Browsed by
Schlagwort: Milena Agus

Die Frau im Mond

Die Frau im Mond


Mit dem zweiten Roman der Autorin des Romans “ So lange der Haifisch schläft“ hat Milena Aus erneut eine kleine und feine Erzählung vorgelegt.

Die Geschichte spielt in Sardinien. Aus ruhigen und zarten Anfängen wird außergewöhnliches kleines Werk.

In einer Hommage an ihre Großmutter erzählt die Enkelin als Erzählerin ihre Geschichte.

Auf Sardinien scheinen die Uhren stehen geblieben zu sein.

Das junge Mädchen, das die Großmutter einst war, hat Pech in der Liebe. Alle möglichen Kandidaten laufen immer wieder davon. Ob es daran liegen mag, dass sie ihnen Liebesbriefe und erfundene Geschichten schreibt?
Von ihrer Familie wird sie als leicht verrückt eingeschätzt und auch so behandelt.
1943 kommt ein Witwer auf der Flucht vor dem Krieg auf die Insel und als Untermieter zu den Eltern.
Sehr schnell macht er der jungen Frau, die schon nicht mehr ganz jung ist, einen Heiratsantrag. Aber sie liebt ihn nicht!
Als sich heraus stellt, dass auch er sie nicht liebt, lassen sich beide auf eine Ehe ein, die mehr brüderlich-schwesterlich angelegt ist als etwa auf die große Liebe. Er erledigt seine Bedürfnisse in einem Bordell.
Als sie ihn eines Tages beim Rauchen einer Pfeife beobachtet, macht sie ihm den Vorschlag, das Geld für das Bordell zu sparen, denn sie könne für seine Bedürfnisse statt der Huren deren Aufgaben übernehmen.
So entwickelt sich ein sonderbares Verhältnis, das auf rationaler Ebene alle wichtigen Funktionen erfüllt. Nur die Liebe bleibt auf der Strecke!
Unsere liebenswerte Heldin sucht in ihren Träumen weiterhin nach der einzigen und wahren Liebe!

Sie sollte ihr 1950 bei einem Kuraufenthalt begegnen.

Der Reduce, wie sie ihn nennt, ist ein versehrter Kriegsheld.
Als sie ihn sieht, ist es um sie geschehen. Er und kein anderer vermag ihre Liebe zu wecken!

Neun Monate nach dieser Begegnung kommt der Vater der Erzählerin zur Welt und entwickelt sich zu einem angesehenen Pianisten.
Nach einem Sprung in die Zukunft ist die Erzählerin, Tochter des Pianisten und einer Flötistin, ihrer Großmutter in inniger Liebe verbunden. Sie beobachtet und erzählt, wie sich alles weitere zugetragen hat.

So Geschichte wirkt mit ihren simplen Sätzen naiv und einfach. Sie ist mit ungewöhnlichen Gedanken und Einfallsreichtum ausgestattet.
Wie die Ehe auf einer Ebene fremd und scheu, auf der anderen handfest und sexuell praktisch vollzogen wird, das ist schon bemerkenswert!
Die Großmutter schreibt verschämt Gedichte. Niemand als der Liebaber und die Enkelin dürfen davon Kenntnis nehmen.
Wie sich aber die Liebe zwischen dem Reduce und ihr abspielt, das ist ein Zauberwerk. Die Musik, die sie durch ihn kennen und lieben gelernt hat, bleibt ihr Geheimnis. Sie erreicht aber, dass sie im Sohn ihren Widerklang findet.

Das italienische Leben, die knorrigen und fest gefügten Formen sardischen Familienlebens werden in liebevollen und poetischen Worten erzählt.
Die große Liebe, der die Hauptfigur anhängt, und die in der Figur des Reduce verkörpert wird, ist von einer solchen Innigkeit und Sehnsucht, dass man ganz mitfühlt und sehr gut versteht, wie im alltäglichen Leben alle Träume zerplatzen.

