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Schlagwort: Ehe

Jane Gardam: Eine treue Frau

Jane Gardam: Eine treue Frau

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Psychogramm einer Ehe zur Zeit des Britischen Empire in Honkong…

Nachdem wir mit dem Roman „Der untadelige Mann“ schon einen nachhaltigen Eindruck vom literarischen Können Jane Gardams erleben konnten, liegt nun ein weiterer Roman von ihr in der Übersetzung von Isabel Bogdan auf Deutsch vor: “Eine treue Frau“. Es handelt sich um die Vorgeschichte von Richter Edward Feathers und dessen Lebensbeichte im ersten Roman.

Die Geschichte spielt zum größeren Teil in  der Kronkolonie Honkong in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Dorthin hat es zu Zeiten des Commonwealth auserwählte Anwälte mit ihren Familien verschlagen. Feine englische Lebensart und das Gesellschaftsleben in den englischen Kolonien bieten den Rahmen, in dem sich Liebe, Verluste, Freundschaften und Leidenschaften abspielen. Erst 1997 wird Honkong unabhängig von der englischen Krone, und die pensionierten Anwälte kehren in ihre Heimat zurück. In Dorset/ England verbringen sie ihren Lebensabend.

Betty ist die Frau des Anwalts Edward Feathers, der ihr das Heiratsversprechen abgenommen hatte, ihn nie zu verlassen, da seine Kindheit vom Trauma des Verlasssenwerdens gekennzeichnet war. Sie hat es ihm versprochen, wenngleich sein Heiratsansinnen wenig romantisch bei ihr ankam. Doch Terry Veneering, dem Gegner ihres Mannes bei zahlreichen Prozessen und seinem Erzrivalen, wird ihre große Liebe gelten. Beide sind Anwälte und spätere Richter der englischen Krone (QC) in der ehemaligen Kronkolonie Honkong.

Beginnt man mit dieser Lektüre, wird einem schnell bewusst, dass Jane Gardam sich gegenüber dem vorherigen Roman selbst übertroffen hat. In einer hinreißenden Szene beschreibt J. Gardam, wie Betty im Angesicht von Veneering ihre große Liebe erkennt: eine Stunde nach ihrem Heiratsversprechen gegenüber Edward Feathers wird sie Veneering vorgestellt und denkt „es ist eine Stunde zu spät“.

In der Folge erleben wir aus ihrer Sicht, wie es ihr in all’ den Jahren mit ihrem Mann ergangen ist.

Er war nie ihr Traummann; doch er ist solide, verlässlich und von liebevoller Fürsorge.

Fein gesponnen und in immer neuen Versionen erlebt man mit ihr das Leben in den Kolonien. Ihre Freunde und ihre Vertrauten bieten Einblick in vielfältige Charaktere. Über alledem lieg der Zauber der Exotik und des fernen Landes China.

Spöttisch und geistreich, mit einer gewissen Komik und englischem Humor nimmt Betty ihren Weg mit diesem Mann, der ihr innerlich zeitlebens fern geblieben ist. Die selbstironisch gezeichnete Betty zeigt uns ihre Haltung von Anstand und Wohlverhalten, wenngleich sie selber ein stilles Geheimnis bis in den Tod mit sich trägt.

Beobachtungen von Eddie auf allen seinen Wegen sind voll poetischer Kraft im Ausdruck.

In dem sich steigernden spannungsgeladenen Geschehen wird uns die Tragik menschlicher Irrungen und Wirrungen bewusst. Das Leben schlägt allenthalben Kapriolen, und unter der freundlichen Fassade brodeln verdrängten Wünsche und Sehnsüchte bei allen beteiligten Protagonisten. Jane Gardam versteht es, uns mit ihrer subtilen Beobachtungsgabe verheißungsvoll zu unterhalten.  Man bleibt bis zuletzt gebannt bei der Sache. Ein hervorragendes literarisches Meisterwerk ist Jane Gardam auch mit diesem zweiten auf Deutsch erschienenen Roman gelungen.

