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Schlagwort: Wahnsinn

Elias Hirschl: Salonfähig

Elias Hirschl: Salonfähig

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Julius Varga ist sein Idol. Das Aussehen und Auftreten des Parteichefs scheinen ihm perfekt, die Ausstrahlung charismatisch. Zum Bundeskanzlerkandidaten hat er es gebracht. Er ahnt nicht, dass es eine Kopie von ihm gibt. Eine schlechte. Aber dieser Mann übt stundenlang, so zu wirken wie Julius Varga. Er imitiert seine Haltung, seinen Gesichtsausdruck, seine Art zu gehen. Und selbstverständlich hat er seine Gesten und auch seinen Sprachstil drauf. Nur seine politische Haltung nicht. Da ist er wie eine Fahne im Wind und seine Antworten, falls er denn mal gefragt wird, entnimmt er seinem Fundus an nichtssagenden Phrasen. Alles was zählt, ist der äußere Schein, den es zu verinnerlichen gilt. So viel hat dieser Doppelgänger verstanden.

Nur seine Freundin Moni will sich nicht überzeugen lassen. Als Testperson, sein authentisches Auftreten betreffend, ist sie nicht die beste Wahl. Doch wie soll jemand besser werden, der schon perfekt ist oder sich vielmehr dafür hält? Und doch ist auch dieser Nachahmer auf dem politischen Parkett zu Hause, auch wenn seine Funktion in der Jugendorganisation nicht klar ist und eher überflüssig erscheint. Er hat keinen Einfluss auf nichts. Was er sagt, wird nicht beachtet und verschwindet einfach. Seine schön formulierten und mit perfekten Gesten untermalten Reden klingen schlau, sind aber inhaltslos. Es ist die fehlende Anerkennung, die den Doppelgänger weiter in den Wahn treibt.

Elias Hirschl zeigt ein satirisches Bild einer Person auf, die sich in der Politik und im Persönlichen völlig verrannt hat. Er gesteht dieser Person keinen einzigen Sympathiepunkt zu. Vielmehr wird die Situation immer schlimmer, subtiler und weniger tragbar. Dadurch spitzen sich die Geschehnisse gefährlich zu. Der Protagonist ist ein Spiegel, dessen blinde Flecken und Schlieren immer mehr verschwinden. Der Wahn kennt keine Grenzen, zumal sich die Wahrheit mit abgrundtiefer Fantasie und mit Albträumen vermischt.

Das Buch ist einfach nur gruselig, auch wenn es Szenen gibt, die grotesk und aberwitzig sind. Es ist die Art, wie der Autor die Handlung vorantreibt, die wirklich erschreckt. Aber das Buch hat ja auch einen aufdeckenden und entlarvenden Charakter, Politik und Politiker betreffend. Und da hört der Spaß ja nun wirklich irgendwo auf. Aber in dieser Satire gibt es keine Grenzen, und so kann der Autor kaum deutlicher darstellen, was er sagen möchte. Es ist eine interessante Art, Kritik zu verpacken. Die Wirkung ist jedoch nicht ganz so durchschlagend.

Rezension von Heike Rau

Elias Hirschl
Salonfähig
256 Seiten, gebunden
‎Paul Zsolnay Verlag, August 2021
ISBN-10: 3552072489
ISBN-13: 978-3552072480
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Jérémy Fel: Die Wölfe kommen

Jérémy Fel: Die Wölfe kommen

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Die Eltern kommen bei einem Hausbrand um, den der Sohn aus Hassgefühlen heraus, verursacht hat. So fängt es an. Gewalttätige Personen kommen in jedem Kapitel des Buches vor. Ihre Taten sind unbeschreiblich brutal. Ausersehene Opfer müssen mit allem rechnen. Die einzelnen Kapitel scheinen nicht zusammenzuhängen, sodass ich mich frage, wohin dieses Durcheinander an Mord, Folter und Vergewaltigung führen soll. Jede dieser kurzen Geschichten im Buch nimmt an Dramatik zu. Der Autor führt direkt in ein Labyrinth. Es gibt keinen roten Faden, der den Weg weisen könnte. Der eine oder andere Leser könnte sich schnell verloren fühlen.

Der Autor hat sich natürlich etwas dabei gedacht. Zu viel möchte ich im Rahmen dieser Rezension allerdings nicht verraten. Es geht um einen brutalen Verbrecher der seine Kreise dreht und dem die Polizei scheinbar nicht auf die Spur kommt. Nun ja, eigentlich spielt die Polizei überhaupt keine Rolle. Sie wird auf merkwürdige Weise ausgeklammert. Sonst würde das Buch nicht funktionieren. Der Täter kommt also über Jahre damit durch für Angst und Schrecken zu sorgen.

