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Schlagwort: Dorf

Lize Spit: Und es schmilzt

Lize Spit: Und es schmilzt

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Eine dörfliche Gemeinschaft im Dunstkreis düsterer Lebensumstände

Eva wuchs in dem Ort Bovenmeer in Holland auf.

Nach langen Jahren macht sie sich mit einem großen Eisblock im Kofferraum auf, einer Einladung ihres einstigen Jugendfreundes Pim in das Dorf ihrer Herkunft zu folgen. Ihre Eltern hat sie neun Jahre nicht mehr gesehen.

Seit dreizehn Jahren war sie nicht mehr hier, wo sie in ihrer Kindheit und Jugend auf den weiten Feldern, Wäldern und Seen mit den anderen Dorfkindern ihren Spielen nachgegangen war.

Was mag in jenem Sommer vorgefallen sein, dass sie die Heimat floh? Gab es eine Tragödie?

Im Wechsel mit dem Heute, das mit der fortschreitenden Uhrzeit eines undatierten Tages angegeben wird, kann man sich in die dörfliche Vergangenheit des Jahres 2002 einlesen.

Die Geschichte ist in ihrem Grundton traurig angelegt. U.a. hat der Tod von Jan, dem Bruder von Pim, die Gemeinschaf erschüttert.

Eva erinnert sich der Spiele in den langen Sommern, die das Landleben verschönten. Pim, dessen Eltern einen Bauernhof bewirtschafteten, Laurens aus der Metzgerfamilie und Eva denken sich allerlei Spiele aus, die allerdings mehr und mehr von grausamen Pubertätsritualen abgelöst werden.

Eva hat noch einen älteren Bruder und Tesje, die magersüchtige und zwanghaft veranlagte kleinere Schwester. Die Mutter ist Trinkerin und der Vater geht müde seinen Geschäften als Bankangestellter nach. Alles in allem ist das Leben der Erwachsenen eher freudlos und unspektakulär.

Ob Winter oder Sommer: die Jugendlichen planen ihre Spielchen, bei denen immer auch Dritte einbezogen werden. Elisa ist eine kluge Außenseiterin, die erst später in die Grundschulklasse gekommen ist. Sie hat einen Vater, ein Pferd und keine Mutter mehr und wirkt reifer und erfahrender als die anderen.

Dräuend meint man die ganze Zeit herannahendes Unheil zu spüren.

Lize Spit wählt eine raue und sehr direkte Sprache. Man wartet auf einen Eklat oder eine Erlösung mit dem Heranwachsen der Kinder. Doch weit gefehlt: es bleibt bei der unglücklichen Verfassung aller Beteiligten.

Die Geschichte wird hintergründig aufgezogen: während die Spiele Unschuld vermuten lassen, braut sich eine Ladung unguter und sadistischer Spielchen zusammen.

Der Vater von Eva zeigt ihr bei Gelegenheit, dass er schon eine Schlinge für sich bereithält.

Die magersüchtige Tesje wird schließlich von Eva und ihrem Bruder im Hospital abgeliefert.

Eva, die Hauptfigur, ist Strippenzieherin und Opfer zugleich. Ihr älterer Bruder Jonas scheint sich als einziger dem Wahnsinn dieses desaströsen Familien- und Dorfgefüges entziehen zu können. Er verlässt das Haus, um zu studieren.

Allen erwartungsvollen Hoffnungen zum Trotz gibt es kein Happy End. Lize Split zieht den Tenor ihrer von düsteren Untertönen gefärbten Geschichte erbarmungslos bis zum bitteren Ende durch.

Vielleicht gehört es zu ihrem Bestreben, Hoffnungen zu säen und die grausame Wirklichkeit siegen zu lassen. Ist Wirklichkeit so unerquicklich?

Man bleibt als Leser fraglos ein wenig ratlos zurück.