Jane Gardam
Eine treue Frau
272 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, März 2016
ISBN-10: 3446250743
ISBN-13: 978-3446250741
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Tamara Dietl: Die Kraft liegt in mir

Tamara Dietl: Die Kraft liegt in mir

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Bewältigungsstrategien in Lebenskrisen.

Tamara Dietl hat ein durchreflektiertes Buch über ihre Jahre mit dem kürzlich verstorbenen Regisseur Helmut Dietl geschrieben.

Als sie ihn kennenlernt, ist sie bereits eine erwachsene und sehr reife Persönlichkeit. Sie war Journalistin, Dokumentarfilmerin und inzwischen Coach für diverse Unternehmen. Angezogen von den Thesen des Psychiaters Viktor Frankl hat sie sich dessen Lehren vom Sinn des Lebens zu Eigen gemacht. VF war Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse. Von diesen Thesen ist sie tief durchdrungen. Sie basieren auf einer positivistischen Sichtweise des Lebens, in dem wir Herr unseres Schicksals und unserer Handlungen sind.

Krisen bieten demnach die Möglichkeit, sich auf sich selber zu besinnen und sich durch Eigenerkenntnis zu stärken. Wir sind nicht Herr über das Leben oder Sterben, wohl aber darüber, wie wir leben oder sterben.

Darüber hinaus ist die Autorin durch Großmutter und Mutter schon früh auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft aufmerksam geworden. Sie nimmt Emanzipation als Funktion war. Wir können gleich berechtig handeln, ohne gleich zu sein.

Todesfälle im Freundes- und Familienkreis sind jeweils tief emotional anrührende Momente, die Tamara Dietl trauernd durchlebt, ohne sich zu verlieren.

Von Beginn an merkt man in ihren Aufzeichnungen, wie stark sie ist, und wie selbst bestimmt sie auch die Ehe mit Helmut Dietl eingeht. Natürlich hat sie mit 36 Jahren, als sie ihn kennenlernt, bereits eine beachtliche Karriere in wechselnden Berufen hinter sich. Sie weiß, dass sie alleine leben kann, und sie weiß, wie man Partnerschaft durch sinnvolle Absprachen gestalten kann, so dass das Scheitern der Beziehung möglichst nicht einkalkuliert werden muss.

Helmut Dietl war fast zwanzig Jahre älter als sie. Durch seinen Tod wurde eine offensichtlich harmonische, liebevolle und von zwei gleichberechtigten Partnern bestimmte Beziehung vorzeitig beendet.

Tamara Dietl beschreibt ihren inneren Werdegang sehr einleuchtend. Sie reflektiert alle Begebenheiten in ihrem Leben mit Neugierde und anhaltendem Interesse für die inneren Zustände, in denen sie sich befindet. „Einhalten und Durchatmen“ sind ihre Devisen; damit ist sie weit gekommen. Nicht jedem sind die intellektuellen Möglichkeiten und Feinheiten gegeben, so diszipliniert zu denken, das eigene Verhalten zu Durchforschen und Ergebnisse zu akzeptieren.

Den folgenden Spruch hat sie sich als Tröstung zu Eigen gemacht:

Gott gebe mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern,
die ich ändern kann
und die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Friedrich Christoph Oetinger (1702 -1782)

Man profitiert von ihren Aufzeichnungen auf je eigene Weise und kann sie sehr empfehlen.

Tamara Dietl
Die Kraft liegt in mir
296 Seiten, gebunden
btb Verlag, November 2015
ISBN-10: 3442754941
ISBN-13: 978-3442754946
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Guy de Maupassant: Ein Leben

