaublichen Geschichten, die sie ihm breit und chronologisch  erzählt hat, in die Londoner Psychiatrie einweisen zu lassen.

Er macht sich am Ende selber auf die Suche nach der Wahrheit, immer auf der Flucht vor Fehlinformationen. In Schweden, wohin er reist, stößt er auf Geschichten, die ihn fast an sich selber und seinen Wahrnehmungen zweifeln lassen. Doch unverdrossen geht er seiner Spurensuche nach und stößt auf erstaunliche Belege für Dinge, die zunächst auch ihn an einen Wahn hatten denken lassen.

Fazit: mit Raffinesse und Geschick führt uns der Autor auf Spuren, die uns in die Irre führen und dringend der Aufklärung bedürfen. Es geht um Kindesmißbrauch und Inzest, um Adoption und immer wieder um Verwirrspiele, mit denen die Wahrheit um die diversen Mißbräuche verschleiert wird. Das düstere Schweden im Winter mit kargen Lebensbedingungen in Schnee und Eis, mit weiten Feldern, die wenig besiedelt sind, und tiefen Seen geben der Geschichte eine besondere Dynamik.

Dieser Psychothriller kommt ohne Mord und Totschlag aus. Dafür benutzt er die menschliche Psyche, die von Paranoia und Einbildung gesteuert alle Beteiligten ins Chaos zu stürzen scheint. Verwickelnd, spannend und bis zuletzt faszinierend kann Tom Rob Smith auf der Klaviatur zwischen Wahn und Wirklichkeit balancieren.

Sehr lesenswert!

Tom Rob Smith
Ohne jeden Zweifel
384 Seiten, gebunden
Manhattan, Oktober 2013
ISBN-10: 3442546788
ISBN-13: 978-3442546787
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Emma Forrest: Deine Stimme in meinem Kopf

Emma Forrest: Deine Stimme in meinem Kopf

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Leben auf einem Grad zwischen Leben und Tod.

Emma Forrest ist eine junge, hübsche und begabte junge Frau, die jedoch mit den Anfechtungen ihres Lebens nur schwer zurecht kommt.

Früher Liebeskummer und schwere Depressionen führen sie in die Hände eines einfühlsamen und optimistischen Psychiaters, dem sie laut ihren Aussagen ihr Leben verdankt.

Sie fügte sich in einer Form der Selbstzerstörung Wunden zu, litt an Bulimie und hat bereits in jungen Jahren einen ersten Selbstmordversuch hinter sich. Dr. R., ihr Retter, strahlt eine solche Zuversicht aus, dass sie immer wieder Mut zum Weiterleben schöpft. Doch eines Tages ist ihr Retter tot! Völlig unerwartet überlebt er eine schwere Krebserkrankung nicht.

Emma ist nun wieder auf sich selbst gestellt bei der Suche nach dem richtigen Weg und der ersehnten Liebe. Dabei hilft ihr die imaginierte Stimme von Dr. R., dem sie tief vertraute und mit dem sie lange befreundet war.

In einem zarten und vorsichtigen Ton nähert sich Emma ihren eigenen Schwierigkeiten, der Lebensangst und den Fragen um die Liebe, die sie bewegen. Zahlreiche intensive Liebesbeziehungen scheitern für sie selber aus unerklärlichen Gründen. Als auch ihr „Gypsy Husband“, ein berühmter Schauspieler, sie nach euphorischen Monaten der Liebe und der Zukunftsplanung verlässt, ist ihre Not und Verzweiflung groß. Ein schwerer seelischer Absturz ist die Folge. Doch liebevolle Eltern und der vertraute Dr. R. als Stimme in ihren Kopf retten sie und weisen ihr neue Perspektiven.

Mit eindringlichen und tragenden Worten beschreibt Emma ihren Weg immer hart am Abgrund vorbei. Zwei Katzen und gute Freunde, von ihr liebevoll gezeichnet, tragen ihren Teil zu ihrer Rettung bei. Sie löst mit ihren Worten emphatische Gefühle aus.Es ist eine anrührend geschriebene Geschichte, voller Ironie, komischer Einsprengsel und dem alles übertünchenden Lebenswillen der Autorin. Ist es die Biographie von Emma Forrest? Jedenfalls könnte sich alles so zugetragen haben! Die Geschichte ist nicht bedrückend, weil die Leichtigkeit und die Komik, mit der sie erzählt wird, das nicht zu lassen.

Die Verfilmung der Lebensgeschichte von Emma Forrest ist für 2014 vorgesehen!

Emma Forrest
Deine Stimme in meinem Kopf
224 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag, Juli 2013
ISBN-10: 3552062246
ISBN-13: 978-3552062245
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Koethi Zan: Danach

Koethi Zan: Danach

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Dieses Buch sprengt fast alle Thriller, die man sich vorstellen kann.

