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Schlagwort: London

Antonia Hodgson: Der Galgenvogel

Antonia Hodgson: Der Galgenvogel

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Diesen Roman als Kriminalroman zu bezeichnen, wäre nicht das richtige Wort. Er ist eher ein Ganovenroman. Denn im Mittelpunkt steht Tom Hawkins, ein Mann, der in den Tag hineinlebt, nichts Richtiges mit sich anzufangen weiß und das Geld seiner Freundin verprasst. Denn Kitty hat eine große Erbschaft gemacht und ist Inhaberin einer kleinen, verruchten Buchhandlung, die unterm Ladentisch pornographische Bücher vertreibt und regelmäßig von den Sittenwächtern kontrolliert wird.

Es wird das Jahr 1728 geschrieben im London des Lebemanns und Spielers Tom Hawkins. Der Dreck und Gestank in den Gassen, die Straßenräuber und Beutelschneider, sowie der Umgang der Menschen untereinander erinnern an die Szenerie in den Romanen von Charles Dickens und Daniel Defoe. Die Autorin hat ihren Roman in zwei Stränge strukturiert. In der Gegenwart wird von einem Erzähler der Weg Tom Hawkins zu dessen Hinrichtung in Tyburn geschildert. Dieser Strang ist für den Leser zusätzlich durch Kursivschrift abgegrenzt. Der zweite, und bei weitem längere, Strang wird vom Protagonisten selbst erzählt und ist eine Rückblende. Er geht der Frage nach, wie es dazu kommen konnte. Damit ist ein gehöriges Stück Spannung geschaffen, die vom ersten bis zum letzten Kapitel reicht. Wie auch bei dem französischen Ganoven Cyrano de Bergerac taucht der Leser in eine Welt ein, die voller Schmutz, Gestank, Vulgärsprache und Verbrechen zu sein scheint. Dabei ist an den Verhaltensweisen der einzelnen Figuren immer wieder erkennbar, dass sie auch liebevoll miteinander umgehen können und ihre Grobheit lediglich nach außen zur Schau getragen wird. Das ist die Strategie zum Überleben, zum Existieren in der Gesellschaft.

Die Figur des Protagonisten Tom Hawkins wurde bereits im ersten Roman „Das Teufelsloch“ der Autorin entwickelt. Dadurch kann Hawkins in diesem Roman bereits auf Erfahrungen zurückgreifen. Das vorhergehende Buch zu lesen, ist aber nicht zwingend notwendig für das Verständnis. Sein Weg zum Galgen wird von einem Mord verursacht. Die Aufklärung dieses Mordes strebt der Protagonist selbst an. Damit wird der Roman schließlich doch ein Ermittlungsroman. Der Leser wird im Verlauf ständig auf neue Verdächtige geführt, auf neue Fährten gelenkt. Hodgson schafft ein fantastisches Verwirrspiel mit detailtreuer Milieustudie. Über die Handlung hinaus klärt die Autorin in einem kurzen Abriss am Ende des Buches über die historischen Hintergründe auf. Eine nette Beigabe, welche gelegentlich zu einem „Aha“ führen kann.

Dieser Roman ist ein empfehlenswerter Weihnachtsschinken,. So, wie ich an den Festtagen sehr gerne historische Filme sehe, lese ich auch gerne solche Romane. Deshalb hatte mir „Der Galgenvogel“ auch schon wenige Wochen vor Weihnachten ein Gefühl von Weihnachten vermittelt.

Hodgson, Antonia
Der Galgenvogel
Droemer Knaur Verlag, München
ISBN 9783426653463

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Gareth P. Jones: Constable & Toop – Von Geistern empfohlen

Gareth P. Jones: Constable & Toop – Von Geistern empfohlen

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Sam Toop, der Sohn eines Leichenbestatters, wird von Geistern genervt. Er kann sie sehen und so kann er Botschaften überbringen und Testamente finden. Manchmal wird seine Gutmütigkeit allerdings auch gnadenlos ausgenutzt.