Guy de Maupassant: Ein Leben

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Jeanne ist 17, als sie die Klosterschule verlässt und zu ihren Eltern heimkehrt. Sie ist bereit, sich auf das Abenteuer einer Eheschließung einzulassen und hofft auf die Erfüllung all ihrer Träume. Julien de Lamare bittet um ihre Hand. Sie ist von dem gut aussehenden Mann fasziniert. Doch ihre Naivität wird ihr zum Verhängnis, geht es Julien doch vor allem um Ansehen und Reichtum. Er ist ein Geizhals und schränkt Jeanne in allem ein, was ihr Freude macht. An allen Ecken wird gespart. Das beginnt bereits in den Flitterwochen, einer Zeit in der Jeanne versucht, sich an ihre ehelichen Pflichten zu gewöhnen.
Wieder zu Hause auf dem Landgut an der Küste der Normandie angekommen, erkennt sie, dass sie nichts mehr zu tun hat. Jeder Tag wird nun verlaufen wie der andere und sie wird sich dem tatenlos ergeben müssen. So, wie auch ihre Mutter es getan hat. Aber sie findet Trost mit der Geburt ihres Kindes. Einen Jungen, dem sie ihre ganze Liebe gibt, ihn behütet und verwöhnt. Ihrer inneren Verzweiflung und derer Einsamkeit entkommt sie damit jedoch nicht.

Beschrieben wird von Guy de Maupassant ein Frauenschicksal das zu Herzen geht und das damit eine bestimmte soziale Klasse im 19. Jahrhundert widerspiegelt. Als wohlhabende Frau war man in einer Ehe zum Nichtstun verurteilt. Damit kommt Jeanne nicht zurecht. Die Lieblosigkeit ihres Mannes und sein Fremdgehen verletzten sie zutiefst. Ihn ihrer Unselbstständigkeit ist sie gezwungen alles hinzunehmen. Im krassen Gegensatz dazu steht das Leben des Dienstmädchens Rosalie, die viel weniger mit dem Leben hadert. Die Charaktere, also auch Jeannes Eltern, werden im Buch sehr genau beschrieben. Was sie denken, wie sie lenken, aber auch ihre Ignoranz und Gleichmütigkeit werden dargelegt und auch, wie sie sich gesellschaftlichen Zwängen unterordnen. Der Roman ist nicht historisch, er entspricht vielmehr direkt dieser Epoche. So wird ein extremer Kontrast zur heutigen Zeit sichtbar.

Für den interessierten Leser gibt es einiges an Material. Dazu gehören Anmerkungen zum Text, ein Ausschnitt eines früheren Manuskriptentwurfes, eine Chronik und mehr.

Rezension von Heike Rau

Guy de Maupassant
Ein Leben
Übersetzt von Cornelia Hasting
Mit einem Nachwort von Julian Barnes
384 Seiten, Leineneinband im Schuber
mareverlag
ISBN-10: 3866481942
ISBN-13: 978-3866481947
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Stewart O’Nan: Die Chance

Stewart O’Nan: Die Chance

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Ehe auf Abwegen…

Unheilschwanger beginnt die Geschichte von Marion und Art Fowler.

Sie sind auf dem Weg zu den Niagarafällen in Wiederholung ihrer Hochzeitsreise vor dreißig Jahren. Bald schon merkt man, dass es um ihre Ehe nicht gut steht. Sie sind pleite und wollen sich einen letzten glücklichen Ausflug zusammen gönnen.

Unbeholfen versucht Art, um seine Frau zu werben, denn er war ihr nicht immer treu – sie auch ihm nicht, wie wir bald hören werden. Das hat Blessuren hinterlassen.

Dieser Abend in einem angesehenen Hotel verspricht wie die Ehe zur Pleite zu werden. Ihr letztes Geld wollen sie auf der Suche nach dem Glück verspielen. Wie wird das Abenteuer ausgehen?

Die Spannung zwischen den Eheleuten ist zum Greifen nahe. Beide haben ihre Verfassung nach dreißig Jahren Ehe satt. Wie ein unsichtbares Band zieht es sie von einander weg und wieder zusammen. Sie feiern, trinken, ergötzen sich am Schauspiel der Niagarafälle und erleben ihre Nähe und Distanz mit wehmütigen und kritischen Blicken. Kann Ehe so enden?

O’Nan ist einer dieser wunderbaren amerikanischen Erzähler, der seinen Figuren auf unnachahmlich Weise Leben einhaucht, so dass man sich mitten in ihrer Wirklichkeit als Teilnehmer fühlt.

