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Nachtzug nach Lissabon

Nachtzug nach Lissabon

Pascal Mercier Nachtzug nach Lissabon Carl Hanser Verlag
ISBN 3446205551

In dieses sehr philosophische Buch haben die großen Fragen des menschlichen Daseins Eingang gefunden.
Es geht um das richtige Leben und um die verpassten Gelegenheiten, ein anderes Leben zu wählen; es geht um den Zufall bei der Lebensentwicklung und um die Prägung durch elterliche Wünsche und Erwartungen. Es geht aber auch um Liebe und Freundschaft, um Unverbrüchlichkeit und Irrtum, um Nähe, Distanz und die Unausweichlichkeit, mit der allzu nahe Freundschaften enden können.
Eingekleidet sind diese Einsichten, Wahrheiten und Erkenntnisse in die Geschichte eines Lehrers, eines Altphilologen mit Namen Gregorius, der durch einen unvorhergesehenen Zufall auf die Aufzeichnungen eines Portugiesen stößt, die ihn zu interessieren beginnen, und dessen Lebensweg er spontan nachverfolgt.
Dazu verläßt er plötzlich seinen Schulalltag, in dem er hohes Ansehen bei Schülern und Kollegen genießt.
Er folgt den Spuren des schon vor Jahren gestorbenen Amadeu de Prado, der über sein Leben und seine Einsichten vieles niedergeschrieben und damit für die Nachwelt hinterlassen hat.
Gregorius fährt nach Lissabon und besucht Personen, die Amadeu kannten. Sie berichten von ihren Erinnerungen an ihn , besitzen aber auch z.T. nicht veröffentlichte Aufzeichnungen von ihm,die sie Gregorius anvertrauen.

Besonders die Passagen über die Freundschaft zwischen Amadeu und Jorge O‘Kelly haben mich tief beeindruckt. Es war eine Freundschaft, von der beide sich nie vorstellen konnten, daß sie je endet. Aber sie endet!

Das ganze Buch stimmt nachdenklich, regt Erinnerungen an das eigene Leben an, und belegt Eindrücke und Lebenserfahrungen, wie man sie so eindrucksvoll selber nicht formulieren könnte.

Die Begegnung mit den Freunden, Verwandten und Lebensgefährten von Amadeu sind in ihren Eigenheiten so beschrieben, daß man hinter jedem Charakter eigene besondere Persönlichkeiten entdeckt.

Es ist ein wunderbares, erkenntnisreiches und brilliant geschriebenes Buch.
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Nachtzug nach Lissabon

Nachtzug nach Lissabon

Raimund Gregorius beschließt mit 57 Jahren ganz plötzlich sein Leben zu ändern. Mitten im Unterricht steht er auf und geht. Die Tasche bleibt auf dem Pult zurück. Noch denken die Schüler, dass er zurückkommen wird. Doch es wird keine Stunden in Latein oder Geschichte mehr geben. Der Altphilologe bleibt nicht länger in Bern. Ein Buch des Autors Amadeu de Prado wird ihm von nun an den Weg weisen. Die Zeilen des Autors ziehen Gregorius magisch an. Die Worte klingen, als seinen sie für ihn selbst bestimmt. Der Autor, ein portugiesischer Arzt, lebt nicht mehr. Doch das bremst Gregorius’ Eifer nicht. In Lissabon angekommen, trifft er sich mit den Schwestern de Autors, mit Jorge, dem Apotheker, mit dem Pater, der Amadeu de Prado beerdigt hat und mit anderen Menschen, die wichtig waren. Und immer wieder liest Gregorius im Buch. So lernt er den Menschen de Prado kennen und seine Gedanken, die im Buch verewigt sind, zu verstehen. Es entsteht ein sehr persönliches Bild von Amadeu de Prado, der nicht nur Arzt und Schriftsteller war, sondern auch ein Mensch, der gegen die Diktatur Salazars gekämpft hat, weil er glaubte, etwas wieder gutmachen zu müssen.

Was passiert, wenn man aufsteht und einfach geht? Kann man wirklich so aus dem gewohnten Leben ausbrechen? Raimund Gregorius, der nun wirklich das Gegenteil eines Draufgängers ist, tut es, und damit zieht der Autor den Leser sofort in den Bann. Doch damit nicht genug. Auch die innersten Gedanken und philosophischen Betrachtungen Amadeu de Prados fesseln, so tiefgründig und geistreich sind sie, so spannend seine Lebensgeschichte, die Gregorius Stück für Stück aufrollt.
Der Autor schreibt mit einem unglaublichen Feingefühl. Die Mimik und Gestik der handelnden Personen werden mit großer Genauigkeit beschrieben. So entstehen vor dem inneren Auge des Lesers sehr detailreiche Bilder. Es ist, als würde ein Film ablaufen.
„Nachtzug nach Lissabon“ ist kein Buch, dass man einfach so verschlingt, obwohl es sehr spannend ist. Es macht zu viel Vergnügen sich an den klingenden, klugen, ausformulierten Sätzen zu erfreuen, als das man schnell darüber hinweg liest. Die Sprachgewandtheit ist beeindruckend, die Wortwahl so treffsicher. Es geht um Dinge, mit denen sich jeder auseinandersetzen muss, um Liebe, Freundschaft, Gefühle, Selbstzweifel, Angst vor dem Tod oder auch um den Sinn des Lebens. Ein Buch, das sehr nachdenklich macht und das es wert ist, ein zweites Mal gelesen zu werden.

Rezension von Heike Rau

Pascal Mercier
Nachtzug nach Lissabon
495 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, München, Wien
ISBN: 3-446-20555-1
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