Nackt und bloß finden sich eines späten Abends Sarah und ihre enge Freundin Jennifer in einem dunklen Kellerverlies wieder. Sie sind auf eine infame Weise entführt worden.
Anwesend sind bereits zwei andere nackte und abgemagerte junge Mädchen. Man kann kaum etwas sehen. In diesem Verlies müssen die vier drei Jahre ausharren. Jennifer hat es besonders schlimm erwischt, denn sie steckt zusätzlich in einer engen Kiste.

Schon bald erfährt man, dass der Täter ein Psychologieprofessor war, der an seinen Opfern spezielle Versuche ausprobiert. Die Details seiner Versuche erscheinen verrucht, gruselig und brutal.
Die Geschichte wird in Episoden erzählt, so dass man zunächst die schlimmsten Grausamkeiten nur in Andeutungen erfährt. Der Fantasie ist Tür und Tor geöffnet, um sich auszumalen, welcher Art die Torturen sind.

Die Tat liegt zehn Jahre zurück, der Täter sitzt im Kittchen und die vorzeitige Entlassung des offensichtlich geisteskranken Entführers steht bevor. Die Polizei bittet Sarah um Mithilfe beim Aufdecken weiterer Verbrechen dieses abnormen Täters. Sie lebt mittlerweile in New York, hat sich seit ihrer Befreiung streng verbarrikadiert und meidet alle irgendwie gefährlichen Situationen. Jetzt wird sie in die Nachforschungen nach dem Verbleib ihrer Freundin und dem kranken Täter hineingezogen.

Eine rasante Suche beginnt. Man ist den geheimen Zeichen einer Sekte auf der Spur, die sich sadomasochistischer Praktiken bedient. Neben dem Psychologieprofessor, der sich die schlimmsten Exzesse ausgedacht hat, sind noch weitere Kreise und Personen in die Geschichte verwickelt. Mädchenhandel, Gehirnwäsche und Abartigkeiten aller Art lassen den Leser erschauern.

Die dramatische Jagd nach den Verbrechern wird zu einem unglaublich spannenden Abenteuer. Immer neue Einzelheiten der Verbrecherbande führen den Leser und die Opfer auf gefährliche Spuren.

Koethi Zan hat einen unglaublich fesselnden Thriller gelandet. Sogar Leser, die nicht unbedingt zu den begeisterten Krimilesern gehören, werden das Buch nicht aus der Hand legen. Die psychologischen Feinheiten sind raffiniert und überzeugend dargelegt. Man staunt allerdings, zu welchen Abartigkeiten der Mensch fähig ist, und dass eine Autorin sich diese Geschichten ausdenken kann.

Auf jeden Fall reizt dieser Krimi die Nerven zum Zerreißen.

Koethi Zan
Danach
448 Seiten, broschiert
FISCHER Scherz, Mai 2013
ISBN-10: 3651000451
ISBN-13: 978-3651000452
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Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

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Mina weiß noch nicht, was Angst ist. Dass ihre Mutter welche hat, wenn die Katze hinter ihr her ist, ist ihr aber klar. Mina würde zu gerne wissen, wie sie sich diese Angst vorzustellen hat, denn sehen kann man sie offenbar nicht. Also zieht Mina los, um es herauszufinden. Sie begegnet völlig furchtlos einem Löwen und fragt ihn, was Angst ist. Der Löwe gibt sein Bestes, um der Maus Angst zu machen, aber es funktioniert nicht. Mina bekommt keine Angst.

Das Nilpferd kennt sogar noch etwas, das schlimmer ist als Angst, nämlich den Hunger. Der Igel dagegen mit seinen vielen Stacheln kennt Angst angeblich auch nicht. Der Elefant hat auch keine Angst, aber er hat gehört, dass diese Gänsehaut machen kann. Und der Hund behauptet sogar, Angst riechen zu können. Mina weiß gar nicht, was sie davon halten soll. Doch dann auf einmal begegnet ihr ein Tier, das sie eine Kälte in ihrem Bauch und in den Pfoten spüren lässt. Die kleine Maus bekommt kaum Luft und ihr Herz schlägt plötzlich ganz schnell. Die Warnung kommt buchstäblich in letzter Sekunde.

Gefühle einzuordnen, müssen Kinder erst lernen. Mit dem vorliegenden Buch können sie der Angst auf die Spur kommen und dieses Gefühl einordnen und ausdrücken lernen. Angst muss, wie das Buch zeigt, nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Meist gibt es einen guten Grund dafür. Angst kann also als Warnung verstanden werden und natürlich dann auch eine schnelle Reaktion erfordern.

