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Schlagwort: Familiensaga

Christa Hein: Die Frau am Strand

Christa Hein: Die Frau am Strand

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Christa Hein hat ein gewaltiges Familienopus geschrieben.

Liz, ihre Heldin, bekommt eines Tages Besuch von ihrer Nichte, die lange verschollen war. Sie sieht ziemlich verwildert aus und ist froh, bei der Tante einen Unterschlupf zu finden. Eine Weile nistet sie sich bei der Tante ein, und Liz kommt mit der Zeit ins Erzählen. Inese interessiert sich sehr für die Familiengeschichte.

Bei dieser Gelegenheit fallen Liz eine Reihe von Gegenstände aus dem Familienbesitz ein, die alle eine Geschichte haben. Auch hat sie sorgfältig Notizen ihrer Großmutter aufgehoben, aus denen man die Familiengeschichte rekonstruieren kann.

Liz ist Schriftstellerin und setzt sich hin, um alles aufzuschreiben. Beim Schreiben vertieft sie sich ganz in die alten Geschichten. Auf diese Weise entsteht ein Familienporträt von ungeheurer Weite. Beginnend Ende des 19. Jahrhunderts umfassen die Erinnerungen Städte und ferne Kontinente ebenso wie fantastische Landeroberungen und abenteuerliches Leben. Liz geht einzelne Episoden an und fängt bei Urahnen und Ahnen an. Dadurch bleibt man ganz bei den einzelnen Lebensphasen der diversen Urgroßeltern und Großeltern.

Die Urgroßeltern gingen nach Amerika und machten Land urbar. Sie starben früh und ließen ihre beiden Kinder Annie und Fred als Waisen zurück. Die beiden schlagen sich wacker durch, werden aber durch die Geschicke getrennt. Während Annie, die Großmutter von Liz, in Europa ihr Glück findet, zieht es Fred zur Seefahrt, und die Geschwister verlieren sich aus den Augen.

Christa Hein hat die Zeiten mit ihren wechselnden Landschaften und Lebensumständen wunderbar getroffen. Annie liebt die Kunst und malt selber gerne. Sie wird bei einer entfernten Verwandten zu einem geordneten Leben erzogen und macht eine erstaunliche Karriere. Schließlich findet sie einen netten Mann und beginnt ein eigenes Leben.

In der Erzählung geht es von Sylt nach Amerika und dann zurück nach Fehmarn, weiter nach Hamburg, Berlin, Gibraltar, Portugal und so fort. Der Erste Weltkrieg zwingt dem Großelternpaar ganz neue Wege auf.
Das Meer mit seinen besonderen Reizen spielt keine geringe Rolle in dem ganzen Geschehen. Auch die Malerei hat einen herausragenden Stellenwert.

Insgesamt umfasst die Geschichte fast ein Jahrhundert. Christa Heim hat jedem Zeitalter den ganz eigenen Charakter zuerkannt: Farmerleben in Amerika, in Deutschland der Erste Weltkrieg, Inflation und zwanziger Jahre bis hin zu Nazideutschland und die Zeit danach.

Zwischen Fabulierkunst und fast autobiographisch anmutenden Zeilen entwickelt die Autorin ihr Zeitgemälde. Fiktion und Wahrheit scheinen dicht beieinander zu liegen.
Zuletzt sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern fast nicht mehr überschaubar.

Der Roman ist kein literarisches Meisterwerk.
Ich würde diesen Schmöker für lange Urlaube oder regenreiche Sonntage empfehlen.

Christa Hein
Die Frau am Strand
Frankfurter Verlagsanstalt, März 2022
576 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3627002954
ISBN-13: 978-3627002954
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Mary Beth Keane: Wenn Du mich heute wieder fragen würdest

Mary Beth Keane: Wenn Du mich heute wieder fragen würdest

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In diesem Roman von Mary Beth Keane erwartet uns seine spannende, verwirrende und sehr aufregende Familien- und Liebesgeschichte.