Ohne Pause sieht man sich dem Sog der Geschichte verfallen, in der es um verlorenes und neu zu entdeckendes Glück, um Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft geht. Unauffällig führt uns Stewart O’Nan hinein in das Seelenleben seiner Figuren. Sie sehen sich ihren schwankenden Gefühlen ausgesetzt. Ihr Verhältnis wirkt zerbrechlich und nur noch von dünnen Stricken gehalten. Ob sie einen Neubeginn schaffen werden?

Der Leser kann sich ganz dem Paar widmen, da andere Figuren nur sehr am Rande mitwirken. Es ist ein Zwiegespräch mit unterschiedlichem Tenor. Tiefenscharf und einnehmend zeigt uns der Autor die innere Blöße und die Skrupel der beiden, die außerdem den eigenen Fantasien ausgeliefert sind.

O’Nan ist ein angesehener Autor. Seine Themen umkreisen das Innere seiner Figuren und liefern lebensnahe Eindrücke. Das gibt seinen Geschichten Glaubwürdigkeit und lässt einen tief eintauchen in das Geschehen. Sehr lesenswert!

Stewart O’Nan
Die Chance
224 Seiten, gebunden
Rowohlt, Juli 2014
ISBN-10: 3498050427
ISBN-13: 978-3498050429
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Peter Stamm: Nacht ist der Tag

Peter Stamm: Nacht ist der Tag

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Spuren der Erschütterung und des Neubeginns.

Gillian erwacht auf einer Krankenstation und hat nur vage Vorstellungen davon, was mit ihr passiert ist. Nach und nach erst kehren die Ereignisse zurück, die sie hier her geführt haben.

Sie ist eine schöne und erfolgreiche Fernsehmoderatorin. Matthias, ihr Mann, ist ebenfalls im Kulturwesen tätig.

Was hat zu dem Autounfall geführt, der Matthias das Leben kostete und Gillian die Schönheit?

In langen Phasen der Erinnerungen bildet sich das Leben eines Paares heraus, das nach einigen Ehejahren in gegenseitigem Missverstehen und kleinlichen Streitereien lebte. Eifersucht und Überdruss haben sie einander entfremdet. So blieb es nicht aus, das Gillian ganz neugierig auf den Malerfotografen Hubert blickt. Dieser pflegt Aktporträts nach Fotografien zu fertigen. Auch Gillian konnte der Versuchung nicht widerstehen, seinen künstlerischen Bestrebungen mit Fotos ihrer Person zu dienen, die zu den Irritationen in ihrer Ehe beitrugen.

Peter Stamm erzählt subtil und nähert sich seinem Sujet still und schleichend. Neugierig folgt der Leser den Andeutungen, aus denen sich das Schicksal der beiden Hauptprotagonisten heraus kristallisiert. Er sucht gleichsam Spuren, mit denen er die Lebenswege seiner Protagonisten erforscht.

Auf diese Weise entsteht gewissermaßen eine Symbiose zwischen dem Autor und seinem Werk, die auch den Leser mit einschließt. Wenn auch jedes Schicksal seine eigene Dynamik aufweist, so erkennt man gelegentlich in groben Zügen wieder, was sich alltäglich im Leben von Paaren, die langsam in die Jahre kommen, abspielt. Ewige Harmonie und Dauerglück gibt es nicht. Dass Lebensschicksale aber plötzlich aus dem Ruder laufen, und der eine von zweien ohne Klärung von Missverständnissen zurück bleibt, ist nicht die Regel. Endet eine Beziehung auf diese Weise, hat es der übrig Geblieben besonders schwer. Gillian trägt ihr Schicksal und versucht, wieder in die Bahn zu kommen. Es ist ein langer Weg, den sie beschreiten muss!

Der erste Teil der Erzählung scheint mir gelungen. Im zweiten Teil zeigen sich für meine Begriffe Ermüdungserscheinungen, die auf lange Sicht der Geschichte die Stringens raubt, die den Beginn der Erzählung auszeichnet.

