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Schlagwort: Mord

Frida Skybäck: Schwarzvogel – Der erste Fall für Fredrika Storm

Frida Skybäck: Schwarzvogel – Der erste Fall für Fredrika Storm

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Frederika Storms Oma Gun beobachte bei einem Spaziergang eine junge Frau, die in Panik auf den zugefrorenen See läuft. Sie versucht sie durch lautes Rufen und entsprechenden Gesten aufzuhalten, denn sie weiß, dass das Eis noch nicht trägt und sie nicht überleben kann, wenn sie in das Eis einbricht. Doch nichts hilft, die junge Frau ertrinkt.

Frederika ist gerade erst aus Stockholm zurück. Hier hat sie als Ermittlerin gearbeitet und tut dies nun auch in der Mordkommission Lund. Als Partner wird ihr der etwas eigentümlich wirkende Henry Calment zugeteilt. Der Fall um die ertrunkene Frau ist ihr erster gemeinsamer Fall, denn diese weist Verletzung auf, die sie sich nicht selbst zugefügt haben kann. Frederika kennt sich aus in der Gegend, sie ist hier aufgewachsen und ihre Familie ist auf dem Hof in Harlösa nach wie vor ansässig. Oma Gun ist eine wichtige Zeugin, wie Frederika überrascht feststellen muss. Bald stellt sich heraus, dass sie die Tote Nomi Pedersen heiß und als Putzfrau bei Frederikas Cousin gearbeitet hat.

Die Ermittlungen führen also in das Umfeld ihrer Familie und die Vergangenheit lebt wieder auf. Frederikas Mutter ist vor vielen Jahren verschwunden und ihr Vater will nicht darüber sprechen. Aber es wird immer deutlicher, dass er mehr weiß, als er zugeben mag. Schließlich taucht der Name eines Mannes auf, der sowohl mit Nomi Pedersen als auch mit Frederikas Mutter in Verbindung gebracht werden kann.

Frederika ist eine Ermittlerin, die sich nicht unbedingt an Regeln hält, ganz im Gegensatz zu ihrem Partner Henry Calment. Ohne Rücksicht zu nehmen, gräbt sie immer tiefer in der Hoffnung, irgendetwas herausbekommen zu können, das weiterhilft. Tatsächlich sind es die kleinen Hinweise, die den Krimi immer wieder voranbringen oder ihm eine neue Richtung geben. Zeugen und Verdächtige lügen oder verschweigen nun gerne mal etwas, um sich zu schützen oder in einem besseren Licht dazustehen.

Auch Familienangehörige bekommen Frederikas Hartnäckigkeit zu spüren. Im Umgang mit ihrer Familie verliert sie deutlich Sympathiepunkte, zumal öfter mal beim Lesen der Verdacht aufkommt, dass sie nicht die richtigen Rückschlüsse zieht. Die Autorin erzählt langsam, detailreich und gibt dem Krimi Raum, sich zu entwickeln. Spannung lässt sie aus der Situation heraus entstehen. Das Ende ist überraschend.

Frida Skybäck
Schwarzvogel – Der erste Fall für Fredrika Storm
448 Seiten, broschiert
‎dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423263687
ISBN-13: 978-3423263689
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Ivar Leon Menger: Angst

Ivar Leon Menger: Angst

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Mia Richter lernt Viktor in einem Museum kennen. Er ist charmant und so muss er sie nicht groß überreden, später mit ihm noch einen Kaffee trinken zu gehen. Mia findet sich in einem Edelrestaurant bei einem Sieben-Gänge-Menü wieder. Viktor hat jetzt ein anderes Auftreten, wirkt plötzlich reich und elegant. Sie verliert das Interesse an ihm, doch will er das nicht hinnehmen. Immer mehr schleicht er sich in ihr Leben ein und spannt dafür auch eine Mitbewohnerin ihrer WG ein, die Mias Misstrauen nicht versteht und Viktor zu mögen scheint. Ganz anders sieht die Sache Philipp. Er ist ein weiterer Mitbewohner und steht ihr fortan in dieser Sache hilfreich zur Seite.