Lize Spit
Und es schmilzt
512 Seiten, gebunden
S. FISCHER, August 2017
ISBN-10: 3103972822
ISBN-13: 978-3103972825
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Harriet Cummings: Eine von uns

Harriet Cummings: Eine von uns

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Der Roman spielt im Jahr 1984 in einem abgelegenen englischen Dorf. Das Leben geht hier seinen Lauf bis der Fox auftaucht. Er ist nicht wirklich ein Dieb. Aber er geht in die Häuser und hinterlässt dort Spuren. Es lässt sich also nicht leugnen, dass jemand dagewesen ist. Die Dorfbewohner werden nervös. Aber die Angst hält sich noch in Grenzen. Bis Anna verschwindet. Man ist sich schnell einig, dass der Fox sie entführt haben muss. Es kommt nichts anderes infrage. Die Polizei greift zu härteren Maßnahmen und auch die Leute aus dem Dorf beginnen, sich zu bewaffnen. Aber gegen die Angst hilft das nicht, denn der Fox könnte einer von ihnen sein.

Die Autorin baut die Spannung sehr kontinuierlich auf. Schritt für Schritt wird die Lage kritischer im Dorf. Die Menschen verändern sich, werden vorsichtiger und auch misstrauischer. Teilweise verhalten sie sich irrational. Den Fox vertreibt das nicht. Er macht gnadenlos weiter und erschleicht sich die Geheimnisse der Dorfbewohner. So mancher hat sozusagen eine Leiche im Keller. Als Leser spürt man, dass eine Entführung nicht ins Bild passt. Die Leute halten aber verbissen daran fest. Es ist spannend zu lesen, wie das Misstrauen wächst. Unaufhörlich. Gegenseitige Anschuldigungen und Verdächtigungen vergiften die Atmosphäre im Dorf. Keiner scheint seine Nachbarn wirklich zu kennen. So mancher hatte bisher auch kein Interesse an ihnen. Aber mit dieser gespielten Anonymität ist es vorbei.

Im Blickfeld stehen Deloris, die erst kürzlich wegen ihrer Heirat ins Dorf gekommen ist. Brian, der Dorfpolizist und Jim, der Vikar auf Zeit und Stan, der Anne viel besser kennt, als bekannt ist.
Es war sehr interessant für mich zu sehen, welche Entwicklung die Autorin sich für diesen Krimi ausgedacht hat, bis hin zum für mich sehr überraschenden, aber doch schlüssigen Ende.

Rezension von Heike Rau

Harriet Cummings
Eine von uns
Aus dem Englischen von Walter Goidinger
368 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552063358
ISBN-13: 978-3552063358
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Rita Falk: Weißwurst-Connection

Rita Falk: Weißwurst-Connection

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Das neue Luxushotel ist nicht von allen Dorfbewohnern gern gesehen. Man muss sich aber damit arrangieren. Es hilft ja nichts! Dem Eberhofer beschert es jedenfalls einen neuen Fall. In einer Badewanne wird eine Leiche gefunden. Das muss natürlich so diskret wie möglich behandelt werden. Die Gäste dürfen nicht merken, dass ein Mörder umgeht. Es wäre katastrophal fürs Geschäft, wenn alle abreisen würden.

Also wird der Tote in einer absonderlichen Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Hotel geschafft. Eingeweiht wird erst mal nur der Birkenberger. Der Privatermittler wird Gast im Hotel und passt sich den esoterischen Gepflogenheiten wunderbar an. Der Eberhofer kommt allerdings nicht weit mit seiner Geheimniskrämerei. In einem Dorf macht schließlich alles schnell die Runde unter den Einheimischen.

Ich habe alle Folgen der Reihe gelesen. Jede hat mich gut unterhalten. Und auch „Weißwurst-Connection“ habe ich gerne gelesen. Der Stil ist wie immer. Dieselbe Situationskomik uns dieselben Sprüche. Auch die Familiensituation und die Dorfgemeinschaft haben sich nicht geändert. Da ich das aber alles nun schon in- und auswendig kenne, ist das Buch eben wie alle anderen Teile. Es gibt keine Entwicklung. Der Eberhofer wirkt, als habe er ordentlich nachgelassen. Der Fall selbst ist einigermaßen spannend, aber auch nicht wirklich ein Knaller.

Ich habe das Gefühl, das Ende des Buches ist diesmal darauf ausgelegt, dass es ein endgültiges Ende geben könnte. Es kommt wahrscheinlich darauf an, wie die Leser „Weißwurst-Connection“ aufnehmen.
Dabei würde ich gerne weitere Teile lesen. Allerdings muss dann endlich mal wieder ordentlich was passieren. Es muss vorwärts gehen! Ein wirklich spannender Fall muss her. Und der Eberhofer muss zu seiner alten Stärke zurückfinden auch mal wieder in die Luft schießen!