Lapsewood ist ebenfalls ein Geist. Bisher hat er im Verwaltungsamt der Geisterbehörde gearbeitet, doch nun geht es hinaus auf die Straße. Er soll im Auftrag der Abteilung für Behausung nach Mitarbeiterin Doris McNally suchen und findet sie auch. Die Schwarze Fäule ist ihr zum Verhängnis geworden. Diese breitet sich aus, wenn Hausgeister aus ihren Häusern verschwinden.

Vor den Häusern mit der Schwarzen Fäule muss man sich in acht nehmen. Doch Sam gerät direkt mit hinein. Ihn interessiert, wohin die Hausgeister verschwinden und wer hier die Fäden zieht.

Es gibt nur einen Weg, die Schwarze Fäule aus den geisterlosen Häusern zu bekommen. Ein neuer Geist muss hinein. Und so geschieht es auch. Nur ziehen diese neuen Geister scheinbar nicht freiwillig ein. Es sind Menschen, die auf mörderische Weise zu Geistern geworden sind. Und das ist nun mal ein Verbrechen, dass die Geisterbehörde nicht dulden kann.

Die schauerliche Geschichte spielt in London am Ende des 19. Jahrhunderts. Der Autor hat eine interessante Welt geschaffen. Geister sind hier selbstverständlich, allerdings gibt es eben auch Schurkengeister und Geisteraustreiber, die es übertreiben. Nicht jeder bleibt nach dem Tod in dieser Zwischenwelt, sondern nur die, die noch etwas erledigen müssen. London rückt hier in ein ganz anderes Licht. Der Nebel verdichtet sich zusehends.

Der Autor hat allerdings etwas viel in die Geschichte gepackt. Seine Fantasie scheint unermesslich und jede noch so kleine gruselige Idee wurde eingefügt. So ist es auch schwer, die Mitspieler in diesem Drama zu überblicken. Die Handlung zu durchschauen ist nicht einfach und erfordert sehr viel Aufmerksamkeit.

Rezension von Heike Rau

Gareth P. Jones
Constable & Toop – Von Geistern empfohlen
368 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3764170174
ISBN-13: 978-3764170172
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Suzanne Joinson: Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste

Suzanne Joinson: Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste

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Der Name sagt Frieda Blakeman nichts. Sie hat keine Ahnung wer Irene Guy ist. Aber offenbar ist Frieda deren nächste Angehörige, der nun nach dem Tod der alten Frau die Aufgabe zukommt, die Wohnung aufzulösen. Da Frieda nicht in London sondern auf Reisen war, konnte sie nicht einmal an der Beerdigung teilnehmen.

Die Wohnung von Irene Guy ist vollgestellt, aber doch auch gemütlich. Frieda sucht nach einem Hinweis, der ihr verrät, wer Irene war. Sie findet jedoch keine Antwort, aber eine Eule, die sie mit nach Hause nimmt. Leider entwischt das Tier bei erster Gelegenheit aus seinem Käfig und fliegt hinaus in den Treppenflur.

Der Araber Tayeb, der letzte Nacht wie ein Obdachloser im Hausflur übernachtet hat, ist wieder da, weil er etwas verloren hat. Er hilft ihr, die Eule wieder einzufangen. Nach dem beide sich ein wenig kennengelernt haben, bietet Frieda ihm an, erst mal in der Wohnung Irenes unterzukommen und dafür bei der Räumung zu helfen. Fünf Tage hat sie dafür noch Zeit.
Die beiden finden eine Kamera aus den 20er Jahren und eine kleine tragbare Druckerpresse. Irene Guy muss eine Forschungsreisende gewesen sein.
Als ein Foto von Friedas Mutter gefunden wird, wird klar, dass doch ein familiärer Zusammenhang bestehen muss. Und tatsächlich findet sich auch noch ein Tagebuch. Evangeline English berichtet hier von einer Reise nach Kashgar. Zurück kam sie nach England mit einem Baby, der kleinen Irene.