Der Thriller ist unglaublich spannend, aber diese Spannung wird vor allem durch die verschiedenen Formen der Gewalt hergestellt. Das ist nicht unbedingt meins. Und das wirklich gut angelegte Buch hätte das in dieser krassen Form auch wirklich nicht gebraucht. Es ist ein ungewöhnlicher Thriller. Ein derartig komplexer und durchdacht in Szene gesetzter Aufbau kommt sehr selten vor. Mir fällt kein vergleichbares Buch ein. Kurze Episoden werden zu einem großen Ganzen. Die extrem beklemmende Atmosphäre strapaziert die Nerven ungemein. Der Schreibstil ist gut. Wobei das aber auch wieder den Nachteil hat, dass Bilder herauf beschworen werden, die ich nicht sehen will. Schnell überblättern! Zum Ende hin tritt dann der abgründige Aha-Effekt ein. Unglaublich!

Rezension von Heike Rau

Jérémy Fel
Die Wölfe kommen
Thriller
Aus dem Französischen von Anja Nattefort
400 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423261439
ISBN-13: 978-3423261432
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Sabine Thiesler: Versunken

Sabine Thiesler: Versunken

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Mord ist ein Grund zu verschwinden. Doch der Seemann Malte muss dies Hals über Kopf tun. So hat er keine Papiere mehr, kein Geld und keine Klamotten. Aber Malte ist geschickt und skrupellos. Er klaut, was er braucht. Und er macht sich im Hafen von Nizza an einen Jachtbesitzer heran. Werner hatte eigentlich vor, den ganzen Sommer mit seiner Frau zu verbringen. Doch im Gegensatz zu ihm, hat seine Frau einen Beruf, der für einige Zeit ihre Anwesenheit erfordert, sodass er nun eine Weile alleine unterwegs ist. Malte macht kurzen Prozess. Er schafft Werner beiseite und übernimmt dessen Identität.

Doch in die Rolle eines anderen zu schlüpfen, ist nicht so einfach. Er muss Werners Frau täuschen, die regelmäßig E-Mails schreibt. Noch viel schwieriger sind die Leute, die Werner kennen. Wie die beiden jungen Mädchen, die mit dem Rucksack durch die Welt reisen. Sie haben einige Zeit auf der „Aurora“ verbracht und wollen, weil die Reise zu beschwerlich geworden ist, bei Werner und Vivian noch einmal Hilfe suchen. Malte kennt nur einen Weg, mit der Situation umzugehen.

Dabei ist ihm die Polizei mit Carabiniere Donato Neri schon auf der Spur. Wie das nun einmal so ist, verschlingt das Meer nicht jede Leiche, sondern gibt auch mal eine wieder frei.

Ja, da tun sich Abgründe auf! Die Polizei ist herrlich langsam, sodass Malte gemütlich einen Menschen nach dem anderen umbringen kann. Donato Neri hat mehr damit zu tun, seine Familie bei Laune zu halten und der Eifersucht seiner Frau keine Nahrung zu geben, auch wenn er beim Anblick seiner Vorgesetzten schwach werden könnte. Die Polizei agiert sozusagen nur auf dem Abstellgleis.

Zu verstehen ist das Handeln des Mörders kaum. Deswegen hat ihm die Autorin eine schwierige Kindheit verpasst. Die Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, woraufhin Malte bei einer Tante aufwuchs, der er nur im Wege stand. Sie hat ihn in die Hilflosigkeit getrieben, aus der er sich nur mit einem Mord retten konnte. Malte ist ein Psychopath, der sich Problemen nicht stellen kann.

Der Krimi liest sich gut. Die Autorin versteht es zu unterhalten, auch wenn die Passagen, in denen es um die Kindheit Maltes geht, etwas lang erscheinen. Das Ende ist grenzwertig. Unfassbar. Und ungerecht! Da hätte man sich schon etwas mehr Vergeltung gewünscht.

Rezension von Heike Rau

Sabine Thiesler
Versunken
496 Seiten, gebunden
Wilhelm Heyne Verlag
ISBN-10: 3453268075
ISBN-13: 978-3453268074
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Manfred Lütz: Irre

Manfred Lütz: Irre

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Geistige Krankheit und Gesundheit: Unterscheidungsmerkmale!

Sich mit der gesunden Reaktion Kranker auf ihre Umgebung und der Krankheit der Gesunden zu befassen, ist schon den englischen Antipsychiatern Ronald D. Laing und David Cooper vor mehr als sechzig Jahren gelungen. Hatten sie doch früh erkannt, dass der Wahnsinn eine gesunde Reaktion auf den ganz normalen Alltag sein kann; der schizoide oder paranoide Patient reagiert vollkommen adäquat auf eine Umgebung, die in ihrem Verhalten die vermeintlich kranken Reaktionen hervorrufen.

Manfred Lütz, der bekannte Psychiater und Theologe, hat den verdienstvollen Versuch gewagt, diese frühe Erkenntnis über den ganz alltäglichen Wahnsinn in humorvoller Weise an den Mann/ die Frau zu bringen, wobei sein Ansatz überwiegend auf der organisch bedingten Krankheit liegt.

