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Elizabeth McKenzie: Im Kern eine Liebesgeschichte

Elizabeth McKenzie: Im Kern eine Liebesgeschichte

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Paul macht Veblen einen Heiratsantrag! Er ist ein Neurologe, der sich mit Hirnforschung befasst, und Veblen betätigt sich freiberuflich als Übersetzerin. Sie befinden sich in den Dreißigern.

Kurz und bündig werden wir Zuschauer einer komplizierten Liebesverbindung.

Kompliziert deshalb, weil Veblen eine sonderbare Vorliebe für die Sprache der Eichhörnchen hat, und Paul Hilfe für verletzte Veteranen des Weltkriegs zu erforschen trachtet. Er muss dazu viele Tierversuche machen, die wiederum Veblen stören. Schlimmer noch ist die Tatsache, dass Paul für einen großen Pharmaziekonzern Kriegsveteranen in seine Hirnforschungen einbezieht.

Beide Liebesleute sind überglücklich zu Beginn ihrer Liebschaft. Das Paar entdeckt Gemeinsamkeiten aber auch Hürden auf dem Weg zur Hochzeit. Insbesondere die Eltern beider Protagonisten bieten versteckte Stolpersteine. Veblens Mutter ist Hypochonderin par excellence und stellt Paul auf die Probe mit seinem medizinischen Wissen bei der Aufzählung ihrer zahlreichen Krankheiten.

Sie gibt vor, ihre Tochter unendlich zu lieben, ist aber ständig dabei, sie zu bevormunden.

Veblen ist ganz verängstigt, es ihrer Mutter recht zu machen. Diese ist insgeheim voller Aversionen gegen ihren zukünftigen Schwiegersohn.

Paul entstammt einer lustigen Hippieehe. Für ihn als Kind war das nicht immer lustig.

Die Geschichte ist voller kleiner skurriler Nebengeschichten und bezeugt einen langen Lernprozess beim gegenseitigen Kennenlernen. Immer wieder ist das Thema „Eltern“ dran, und wirklich: Veblens Mutter ist in ihrer wehleidigen Dominanz unausstehlich! Es gilt weiterhin, das eine oder andere Geheimnis um Veblens Zeugung zu erforschen!

Mit langen Windungen und eigenartigen Verdrehungen im gegenseitigen Verstehen rackern sich die beiden auf dem Weg zu ihrer Hochzeit ab.

McKenzie erfasst menschliche Charaktere mit klugem Blick und vermag Stimmungen hervorragend einzufangen. Die tierliebe Veblen und der ehrgeizige Paul passen wohl in vielen Bereichen gar nicht zusammen, und Veblens Mutter weiß die Gunst der Stunde für sich zu nutzen. Doch verbindet Paul und Veblen ein andauerndes Bemühen um Verständnis und Frieden. Eltern auf Abstand zu halten und sich abgrenzen zu lernen, bedeutet Sieg oder Niederlage.

McKenzie kennt die Abhängigkeiten und die Versuche, es den Eltern recht zu machen. Es bedarf starker Charaktere, sich aus deren Klauen zu befreien. Nicht nur in diesem Kampf muss man zugunsten seiner neuen Verbindung auf Erden einiges riskieren. Auch im Beruf gibt es Rivalitäten und Konkurrenzen, die zuweilen harte Formen annehmen. McKenzie gibt allen Parteien Raum zu Entfaltung. Gelegentlich etwas ausschweifend ist ihr dennoch ein gelungenes Familienporträt gelungen, mit dem sie den Leser unterhält und animiert, die eigenen Verhaltensweisen zu überdenken.

„Extrem lustig und sprachlich herausragend“ ziert der Ausspruch von Jonathan Franzen das Cover zum Buch.

Elizabeth McKenzie
Im Kern eine Liebesgeschichte
480 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag, August 2018
ISBN-10: 3832198776
ISBN-13: 978-3832198770
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Rita Falk: Sauerkrautkoma

Rita Falk: Sauerkrautkoma

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Diesmal darf der Franz Eberhofer nicht in Niederkaltenkirchen ermitteln. Er wird zwangsversetzt nach München, obwohl ihm die Großstadt gar nicht liegt. Er ist auch nicht bereit, da zu wohnen. Lieber donnert er mit Sirene und Blaulicht die nicht unerhebliche Strecke hin und her, um in seinem Saustall zu übernachten.
Trotzdem lassen die Oma und der Papa es sich nicht nehmen, dem Bub in München einen Überraschungsbesuch abzustatten. Gekommen sind sie nicht etwa mit dem Zug, sondern mit dem alten Opel Admiral vom Papa. Sie begleiten Franz, der mit dem Birkenberger Rudi verabredet ist, ins Augustiner und hinterher ist das alte Auto weg. Taucht aber zwei Tage später wieder im Dachauer Forst auf.
Das Auto stinkt erbärmlich, hat den Ausflug aber sonst gut überstanden. Es fehlt nichts. Aber wie sich später herausstellt, ist etwas dazugekommen. Im Kofferraum liegt die Leiche einer jungen Frau.
Weil keiner sich zuständig fühlt, muss sich Franz der Sache annehmen.
Dabei hat er wirklich genug am Hals. Der Leopold ist, weil er in einer Ehekrise steckt, wieder zuhause eingezogen und das geht dem Franz ordentlich gegen den Strich. Und dann macht da einer frech der Susi den Hof und Franz sieht sich gezwungen seiner Angebeteten einen halbherzigen Heiratsantrag zu machen, damit die nicht auf dumme Gedanken kommt.