Vergangenheit und Gegenwart werden in diesem Buch miteinander verknüpft. Denn parallel zur Geschichte Frieda Blakemans kann man das Tagebuch von Evangeline English lesen, das einmal ein Reiseführer werden sollte. Während Evangeline nur vorgibt, eine Missionarin zu sein, um London entfliehen zu können, folgen ihre Schwester Elisabeth und deren Freundin Millicent dieser Berufung mit Nachdruck. Als sie einem jungen Mädchen bei der Geburt ihres Babys helfen, bringt dass die Frauen in ungeahnte Schwierigkeiten.

Das Buch ist ausgesprochen spannend zu lesen. Die Autorin erweist sich als gute Erzählerin, dies es versteht, den Leser in den Bann ihrer Geschichte zu ziehen. Zunächst steht man vor einem Rätsel. Was haben Frieda und Irene miteinander zu tun? Doch nach und nach wird zwischen der Vergangenheit in Kashgar und der Gegenwart in London ein Bogen gespannt. Das führt Frieda bis zu ihren Wurzeln zurück und lässt sie ein Stück weit erkennen, wer sie ist.

Es ist ein schönes Buch, das sich leicht liest. Obwohl die Autorin sehr wortreich, ausdrucksstark, bildreich und manchmal sogar sehr ausschweifend, was hier gut passt, erzählt, hat man den Eindruck, nicht genug zu bekommen von dieser Lektüre. Es ist interessant zu lesen, welchen weitreichenden Einfluss Begegnungen und Entscheidungen auf die Zukunft haben.

Rezension von Heike Rau

Suzanne Joinson
Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste
Aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer
272 Seiten, gebunden
Bloomsbury Verlag, Berlin
ISBN-10: 3827010888
ISBN-13: 978-3827010889
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Dacre Stoker und Ian Holt: Dracula – Die Wiederkehr

Dacre Stoker und Ian Holt: Dracula – Die Wiederkehr

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Fünfundzwanzig lange Jahre sind vergangen. Inzwischen schreibt man das Jahr 1912. Unerkannt treibt die Gräfin Erzsébet Báthory ihr Unwesen. Nur Dr. Jack Seward ist ihr auf der Spur. Was er nachts auf ihrem Anwesen in Marseille beobachtet, raubt ihm fast den Verstand. Sollte er entdeckt werden, wäre es um ihn geschehen. Und doch bemerkt man die Anwesenheit eines Eindringlings. Die Gräfin wird hier nicht bleiben können. Aber Seward hat bereits ihr nächstes Ziel ausgemacht.

Die Reise geht nach Paris. Hier würde der große Shakespeare-Darsteller Basarab im Théâtre de I’Odéon in der Aufführung der „Tragödie von Richard III.“ auftreten. Auch Quincey Harker, Sohn von Mina und Jonathan Harker, erwartet die Premiere mit großer Aufregung. Dabei hat er kaum Geld, um die Eintrittskarte zu bezahlen. Würde er sein Studium fortsetzen und Advokat werden, wie sein Vater es wünscht, wäre er bessergestellt. Doch Quincey sieht seinen Platz ebenfalls beim Theater, sein größter Wunsch ist es, ein erfolgreicher Schauspieler zu werden. Quincey hofft, dass er es schafft, mit dem jungen Rumänen Basarab Kontakt aufzunehmen.

Tatsächlich gelingt es ihm, einem Brief auf den Weg zu bringen. Auch Dr. Jack Seward nimmt über ein Telegramm Kontakt auf. Er warnt Basarab vor der Gräfin Báthory, bevor er sich auf den Weg nach Paris macht. Die Aufführung wird zum Erfolg. Was sich dann hinter der Bühne abspielt, ist allerdings unbeschreiblich. Jack Seward verliert den Kampf gegen die Báthory. Was geschehen ist, gibt Rätsel auf.