Zwei Polizeibeamte schieben zusammen Dienst, und zufällig wohnen sie auch nebeneinander.
Francis Geese hat drei Töchter, Brian Stanhope einen Sohn. Kate, die jüngste Tochter von Francis, ist mit Peter, Brians Sohn, von klein auf befreundet.
Man erfährt viel über das Kleinstadtleben in Gillam und das Leben seiner Bewohner.

Die Kinder wachsen heran und Lena, Francis Frau, ist aufgeschlossen der neuen Nachbarin gegenüber, die offensichtlich nicht so leicht Kinder bekommen kann. Brians Frau Anne zeigt aber schon früh Auffälligkeiten. Sie ist sehr eifersüchtig, wenn sich Peter mit Kate trifft.

Dann geschieht ein schreckliches Unglück. Peter sucht Hilfe bei Francis, weil seine Eltern sich streiten. Daraufhin vollendet sich ein Schicksal, das weitreichende und nachhaltige Folgen für alle Protagonisten hat.
Es ist der Beginn einer langen Odyssee, in der Peter und Kate sich verlieren, neu finden, immer wieder einen Anfang wagen.

Annes und Brians Ehe ist zerbricht.

Wie B. Keane die ganze Geschichte aufzieht zeigt sie als eine Meisterin der Erzählkunst und spricht für eine diffizile Wahrnehmung bestimmter Eigenschaften ihrer Charaktere. Sie schaut tief in das Seelenleben ihrer Romanfiguren hinein und sucht nach Erklärungen für ungewohntes Verhalten.

Im Laufe der Geschichte wird der Erzählbogen immer spannender und man staunt, welche Entwicklungen sich anbahnen und ihren Lauf nehmen.

Das Glück einzelner muss schwer erkauft werden. Menschliche Schwächen, Kränkungen aber auch Hilfsbereitschaft in allen Schattierungen treten hervor. Kate und Peter sind die zwei Hauptfiguren, um die sich alles dreht. Sie begegnen sich lange nur sporadisch, um am Ende zueinander zu finden.
Auch ihre Beziehung aber ist astarken Anfechtungen ausgesetzt.

Es werden Schicksale enthüllt und psychische Deformationen angesprochen; es geht um Liebe, Enttäuschung, Neubeginn und Verzeihen. Und es geht um menschliche Verstrickungen, die sehr realitätsnah erscheinen.

Insgesamt ist das ein außerordentlich lesenswerter Roman, von dem man nur schwer lassen kann.

Mary Beth Keane lebt in New York. Dies ist ihr dritter Roman der wochenlang auf der Bestsellerliste der New York Times stand.

Mary Beth Keane
Wenn du mich heute wieder fragen würdest
Eisele Verlag, Oktober 2020
464 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3961610967
ISBN-13: 978-3961610969
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Ulrike Renk: Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2

Ulrike Renk: Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2

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Frederike ist nun mit Alexander zu Stieglitz verheirate. Sein Geheimnis kann er nicht länger vor ihr verborgen halten. Es ist nicht der Altersunterschied, der ihm Sorge gemacht hat, sondern sein Gesundheitszustand. Ax hat Tuberkulose. Dass Mutter Stefanie davon wusste, es verschwieg und sie trotzdem zur Heirat ermuntert hat, ist für Frederike unfassbar. Sie muss nun, da Ax sich zur Behandlung in die Schweiz begeben muss, Gut Sobotka alleine leiten. Allerdings handelt der Inspektor gegen ihre Anweisungen. Zudem zweifeln die Dienstboten ihre Fähigkeiten an. Ihr Stiefvater Erik und Tante Edel leisten schließlich wertvolle Hilfe.

Frederike vermisst ihren Ehemann. Zugleich kann sie sein Verhalten nicht verstehen. Das Leben gestaltet sich ganz anders als erwartet. Als sie Rudolph von Hauptberge in Berlin trifft, verliebt sie sich in ihn. Doch eine Scheidung kommt nicht in Frage, auch wenn sie nie eine Ehe mit Ax geführt hat.
Für weitere Probleme sorgt die politische Situation. Der Zweite Weltkrieg steht bevor.

