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Ein feiner Herr und ein armer Hund

Ein feiner Herr und ein armer Hund

Herr Mulder ist ein feiner Herr. Eine Erbschaft macht es möglich, dass er nicht arbeiten muss. Aus gesundheitlichen Gründen macht er jeden Abend einen Spaziergang. In einem von Asylanten bewohnten Haus ist ein Feuer ausgebrochen. Es herrscht Panik vor. Das Chaos ist unüberschaubar. Menschen sterben und kommen zu Schaden. Aus einem Fenster springt ein Hund. Der Fall wird von einem Feuermann gebremst. Der verstörte Hund rettet sich zu Mulder. Mulders Personalien werden aufgenommen. Er nennt einen falschen Namen. Dann nimmt er den Hund mit sich. Mulder gewinnt das Tier lieb. Es vertreibt die Einsamkeit.
Eine Befragung auf dem Polizeirevier verläuft für Mulder ungünstig. Dass er einen falschen Namen genannt hat, macht auch ihn verdächtig. Die Polizei ist schließlich auf der Suche nach einem Brandstifter, auch wenn es hier noch andere Verdächtige gibt, wie beispielsweise den Hausbesitzer. Der Hund könnte gesehen haben, wer es war. Aber ihn kann man nicht befragen.
Der Hund verändert den Tagesablauf Mulders. Er kennt sich im Viertel aus. So erhält Mulder Kontakt mit Menschen, deren Umgang er immer gemieden hat. Es sind arme Menschen: Bettler, Obdachlose, Illegale, Flüchtlinge. So lernt Mulder die andere Seite der Stadt kennen. Der reiche Mann wird konfrontiert mit Armut und Elend. Er bekommt immer mehr den Eindruck, der Hund mache ihm seinen Wohlstand zum Vorwurf.

Es ist schon erstaunlich, wie ein Hund einen Menschen verändern kann. Ein Hund, den Mulder sich nicht ausgesucht hat, aber der dem einsamen Mann doch sehr gelegen kommt. Das Tier hat zu niemanden gehört. Er ist ein Streuner. Und Mulder folgt ihm. Man fragt sich, wer hier wen leitet.
Mulder erweitert seinen Horizont. Er lernt eine ganz andere Seite von Paris kennen. Er wird hier wohl nie ganz dazu gehören und trotzdem erstaunt es ihn, welche Menschen er hier kennen lernt. Der bisher als Unsichtbarer lebende Mann, wird mit dem Hund an seiner Seite, der ein Erkennungsmerkmal ist, sichtbar. Ein Hund ist ein Grund, angesprochen zu werden. So macht Mulder Bekanntschaft mit der Not. Und immer mehr bekommt er das Gefühl, etwas tun zu müssen, auch wenn eine daraus resultierende Handlung auf sich warten lässt.
Man liest das Buch mit Staunen, wird sensibilisiert für eine Welt, vor der man lieber die Augen verschließt. Mulder hat es bisher so empfunden, er hat in seiner eigenen schönen Welt gelebt. Und doch sind die Menschen, die er kennen lernt auch eine Bereicherung für ihn. Er verliebt sich sogar. Mulders Wesensänderung verblüfft den Leser, wird aber überaus verständlich dargestellt. Aus dem uninteressanten Mann wird ein Mensch, für den man sich immer mehr zu interessieren beginnt.

Rezension von Heike Rau

Adriaan van Dis
Ein feiner Herr und ein armer Hund
Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas
240 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN: 978-3446209961
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Herr Faustini und der Mann im Hund