Das ist nur der Anfang des Buches. Da so unglaubliche viele Figuren ihren Auftritt in diesem Buch haben, hält man sich am besten an Quincey Harker, der auf seinem Weg zum Schauspieler hinter das Geheimnis seiner Eltern kommt, als er beim Theater in London auf Bram Stoker trifft und das Bühnenstück „Dracula“ liest. Wer aber nun nach fünfundzwanzig Jahre hier sein Unwesen treibt, vermag man nicht zu sagen. Es sei denn, Dracula wäre wieder auferstanden. Inspektor Cotlin hat jedenfalls alle Hände voll zu tun, einem Serienmörder auf die Spur zu kommen.

Von einer offiziellen Fortsetzung erhofft man sich viel. Aber die Erwartungen zu erfüllen, vermag das Buch nicht, nimmt man alle Erinnerungen zusammen, die man mit Dracula verbindet.

Viel zu sehr steht die Gräfin Báthory im Vordergrund und verweist Dracula, der seiner Rolle überhaupt nicht gerecht wird, auf Nebenschauplätze. So wie er im Buch dargestellt wird, ist er da allerdings auch besser aufgehoben. Er scheint ja ohnehin eine komplette Wesensänderung durchgemacht zu haben.

Auch diese Stimmung, die man mit einem Schauerroman in Verbindung bringt, will sich nicht einstellen, wahrscheinlich auch, weil das Buch auf den Lesegeschmack von heute abgestimmt wurde und zu reißerisch aufgemacht wirkt. Erst wenn man das Nachwort der Autoren liest, erschließen sich ihre Beweggründe. Nur kann es keine Voraussetzung sein, ein Buch erst dann zu verstehen, wenn man das Nachwort gelesen hat.

Es ist deswegen kein schlechtes Buch. Man wird schon halbwegs gut unterhalten. Es als offizielle Fortsetzung zu akzeptieren, fällt allerdings schwer.

Rezension von Heike Rau

Dacre Stoker und Ian Holt
Dracula – Die Wiederkehr
Deutsch von Hannes Riffel
522 Seiten, broschiert
Egmont LYX
ISBN-10: 3802584937
ISBN-13: 978-3802584930
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Ian Beck: Pastworld

Ian Beck: Pastworld

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Eve glaubt, im London des Jahres 1880 zu leben. Ihr Vormund Jack, der fast blind ist, achtet sehr auf sie. Nur selten darf sie hinaus und wenn, dann auch nur in seiner Begleitung. Jack macht dem Mädchen Angst, er behauptet, dass jemand hinter ihr her wäre, ohne näher darauf einzugehen. Eve kann so nicht mehr weiterleben und flieht. Vielleicht könnte sie mit dem Zirkus reisen. Doch kaum ist sie aus dem Haus, folgt ihr ein zerlumpter Mann. Nur mit Hilfe des Harlekins, der einen einmaligen Trick drauf hat, entkommt sie ihm. Von diesem Harlekin erfährt sie, dass man das Jahr 2048 schreibt. Jargo erzählt Eve, dass das um sie herum der Themenpark Pastworld ist. Eine getreue Nachbildung der Vergangenheit. Selbst ein Mörder, genannt das Phantom, treibt hier sein Unwesen und erinnert mit seinen Taten an den berühmt-berüchtigten Ripper.