Seine Eingangskapitel sind launig und spritzig und beschreiben unseren gewöhnlichen Alltag, in dem nicht jeder, der sich im Verhalten außerhalb der Norm bewegt, schon einer „Diagnose“ oder gar „Behandlung“ bedarf. Für den Laien verständlich und witzig zugleich sind seine Einführungskapitel, wozu auch die heiteren Betrachtungen des Arztes und Komikers Eckart von Hirschhausen im Vorwort beitragen.

Ein Zustand wird nach Lütz erst dann zur behandlungsbedürftigen Krankheit, wenn der Anteil eines so genannter „Leidensdrucks“ als belastendes Kriterium bei der Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung hinzu kommt. Der Autor berichtet in überschaubarer Form über vielfältige Behandlungsmethoden in der Psychiatrie. Von den Gesprächsmethoden, Verhaltenstherapien und Hypnoseverfahren über die Medikamentenbehandlung bis zum Elektroschock reichen seine Hinweise. Eingeflochten sind Beispiele aus seiner Praxis, so dass er einen gründlichen Eindruck vermittelt, wie mit psychischen Störungen umzugehen sei.

Da der Laie häufig zu vorschnellen „ Diagnosen“ neigt, wird in einem anschließenden Kapitel auch darüber berichtet.

Über Schizophrenie, Depression und Demenz, über Alkohol -und Medikamentenabhängigkeit berichtet er so geläufig wie über Obdachlose und ihre oftmals erschütternden Geschichten.

In einem kurzen Kapitel finden noch die sozial verursachten psychischen Schäden Erwähnung und die Behandlungsmöglichkeiten dafür. Insgesamt ist der Ansatz von Manfred Lütz jedoch organmedizinisch. Den Theorien einer Gruppe von Wissenschaftlern um den Anthropologen Gregory Bateson, der den Begriff des „ double bind“ erfunden hat und in seine Theorien über das menschliche Verhalten einführte, misst Lütz bei seinen Ausführungen keinerlei Bedeutung bei. Er legt Wert auf eine humanitäre Einstellung zu allen Abartigkeiten in der Gesellschaft und vermittelt ein liebevolles und durchaus dem Humor zuneigendes Menschenbild. Der Theologe mit Fähigkeiten zur Wahrnehmung der Komik im Verhalten des Menschen führt hier das Wort. Seine Begründungen für zahlreiche psychische Krankheiten betonen immer wieder die organisch bedingten Ursachen. Damit schafft er Erleichterung für alle jene, die sich „ schuldig“ fühlen, sei es für die eigene Sucht oder für die psychischen Krankheiten ihrer Nächsten.

Für den Laien gut verständlich hat Manfred Lütz ein hilfreiches Buch geschrieben, das auf knapp 208 Seiten einen aufschlussreichen Beitrag zum Thema „ psychische Krankheit“ leistet.

Manfred Lütz
Irre
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
ISBN-10: 3579068792
ISBN-13: 978-3579068794

Wahnsinn Büro

Wahnsinn Büro

Körperlich anstrengend ist die Arbeit in einem Büro sicher nicht. Hier rauchen eher die Köpfe! Sich zwischen seinen Kolleginnen und Kollegen zu behaupten, ist aber auch nicht immer ganz einfach. Es ist praktisch unmöglich hier nur Freunde zu haben. Mit der Zeit lernt man aber zurechtzukommen.
Gerade für Neulinge in der Branche, Berufsanfänger oder -umsteiger sind die ersten 100 Tage im Büro eine Herausforderung.

Die Autorin beschreibt, was auf die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zukommt und zeigt, wie die neuen Aufgabengebiete am Besten zu bewältigen sind.

Im zweiten Teil geht es um den richtigen Umgang mit den Kollegen. Hier kann man sich sehr schnell selbst ins Abseits manövrieren, wenn man nicht einigen Dingen Beachtung schenkt und sich in seinem Verhalten anpasst.

Im dritten Teil des Buches geht es um den Chef und wie man ihm begegnen sollte. Schließlich muss man mit ihm auskommen, auch wenn er ein eigentlich unausstehlicher Mensch ist.

Es gibt eine Reihe von Faktoren im Büro, die derart für Unbehagen sorgen, dass man krank werden kann, ob es um das nicht zu bewältigendes Arbeitsaufkommen, um Ärger mit der Technik, um ein plötzlich anstehendes Meeting, um Stress mit dem Chef oder um Mobbing geht.

Gerade für Anfänger in Büroberufen dürfte das Buch eine große Hilfe sehen. Die Autorin betrachtet den Büroalltag mit Ernsthaftigkeit, aber auch mit einem Augenzwinkern. So ist die Lektüre des Buches sehr unterhaltsam. Und es wird vermittelt, dass man nicht jedes Problem so ernst nehmen muss. Meist findet sich eine Lösung.

Fazit: Ein tiefgehender Ratgeber ist das Buch damit leider nicht. Aber es bietet erste Ansatzpunkte bei Problemen im Büro.

Rezension von Heike Rau

Anne Katrin Matyssek
Wahnsinn Büro
Überleben zwischen E-Mail-Fluten, Gerüchteküche und Meetingmarathon
160 Seiten, broschiert
Gondrom Verlag
ISBN: 978-3811231207
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