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Weißwurst-Connection
Ein Provinzkrimi
304 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-10: 3423261277
ISBN-13: 978-3423261272
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Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe

Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe

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Verstrahltes Dorf – und was nun?

Tschernobyl ist der Ort des Schreckens, an dem diese Erzählung ihren Platz hat. Das Atomkraftwerk in Tschernobyl war 1986 außer Kontrolle geraten, und die ganze Gegend, Fauna und Flora mit allen Lebenden war von der Verstrahlung durch Radioaktivität betroffen.

Jeder weiß, wie dramatisch die Gefahr für die Menschen dort und auch in weiter Ferne noch war, durch radioaktive Strahlen vergiftet zu werden. Baba Dunja ist nach einiger Zeit in das Dorf, das ihr Heimat bedeutet, zurückgekehrt. Ihre Kinder sind erwachsen und weit fort. Sie ist niemandem Rechenschaft schuldig, wenn ihre Tochter auch nicht einverstanden ist, dass sie sich in diese Gefahrenzone begibt.

In knappen Worten und mit einem naiven Blick erzählt Alina Bronsky vom Leben in dem fast toten Dorf. Man bekommt einen lebhaften Eindruck davon, wie es sich ohne eine geordnete Verwaltung und damit einem gesicherten Leben dort wohnen lässt. Elektrizität, Wasser und Nahrungsmittel gibt es nur begrenzt. Die Heizung im Winter bleibt kalt.

Für größere Einkäufe, die Post und Rentenbescheide muss man sich in die nächste größere Stadt begeben. Es gibt aber durchaus noch Mitbewohner, die nach Tschernobyl zurückgekehrt sind. Dunja ist nicht alleine. Fast alle sind schon sehr alt! Die ungewöhnliche Alterspopulation macht das kleine Werk so einnehmend. Wo erfährt man schon, wie alte Menschen lieben, leben und hassen?

Die zarten Bande, die wenige Einwohner gelegentlich für einander empfinden, sind von einer besonderen Herzlichkeit. Ohne Humor und Witz läuft fast gar nichts!

In der Geschichte passiert nicht viel. Doch nimmt man die Stille wahr, die über allem liegt.

Alina Bronsky erzählt ruhig und mit trockenem Humor, wie es sich so weit entfernt von jeder uns vorstellbaren Zivilisation leben lässt. Allerdings ereignen sich auch sonderbare Dinge, die auf die russische Seele und die barbarischen Verhältnisse in Russlands Rechtssystem schließen lassen.

Man hält an Traditionen fest, ist sich zugetan oder mag sich nicht. Erzählt wird über russische Lebensart, über die Menschen in dem großen Land und den stoischen Gleichmut, mit der jeder/jede ihr Schicksal hinnimmt, so wie es gerade kommt.

Alina Bronsky
Baba Dunjas letzte Liebe
160 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, August 2015
ISBN-10: 3462048023
ISBN-13: 978-3462048025
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Claudia Rusch: Zapotek und die strafende Hand – Der erste Fall

Claudia Rusch: Zapotek und die strafende Hand – Der erste Fall

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Henning Zapotek, eigentlich Kriminalhauptkommissar in Hamburg, hat sich eine Auszeit genommen, um Richtung Nordpol zu segeln. Doch zunächst hat er sich um andere Dinge zu kümmern. Der Mieter seines Elternhauses, Ingo Scheel, hat sich erhängt. Möglicherweise hat er den tödlichen Arbeitsunfall seines Vaters in der Bootsbrauerei nicht verkraftet. Das Haus in Klokenzin bei Stralsund muss nun jedenfalls verkauft werden.

Dass er wieder im Ort ist, gibt ihm die Möglichkeit einige Dinge zu regeln. Vor 27 Jahren ist er in den Westen, ohne sich von seiner Freundin zu verabschieden. Nun sieht er Ulrike Torstensen wieder. Die alte Liebe ist noch da, aber beide sehen die Dinge nun realistischer.