Wer von draußen hier hereinkommt, macht also eine Zeitreise, die nicht ungefährlich ist. Das bekommt auch Caleb zu spüren, der mit seinem Vater anreist. Dessen wahren Beweggründe bleiben Caleb allerdings verborgen. Der Vater ist jedenfalls in einer Mission unterwegs, trifft sich mit einem blinden Mann. Dieses Treffen endet in einer Messerstecherei mit zerlumpten Männern. Der blinde Mann wird erstochen und Caleb der Tat bezichtigt. Er kann jedoch fliehen, während sein Vater entführt wird.
Auch Caleb bekommt Hilfe. BibleMac, der Taschendieb, nimmt sich seiner an. Er nimmt Caleb mit zu Mr Leighton, für den er arbeitet.
BibleMac ist ein Bewunderer der schönen Eve, die mittlerweile als Seiltänzerin arbeitet und mit ihrem Talent für Aufsehen sorgt.
So lernen Eve und Caleb sich eines Tages kennen. Ihre äußere Ähnlichkeit ist unverkennbar. Und beide sind in großer Gefahr, denn das Phantom sucht schon nach ihnen.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Chefinspektor Charles Catchpole vom Scotland Yard erzählt. Im Vorwort kann man einen Brief von ihm lesen, der sehr vielversprechend klingt und schon mal großes Interesse am Buch weckt. Seinen eigenen Ausführungen ergänzt Catchpole mit Tagebucheinträge von Eve.
So wird die Geschichte also von zwei Seiten betrachtet. Diese beiden Erzählstränge ergänzen sich perfekt.

Pastworld kann man sich gut vorstellen. Man hat sofort ein Bild vor Augen vom London des 19. Jahrhunderts mit den verwinkelten Gassen, den dunkeln Gebäuden, der spärlichen Beleuchtung der Gaslampen und dem unheimlichen Nebel. Genau so, wie es auf dem Cover zu sehen ist.

Nur hat diese Welt im Laufe der Jahre an Realität dazu gewonnen und ein Eigenleben entwickelt. Es ist nicht mehr einfach nur ein Themenpark. Man kann hier tatsächlich in Mord und Totschlag verwickelt werden, wie sich zeigt. Das ist wirklich unheimlich. Man verfolgt mit großer Spannung, was Eve und Caleb erleben, die sich zunächst gar nicht klar darüber sind, welche Rolle sie spielen und dass sie im Grunde nur Marionetten sind.
Dass mehr dahintersteckt, als es zunächst den Anschein hat, erkennt man natürlich mit der Zeit. Auch hier sind skrupellose Geschäftemacher am Werk, die mit dem Leben der Menschen, wobei die Bezeichnung womöglich nicht auf alle zutrifft, spielen. So kämpft wieder das Gute gegen das Böse.

Man hat den Eindruck ein sehr ungewöhnliches Buch zu lesen. Es ist diese unheimliche, düstere und geheimnisvolle Atmosphäre, die der Autor geschaffen hat. Und natürlich haben auch die verschiedenen Charaktere, die sehr authentisch wirken, ihren Anteil daran. Dazu kommt die Fantasie des Autors. Viele interessante Ideen haben Einlass in die Geschichte gefunden. Man wird ausgesprochen gut unterhalten.

Rezension von Heike Rau

Ian Beck
Pastworld
Aus dem Englischen von Barbara Abedi
400 Seiten, broschiert
Loewe Verlag
ISBN-10: 3785571569
ISBN-13: 978-3785571569
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Mary Hooper: Geheimnisvolles Vermächtnis MIT GEWINNSPIEL

Mary Hooper: Geheimnisvolles Vermächtnis MIT GEWINNSPIEL

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Lily ist allein in dem Zimmer in Mrs Macreadys Mietshaus am Brick Place in Seven Dials, das sie sich mit ihrer Schwester teilt. Grace ist unterwegs, braucht sie doch Hilfe, um ihr Kind zu bekommen. Aber das Kleine kommt tot zur Welt und weil sich Grace keine Beerdigung leisten kann, legt sie das Bündel heimlich in den Sarg einer anderen Toten, bevor diese beerdigt wird. James Solent, der Bruder der Toten, sieht Grace später in der Nähe des Grabes und bemerkt ihre Hilflosigkeit. Er gibt ihre eine Visitenkarte, so dass Grace sich im Notfall an ihn wenden kann.
An diesem Tag lernt Grace auch Mrs Unwin kennen. Ihre Ehegatte George Unwin besitzt ein Bestattungsunternehmen und sie könnte sich Grace mit ihrem überaus traurigen Gesicht gut als Sargbegleiterin vorstellen. Auch Mrs Unwin übergibt eine Karte.