Ist Viktor ein Stalker oder nur ungeschickt und aufdringlich? Mia ist sich nicht so ganz sicher. Faszinierend ist er auf jeden Fall und nicht überall scheint er seine Finger im Spiel zu haben. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine weniger verfängliche Erklärung. Sie will dennoch nichts mit ihm zu tun haben. So lernt sie einen anderen Mann in einem exklusiven Club kennen. Doch als sie sich wieder mit ihm treffen möchte, wird daraus nichts. Er wurde ermordet. Mia beschleicht eine böse Ahnung, doch folgt die Polizei ihren Argumenten nicht. Es lässt sich nicht beweisen, dass Viktor etwas damit zu tun. Mia denkt sich einen riskanten Plan aus, um an Beweise zu kommen. Sie holt Philipp mit ins Boot, denn ungefährlich ist es nicht.

Der Thriller ist überaus spannend angelegt und gut zu lesen. Viktor gibt sich undurchschaubar und so ist es für Mia schwer, ihn einzuschätzen. Er ist gut darin, ihr unterschwellig Angst zu machen, hat aber immer eine Erklärung parat, die ihn entlastet. Die Figur Viktor ist auf eine ungute und doch auch faszinieren Art gezeichnet.

Was Mia jedoch riskiert, um an Beweise gegen ihn zu kommen, ist für mich nicht glaubwürdig. Hier handelt sie naiv und riskiert zu viel. Für die Handlung scheint es jedoch wichtig zu sein. Davon abgesehen weiß Mia viele Details nicht, denn sie werden nur dem Leser offenbart. Das erhöht die Spannung ungemein und schafft eine noch unwirklichere Stimmung. Es ist fast gruselig.

Das Ende ist absolut verblüffend und hat mir das Gefühl gegeben, beim Lesen nicht genug aufgepasst zu haben. Hat es Hinweise gegeben, die mir entgangen sind und darauf hingedeutet haben, dass die Handlung einen anderen Verlauf nehmen könnte? Habe ich falsche Rückschlüsse gezogen? Welches Täuschungsmanöver habe ich übersehen? Ich werde das Buch wohl nochmals lesen müssen.

Rezension von Heike Rau

Ivar Leon Menger
Angst
Thriller
448 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft, August 2023
ISBN-10: 342326361X
ISBN-13: ‎978-3423263610
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Chris McGeorge: Escape Time – Die Morde von morgen

Chris McGeorge: Escape Time – Die Morde von morgen

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Das örtliche Krankenhaus hat eine Radiostation für ihre Patienten. Hier bringt sich Shirley Steadman mit ein und erfüllt die Musikwünsche der Patienten. Die ehrenamtliche Arbeit macht ihr viel Spaß. Als sie bei der Vorbereitung Radio hören möchte, entdeckt sie einen ihr unbekannten Sender. Der Moderator spricht mit verzerrter Stimmung und irrt sich auch noch im Datum. So scheint es, als würde er die Nachrichten von morgen verkünden. Doch tatsächlich hat der Unfall des Bäckers noch nicht stattgefunden, sondern ereignet sich erst am nächsten Tag. Wie konnte der Nachrichtensprecher das wissen?

Als er dann auch den Unfall des Milchlasters vorhersagt und dieser sich dann am nächsten Tag genauso ereignet, wird Shirley, die sich extra auf den beschwerlichen Weg zum Unfallort gemacht hat, misstrauisch. Als Nächstes wird ein Mord vorhergesagt. Sie muss die Polizei informieren, doch wird sie hier nicht ernst genommen.