Das Leben spielt verrückt, und verrückt sind zuweilen auch die fantasiebegabten Menschen. Skurril, phantastisch und eigenwillig ist die Konstruktion des kleinen Romans.
Hinter dem schmalen Band vermutet man zunächst keine so amüsante und gut angelegte Lebensgeschichte.

Man lasse sich überraschen von dem Reiz der Erzählung und von dem sehr überraschenden Ende!

Mit dem letzten Satz der Geschichte möchte man Milena Agus zurufen: schreiben Sie weiter!

Milena Agus
Die Frau im Mond
Eine sardische Familinegeschichte
ISBN:3455400779
Bestellen

So lange der Haifisch schläft

So lange der Haifisch schläft

Milena Agus So lange der Haifisch schläft
Klett-Cotta ISBN 3608937498

Dieser wunderbare, heitere, naive, herzerfrischend und sehr italienische Roman reißt den Leser sofort mit!

Eine Familie: Vater, Mutter, Bruder, Großmutter, eine Tante und die Icherzählerin leben zusammen in einem Dorf auf Sardinien.
Durch die Augen der Icherzählerin erfahren wir in leisen Tönen, naiv, lakonisch und treuherzig, wie jeder einzelne lebt und die Welt betrachtet.
Der Vater ist ein Weltverbesserer, der viel fort ist, um in sich in Südamerika als Entwicklungshelfer hervor zu tun. Die schöne Tante schwebt von einem Liebhaber zum anderen; nie klappt es wirklich mit der Liebe. Die Mutter, eine zarte kleine Person, ist von ihrem Mann aus mühevoller Archivarbeit befreit worden und darf nun malen. Sie widmet sich dem Metier mit Hingabe. Der Bruder bleibt im Schatten der anderen, leidet an der Welt und den bösartigen Mitschülern und spielt immer nur Klavier. Die Großmutter gibt über allen schwebend ihre weisen Kommentare von sich.
Und unsere Icherzählerin? Sie schreibt Geschichten und hat einen verheirateten und absolut perversen Liebhaber.

Es geht um Gott und die Welt, um die Liebe, die Leichtigkeit und die Schwere des Seins.
Neben dem irdischen Allerlei des Tages wird immer wieder die Liebe in allen ihren Variationen thematisiert. Die herrlichsten poetischen Liebesbeweise tönen einem entgegen, hinreißend und von feinster Sprache zeugend.
Ohne Trauer und Verlust ist die Liebe nichts. Und so beschwört M. Agus die ganze Welt der Gefühle in ihrem Büchlein herauf.
Sie schreibt mit leichter Feder; selbst die unglaublichsten Einfälle von Perversion werden wie ganz normale leichte Geschichten daher erzählt. Fragen nach dem Lebenssinn und nach Gott werden unbeschwert, kindlich und naiv gestellt und beantwortet.
Die Familie ist scheinbar eng verbunden. Zugleich ist erkennbar, dass jeder seine eigene Philosophie und sein eigenes Bild von Gott und seinen Taten hat. Und zuletzt wird bei aller Einigkeit nach außen auch klar, dass jeder sein einsames Leben abgesondert vom Innenleben der anderen lebt.

Agus beschreibt ihre Charaktere kraftvoll und intensiv. Väter und Geliebte sind oft erotische Helden, die sich allerhand erlauben dürfen. Nichts aber ist verbissen, ehrpusselig oder gar moralisierend. Es ist wie es ist! Das mag als Motto für das Leben der hier beschrieben Menschen gelten.
Bei allem Ernst, der hinter den einzelnen Leben erspürt werden kann, ist die Geschichte heiter, zuweilen traurig, manchmal verzweifelt und melancholisch, immer aber auch südländisch und fröhlich.
Milena Agus ist eine wunderbare Erzählerin!
Man wünscht diesem Buch viele Leser und Leserinnen; es lohnt sich!
Bestellen