In der Nacht muss jemand ins Haus eingestiegen sein. Ingos Zimmer wurde durchsucht und die Katze hat Zapotek im Vorratsraum eingeschlossen vorgefunden. Anzeige erstatten will er allerdings nicht, er beschließt, das Problem selbst zu lösen. Seine Ermittlungsarbeiten werden allerdings nicht gern gesehen, schon gar nicht von Hermann Klöver, dem die Bootsbauerei gehört. Er stellt sich Hennig Zapotek mit aller Macht entgegen. Und mit seiner Mutmaßung, dass da mehr dahintersteckt, liegt Zapotek nicht falsch, auch wenn er auf die falsche Fährte gerät.

Der Krimi liest sich leicht und unterhält gut. Henning Zapotek ist eine interessante Persönlichkeit, auch weil er nicht als Held dargestellt wird, sondern als Mensch mit Ecken und Kanten. Er verbucht nicht nur Sympathiepunkte für sich und er handelt auch schon mal entgegen der Vorschriften, an die er eigentlich als Kriminalhauptkommissar gebunden sein sollte. Für das Sabbatjahr nimmt er sich Freiheiten heraus.

Alles dreht sich um den Unfall in der Bootsbauerei, der möglicherweise keiner gewesen ist und um das seltsame Verhalten Hermann Klövers, der sich immer mehr verdächtig macht. Interessant ist das Umfeld, in dem die Handlung spielt, ein abgelegenes Dorf. Erwähnenswert ist auch der alte Nachbar von Zapotek, Kurt Jansen, der alles beobachtet und alles weiß und mit seinen spitzfindigen Bemerkungen immer goldrichtig liegt. Das alles zusammengenommen macht das Buch spannend.

Rezension von Heike Rau

Claudia Rusch
Zapotek und die strafende Hand – Der erste Fall
288 Seiten, Klappenbroschur
Mareverlag
ISBN-10: 3866481721
ISBN-13: 978-3866481725
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Elisabeth Herrmann: Schattengrund

Elisabeth Herrmann: Schattengrund

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Die Eltern möchten nicht, dass ihre Tochter Nico das Erbe ihrer verstorbenen Großtante annimmt. Da Nico noch keine achtzehn Jahre alt ist, schlagen sie also das Erbe aus. Nico ist damit nicht einverstanden, auch wenn sie nicht weiß, auf was sie sich mit dem Erbe einlassen würde. Seit zwölf Jahren hatte sie keinen Kontakt mehr zu Tante Kiana. Erinnerungen an die Zeit in Siebenlehen, an ihre Tante und das alte Fachwerkhaus hat sie keine mehr.

Die Geheimniskrämerei ihrer Eltern kann Nico kaum ertragen. Also fährt sie, während eine Freundin ihr den Rücken frei hält, in den Harz. Sie kommt bis Altenbrunn. Nach Siebenlehen gibt es für den Bus kein Durchkommen. Alles ist eingeschneit. Nico geht zu Fuß los, verläuft sich jedoch und verliert die Orientierung. Ihr Retter ist Leon Urban, ein Student, der hier einen Familienbesuch macht.

Kaum steht Nico vor dem alten Haus ihrer Tante, sind die Erinnerungen wieder da. Sie weiß, wie sie ins Haus kommt und kennt sich darin aus. Selbst Kater Minx ist noch da, auch wenn er mittlerweile sehr alt sein muss. Es ist einsam hier, aber schön. Doch dann passieren seltsame Dinge. Die Dorfbewohner verhalten sich sehr ablehnend. Jemand schleicht ums Haus und jagt ihr Angst und Schrecken ein. Es ist offensichtlich, dass niemand sie hier haben will. Irgendwas ist damals geschehen, als Nico noch ein kleines Kind war. Sie erinnert sich jetzt wieder an ihre Freundin, die damals ums Leben kam. Nico würde am liebsten flüchten, doch nach wie vor sind die Straßen unpassierbar.

Ein Geheimnis, das bereits über ein Jahrzehnt bewahrt wird, liegt der Geschichte zugrunde. Die einen wissen davon, die anderen ahnen vielleicht etwas. Die wieder eingekehrte Ruhe im Dorf ist allerdings allen heilig. Und dann kommt Nico ins Dorf und sticht ins Wespennest schon durch ihre bloße Anwesenheit. Dabei ist Nico eine sympathische junge Frau und auch glaubwürdig in ihrem Tun von der Autorin beschrieben.