Als Grace nach Hause kommt, ist ihre Schwester schon ganz verzweifelt. Obwohl Lily ein Jahr älter ist als Grace, wird sie wohl immer die Fürsorge der Jüngeren brauchen. Die Waisenmädchen schlagen sich mit Mühe durch. Mit dem Verkauf von kleinen Sträußchen Brunnenkresse und dem, was sie zum Pfandleiher bringen, können sie grade so überleben. Doch bald ist nichts mehr da, dass man einlösen könnte und auch die Geschäfte mit der Brunnenkresse gehen immer schlechter, bis die Saison ganz zu Ende ist. Als das heruntergekommene Haus, das ihnen wenigstens ein Dach über dem Kopf bot, abgerissen werden soll, sind die beiden auch noch obdachlos. Grace versucht sich an James Solent zu wenden, doch sie wird von einem fremden Herrn bereits an der Tür abgewiesen. Bleibt also nur noch die Arbeit im Bestattungsunternehmen. Mrs Unwin gibt sich befremdet. Zwei Mädchen möchte sie schon gar nicht einstellen. Doch als Mr George Unwin dazukommt ändert sich die Lage. Er und sein Cousin Sylvester Unwin, der ein Trauerbekleidungskaufhaus besitzt, haben Kenntnis davon, dass eine gewisse Letitia Parkes und ihre Tochter Lily gesucht werden. Eine unverhofftes Erbe steht den beiden zu. „Lily Parkes“ ist also der Name, der ihn aufhorchen lässt. Und geldgierig wie er ist, wittert er hier seine Chance. Er gibt seiner Frau zu verstehen, dass sie die beiden Mädchen einstellen soll. Mit seinem Cousin plant er, sich das Erbe anzueignen, ohne Rücksicht auf Grace und Lily, die nichts ahnen.

Die Autorin versteht es, spannende Geschichten zu erzählen und mit Worten zu verzaubern. Ihr Schreibstil ist einzigartig, sehr herzlich und ansprechend und so weiß man schon nach dem Lesen der ersten Seite, das man ein ganz wunderbares Buch vor sich hat.
Die Schwestern Grace und Lily führen ein von bitterer Armut geprägtes Leben. Das Schicksal hat es bisher nicht gut mit ihnen gemeint. Dabei könnte sich das von einem Tag auf den anderen ändern, wenn nicht diese geldgierigen, skrupellosen Unwins wären. Als Leser weiß man bald schon viel mehr als Grace und Lily. Man sieht welche Intrigen im Hintergrund gewoben werden und wie die Unwins ihrem Ziel immer näher kommen. Das macht die Sache spannend.

Die Liebe ist es schließlich, die eine Wende mit sich bringen könnte. Denn James Solent verliebt sich in Lily und ihm ist daran gelegen, dass es Grace gut geht. Diese romantische Atmosphäre wird schon deutlich, als die beiden sich noch kaum kennen. Doch die Unwins haben einen perfekten Plan ausgeklügelt, so dass für Grace und Lily keine Chance zu bestehen scheint, an ihr ihnen rechtmäßig zustehendes Erbe zu kommen.

Was sehr positiv auffällt, ist der gut recherchierte Hintergrund. Die Geschichte spielt im Jahre 1861 in London. Sie ist sehr ausführlich gehalten, gerade auch was die Lebensumstände der Mädchen betrifft, die sehr detailreich wiedergegeben werden. Dadurch hat man nicht nur Text vor Augen, sondern eben auch Bilder. Und das ist ganz wunderbar. Zusätzlich macht die Autorin im Nachwort Anmerkungen zum historischen Hintergrund. Ein Glossar gibt es ebenfalls.