Grandios! Auch mit diesem mittlerweile fünften Buch um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer wird man wieder sehr gut unterhalten. Abwechslung bringt seine Zwangsversetzung nach München mit sich, denn eine Großstadtpflanze ist der Eberhofer nun wirklich nicht und stellt sich demensprechend an.
Überhaupt scheint diesmal der Mordfall, der eigentlich nicht schlecht konstruiert ist, in den Hintergrund zu rücken, denn familiäre Probleme und Dorfangelegenheiten nehmen den Franz Eberhofer ordentlich in Beschlag. Selbst die Hunderunden mit dem Ludwig dauern ungewöhnlich lange.
Mit im Buch sind wieder Rezepte von der Oma. Wobei beim „Gedampften Sauerkraut“ ein Hinweis auf die möglichen Nebenwirkungen bei empfindlichen Menschen fehlt. So ein Sauerkrautkoma steckt man nämlich nicht so leicht weg!

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Sauerkrautkoma
Ein Provinzkrimi
272 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423249870
ISBN-13: 978-3423249874
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Hochzeit in Jerusalem

Hochzeit in Jerusalem

Niemand will ständig von der Familie behelligt werden, um familiäre Angelegenheiten für andere, insbesondere Verheiratungen, mit zu regeln. Die junge Anja gerät in eine bedauerliche Lage, da ihre Mutter sie drängelt, für den Bruder eine Braut aufzutreiben.
Sie ist nicht erbaut und verweigert sich diesem Anliegen!

Als Kontingentjüdin ist sie mit ihrer Familie Anfang der neunziger Jahre aus Russland nach Deutschland gekommen und lebt inzwischen nach westlichem Muster ihr eigenes Leben.

Im Internet stößt Anja zufällig auf Julian.
Er sucht Hilfe, um seinen jüdischen Wurzeln auf die Spur zu kommen. Sein Vater hatte ihn recht unvermittelt darüber in Kenntnis gesetzt, dass er durch ihn, seinen Erzeuger, jüdischer Herkunft sei. Viel mehr kann er von diesem schweigsamen und von der Mutter geschiedenen Mann leider nicht erfahren.
Anja bietet dem neuen Freund unvoreingenommen und ohne tiefere Absichten ihre Hilfe an.
So beginnt eine Reise durch das Dasein als Jude im heutigen Deutschland und in die Vergangenheit gekoppelt an eine nicht ganz einfache Beziehung zu Julian.

Da ist von den Gutmenschen die Rede, die sich heute gerne und fast aufdringlich mit jüdischen Freunden umgeben; da gibt es eine Vielzahl von Verwandten hier und in aller Welt verstreut, die auf eine chaotische Weise alle miteinander verbunden sind. Und wie hat man sich überhaupt jüdisches Aussehen vorzustellen? Keine anzügliche Frage bleibt ausgespart.
Anjas Erinnerungen an Russland und ihr Leben heute zeigen anschaulich, wie sehr das Leben und die Identitätssuche gerade der jüngeren Generation jüdischer Herkunft mit den Jahren und abhängig von den Ortswechseln einem Wandel ausgesetzt ist.

Julian will mehr über den jüdischen Glauben und die religiösen Riten herausfinden. So planen die beiden jungen Leute eine Reise nach Jerusalem. Unvermutet und nicht gerade erwünscht schließt sich die Familie von Anja den Reisenden an, um bei der Hochzeit einer Cousine dabei zu sein.
Die Hochzeit in Jerusalem bietet Anlass, sich all derer zu erinnern, die überall und nirgendwo zu Hause sind!

Es handelt sich bei diesem Buch um eine Mischung aus Identitätssuche und Entwicklungsroman.

Die spritzige Lebendigkeit, mit der Erfahrungen und Begegnungen beschrieben werden, ist von hintergründigem Humor und feiner Selbstironie.
In einem unkonventionellen Stil und mit einfallsreichen Gedanken wird die Mischpoche unter die Lupe genommen.

Das Buch ist voller Ideen, feinem Zynismus und freimütiger Beobachtung. Mit lakonischen und unbefangenen Bemerkungen amüsiert sich die Protagonistin über Jugendliche mit linken Ideologien und reichen Eltern im Hintergrund. Andere modische Ideologien werden auf feinsinnige Art auseinander genommen.
Die leise Melancholie zum Ende der Erzählung hin bietet eine Ahnung davon, dass das Leben in der Fremde nicht immer leicht zu ertragen ist.

Die Autorin hat ein ähnliches Schicksal wie ihre Heldin.

Sie ist jung, kommt aus Russland und bezeichnet sich als jüdische Deutsche. Mit ihrem ersten Roman Meine weißen Nächte (2004) war sie sehr erfolgreich. Sie wurde 2005 mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet.
Man wünscht sich noch viele gleichwertige Romane aus ihrer Feder!

Lena Gorelik
Hochzeit in Jerusalem
Auf Identitätssuche
ISBN:3865550371
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