Der neue Roman von Peter Stamm ist dennoch eine interessante Lektüre.

Peter Stamm
Nacht ist der Tag
256 Seiten, gebunden
S. FISCHER, Juli 2013
ISBN-10: 3100751345
ISBN-13: 978-3100751348
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Berit Brockhausen: Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe

Berit Brockhausen: Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe

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Als Paar zusammen zu leben, ist nicht immer einfach. Hier sind nun mal zwei völlig unterschiedliche Menschen zusammen und voneinander abhängig. Zusammenzuarbeiten und das Leben gemeinsam zu gestalten, ist eine Aufgabe, die erfüllt werden muss. Dabei kommt man sich schon mal in die Quere oder tritt sich auf die Füße. Immer wieder herrscht Uneinigkeit und aus Diskussionen wird Streit. Jeder verteidigt seine Bedürfnisse und verlangt vom anderen, was dieser möglichweise gar nicht leisten kann oder will. Es ist ein weites Feld. Manchmal wird der Ausweg nur noch in einer Trennung gesehen, auch wenn der Gedanke schmerzt. Doch gerade weil es schmerzt, weil man den anderen eigentlich nicht verlieren möchte, besteht noch Hoffnung.

Die Autorin verwendet in ihrem Buch den Begriff „Hoheitsgebiete“. Jeder Mensch hat sein eigenes unantastbares Territorium. Daneben gibt es die gemeinsamen Gebiete, die unter beider Verantwortung stehen. Grenzverletzungen sind es, die für Irritation sorgen. Diese Territorialkämpfe können aber diplomatisch ausgetragen werden. Dabei muss sich das Paar auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen können. Denn nur dann geht es gestärkt daraus hervor.

Die Autorin vermittelt ihr Anliegen nicht nur auf eine theoretische Art und Weise. Vielmehr wird das von ihr Gesagte mit Beispielen untermauert. Dabei wird keiner in einer Paartherapie bevorzugt. Zu einer Beziehung gehören immer zwei und jeder hat das Recht angehört zu werden. Jeder hat ganz eigene Gefühle, Empfindungen und Gründe für sein Handeln, nur kann der Partner keine Gedanken lesen und versteht manches falsch. Die Autorin zeigt, wie sie diese Verstrickungen durch gezielte Einwürfe oder Fragen löst. Die vermeintlichen Gegner werden wieder zusammengebracht.

Es sind wirklich Alltäglichkeiten in einer Paarbeziehung, um die es geht. Deshalb ist das Buch auch allen Paaren zu empfehlen. Es führt hinter die Kulissen, hinterfragt Denkweisen und Absichten. Es braucht Übung, das Gelesene anzuwenden. Es ist harte Arbeit und kann nicht von einem auf den anderen Tag gelingen. Territoriale Konflikte lassen sich ja nicht vermeiden. Aber es ist der Umgang damit, der entweder Probleme schafft oder eben, wenn man es richtig angeht, die Konflikte auflöst, so dass beide glücklich damit sein können. Das vermittelt die Autorin auf gekonnte Art und Weise, mit viel Verständnis und auch ein wenig Humor.

Rezension von Heike Rau

Berit Brockhausen
Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe
224 Seiten, Klappenbroschur
Südwest Verlag
ISBN-10: 3517087947
ISBN-13: 978-3517087948
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Yasmin Tabatabai: Rosenjahre

Yasmin Tabatabai: Rosenjahre

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Leben zwischen Orient und Okzident.
In ihrer leichten, freimütigen und humorvollen Sprache schildert Yasmin Tabatabai das Leben ihrer Familie zwischen Deutschland und Persien.