Rezension von Heike Rau

Mary Hooper
Geheimnisvolles Vermächtnis
Aus dem Englischen von Marlies Ruß
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher
384 Seiten, gebunden
ISBN-10: 382705415X
ISBN-13: 978-3827054159
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Gewinnspiel:
Drei Exemplare von Mary Hoopers „Geheimnisvolles Vermächtnis“ gibt es zu gewinnen. Wer ein Buch haben möchte, sollte einen kurzen Kommentar schreiben. Es wäre interessant  zu erfahren, ob der eine oder andere bereits ein Buch der Autorin gelesen hat oder ob es das erste wäre.
Das Gewinnspiel läuft bis zum 12. August.

Dan Simmons: Drood

Dan Simmons: Drood

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Am 9. Juni 1865 geschieht das Zugunglück. Charles Dickens und seine Reisegefährtinnen überleben, während viele andere sterben. Fortan hat Dickens bei jeder Zugfahrt Probleme, seine Angst im Zaum zu halten. Und noch etwas setzt ihm zu: Die seltsame Gestalt im schwarzen Umhang, der er an der Unfallstelle begegnet ist. Man könnte den Mann für den Tod selbst halten, auch wenn Dickens ihn lieber für einen Leichenbestatter hält.
Willkie Collins erlebt Dickens nach dem Unglück vom Staplehurst erschreckend gealtert. Dickens hat sogar die Stimme eines anderen. Damit erzählt er ihm von dem merkwürdigen Mann, genannt Drood. Dickens will Drood aufspüren und seine Geschichte erfahren. Der Schriftsteller glaubt, hier den Stoff für eine Geschichte zu finden. Er spannt den ehemaligen Inspector Field für seine Zwecke ein, der ihm Detective Hatchery zur Verfügung stellt. Beide sind in Rente, bzw. beurlaubt von der Polizeiarbeit und arbeiten als Privatermittler.
Drood muss als blinder Passagier unterwegs gewesen sein. Alles deutet darauf hin, dass er in einem Sarg mit dem Zug gereist ist. Die Spuren führen in die Unterstadt. Und so steigen Dickens, Collins und Hatchery hinab in die Katakomben. Collins, dem die Zustände im unterirdischen London ungemein zusetzen, bleibt schließlich zurück, während Dickens seine Spurensuche fortsetzt. Er kommt tatsächlich mit einer Geschichte zurück, die er weiterverfolgen und später niederschreiben, aber nie vollenden wird und die auch Collins Leben fortan beschäftigen soll.

Collins erzählt die Geschichte aus seiner Sicht. Er hält sich für einen brillanten Autor, auch wenn er sicher nicht an Dickens heranreicht, der sein Freund und Mentor ist. Und doch sind die beiden auch Konkurrenten, was im Verlauf der Geschichte immer mehr zum Tragen kommt. Collins kommt im Grunde mit dem normalen Leben schon nicht klar. Er meistert den Alltag nur mit Laudanum, von dem er immer größere Mengen braucht. Es beflügelt auch seine Fantasie. Die Geschichte Droods setzt ihm immer mehr zu, er ist besessen davon. Und Dickens fördert dies noch, statt seinen Freund hier zu bremsen.

Das Buch ist über mehrere hundert Seiten ausgesprochen spannend. Es ist das Mysteriöse, was fesselt. Die Handlung erscheint perfekt geführt. Doch später weiß man nicht mehr, woran man ist. Wahrheit und Fantasie, aus dem Laudanum-Rausch heraus entstanden, vermischen sich immer mehr. Collins wird zu einem Erzähler, den man nicht mehr ernst nehmen kann. So ist es Dan Simmons auch nicht gelungen, für ein zufriedenstellendes Ende des Buches zu sorgen, auch wenn das Geheimnis um Edwin Drodd gelüftet scheint. Ob in Charles Dickens Sinne, sei dahingestellt.