Immer spannender und vor allem unheimlicher wird die Geschichte. Die Autorin gibt nur ganz langsam Details preis, so dass man als Leser auch noch verunsichert wird.

Die Wahrheit liegt im Dunkeln und als Nico sich zusammenreimt, was damals geschehen ist, will ihr nicht mal Leon glauben, denn Beweise hat sie keine. Es fällt nicht leicht eine Lesepause zu machen, denn man wird ständig in Atem gehalten. Die Gefahr ist ja greifbar. Einer schleicht herum, ein Mörder vielleicht, der verhindern will, dass Nico mehr herausbekommt oder ihr Wissen offenlegt. Hier wird die Spannung eines Thrillers spürbar.

Rezensionen von Heike Rau

Elisabeth Herrmann
Schattengrund
Thriller
416 Seiten, Klappenbroschur
cbt, München
ISBN-10: 3570161269
ISBN-13: 978-3570161265
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Rita Falk: Dampfnudelblues

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So eine Schmiererei an der Hauswand ist natürlich ärgerlich. Wenn man dann auch noch lesen muss „Stirb, du Sau!“ ist das ein Grund, die Polizei zu rufen. Und wenn so etwas auf der Hauswand des Rektors der Realschule steht, muss die Polizei, also Franz Eberhofer, sich das natürlich persönlich ansehen, auch wenn er nichts machen kann.
Als Rektor Höpfl dann eine Woche später von der Schule vermisst wird, wird Eberhofer aber doch munter.
Mit Hilfe des Schlüsseldienstes verschafft er sich Zutritt zum Haus, findet aber nichts Verdächtiges. Also befragt er Höpfls Schwester. Die will allerdings keine Vermisstenanzeige aufgeben, weil sie ihren Bruder nun mal nicht vermisst.
Dann ist der Höpfl plötzlich wieder da. Ein erwachsener Mensch kann ja schließlich mal ein paar Tage wegbleiben.
Als der Eberhofer dann eine Bahnleiche begutachten muss, trifft er überraschend wieder auf den Höpfl. Viel ist nicht mehr von ihm übrig. Es sieht alles nach einem Selbstmord aus. Doch Eberhofers Gefühl sagt etwas anderes.
Bald hat der Eberhofer 37 Verdächtige allein in der Realschule. Denn wie sich herausstellt war der Rektor nicht gerade beliebt.
Dass der Höpfl auch ein kleines Geheimnis hat, erfährt der Eberhofer vom Flotzinger, dem Heizungspfuscher. Der hat beim Höpfl nämlich einen Wellnessbereich im Keller eingebaut.
Als dann eine zweite Leiche auftaucht, ein junger Mann mit DNA-Spuren vom Höpfl auf dem Körper, wird der Fall brisant.

Nach „Winterkartoffelknödel“ folgt nun der nächste Provinzkrimi aus dem bayerischen Niederkaltenkirchen mit Dorfpolizist Franz Eberhofer in der Hauptrolle. Diesmal geht es um den tragischen Tod des Realschulrektors Höpfl. Eberhofer vertraut hier wieder auf sein Bauchgefühl. Er wittert als einziger einen Mord, wo man doch den Fall als Selbstmord zu den Akten legen könnte.
So richtig vorwärts geht es dann auch nicht. Wie das so ist, hat ein Dorfpolizist auch noch andere Dinge zu regeln. Davon mal abgesehen hat er auch noch ein Privatleben. Allerdings versaut ihm seine Familie immer mal wieder die Laune. Auch weil ihm die Freundin, weggelaufen ist, wo man sie doch so gerne als weiteres Familienmitglied gesehen hätte. Besonders sauer ist die Oma, die dann schon mal dem Franz das Frühstück verweigert.

Es sind also die kleinen Alltäglichkeiten und die komischen Situationen, die das Buch so unterhaltsam machen. Alle Klischees, die typisch Mann sein sollen, sind in die Rolle des Franz Eberhofer eingeflossen. Das ist ungemein witzig, für jeden, der diese Art Humor mag. Dazu kommt der Schreibstil der Autorin, die hier in Umgangssprache schreibt und teilweise bayerischem Dialekt. Der Eberhofer nimmt dann auch kein Blatt vor den Mund. Er ist eben ein ehrlicher Typ, wenn auch ein wenig derb. Notfalls geht es mit dem Kopf durch die Wand.
Beim Lesen des Krimis muss man also immer Schmunzeln, nicht selten sogar herzhaft lachen. „Dampfnudelblues“ ist genauso gut wie „Winterkartoffelknödel“.