Ihre Mutter Rose hatte Mitte der fünfziger Jahre ihren zehn Jahre älteren späteren Mann, den Iraner Taba Tabatabai, in München auf dem Oktoberfest kennen gelernt. Sie war damals erst knapp zwanzig Jahre alt. Allen Warnungen ihrer Kollegen und Freundinnen zum Trotz folgte sie 1957 seiner Einladung nach Teheran.
Die Familie Tabatabai zählte zu den begüterten, gebildeten und säkular ausgerichteten Kreisen im Iran.
Doch selbstverständlich herrschen dort orientalische Sitten und Umgangsformen. Erste Eindrücke und die traditionellen Formen höflichen Verhaltens müssen erlernt und verstanden werden. Rose spürt bald, dass sie hier in eine fremdartige Kultur eintaucht. Sie bemüht sich, alles schnell zu lernen, um den Ansprüchen der freundlichen Familie zu genügen.

Neugierig und überwältigt von den Ereignissen erlebt sie fasziniert die herzliche Aufnahme in den großen Kreis der Familie.
Die Heirat wird von den Brüdern und der Familie schon bald gefordert und vollzogen.

Mit offenem Interesse erfreut sich Rose an den Kunstschätzen und der landschaftlichen Schönheit mit allen ihren Reizen, Gerüchen und exotischen Farben.

Über viele Jahre ihres Ehelebens hat Rose noch die Herrschaft des letzten Shahs miterlebt, bis 1979 mit der islamischen Revolution alle Ansätze für eine mögliche demokratische Wende zunichte gemacht wurden.

Bunt und spannend ist der Bericht von Yasmin Tabatabai.
Sie kleidet die Atmosphäre, die Gastfreundschaft und das lebhafte Treiben der Familie mit ihren ausgedehnten Mahlzeiten in passende Worte.
In fantasievoller und leicht naiver Ausrucksweise nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit, in der es ungewöhnliche Erfahrungen und ein reiches Leben zu bestaunen gibt. Mit wacher Intensität leitet die Autorin von der Biographie der Mutter zu ihren eigenen Kindheitserlebnissen über. Die islamische Revolution bildet den Schlusspunkt eines eindrucksvollen und der Stimmung angemessenen Erlebnisberichts, der mit Spannung ausgeführt wird.

Herzenswärme und tiefe emotionale Anteile belegen das Engagement dieser mitreißend geschriebenen Biographie.

Yasmin Tabatabai
Rosenjahre
288 Seiten, gebunden
Ullstein, September 2010
ISBN-10: 355008837X
ISBN-13: 978-3550088377
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Ulrike Renk: Die Frau des Seidenwebers

Ulrike Renk: Die Frau des Seidenwebers

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Anna te Kloot muss sich von ihrem Bruder Friedrich trennen. Die Mennonitin hat beschlossen von nun an ihrem Onkel, dessen Ehefrau verstorben ist, den Haushalt zu führen. Dafür muss sie von Radevormwald nach Krefeld reisen. In Solingen steigt Claes ter Meer in die Kutsche. Auch sein Ziel ist Krefeld und Anna ist froh, so etwas wie einen Begleiter zu haben. Es stellt sich sogar heraus, dass die Familien zusammengehören. Des Onkels Tochter wird Claes’ Schwester heiraten. Die Fahrt steht allerdings unter keinem guten Stern. Die Kutsche wird überfallen. Aber Claes rettet die Situation, zwar kann er nicht verhindern, dass Anna bestohlen wird, aber dank ihm entgeht sie einer Vergewaltigung.

Anna erkrankt durch die Strapazen, doch Claes steht ihr immer zur Seite, so dass sie auch dies übersteht, zumal sie herzlich in der Familie ihres Onkels aufgenommen wird. Nach der Heirat Katarinas, die sich als Einzige sehr abweisend gibt, übernimmt Anna die Haushaltsführung und kümmert sich um die Kinder ihres Onkels.
Anna verliebt sich in Claes, doch er fühlt sich hoffnungslos mit einer anderen, verheirateten Frau, verbunden. Die Enttäuschung wiegt schwer. Doch Claes vertraut ihr an, dass ein anderer sie liebt. Anna nimmt an, dass es der Weinhändler Heinrich Stennes ist, der sich immer sehr galant ihr gegenüber verhält. Sie heiratet ihn, ohne zu wissen, wie gewalttätig ist. Und auch das Claes vielmehr seinen Bruder Abraham gemeint hat, der ihr in Liebe verbunden ist, ahnt die junge Frau nicht.