Tatsächlich ist der zweite Band, der auf „Das Lied der Störche“ folgt sehr viel spannender. Frederike steht wieder im Mittelpunkt. Familiäres bildet den Rahmen. Die Autorin nimmt sich reichlich Platz, um den Alltag auf dem Gut zu schildern. Dabei rückt die politische Entwicklung mit ihren Folgen immer mehr in den Vordergrund. Frederike beweist Mut. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Nach schweren Schicksalsschlägen beginnt sie noch einmal neu.

Ich fühle mich also auch mit dem zweiten Band der Ostpreußen Saga sehr gut unterhalten. Frederike wird sehr authentisch beschrieben. Die Autorin hat sie in ihrem Denken, Handeln und ihren Bemühungen, sich ihre Lebensfreude zu erhalten, sehr glaubwürdig beschrieben. Zudem ist das Buch flüssig geschrieben. Die 550 Seiten sind erstaunlich schnell gelesen. Ulrike Renks Schreibstil ist perfekt und zieht mit! Ich freue mich auf den dritten Band!

Rezension von Heike Rau

Ulrike Renk
Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2
560 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746633516
ISBN-13: 978-3746633510
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Barbara Bickmore: Wer nach den Sternen greift

Barbara Bickmore: Wer nach den Sternen greift

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Die Geschichtebeginnt mit Annie Phelps und Frank Curran im Jahre 1878. Eigentlich wollte Frank alleine in die Berge, um nach Gold zu graben. Doch Annie hatte keine Scheu, Frank vor dieser Reise zu heiraten und darauf zu bestehen, mit ihm gemeinsam in das Camp zu gehen. Da in dem Camp nur Männer leben, macht sie sich nützlich mit Kochen und Wäschewaschen. Die Männer dankten es ihr und belohnten sie reich. Annie verdiente damit im ersten Winter in den Bergen mehr als Frank mit dem Gold. Auf diese Weise kamen beide in kurzer Zeit zu einem ansehnlichen Vermögen. Die Basis für eine der reichsten Familien der USA war gelegt. Beide bekamen Kinder und sie wurden Großeltern.

Schon bald dreht sich die Familensaga um die Enkelin Alex, die selbst über ihre Mutter Sophie hinauswächst. Sie ist schön, sie ist reich, und ihre Mutter verheiratet sie mit einem Mann des britischen Adels. Zwar hatte auch die Mutter reich geheiratet, aber einen Adelstitel hatte sie nicht erreichen können. Das schaffte sie aber für Alex zu arrangieren, denn deren Mann und seine Familie benötigen dringend Geld für den Unterhalt ihres Anwesens und ihren adligen Lebensstil. Doch Alex versucht den Spagat zwischen einer unglücklichen Ehe und einem erfüllten Leben.

Die Schriftstellerin ist für ihre großen Familiengeschichten bekannt. Auch der vorliegende Roman beschreibt eine (fiktive) Familie in der Zeit von 1878 bis 1946. Er beginnt im Wilden Westen Amerikas und endet in einem englischen Schloss in Europa. Das Leben und die Schicksale der Mitglieder dieser Familie sind es, die den Leser in seinen Bann ziehen. Als Stil hat die Autorin einen gewählt, der an den einer Erzählung heranreicht. Aus weiter Ferne, wie von oben herab, wird auf das Geschehen geblickt, um zwischendurch für einzelne Perioden ganz nah in die Handlung einzutauchen. Gut und gerne hätten aus diesem Stoff auch 3 bis 4 Romane werden können, wenn tiefer ins Detail gegangen wäre. So bleibt leider auch etwas Spannung auf der Strecke. Konflikte in der Familie werden kaum sichtbar. Alles löst sich wie selbständig in Wohlgefallen auf. Erst ab der zweiten Hälfte etwa werden die einzelnen Kapitel mit Cliffhangern beendet. Ab da handelt der Großteil der Geschichte hauptsächlich von Alex. Schließlich aber wird es zum Ende hin noch dramatischer während der Zeit des Zweiten Weltkrieges, was zum abschließenden Höhepunkt des Romans führt.

Der Roman ist angenehm zu lesen, unterhaltsam, zieht in den Bann über die Geschichte der Familie, die Höhen und Tiefen durchleben muss, obwohl es nie an Geld mangelt.