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Dampfnudelblues
Ein Provinzkrimi
256 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248505
ISBN-13: 978-3423248501
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Kim Leine: Die Untreue der Grönländer

Kim Leine: Die Untreue der Grönländer

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Als Krankenpfleger kommt Jesper in die kleine Siedlung am östlichen Rand von Grönland. Er ist kein Arzt. Aber die Krankheiten mit denen die Menschen zu ihm kommen, sind nicht immer nur alltäglich. Manchmal reichen die Maßnahmen, die ein Krankenpfleger ergreifen kann nicht aus. Auch gibt es Patienten, die das Dorf nicht verlassen wollen, um sich im Krankenhaus in der nächstgrößeren Stadt behandeln zu lassen.

Selbst wenn Lebensbedrohliches sich anbahnt und sofort gehandelt werden müsste, ist dies manchmal nicht möglich, wenn der Flughafen geschlossen ist. Da lässt es das Wetter nicht einmal zu, dass der Hubschrauber kommt, um den Patienten ins Krankenhaus zu transportieren. Wenn dann noch die Telefonleitung zusammenbricht, ist Jesper auf sich gestellt. Er hat keine Möglichkeit, sich mit einem Arzt abzusprechen. Er sieht Patienten sterben aus diesen Gründen.

Kälte, Schnee und Eis machen den Menschen zu schaffen. Viel Zeit zum Nachdenken hat Jesper nicht. Aber auch auf ihn wirkt sich die lange Zeit der Dunkelheit aus. Was anfangs Gemütlichkeit ausstrahlt, bringt bald Verdruss. Vor allem wenn der Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander gerät und der Tag bald nur noch aus Arbeit besteht. In den kostbaren Stunden, wo nichts geschieht, kommt Jasper bald auch nicht mehr zur Ruhe. Er will das Leben spüren und tut bald, was alle hier tun, um der Eintönigkeit zu entgehen und die Zeit zum Vergehen zu zwingen.

So sehr die Einsamkeit auch drückt. Allein ist Jasper natürlich nicht. Man ist sich näher als einem lieb ist und manchmal doch nicht nah genug. Diese Diskrepanz beschreibt der Autor sehr genau. Er zeigt ganz unverblümt die menschlichen Schwächen, die der Abgeschiedenheit geschuldet sind und die man nur zu gut verstehen kann.

In einem kleinen Dorf, weiß jeder Bewohner, was der andere tut. Niemand will das wahrhaben. Jasper nimmt hier eine Sonderstellung ein. Er erfährt auch Dinge, die nicht Dorfgespräch sind, Tatsachen, die manchmal nicht einmal seine Patienten wahrhaben wollen. Jasper wird von Krankheit und Tod förmlich überrollt, bekommt die Machtlosigkeit zu spüren. Die entsprechenden Szenen sind von einer ungeheuren Intensität geprägt. Kein Wunder, dass er das nicht aushalten kann.

Das Buch weckt viele Empfindungen. Verwunderung, Erstaunen, Abweisung, Verständnis, Traurigkeit, Empörung, Mitgefühl. Dennoch ist ein gutes Buch. Doch lässt sich das nicht an etwas Bestimmten oder einzelnen Szenen festmachen. Es ist die Gesamtheit des Werkes.

Rezension von Heike Rau

Kim Leine
Die Untreue der Grönländer
Aus dem Dänischen Ursel Allenstein
336 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 3866481403
ISBN-13: 978-3866481404
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Lukas Hartmann: Die Deutsche im Dorf