Das angebliche Mordopfer, das sie vorwarnen möchte, macht sich ebenfalls über sie lustig. Shirley wird den Mord also nicht verhindern können. Aber vielleicht wird er auch gar nicht geschehen. Ihr sind die Anzeichen bewusst, die an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln lassen. Immer wieder sieht sie im Haus ihren verstorbenen Sohn und unterhält sich mit ihm. Aber was, wenn es doch zu diesem vom Radiomoderator vorausgesagten Mord kommt?

Die alte Dame vermag vielleicht nicht das Zeug zu einer wirklich guten Ermittlerin haben, aber sie tut, was sie kann, trotz körperlicher Einschränkungen. Sympathiepunkte kann sie trotzdem nicht zu sammeln, ich fand nicht wirklich Zugang zu ihr. Auch ihr Umfeld scheint sie als eher unfreundlich zu empfinden. Dazu kommt die Entfremdung, die zwischen ihr und ihrer Tochter dargestellt wird. Ihren Charakter so zu zeichnen, könnte Absicht sein. Denn so kommt es, dass Shirley zunächst niemanden hat, dem sie sich anvertrauen kann.

Der Krimi verläuft eher gemächlich und wirkt entsprechend einfach geschrieben. Mit mysteriösen Wendungen habe ich nicht gerechnet und so bin ich überrascht, als genau diese dann endlich Spannung aufkommen lassen. Es geht in eine wirklich unglaubliche Richtung, mit der Option erneut aufs Glatteis geführt zu werden.

Rezension von Heike Rau

Chris McGeorge
Escape Time – Die Morde von morgen
416 Seiten, broschiert
Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet
Knaur, April 2023
ISBN-10: 3426227886
ISBN-13: 978-3426227886
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Emma Haughton: The Dark

Emma Haughton: The Dark

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12 Monate wird die Notärztin Kate North nun auf einer Antarktisstation arbeiten. Sie folgt kurzfristig auf den Arzt Jean-Luc Bernas, der einen tragischen Unfall hatte und ums Leben gekommen ist. Auf der Station, die sich Forschungszwecken widmet, herrscht eine seltsame Stimmung, die sich noch verstärkt, als der Winter anbricht, der noch eisigeren Kälte und tiefe Dunkelheit mit sich bringt.

Kate beginnt an der Richtigkeit ihrer Entscheidung zu zweifeln, denn Dunkelheit macht ihr Angst. Doch die Tragödie, die sie erlebt hat, hat sie zu einer Flucht aus ihrem Umfeld gezwungen. Als sie versucht, mehr über ihren Vorgänger Jean-Luc zu erfahren, zeigen sich die anderen nicht gerade gesprächig, was zu verstehen ist. Doch Kate bleibt hartnäckig und schießt dabei schnell einmal über das Ziel hinaus. Mancher fühlt sich von ihr vor den Kopf gestoßen. Aber in ihr wächst der Verdacht, dass es kein Unfall war. Doch wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, Jean-Luc aus dem Weg zu räumen? Und warum?

Der Autorin gelingt es gut, die Station im Eis zu beschreiben, auch wenn die Forschungsarbeit selbst im Hintergrund bleibt. Die Kälte, die Dunkelheit und die beengten Verhältnisse machen es den Mitgliedern der Crew nicht leicht. Psychologisch ausgefeilt wird dargestellt, wie die Stimmung ist und wie sie sich zunehmend verändert. Unstrukturierte Tage, unaufgearbeitete private Probleme, kaum Kontakt zur Außenwelt und Müdigkeit durch Schlafmangel erschweren konstruktives Handeln und klares Denken. So entstehen Stresssituation, die an die Nerven gehen, und Diskussionen arten in Streitigkeiten und Angriffe aus.