Herr Faustini und der Mann im Hund

Es gibt Herrn Faustini zu denken, als seine Nachbarin Frau Gigele ihm eine Botschaft aus dem Jenseits übermittelt. Er soll seine Eingeweide reinigen lassen, so die verstorbene Tante Fine.
Herr Faustini geht bummeln. Im Laden von Susi Kroth findet ein Hund Gefallen an seiner Hose. Der Hund lässt einen Blick in sein Innerstes zu. Herr Faustini entdeckt darin einen Mann. Das regt ihn an, über den Tod nachzudenken. Ob man den alten Mann wohl aus dem Hund befreien kann?
Susi Groth beteuert, dass ihr Hund sich noch nie derartig benommen hat. Er ist sonst ganz lieb. Von dem Mann im Hund erzählt Herr Faustini nichts. Es könnte eine Halluzination gewesen sein. Aber loslassen kann er nicht, so bittet er Frau Kroth um einen Spaziergang mit dem Hund.
Im Bus wird er auf einen Zeitungsartikel aufmerksam. Es geht um Darmreinigung. Da das kein Zufall sein kann, macht Herr Faustini einen Termin bei Dr. Gurgel-Etzel. Die Schwester, die sich seiner annimmt, findet er ganz nett. Die Darmreinigung bekommt ihm allerdings nicht so gut. Er wird immer schwächer. Zwar schafft er alle Behandlungstermine, landet aber dann völlig entkräftet im Krankenhaus und muss wieder aufgepäppelt werden.
Zuhause hat ihn niemand vermisst, weder sein Kater, noch die Nachbarin. Der Hund freut sich, Herrn Faustini wiederzusehen und endlich gelingt die Kontaktaufnahme mit dem Mann im Hund.

Herr Faustini ist anders als andere Menschen. Dass weiß, wer „Herr Faustini verreist“ gelesen hat. Herrlich kleinkariert ist er immer noch, aber vielleicht nicht mehr ganz so kontaktscheu. Die Langeweile hat ihn dennoch voll im Griff, bis er den Mann im Hund entdeckt. Es ist eine absonderliche Begebenheit, die ihn eigentlich vollkommen als Spinner entlarven müsste. Aber nein, seine Bekannten ziehen mit. Der Autor beweist, dass jede Geschichte wahr werden kann, wenn nur alle daran glauben oder vorgeben, daran zu glauben. Manch anderer ist auch nicht der, der er vorgibt zu sein.
Ein herrlich leiser Humor schwingt zwischen den Zeilen mit. Man liest dieses sehr feinfühlig geschriebene Buch sehr gerne, lässt sich berühren von dieser märchenhaften Geschichte, die Herrn Faustini ins Übersinnliche führt.

Rezension von Heike Rau

Wolfgang Hermann
Herr Faustini und der Mann im Hund
192 Seiten, gebunden
Deuticke im Zsolnay Verlag
ISBN: 978-3552060753
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Herr Röslein kommt zurück

Herr Röslein kommt zurück

Moritz fühlt sich in Not: durch ein Zauberfernrohr, das er von seinem freundlichen Nachbarn Herrn Röslein geliehen hat, konnte er mit ansehen, dass die Eisverkäuferin Pippa in der grauen Vorstadt entführt worden ist! Herr Röslein, der für alles Rat und Hilfe weiß, ist zu einer Hilfsaktion in Kappadokien. Er hat einen langen grauen Zopf und besitzt magische Kräfte.
Was soll Moritz nur tun?

Zuerst versucht er es mit Hilfe seiner Freunde Ole und Lili. Sie suchen alle Häuser ab nach der Adresse von Alfons Meyerbeer, einem Freund von Herrn Röslein–und finden ihn sogar!
Er lebt mit seinem Schwein Hinrich zusammen. Die beiden bilden ein gutes Gespann. Und dann gibt es noch den gruseligen Theophil, der vorübergehend in Herrn Rösleins Wohnung nach dem Rechten sieht.
Herr Röslein taucht unverhofft wieder bei Alfons Meyerbeer auf, und jetzt überlegen sie gemeinsam, wie sie Pippa befreien könnten.

Diese Geschichte ist mit außergewöhnlich feinem pädagogischem Gespür erdacht.
Moritz ist ein fantasievolles Kind, das aus einer netten Familie stammt. Die Mutter ist Architektin, und Herr Röslein hat ihren doofen Chef mit seinem magischen Salzstreuer schon zu einem netten Menschen verwandelt. Die Welt der Kinder ist in Ordnung, wenn auch die gelegentlichen Sorgen der Eltern nicht ausgespart bleiben. So weiß die Mutter nicht, ob sie ihren Job behalten wird. Der Vater geht liebevoll und mit Verständnis auf seinen Sohn Moritz zu. Er betreut zugleich den kleineren Bruder Tim. In der Familie herrscht ein netter Ton: jeder begrüßt jeden ausdrücklich bei den passenden Gelegenheiten. Moritz weiß, dass er immer um sechs Uhr zu Hause sein muß. Besorgt hält er sich daran, wenn er einmal mit Herrn Röslein ein Vorhaben plant.
In der Schule gibt es Kabbeleien zwischen den Jungs. Moritz ist ein aufrechter kleiner Kerl, der seinen Freund Ole verteidigt. Die Strafarbeit über das Lösen von Konflikten in der Schule schreibt er glänzend.