Lukas Hartmann: Die Deutsche im Dorf

Es ist das Jahr 1967 als eine Fremde im kleinen Dörfchen Tannwiler im Emmental ankommt. Eine Deutsche, genau wie die Witwe Stucki, bei der sie von nun an wohnen wird. Den drei Jungen Simon, Christian und Otto kommt sie von Anfang an unheimlich vor. Es ist schnell klar, dass diese seltsame Alte irgendetwas zu verbergen hat. Die Kinder ergehen sich in wilden Spekulationen. Ihre Beobachtungen geben ihnen Anlass zu der Vermutung, die Görres sei gar keine Frau, sondern ein verkleideter Mann. Christian glaubt gar in Görres Hitler wiedererkannt zu haben, über den die Jungen gerade einen Dokumentarfilm gesehen haben. Der Gedanke lässt sie nicht wieder los. Simon, Christian und Otto wollen die wahre Identität der Görres um jeden Preis aufklären. Ihr Jagdeifer lässt sich nicht mehr bremsen, ihre Wahrnehmung verschiebt sich. Mit unglaublichen Mitteln treiben die Jungen die alte Frau immer weiter in die Enge, bis es schließlich zur Katastrophe kommt.

Die unglaubliche Geschichte wird aus der Perspektive Simons erzählt. Er erinnert sich als Erwachsener an die Geschehnisse von damals, als er noch ein halbes Kind war. Schon von der ersten Seite an wird der Leser gefesselt. Fasziniert spürt man das Unfassbare nahen, weiß vom Klappentext, dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird. Mit Spannung verfolgt man, wie die drei Jungen, zwischen denen eine seltsame Verbundenheit herrscht, immer mehr aus einem Hirngespinst heraus, folgenschwere Fehler begehen. Wie vernagelt halten sie an ihrem Plan fest, blenden aus, was sie nicht hören und sehen wollen. Sie finden keinen Weg zurück in ein normales Alltagsleben. Und aufgehalten werden sie auch nicht. Die Erwachsenen mit ihrer Einstellung schüren eher noch die Neugier der Kinder. Doch niemals würde man diesen bis dahin unauffälligen Kindern so etwas zutrauen. Und auch die Jungen selbst, sind zuletzt überrascht von ihrem Tun, hatten sie sich doch „nur“ ein Abenteuer erhofft und etwas mehr Spannung im Alltag. Helden wollten sie werden.
Der Autor schreibt mit unglaublicher Intensität und großer Ernsthaftigkeit, gewährt tiefe Einblicke in die Psyche der Kinder und ihr Verhalten in der kleinen Gruppe. Er überlässt es jedoch dem Leser, zu urteilen. „Die Deutsche im Dorf“ ist ein Buch, das hängen bleibt, das man nicht einfach nach dem Lesen ins Regal stellen kann, so packend, ergreifend und vor allem beunruhigend ist die Geschichte.

Über den Autor:
Lukas Hartmann ist Jahrgang 1944. Er studierte Germanistik, Psychologie und Musik, ist Schriftsteller, Journalist und Medienberater und wurde für seine Bücher vielfach ausgezeichnet. Lukas Hartmann lebt in der Nähe von Bern.

Rezension von Heike Rau

Lukas Hartmann
Die Deutsche im Dorf
302 Seiten, gebunden
Nagel & Kimche
ISBN: 3-312-00350-4
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Gunilla Kihlgren: Das Dorf der Hexe

Gunilla Kihlgren: Das Dorf der Hexe

Sophias Eltern haben sich entschieden. Sie ziehen von Stockholm in ein kleines Dorf, wollen im Einklang mit der Natur leben. Sophia hat am Anfang allerdings Probleme zurechtzukommen.
Als die Eltern auch noch planen das Haus Tyketorp am Dorfrand zu kaufen, um einen Dorfladen aufzumachen, ziehen sie scheinbar den Unmut der Dorfbewohner auf sich. Seltsame Dinge geschehen. Schnell verbreitet sich das Gerücht, dass eine Hexe Tyketorp mit einem Fluch belegt hat.
Zusammen mit Benny, der in der Nachbarschaft wohnt, will Sophia herausfinden, ob an den alten Geschichten etwas dran ist und der Fluch tatsächlich auch heute noch gilt. Ein Sommer voller Abenteuer beginnt.

Das Buch ist spannen und etwas unheimlich. Der Autor beschreibt in welcher Form Aberglaube auch in der heutigen Zeit noch das Leben der Menschen beeinflusst. Und so wird der Leser in eine vergangene Zeit hineingezogen, die aber in der Gegenwart spielt.

Für Kinder ab 10 Jahren.

Rezension von Heike Rau

Gunilla Kihlgren
Das Dorf der Hexe
Ein Fluch liegt auf Tyketorp
ISBN:3407782802
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