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Schlagwort: Michal Viewegh

Der Fall untreue Klára

Der Fall untreue Klára

Dr. Denis Pravda sieht es mit Staunen, als der berühmte Autor Norbert Černý in seiner Kanzlei auftaucht, um für einen Roman zu recherchieren. Bereitwillig erzählt der Privatdetektiv über seine Arbeit. Doch schon beim nächsten Treffen, diesmal in einem Restaurant, gibt der Autor zu, gelogen zu haben. Er will kein Buch schreiben. Vielmehr leidet er unter Eifersucht, glaubt, seine viel jüngere Freundin gehe fremd. Nie habe er sich vorstellen können, einen Privatdetektiv zu engagieren. Doch nach diesen vielversprechenden Gesprächen, will er das Wagnis eingehen und seine Freundin, mit der er seit zwei Jahren zusammen ist, beschatten lassen. Doppeltes Honorar will er zahlen, falls Pravda es schafft, sie in flagranti zu erwischen.
Pravda und sein Team legen sich ins Zeug, lassen Klára keine Sekunde aus den Augen. Ihre Spritztouren sind, was sie sind – Spritztouren. Es passiert absolut nichts, was darauf hindeuten könnte, dass sie sich einem anderen Mann zugewandt hat. Entweder ist sie so harmlos oder sie hat die Observation bemerkt und geht nun äußerst geschickt vor.

Die Charaktere im Buch sind wirklich unglaublich. An dem makaberen Spiel sind bald nicht mehr nur Pravda und Černý beteiligt, auch wenn sich in der Hauptsache alles um die beiden dreht. Der eine gerät in ein Netz aus Lügen, der andere verstrickt sich in seinen Verdächtigungen. Trotzdem, beide spielen eine Rolle vor dem anderen. Wer hier wen ausspielt, bleibt lange unklar, das macht das Buch so spannend.
Die Handlung ist überspitzt dargestellt, aber nicht unglaubwürdig. Es ist sehr reizvoll zu verfolgen, wie der Autor die Geschichte immer weiter entwickelt, wie er die Figuren tanzen lässt.
Der Autor verblüfft mit psychologischer Hintergründigkeit und sehr viel Fingerspitzengefühl. Es liegt viel Ironie in der Geschichte, in der Gefühle überhand nehmen und dem Leben jede Normalität nehmen. Menschen in Ausnahmesituationen verwandeln sich derart, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen sind, so sehr laufen sie dem sonst gelebten Leben zuwider.
Der Autor zeigt diese Gefühle sehr genau, spielt mit seinen Protagonisten, er hat die Macht dazu, sie in jede Richtung laufen zu lassen. Literarisch ist das Thema Eifersucht perfekt umgesetzt. Das sollte man sich nicht entgehen lassen!

Rezension von Heike Rau

Michal Viewegh
Der Fall untreue Klára
206 Seiten, gebunden
Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien
ISBN: 978-3552060692
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Völkerball

Völkerball

Eva, Jeff, Tom, Skippy und Hujerová kennen sich aus der gemeinsamen Schulzeit an einem Prager Gymnasium. Für sie ging es zunächst aufwärts, nur Hujerová blieb zurück. Eva und Jeff waren sogar verheiratet. Auch die Ehe Toms ist gescheitert. Vielleicht wäre er mit Eva glücklich geworden, wenn sie nicht Jeff geheiratet hätte. Die unattraktive Hujerová dagegen hatte die Jahre nach der Schule wenig Glück, doch ist sie jetzt am Aufholen, hat endlich einen Mann gefunden und scheint zufrieden.

Das Leben spielt sich ab zwischen Hochzeiten, Geburten, Beerdigungen und all den kleinen Dramen, die das Dasein so mit sich bringt. Bei Klassentreffen wird Bilanz gezogen und festgestellt, wer eigentlich noch im Spiel ist.
Nun sind alle um die 40. Hat man in diesem Alter seine Kindheit und Jugend tatsächlich hinter sich gelassen und das Leben im Griff?

Hujerová ist sicher die interessanteste Persönlichkeit in diesem Buch. Sie fühlt sich gezwungen, ihr eigenes Glück aus Lügen zusammenzubauen, um wenigstens scheinbar mit den anderen mithalten zu können. Sie mag nicht eingestehen, wie es ihr wirklich geht. Dennoch scheint sie die Gewinnerin in diesem Spiel zu sein.

Das Buch ist gut geschrieben. Es lässt nicht mehr los. Die Lebensgeschichten faszinieren. Im schnellen Wechsel werden die einzelnen Personen dargestellt. Der Autor pendelt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, lässt beides verschwimmen. Die harte Realität wird genauso vorgestellt, wie die Träume und die Rollen, die gespielt werden, um wahre Gefühle zu verbergen.
Glück, so wird jedenfalls klar, ist eine trügerische Sache, auch wenn man sein Schicksal schon ein Stück weit steuern kann, wenn man nur will.

Über den Autor:
Michal Viewegh wurde 1962 in Prag geboren. Nach einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium arbeitete er als Nachtwächter und studierte anschließend Tschechisch und Pädagogik und lebt heute als freier Schriftsteller in Prag.

Rezension von Heike Rau

Michal Viewegh
Völkerball
238 Seiten, gebunden
Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien
ISBN: 3-522-06021-9
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