Dieses Buch schwankt zwischen Magie, Zauberei, krimineller Spannung und den ganz realen Alltag in einer Familie.
Es ist so spannend geschrieben, dass auch der erwachsene Vorleser sein Vergnügen dabei haben wird.
Karsten Teich hat die Erzählung mit dezenten und sehr lustigen Illustrationen versehen. Besonders Herr Röslein soll hier erwähnt werden. Er ist lang und dünn und erinnert ein wenig an eine Wilhelm-Busch-Figur.
Nett, rund und harmonisch wie die ganze Geschichte, die von Höhepunkt zu Höhepunkt schreitet, sind die Illustrationen die richtige Ergänzung. Das Buch ist für Mädchen wie Jungen ab 8 Jahren zu empfehlen.

Claudine Borries

Silke Lambeck
Herr Röslein kommt zurück
Zauber, Krimi und Magie
ISBN:3827052831
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Herr Faustini verreist

Herr Faustini verreist

Herr Faustini muss nicht mehr ins Büro. Niemand will mehr was von ihm. Seine einzige Pflicht ist es, dem Kater Wasser und Futter hinzustellen. So verlaufen die Tage in Eintönigkeit. Irgendwann hält Herr Faustini die Langeweile nicht mehr aus. Er wünscht sich für sein Leben etwas mehr Abenteuer. Er beginnt sein neues Leben mit einem Besuch beim Friseur. Und er überlegt sich, dass ein Hobby auch nicht schlecht wäre. Aber er weiß, dass ihm dazu das Durchhaltevermögen fehlt. Eine kleine Zugfahrt rettet schließlich den Tag.

Da wäre auch noch die Sache mit dem Geburtstagsgeschenk für seine Schwester, die ihm Kopfzerbrechen bereitet. Es muss leicht zu transportieren sein, damit er es hier von Bregenz ins Tessin schicken kann. Die Nachbarin rät zu einem Kosmetikgutschein. So wagt sich Herr Faustini in Frau Helgas Beautysalon und kauft eine Kleinigkeit. Als er offiziell von seiner Schwester zum Geburtstag eingeladen wird, drückt ihn das tief in seinen Ohrensessel. Kann es wagen, den Kater und die Pflanzen seiner Nachbarin zu überlassen?

Herr Faustini ist der geborene Langweiler. Er lebt in eingefahrenen Bahnen. Jeder Gedanke an Veränderung macht ihm Angst. Er lässt sich schnell aus der Ruhe bringen, hinterfragt jede Situation, analysiert jedes Problem, auch jene, die nach aller Wahrscheinlichkeit nie auftreten werden.
Nun könnte man glauben, ein Buch, dass von einem langweiligen Menschen handelt, kann nichts anderes sein als eintönig. Dem ist nicht so. Und das liegt vor allem am Schreibstil des Autors. Er beschreibt Herrn Faustini so, dass er mit seinen Unzulänglichkeiten sogar sympathisch wirkt. Natürlich spielt hier auch das Mitleid eine Rolle. Und auch eine Wiedererkennungswert hat Herr Faustini. Denn das Gefühl von Langeweile kennt jeder Mensch, die Sehnsucht nach Begegnungen und Abenteuern. Und so wie Herr Faustini, wenn er wollte, sein Leben jederzeit ändern könnte, so könnte es auch der Leser. Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt. Doch den zu tun, ist nicht immer einfach. Es gehört Mut dazu und der muss erst wachsen.

Über den Autor:
Wolfgang Hermann wurde 1961 in Bregenz geboren. Er studierte Philosophie und Germanistik in Wien, promovierte mit einer Arbeit über Hölderlin. Wolfgang Hermann lebte längere Zeit in Berlin, Paris, in der Provence und als Universitätslektor in Tokyo. Seit 1987 ist er freier Autor, arbeitet für Theater, Musik und Hörspiel. Dazu kommen zahlreiche Buchveröffentlichungen. Seine Erzählungen und Gedichte erschienen in verschiedenen Sprachen.

Rezension von Heike Rau

Wolfgang Hermann
Herr Faustini verreist
140 Seiten, gebunden
Deuticke im Paul Zsolnay Verlag Wien
ISBN: 3-552-06025-1
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