Bickmore, Barbara
Wer nach den Sternen greift
Droemer Knaur Verlag, München
ISBN 9783426662335

© Detlef Knut, 2016
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Micaela Jary: Das Haus am Alsterufer

Micaela Jary: Das Haus am Alsterufer

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Die Geschichte beginnt in Hamburg im Jahre 1911. Die angesehene Familie Dornhain, in dessen Besitz sich eine Reederei befindet, steht im Blickpunkt des Romans. Der verwitwete Victor Dornhain ist das Familienoberhaupt. Er hat drei erwachsene Töchter: Ellinor, Helene und Lavinia. Mit zum Familienhaushalt gehört Victors Mutter Charlotte.

Helene lebt nicht mehr zu Hause, sie ist künstlerich begabt und studiert in München. Ellinor engagiert sich in einer Frauenbewegung. Die jüngste Tochter, Lavinia, genießt die angenehmen Seiten des Lebens und möchte möglichst bald heiraten. Sie schmeißt sich dem Architekten Konrad Michaelis an den Hals, bringt ihn in eine ausweglose Lage und sorgt für einen drohenden Skandal, sodass er nicht anders kann, als Lavinia einen Heiratsantrag zu machen. Dabei ist er unsterblich in Helene verliebt. Das muss nun angesichts der Umstände geheim bleiben, so viel ist auch Helene klar.

Die Geschichte einer weiteren jungen Frau wird im Buch erzählt. Sie kommt als Hausmädchen in den Haushalt der Familie. Ihre Ziehmutter hat das arrangiert. Dass Klara Thießen näher verbunden sein muss mit Dornhains wird schnell klar. Aber bald verschieben sich die Prioritäten in der Familie. Nämlich dann, als der Krieg ausbricht.

Die Familiensaga ist in verschiedene Teile gegliedert. So wird die Geschichte von den unterschiedlichen Standpunkten der Familienmitglieder betrachtet. Die Töchter unterscheiden sich sehr in ihrem Charakter, sodass nicht die gleichen Lebensziele vorhanden sind.

Die Autorin schreibt sehr ausschweifend und bildhaft und versucht dabei Nähe zur Familie Dornheim mit all ihren Facetten herzustellen. Der geschichtliche Hintergrund spielt eine tragende Rolle. So ist die zweite Hälfte des Buches sehr viel spannender als die erste, weil die Familie während der Kriegszeit auf eine harte Probe gestellt wird.

Rezension von Heike Rau

Micaela Jary
Das Haus am Alsterufer
576 Seiten, broschiert
Goldmann Verlag
ISBN-10: 3442480280
ISBN-13: 978-3442480289
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Klaus Kordon: Das Karussell

Klaus Kordon: Das Karussell

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Der 450 Seiten starke Roman erzählt eine Familiengeschichte über zwei Weltkriege hinweg. Zunächst wird in parallelen Handlungssträngen von den beiden Kindern Herbert Josef Lenz und Elisabeth Gerber erzählt. Herbert, genannt Berti, ist das Kind einer Vergewaltigung. Seine Mutter war als Dienstmagd von ihrem Dienstherrn vergewaltigt worden. Kein Wunder, dass er von ihr nur halbherzig geliebt wird und sie ihn in ein Waisenheim abschiebt. Als die Mutter später wieder einen Mann findet, hat Berti erst recht keinen Platz mehr in ihrem Leben. Das Waisenhaus wird von einem strengen Pater und einem strengen Lehrer geleitet. Gutes hat Berti von diesen Leuten nicht zu erwarten. Schon als kleines Kind von sechs Jahren, als der Erste Weltkrieg 1914 ausbricht, fragt er sich unentwegt, warum seine Mutter ihn nicht zuhause aufwachsen lässt. Sie kommt ihn zwar oft besuchen, aber das ist nicht das, was er sich wünscht. Die Frage, ob er ein ungeliebtes Kind ist, nagt sehr stark an ihm. Aber er lernt, sich im Heim durchzusetzen und wird zu einem so genannten Rüpel, letztendlich zu einem wahren Prügelknaben. Immer wieder kommt er bei Wasser und Brot in den Karzer oder muss sich über den Prügelbock legen und wird windelweich geprügelt.