Das Buch ist zweigeteilt. Im ersten kann man den Lebensweg Annans verfolgen, der recht ruhig verläuft. Anna wächst in die Familie hinein und erschließt sich einen Freundeskreis. Dass sie Claes liebt, kann man nicht so recht nachvollziehen und auch wie er sich gibt, wirkt befremdlich.
Die erste spannenden Wendung gibt es, als sie aus Verzweiflung einen anderen heiratet. Fortan ist sie einem gewalttätigen Mann ausgeliefert, der sie immer wieder schlägt und vergewaltigt und dem Anna nichts entgegenzusetzen hat. Obwohl alle Bescheid wissen, ihre Familie, ihre Freunde, muss sie dies ertragen. So sind die Zeiten. Diese häusliche Gewalt sehr genau geschildert. Man kann sich nicht davor verschließen.

Weder ist Anna die Frau eines Seidenhändlers, wie es der Titel sagt, noch geht sie ihren eigenen Weg, wie es im Klappentext steht. Sie ist eine Persönlichkeit, die einerseits sehr stark wirkt, andererseits aber eben auch sehr hilflos. Man entwickelt Sympathien für sie, leidet mit ihr mit und hofft auf eine erneute Wende, die Anna das Leben leichter macht.
Genau das tritt auch ein. Aber es ist eine seltsame, nicht ganz glaubwürdige Situation, die dazu führt. Das Buch geht also gut aus.

Über die historischen Hintergründe kann man hinten im Buch noch einiges Nachlesen. Die Geschichte beginnt im Jahr 1753. Und der Lebensweg Annas wird auch vom Siebenjährigen Krieg geprägt. Auch das Umfeld Annas wird einfühlsam dargestellt, hier insbesondere, die Posamentenweberfamilie ter Meer. Die Autorin stützt sich auf ein Tagebuch, das Abraham ter Meer geschrieben hat.

Rezension von Heike Rau

Ulrike Renk
Die Frau des Seidenwebers
443 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3746626188
ISBN-13: 978-3746626185
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Jennie Walker: Fünf Tage. Ein Spiel

Jennie Walker: Fünf Tage. Ein Spiel

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Sie ist mit Alan verheiratet und Stiefmutter seines Sohnes Selwyn. Ihr Leben ist von Alltäglichem geprägt. Ihre zwei, nicht sehr zeitaufwändigen Jobs, füllen sie nicht aus, und Selwyn, der langsam erwachsen wird, bedarf ihrer Fürsorge nicht mehr.

Ein Liebhaber, ein Schadenssachverständiger, bringt etwas Abwechslung ins Dasein. Aber sie weiß wahrscheinlich auch so, dass sie an einem Wendepunkt steht und entscheiden muss, ob sie mit Alan weiter zusammenleben möchte.
Sie ist nur noch nicht bereit, der Realität ins Auge zu blicken. Selwyn zwingt sie dazu, er kommt nicht mehr nach Hause.

Vor der Kulisse eines Kricketspiels, das für den einen das Größte und für den anderen belanglos ist, spielt die Geschichte einer Frau, die sich fragen muss, wo sie hingehört. Das Spiel bietet, auch wenn es sie eigentlich nicht interessiert, so doch mindestens Gesprächsstoff. Und das lenkt ab, von den eigentlichen Problemen. Es könnte alles so bleiben, wie es ist, wenn nicht Selwyn wäre, den die Stiefmutter völlig falsch einschätzt.

Sie glaubt, sie könnte ewig so weitermachen, aber ihr Umfeld registriert, was geschieht. Im Grunde legt sie es darauf an. Sie ist nicht diskret, geht nicht heimlich genug vor. Sie provoziert, wenn auch unbewusst. Aber irgendwann erkennt sie doch, dass sie gerade stehen muss, für das, was sie tut.