Der Schreibstil des Autors gefällt gut. Er ist vom Bemühen um ausgesuchte Höflichkeit, selbst in haltlosen Situationen zu wahren, geprägt. Unter Gentlemen dieser Zeit war das so üblich und kommt besonders in den Dialogen zur Geltung. Allerdings bremsen lange Schachtelsätze, der sehr ausschweifend erzählten Geschichte, den Lesefluss ein wenig.
Das Handlung begeistert also schon. Und wenn die Geschichte im letzten Drittel des Buches einen anderen Verlauf genommen hätte, könnte man es uneingeschränkt weiterempfehlen. So aber, wird es nicht jedermanns Sache sein.

Rezension von Heike Rau

Dan Simmons
Drood
Übersetzt von Friedrich Mader
976 Seiten, gebunden
Wilhelm Heyne Verlag
ISBN-10: 345326598X
ISBN-13: 978-3453265981

Die Hebammen von London

Die Hebammen von London

Der medizinische Fortschritt hat auch im entlegenen Derbyshire Einzug gehalten. Statt eine Geburt mit Unterstützung einer Hebamme den natürlichen Lauf zu lassen, werden immer wieder von männlichen Geburtshelfern Geburtszangen eingesetzt. Das soll die Schwangerschaft oder die Geburt verkürzen.
Lilly, Hebammenschülerin bei Mrs Mansfield, ist entsetzt. Die „Petition der ungeborenen Babys“ von Elisabeth Hill, einer Londoner Hebamme, macht auf Lilly großen Eindruck. Das Schreiben wendet sich gegen Doktor Smollet, der die verschiedene Instrumente während der Geburt einsetzt und männliche Geburtshelfer ausbildet.
Lilly wird es ermöglicht nach London zu gehen. So kann sie ihr drittes Lehrjahr bei Elisabeth Hill absolvieren. Hier versuchen männliche Geburtshelfer die Hebammen zu verdrängen. Dr. Smollet führt ein Geburtshaus. Lilly hört, dass hier Experimente an schwangeren Frauen durchgeführt werden. Sie will unbedingt wissen, was dort ganau vorgeht. Als Medizinstudent getarnt, verschafft sie sich Zutritt. Was sie dort zu hören und zu sehen bekommt, erschreckt sie zutiefst.

Die Geschichte spielt im 18. Jahrhundert. Lilly ist eine junge Hebamme in Ausbildung, die sich gerne für das Wohl der Frauen und ihrer Neugeborenen einsetzt. In den männlichen Geburtshelfern und dem Einsatz von verschiedenen Instrumenten unter der Geburt sieht sie Gefahr. Sie verschließt sich aber auch nicht dem medizinischen Fortschritt und gerät so zwischen die Fronten.
Dementsprechend spannend ist da Buch, auch wenn die Autorin immer mal wieder von einem erzählenden Stil Abstand nimmt und eher sachlich berichtet.
Das Thema ist schwierig. Es für Jugendliche aufzubereiten, war sicher keine leichte Sache. Der Geburtsvorgang wird teilweise auch auf schockierende Weise dargestellt. Auch über die Experimente von Dr. Smollet wird berichtet.
Für schwache Nerven ist das nichts.
Wer sich für Medizin interessiert, findet hier aber eine interessante Geschichte über die Geburtshilfe im 18. Jahrhundert. Der erste Schritt zur Zusammenarbeit zwischen Hebammen und Ärzten wird gemacht.

Rezension von Heike Rau

Edith Beleites
Die Hebammen von London
Historischer Jugendroman
320 Seiten, gebunden
ab 13 Jahren
Rowohlt Taschenbuch Verlag
ISBN: 978-3499214837
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