Kindern wird es Spaß machen, der kleinen Mina zu folgen. Mimik und Gestik der Maus sind sehr ausdrucksstark gezeichnet und die kleine Geschichte ist in ihrem Verlauf sehr spannend und abenteuerlich gemacht. Das spiegelt sich auch in den Zeichnungen wider. Aber es geht nicht nur darum zu klären, was Angst ist, sondern auch darum, wie man damit umgeht und sich letztendlich wieder beruhigt.

Rezension von Heike Rau

Rafik Schami und Kathrin Schärer
„Hast du Angst?“, fragte die Maus
32 Seiten, gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407795254
ISBN-13: 978-3407795250
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Dirk Kurbjuweit: Angst

Dirk Kurbjuweit: Angst

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Verbrechen und Schuld.

In einer Talkshow sprach der Autor des vorliegenden Romans bewegend, authentisch und ernsthaft über einen Fall von Stalking, der ihm, seiner Frau und seinen Kindern passiert ist. Er hat diese Erfahrung zum Thema eines neuen Romans verarbeitet.

Laut Wikipedia bedeutet Stalking „Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann“.

Die Handlung des Romans weicht natürlich oder vermutlich in einigen Teilen von der wahren Geschichte ab.

Tatsache ist, dass im Haus der neu zugezogenen Familie Tiefenthaler in einem gut beleumundeten Berliner Bezirk ein unheimlicher Mitbewohner im Souterrain wohnt. Zuerst kaum auffällig begeben sich nach und nach Ereignisse, die Vater und Mutter der zwei Kinder Paul und Fee aufhorchen lassen und zunehmend Beunruhigung hervorrufen. Zuerst sind es nur Nettigkeiten wie gebackene Kekse oder Pizzas, die Tiberius, so der Name des unheimlichen Nachbarn, vor die Tür legt. Doch dann wird er anzüglich gegenüber Tiefenthalers Frau Rebecca, schreibt Liebesbriefe, Gedichte und zuletzt verleumderische Anschuldigungen, die das Ehepaar in psychische Untiefen stößt.

Randolph, der junge Familienvater, hat daneben seine eigenen Probleme. Ist er doch ein Eigenbrötler, der sich zunehmend innerlich von seiner Frau entfernt. Diese, eine schöne und kluge Frau, weiß nicht, wie sie ihren Mann noch für sich interessieren kann. Äußerlich scheint alles in Ordnung, doch im tiefsten Innern stimmt einiges schon lange nicht mehr.

Einem Drama gleich findet Randolph Tiefenthaler weder bei der Polizei, dem LKA oder einer Anwältin Hilfe gegen den unheimlichen Stalker. Die Auswirkungen und Belege für das Stalking liegen vor, doch bevor nicht wirklich etwas passiert ist, können die Staats- und Rechtsorgane nicht tätig werden. Der potentielle Stalker ist hier wie in den meisten Fällen psychisch gestört und hangelt sich am Rande der Legalität um sein Opfer. Das Opfer seinerseits wird unsicher und beginnt an Selbstzweifeln zu leiden. Argwohn und Misstrauen beunruhigen das Paar und säen Zwietracht zwischen ihnen. So erfährt auch die Ehe Einbrüche, die nur schwer zu verkraften sind.

Dirk Kurbjuweit hat die wunderbare Gabe, zwei Erzählstränge zugleich mit Spannung zu gestalten. Man fiebert den Entwicklungen um seine Ehe-, und, schlimmer noch, dem Fortgang der Stalkinggeschichte heftig entgegen. Subtil und differenziert entsteht das Bild einer Ehe auf Abbruch.

Der Autor hat aus einer realen Geschichte einen spannenden Thriller erdichtet, dessen Wahrheitsgehalt nahe an der Wirklichkeit entlang schrammt.

Wie man hier erfährt, kann Stalking zur psychischen Folter ausarten. Dem Verbrechen selbst ist nur schwer beizukommen, denn der Rechtsstaat hatte bis vor einigen Jahren nur wenige Möglichkeiten zum Einschreiten.

Das Buch ist ein Lehrstück in Rechtsgeschichte und zeigt, welches  Ausmaß und welche Auswirkungen diese Form der Verfolgung annehmen kann. Der seelische Schaden bei den Opfern wiegt schwer.

Für Betroffene bietet der Roman Trost und Hilfe, für andere ist er Warnung, beizeiten pathologisch gestörten Menschen aus dem Weg zu gehen.

Dirk Kurbjuweit hat mit diesem Roman einen spannenden und ausgezeichneten Psychothriller vorgelegt.

Dirk Kurbjuweit
Angst
256 Seiten, gebunden
Rowohlt Berlin, Januar 2013
ISBN-10: 3871347299
ISBN-13: 978-3871347290
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