Die Geschichte, obwohl so kurz, berührt zutiefst. Man kann sich gut in die Protagonistin hineinversetzen, die an einem Punkt in ihrem Leben steht, der sie zweifeln lässt. Die Autorin eröffnet einen Blick in das Innerste ihrer Hauptperson. Es ist ein ernstes Buch und doch scheint zwischen den Zeilen die Lust am Leben durch, die der Geschichte einen ganz besonderen Charme verleiht und ihr das Tragische ein wenig nimmt. Auch wenn das Leben kein Spiel ist. Oder ist es das doch?

Rezension von Heike Rau

Jennie Walker
Fünf Tage. Ein Spiel
Aus dem Englischen von Ursula Ballin
141 Seiten, gebunden
Unionsverlag
ISBN-10: 3293004199
ISBN-13: 978-3293004191
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Berit Brockhausen: Warum machst du mich nicht glücklich?

Berit Brockhausen: Warum machst du mich nicht glücklich?

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Anfangs ist alles wunderschön. Doch wenn die Zeit des ersten Verliebtseins vorbei ist, gilt es den Alltag, meist mit Kindern, zu bewältigen. Und das ist gar nicht so einfach. Da wird gemeckert und geschimpft, um Notwendigkeiten und Bedürfnisse durchsetzten zu können. Aus dem einst verliebten Paar sind Streithähne geworden. Von Harmonie in der Beziehung kann keine Rede mehr sein. Vielmehr ist das Zusammenleben von Krisen und Auseinandersetzungen geprägt. Aber das ist nicht das, was man sich vorgestellt hat. Wo ist das Glück nur hin? Wie schafft man es, sich wieder zusammengehörig zu fühlen?

Die Diplom-Psychologin Berit Brockhausen plädiert für einen Neuanfang. Ihr Buch ist Therapie. Aus dieser heraus soll ich eine ebenbürtige Beziehung entwickeln, die gut funktioniert. Die Autorin erklärt, was man tun muss, wenn Bedürfnisse nicht mehr zusammen zu passen scheinen und Missverständnisse sich häufen. Dabei betrachtet sie immer beide Seiten. Sie wartet auf mit unerfreulichen Wahrheiten über Beziehungen, die man sich aber bewusst machen muss. Man sucht ja gerne, den Fehler beim Partner und übersieht dabei die eigenen.

Sie weiß, was Partner sich wünschen. Dabei sieht sie alle Wünsche als berechtigt an, allerdings zeigt sie auch, dass man keinen Anspruch auf Wunscherfüllung vom Partner hat. Wunsch bleibt Wunsch, man kann ihn nicht einklagen. Das muss man einsehen lernen. Von falschen Vorstellungen muss man sich also verabschieden. Und dazu gehört auch, den Partner für das eigene Glück verantwortlich machen zu wollen.

Die Aussagen, die Berit Brockhausen in ihrem Buch macht, sind alt hergebracht. Das beweisen die Märchen, die in das Buch Aufnahme gefunden haben. Lehrreich sind sie und führen unaufdringlich zur mehr Einsicht.
Es wird nach der Lektüre des Buches aber keinen Knall tun und die Partnerschaft ist wieder in Ordnung. Es ist ein langer Weg, den man zu gehen hat, wenn man will. Viel Denkarbeit steht an.

Aber man kann das Buch gut annehmen. Die Autorin bevormundet nicht, sondern gibt zu bedenken. Sie verlangt nicht, sie regt an. Und das wiederum lädt ein, sich mit dem Buch auseinander zu setzen, die Schritte nach und nach anzugehen. Schon das Nachdenken und die Einsicht werden zu Veränderungen in der Beziehung führen. Man gewinnt Klarheit, wird befähigt, die wahren Gründe hinter Streitigkeiten und Abwehrhaltungen zu sehen. Man begibt sich wieder auf Augenhöhe mit dem Partner. Vielleicht mag auch dieser das Buch lesen. Zumindest darf man es sich wünschen.

Rezension von Heike Rau

Berit Brockhausen
Warum machst du mich nicht glücklich?
176 Seiten, Klappenbroschur
Südwest Verlag
ISBN-10: 351708607X
ISBN-13: 978-3517086071