Parallel dazu wird die Geschichte von Elisabeth Gerber, genannt Lisa, erzählt. Lisa wächst im Harz, in Thale, als Tochter des Sohns eines Fleischermeisters auf. Die Mutter hatte sich die Hochzeit mit einem Kleinbürger erkämpft, was deren Vater, Hüttenwerker und überzeugter Sozialdemokrat, gar nicht gerne sah. Jedoch spätestens nach der Geburt von Lisa ergab er sich in sein Opadasein mit einem bürgerlichen Schwiegersohn. Ihre Mutter betreibt eine Wirtschaft, doch mit dem Ersten Weltkrieg bricht das Unheil für die kleine Familie ein und der Vater wird in den Krieg berufen. Von nun an musste sich die Mutter mit Lisa und ihren drei Geschwistern alleine durchschlagen, denn der Vater kehrte aus diesem Krieg nicht zurück.

Der Autor hat einen besonders schönen Stil gefunden, diese in Geschichte, die wie eine Familienbiografie anmutet, niederzuschreiben und zu erzählen. Eigentlich wird die Geschichte aus der Perspektive von Bertis Sohn erzählt. Doch dem stehen nur zwei Kapitel zur Verfügung: der Anfang und am Ende der Epilog. Erst im Epilog erfährt der Leser, wie der Erzähler, der ja gar nicht alles miterlebt haben kann, an die Informationen über seine Familie gelangte. Dazwischen wird das gesamte Buch von einem auktorialen Erzähler vermittelt. Über Jugendzeit und Kindheit der beiden Protagonisten Lisa und Berti bis weit in die erste Ehe hinein verläuft die Handlung beider bis zur Hälfte des Buches separat und parallel voneinander. Man erfährt vom Aufwachsen beider über die grausamen Umstände mit denen sie fertigwerden mussten, auch die schönen Momente, die sie im Leben hatten. Man erfährt, wie Lisa einen Menschen heiratet, obwohl sie ihn vielleicht nicht liebte, aber der ihr ein Zuhause bot, und den sie bis über seinen Tod hinaus respektierte. Man erfährt auch von Berti, dass er eigentlich kein Schläger werden wollte. Aber dass er doch ein großes Stück seines Lebens in diesem Waisenhaus verbrachte und sich dort durchsetzen musste, was wiederum dazu führte, dass er sehr wohl austragen konnte, um sich zu verteidigen.

In teils humorvollen Episoden werden viele Lebensabschnitte dieser beiden Personen geschildert. Der aufmerksame Leser wird erwarten, dass sich die Wege von Lisa und Berti irgendwann einmal treffen müssen. Sie werden auch einen gemeinsamen Weg beschreiten. Nahezu anrührend wird das Bemühen der beiden umeinander aufgezeigt.

Der sehr authentisch wirkende Roman ist ein Musterbeispiel für alle diejenigen, die sich berufen fühlen, aus ihrem eigenen Leben oder aus dem Leben naher Verwandter berichten zu müssen. Es gibt sehr viele Lebensgeschichten, sehr viele Lebensberichte aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und davor. Aber meistens sind diese Berichte Tatsachenberichte, die einfach und schnörkellos erzählt werden. Als solche lassen sie jedoch oft die Spannung vermissen. Dem ist nicht so bei dem vorliegenden Roman. Dieser Roman ist dramaturgisch inszeniert, auch wenn viele Elemente davon autobiografisch oder biografisch sein sollten, ist zu spüren, dass an der Dramaturgie gefeilt wurde, damit die Leser nicht nur an die Informationen gelangen, sondern auch noch Spaß dabei haben. Ein einfühlsamer, bewegender Roman mit einem Ende, wie es sie auch geben mag. Von mir gibt es dafür fünf Sterne.

Kordon, Klaus
Das Karussell
Hardcover
Beltz & Gelberg, Weinheim
ISBN-10: 3407811144
ISBN-13: 978-3407811141

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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