Für Kate ist klar, dass unter ihnen ein Mörder ist, der vielleicht noch einmal zuschlagen wird. Es gibt nur ihre Sichtweise. Sie hat Anhaltspunkte, wenn auch echte Beweise fehlen oder diese verschwinden. Kate ist jedoch meiner Meinung nach nicht als besonders sympathische Person dargestellt. Sie hat Probleme, die sie eigentlich nicht für ihren Job qualifizieren. Hier wackelt die Glaubwürdigkeit etwas. Andererseits treibt sie die Handlung voran und bringt durch ihr unüberlegtes Handel die Gruppenmitglieder auch mal gegeneinander auf. Die Autorin rückt die Gruppendynamik in den Vordergrund, das sich aufbauende Misstrauen und zeigt gleichzeitig auf, dass jeder auf den anderen angewiesen ist, um auf der abgeschnittenen Forschungsstation überleben zu können.

Der Antarktis-Thriller unterhält gut und ist bis zum Ende sehr spannend.

Rezension von Heike Rau

Emma Haughton
The Dark
Antarktis-Thriller
Aus dem Englischen von Cornelia Röser
400 Seiten, broschiert
Knaur Verlag, November 2022
ISBN-10: 3426227932
ISBN-13:‎ 978-3426227930
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A. K. Turner: Wer mit den Toten spricht

A. K. Turner: Wer mit den Toten spricht

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Nachdem Cassies Oma einen Schlaganfall hatte, erzählt sie ihrer Enkelin endlich die Wahrheit. Cassies Eltern sind nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen, vielmehr hat ihr Vater ihre Mutter ermordet. Nun, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, nimmt er mit Cassie Kontakt auf, und behauptet unschuldig zu sein. Sie glaubt ihm nicht und doch ist da etwas, das leise Zweifel in ihr weckt. Könnte alles ganz anders gewesen sein? Sie beschließt nachzuforschen und beginnt Fragen zu stellen.

Cassie Raven ist eine interessante Figur. Sie hat eine liebenswerte Art. In ihrem Beruf als Sektionsassistentin geht sie respektvoll und zugewandt mit ihren toten Gästen um. Es gelingt ihr sogar, eine Nähe zu den Toten aufzubauen, die dann aber doch etwas unheimlich ist. Von anderen wird die eher zurückhaltende Cassie oft falsch eingeschätzt. Sie gehört der Gothic-Szene an und zeigt das durch ein entsprechendes Styling.

Ganz anders begegnet uns DS Phyllida Flyte, die ins Leichenschauhaus kommt, wenn kein natürlicher Tod vorliegt, sondern möglicherweise ein Mord. Sie ist eine konservative Polizistin, die sich an die Regeln hält. Cassie teilt sich ihr mit, schließlich braucht sie Einsicht in die alten Akten zum Mord an ihrer Mutter.

Es ist ein sehr persönlicher Fall für Cassie, der in diesem Buch aufgerollt wird. Entsprechen tief ist der Einblick in ihr Privatleben. Da man Anteil an ihren Gedanken, Gefühlen und ihren Zweifeln hat, entsteht Nähe.

Cassie wagt zunächst kaum, ihre Ermittlungen voranzutreiben und geht dann doch auch unkonventionelle Wege. Sie muss die Wahrheit wissen. Selbst Phyllida Flyte lässt sich zu einem nicht ganz korrekten Vorgehen hinreißen. Der Autorin gelingt es gut, die damit verbundenen Schwierigkeiten darzustellen und die unterschwellige Gefahr spürbar zu machen, in die sich Cassie bei ihrer Reise in die Vergangenheit ihrer Eltern begibt.

Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd und von Feinheiten in der Sprache geprägt. Dazu kommen die eingestreuten Fakten über Pathologie. Es entsteht ein stimmiges Bild und bis hin zum Ende bleibt es spannend.

Rezension von Heike Rau

A. K. Turner
Wer mit den Toten spricht
Ein Fall für die Rechtsmedizin. Cassie Raven ermittelt.
Band 2
384 Seiten, broschiert
Droemer, September 2022
ISBN-10: 3426282496
ISBN-13: 978-3426282496
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Liz Nugent: Auf der Lauer liegen

Liz Nugent: Auf der Lauer liegen

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Ein Krimi der Extraklasse!

Der Kriminalroman von Liz Nugent beginnt im ersten Satz mit einem Mord!
Man weiß gleich, wer das Opfer und wer die Täter sind. Insofern ist die Geschichte ungewöhnlich.

Erst bei der Suche nach dem Mörder seitens der Polizei kommen alle möglichen Figuren mit ins Spiel. Und nicht nur das: die ganze Recherche wird von Bekannten des Opfers ausgelöst, denn Spurensuche und Gründe für den Mord bilden das eigentliche Thema.

Was mögen die Hintergründe für den Mord sein?

Hören wir zuerst die Geschichte des Ehepaares Lydia und Andrew Fitzsimons.
Sie sind ein glücklich verheiratetes Paar. Ein Sohn Laurence krönt ihr Glück. Der Junge neigt leider zur Fettsucht und ist wenig anziehend für Mädchen seines Alters.

Die Familie lebt in einem geerbten Familienhaus in Irland. Sie sind begütert, denn Andrew ist ein angesehener Richter. Lydia ist allerdings recht labil. Sie ist versessen darauf, viele weitere Kinder zu haben und macht damit ihrem Mann und Sohn das Leben schwer. Der Junge kann sich kaum den Fängen ihrer Liebe entziehen, was wohl seine Fettsucht mit verursacht.

Mit großartigem psychologischem Gespür für das Absurde im menschlichen Handeln nimmt uns die Autorin mit auf die Suche nach den Hintergründen, die zum Mord an einer jungen Frau geführt haben.

Feinsinnig und mit ausgefallenen Tricks entziehen sich die Mörder ihren Verfolgern.

Annie ist das Mordopfer. Ihre Schwester Karen wird Model, ist bildschön und will die Mörder ihrer Schwester finden.

Laurence findet endlich eine Freundin, zu deren Gefolge Karen gehört. Man wird unschwer merken, dass Laurence hoffnungslos in Karen verliebt ist. In dem verwickelten Geschehen geraten die Beziehungen der Protagonisten untereinander allmählich aus den Fugen.
Mehr soll hier nicht verraten werden.

Verlierer sind in diesem Roman die Männer, während Lydia sich als pathologische Intrigantin und Ränkeschmiedin zeigt.

In einer langen und faszinierenden Handlung wird Stein um Stein in den Weg und wieder aus dem Weg geräumt, bis man zum wirklich schauerlichen Schluss gelangt. Spannung pur in diesem außergewöhnlichen Thriller!

Die Autorin Liz Nugent stammt aus Dublin. Sie ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane erscheinen in fünfzehn Sprachen. Auf dem Klappentext wird sie euphorisch als „neue Königin des irischen Krimis“ gefeiert.

Liz Nugent
Auf der Lauer liegen
Steidl Verlag, August 2022
368 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3969991080
ISBN-13: 978-3969991084
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Anne Bandel: Von oben fällt man tiefer

Anne Bandel: Von oben fällt man tiefer

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Theophil Kornmaier hat ein Kindheitstrauma, das er mit einer Alpenüberquerung nun endlich aufarbeiten möchte. Seine Psychologin hat ihm dazu geraten. Sein Bruder war damals bei einer solchen Wanderung abgestürzt und Kornmaier neigt auch heute noch dazu, sich die Schuld zu geben.

Wandererfahrung er nicht, aber es kann ja nicht so schwierig sein, den E5 von Oberstdorf nach Meran zu laufen. Seine Kondition lässt zwar etwas zu wüschen übrig, wird sich wohl aber wieder aufbauen lassen. Beim Kauf der Ausrüstung schaut er auch nicht so genau hin, zudem unterschätzt er das Gewicht seines Rucksacks.

Bergführer Josef Oberhuber ist schon vor Antritt der Wanderung genervt. Nicht von der Wanderung an sich, sondern von den Wanderfreunden, die vollkommen unvorbereitet ankommen und die noch ganz andere Dinge als den Rucksack mit sich rumschleppen. Es wird dieses Mal nicht anders sein.

Und so besteht die Wandergruppe aus Einzelpersonen und Pärchen, die aus unterschiedlichen Gründen wandern wollen. Die einen wünschen sich, ihre Beziehung festigen zu können, andere wollen sich in jeder Hinsicht beweisen, etwas aufarbeiten oder der Einsamkeit entkommen. Die Atmosphäre ist von Anfang an recht seltsam und lädt sich immer weiter auf, bis schließlich zwei Wanderer der Gruppe vermisst werden. Und als es gar einen Todesfall gibt, wird die Geschichte zu einen Krimi. Da ist sie aber schon weit fortgeschritten.

Die Autorin schildert auf amüsante Weise, wie der Bergführer Oberhuber genau den Albtraum erlebt, den er erwartet. So wie die Gruppe wandert, wandert die Autorin zwischen den Teilnehmern der Wanderung umher, konzentriert sich mal auf den einen, mal auf den anderen. Doch Hauptperson in diesem Buch ist Theophil Kornmaier, der aber auch nicht gerade sympathisch erscheint. Dazu ist er zu selbstgefällig. Er ist jedoch ein guter Beobachter. Man übersieht ihn gern, wenn er still irgendwo sitzt. Und so macht er sich ein ganz eigenes Bild von den Geschehnissen und man darf an seinen interessanten Gedankengängen teilhaben.

Der Wanderkrimi wirkt wenig strukturiert und es wird viel Mögliches und Unmögliches herangezogen, um der Geschichte Witz zu verleihen. Keine Frage, sie ist unterhaltsam, lässt jedoch Tiefgang vermissen. Eine angenehme Lektüre für zwischendurch, die wenig Aufmerksamkeit erfordert.

Rezension von Heike Rau

Anne Bandel
Von oben fällt man tiefer
272 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft, April 2022
ISBN-10: 3423219920
ISBN-13: 978-3423219921
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Nicci French: Eine bittere Wahrheit

Nicci French: Eine bittere Wahrheit

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Tabitha ist zurückgekehrt nach Okeham. Sie hat hier ein Haus gekauft, dass sie sanieren möchte. Dass ihr ehemaliger Lehrer Stuart Rees in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt, stört sie nicht, obwohl er ihr, als sie 15 Jahre alt war, etwas Schlimmes angetan hat. Wichtig für sie sind die Ruhe hier und die Nähe zum Meer, in dem sie bei jedem Wetter schwimmt. Doch eben dieser Lehrer wird nun in ihrem Schuppen tot aufgefunden. Wer hat ihn ermordet? Alle Indizien weisen auf Tabitha, die ein Motiv hat. Und so kommt die junge Frau in Untersuchungshaft.

Bei den Befragungen erwähnt Tabitha nicht, dass sie unter Depressionen leidet. Auch was ihr der Lehrer angetan hat, verschweigt sie. Was spielt es für eine Rolle? Sie war es nicht oder glaubt zumindest, nicht dazu fähig zu sein. Sie hatte eine schlimme depressive Phase an diesem Tag und kann sich kaum erinnern. Das alle wird gegen sie ausgelegt. Ihre Anwältin möchte, dass sie sich schuldig bekennt, also beschließt Tabitha, sich selbst zu verteidigen.

Im Buch geht es hauptsächlich um den Prozess und natürlich die Vorbereitung darauf. Tabitha rekonstruiert den Tag des Mordes mit einer Liste. Die chronologische Aufstellung der Vorkommnisse ist zunächst sehr kurz und umfasst nur wenige Punkte und Bemerkungen. Ich fand es ausgesprochen spannend zu sehen, wie sie sich hier vorarbeitet und wie die Liste mit der Zeit immer ausführlicher wird.

Tabitha ist keine angenehme Person. Sie vernachlässigt sich selbst, lässt sich gehen. Und doch kämpft sie auch für ihre Rechte. Immer wieder schafft sie es, sich zu motivieren. Das ist widersprüchlich, aber doch glaubhaft dargestellt. In entscheidenden Momenten vor Gericht gelingt es ihr, sich zu konzentrieren und Zweifel an ihrer Schuld zu säen. Doch was soll ihr das helfen? Das ganze Dorf hat sich gegen sie verschworen. Man mag sie nicht.

Mir hat die ausführliche Art, diesen Thriller aufzurollen, sehr gut gefallen. Es ist interessant zu verfolgen, wie Tabitha sich schlägt und wie kleinste Details helfen, den Tag zu rekonstruieren. Mit dem Ende kann ich mich nicht anfreunden. Ich möchte natürlich im Rahmen dieser Rezension nicht zu viel verraten. Aber es gibt einen extremen Wendepunkt.

Rezension von Heike Rau

Nicci French
Eine bittere Wahrheit
Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
512 Seiten, Klappenbroschur
C. Bertelsmann Verlag, November 2020
ISBN-10: 3570103781
ISBN-13: 978-3570103784
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Rita Falk: Rehragout-Rendezvous – Der elfte Fall für den Eberhofer

Rita Falk: Rehragout-Rendezvous – Der elfte Fall für den Eberhofer

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Schon der elfte Fall? Na, so was! Es hat seinen Vorteil, perfekt eingelesen zu sein und jede Figur im Buch genau zu kennen. Und so weiß man eigentlich genau, was zu erwarten ist. Es kommt aber ein wenig anders.

Der Eberhofer Franz hat natürlich wieder einen neuen Fall. Der Steckenbiller Lenz, ein wohlhabender Bauer, wird vermisst. Aber da dieser erwachsen ist und gern einfach mal für längere Zeit unterwegs, sieht der Dorfpolizist keinen Grund nachzugraben. Da kann die Mooshammer Liesl so viel Druck machen, wie sie will. Was hat sie überhaupt mit dem Steckenbiller zu tun?

Den Eberhofer beschäftigt etwas anderes. Was soll er bitte davon halten, dass die Oma nichts mehr kochen mag? Wenn es den Simmerl nicht gäbe mit seinen Leberkäs-Semmeln müsste er glatt verhungern. Denn seine Susi wird sich kaum in die Küche stellen, selbst wenn sie kochen könnte. Sie vertritt den kranken Bürgermeister und treibt auf hochhackigen Schuhen Projekte voran, die ihr wichtig erscheinen. Ein ganz anderes Auftreten hat sie als temporäre Bürgermeisterin entwickelt, auch dem Eberhofer gegenüber spielt sie sich auf. Die Stimmung im Rathaus ist unterirdisch.

Auch in der Familie begegnet man sich nur noch mit Respektlosigkeit. Keiner kann oder will die Oma verstehen, die sich ihren Ruhestand wahrlich verdient hat. Da wird viel Porzellan zerschlagen. Jedes Familienmitglied verliert Sympathiepunkte ohne Ende. Die sollten sich besser wieder zusammenraufen.

Ach ja, da war ja noch der Fall. Der wird dann doch noch vorangetrieben. Aber nicht vom Eberhofer selbst, sondern wie gewohnt von seinem Freund, dem Birkenberger Rudi. Wobei auch diese Freundschaft immer mehr herunterkühlt. Der Eberhofer pickt sich die ermittlungsrelevanten Rosinen heraus und lässt den Birkenberger ansonsten im Regen stehen.

Der Schreibstil von Rita Falk ist geblieben. Und der hat Unterhaltungswert, auch wenn der Kriminalfall sang- und klanglos zu Ende geht und die Wandlung der Familie sehr verwundert.

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Rehragout-Rendezvous – Der elfte Fall für den Eberhofer
Ein Provinzkrimi
304 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft, September 2021
ISBN-10: 3423262737
ISBN-13: 978-3423262736
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Angelika Klüssendorf: Vierunddreißigster September

Angelika Klüssendorf: Vierunddreißigster September

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Angelika Klüssendorf erzählt uns in ihrem neuen Roman die Geschichte eines Dorfes und ihrer Bewohner in Ostdeutschland.

Hilde und Walter sind zwei nüchterne Menschen, denen man nicht glauben mag, dass sie ein Ehepaar sind. Sie sind muffelig und wenig freundlich miteinander. Walter neigt zu Wutausbrüchen, erniedrigt seine Frau und wütet gegen alle und jeden. Sie war zermürbt, weil sie sich von ihrem unfreundlichen und zornigen Mann nicht längst getrennt hat.

Als bei ihm ein Hirntumor festgestellt wird, ist er „nett“, was seine Frau irritiert. Er ist ihr einfach nicht mehr vertraut mit dieser sanften Freundlichkeit.
Nach kurzer Zeit bringt sie ihn zu Silvester um, indem sie seinen Schädel mit einer Axt spaltet.

So nüchtern wie das Paar im Umgang miteinander war, schreitet die Erzählung voran.
Es geht nicht etwa um Aufklärung des Mordes; nein, Walter erscheint als Berichterstatter aus dem Jenseits. Er trifft hier noch einige andere verstorbene Dorfbewohner, und gemeinsam beobachten sie aus ihrer Sicht, was sich in der dörflichen Gemeinschaft abspielt.

Jede Episode beginnt mit einem Namen als Überschrift, so dass man weiß, wer hier spricht.
Angelika Klüssendorf zeichnet auf diese Weise ein recht einfaches Leben der Dorfbewohner.
Da geht es um Begegnungen, das Äußere und um undifferenziert denkende und agierende Menschen. Es sind Alltäglichkeiten, die das Leben bestimmen.

Nur wenig Beschauliches gibt es zu berichten. Ein Junge verliert bei einem Unfall sein Bein; seine Mutter mag ihn nicht, und er mag sie nicht. Hilde, die einst Sprechstundenhilfe bei Dr. Kies war, hat ihm nach dem Unfall erste Hilfe geleistet. Als er sich bei ihr zunächst bedankt, folgt schon bald ein Fluch, weil man ihm den Unterschenkel amputiert hat.

Langsam reiht sich eine Episode an die nächste. Natürlich kennt man sich im Dorf. Jeder weiß etwas über den anderen. Es ist offensichtlich, dass es viel Gerede gibt, und dass es nicht fröhlich zugeht zwischen den Menschen. Zuerst bleibt man noch neugierig in der Erwartung eines vielleicht bedeutenderen Erlebnisses. Ab der Mitte des Buches stellt sich Ermüdung ein. Die gelegentlich witzige, zuweilen aber surreale Atmosphäre durch die Gespräche aus dem Jenseits vermag den Leser*in nicht wirklich zu fesseln.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter machen den Wechsel aus. Die kurzen Landschaftsbeschreibungen, ein Duft von Sonne und Gras, Kälte, Schnee, Sturm und Regen sind glanzvolle Höhepunkte der Erzählung.

Wäre man selbst Mitglied der Gemeinschaft, könnte man vielleicht Interesse an der einen oder anderen Person finden. So bleibt der Satz der Schriftstellerin, ebenfalls eine Dorfbewohnerin, zum Ende des Romans haften: „Das Leben ist nur eine Unterbrechung, ein kurzes Innehalten zwischen dem Nichts davor und dem Nichts danach.“ Das klingt ernüchternd und fast ein wenig depressiv, wenn es auch der Wahrheit nahekommt.

Angelika Klüssendorf ist eine renommierte deutsche Schriftstellerin. In einem FAS Artikel vom 12.09.2021 wird sie als eine von drei Schriftstellerinnen beschrieben, die sich dem Dorfleben in ihren Romanen verschrieben haben. Ist das eine neue Kategorie von Lebensbeschreibungen?
Wir werden sehen!

Angelika Klüssendorf
Vierunddreißigster September
Piper, 2. Auflage, September 2021
224 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3492059902
ISBN-13: 978-3492059909
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