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Schlagwort: Finanzkrise

Katharina Münk: Glänzende Geschäfte

Katharina Münk: Glänzende Geschäfte

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So ganz raus aus der Krise ist Dr. Wilhelm Löhring ja nicht. Hilfe könnte allerdings das Brillenwechsle-Programm bringen, das ihm sein Personal Coach wärmstens ans Herz legt. Der Perspektivwechsel führt ihn direkt in den Knast, wo seine Sozialkompetenzen auf eine harte Probe gestellt werden. Gleich beim ersten Freigang entführt Kellermann seinen engagierten Mentor. Er rechnet sich mit dieser Aktion ein schönes Lösegeld aus. Nur stellt sich heraus, dass niemand bereit ist, für Löhring welches zu zahlen. Und so wirklich flüssig ist der Entführte auch nicht. Die beiden machen sich also auf zu Löhrings Vermögensverwalter und finden diesen mausetot in seiner Villa vor. Jemand hat ihn erschossen.

Jetzt ist guter Rat teuer. Und da kommt die Ähnlichkeit in Aussehen und Statur von Kellermann und Vermögensverwalter Kesch gerade recht. Kesch wird beseitigt und Kellermann übernimmt dessen Rolle. Als dann Keith Winter, genau wie Löhring ebenfalls ehemaliger Insasse der Nervenklinik St. Ägidius, auf der Bildfläche erscheint, um finanzielle Hilfe für ein haarsträubendes Projekt zu erfragen, sieht Löhring die Chance für ein neues Geldgeschäft.

Psychisch so richtig auf der Höhe ist keiner der Mitspieler dieser Wirtschaftssatire. Wie mit dem harten Leben umzugehen ist, haben sie aber, jedenfalls in der Theorie, in der Nervenklinik gelernt und verbal trainiert und versuchen dies nun mit Gewalt umzusetzen. Im wahren Leben geht es etwas anders zu, aber das ist insbesondere Dr. Wilhelm Löhring nicht bewusst. Sein Größenwahn und seine Fantasie kennen keine Grenzen. Er versteht es auch sehr gut andere unterzubuttern und nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.

Man wird also gut unterhalten mit diesem Buch. Der Schreibstil der Autorin ist außergewöhnlich. Sie versteht es, aberwitzige Sachverhalte völlig ernst und kompetent klingend herüberzubringen. Unglaublich wie Löhring Kleines groß redet oder wie er sich aus der Affäre zieht und umschwenkt, wenn ein Plan nicht aufgeht. Konflikte jeder Art sind für ihn nur Herausforderung. Mit Worthülsen und leerem Gerede versteht er es, sich wichtig zu machen und kommt damit auch noch durch. Das ist wirklich unglaublich witzig gemacht.

Rezension von Heike Rau

Katharina Münk
Glänzende Geschäfte
272 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423249889
ISBN-13: 978-3423249881
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Paul Grote: Der Champagner-Fonds

Paul Grote: Der Champagner-Fonds

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Philipp Achenbach arbeitet bei France-Import in Köln als Einkäufer. Er ist zufrieden mit seinem Job. Nur Langer, sein Chef, scheint in letzter Zeit irgendwie verändert. Er erscheint häufig erst spät im Büro. Dann ist da noch die Lieferung aus Bandol, die längst überfällig ist und zu Spannungen zwischen Philipp und seinem Chef führt.
Die neue Chefsekretärin Helena Schilling sorgt für ganz andere Gefühle. Achenbach verliebt sich sofort in sie.
Auch andere private Dinge fordern Philipps Aufmerksamkeit. Sein Sohn Thomas will sein Betriebswirtschaftsstudium aufgeben und Winzer werden.

Es wird noch mehr Veränderungen in seinem Leben geben, zumal ihm nun auch sein Chef offenbart, die Firma vergrößern und damit Achenbachs Aufgabengebiet erweitern zu wollen. In einen Champagner-Fond soll investiert werden. Im Moment sind die Kurse unten. Man kann also auf deren Steigen hoffen. Philipp Achenbach ist skeptisch. Er befürchtet, dass Langer das Firmenvermögen aufs Spiel setzt.
Als Achenbach sich in die Champagne begibt, um vor Ort zu recherchieren, ist er nicht willkommen. Später bemerkt er, dass jeder seiner Schritte beobachtet wird. Einen Rückzieher macht er deswegen aber nicht. Er will wissen, was hinter seinem Rücken geschieht und baut dabei auch auf die Hilfe seines Sohnes. Doch ehe die beiden sich versehen, sind sie in einen Krimi verstrickt und müssen um ihr Leben fürchten.

Der Roman entwickelt sich nur sehr langsam zum Krimi. Man schaut zunächst auf die Hauptperson Philipp Achenbach samt Umfeld. Dann aber, nach und nach, wird die Handlung spannender und man liest mit wachsender Begeisterung. Philipp ist kein Draufgänger, sieht sich aber bald mit Situationen konfrontiert, die er lieber meiden würde. Aber aufzugeben kommt für ihn auch nicht infrage. Schließlich lässt er sich nicht gerne hinters Licht führen. Er will wissen, was Sache ist. Seine Kompetenz als Weinkenner hilft ihm hier nur begrenzt weiter, denn er bekommt es mit Menschen zu tun, die, des Geldes wegen, keine Skrupel kennen.

Rückblicken bleibt zu sagen, dass die Handlung sehr schön ausgefeilt wirkt. Die Hauptperson ist als Charakter gut ausgebaut. Man kann nachvollziehen, was Achenbach bewegt und wie die Motivation für seine Handlungsweise entsteht. So sieht man nicht mit Tunnelblick auf die immer offenbarer werdenden Verbrechen, auch Land und Leute, das Geschäft mit dem Champagner an sich und die Finanzmarktsituation werden beleuchtet.

Rezension von Heike Rau

Paul Grote
Der Champagner-Fonds
400 Seiten, broschiert
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423212373
ISBN-13: 978-3423212373
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Alyssa Brugman: Jenna-Belle wohnt hier nicht mehr

Alyssa Brugman: Jenna-Belle wohnt hier nicht mehr

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Es ist ein komfortables und privilegiertes Leben, das Jenna-Belle mit ihrer Familie, ihren Eltern und dem älteren Bruder, führt. Bis die Eltern sich trennen und der Vater die Familie verlässt, obwohl die Mutter wieder schwanger ist. Das Leben im großen Haus wird bald zu teuer. Der Lebensstandard kann nicht gehalten werden. Zimmer werden untervermietet. Und so kommt auch Bryce Cole ins Haus, der auf Rennpferde wettet, um an Geld zu kommen. Oftmals hilft er der Familie aus, sorgt dafür, dass etwas zu essen auf den Tisch kommt.

Bald kann das Schulgeld für Jenna-Belle nicht mehr gezahlt werden. Nur ihr Bruder kann weiter zur Schule gehen, dank eines Stipendiums. Alles mögliche wird über E-Bay zu Geld gemacht bis der Internetzugang gesperrt und der Strom abgestellt wird. Über Flohmärkte im Garten wird weiter verkauft, was nur geht. Auch Jenna-Belle muss sich von ihrem Besitz trennen.
Trost findet sie bei ihrem Freund Declan aus der Nachbarschaft. Ihm vertraut sie sich an, sonst versucht sie, sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zu lassen.

Zu allem Unglück verliert die Mutter das Baby. Und Declan, der schon vermutete, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten steht, muss ins Krankenhaus, wo bei ihm Diabetes diagnostiziert wird.
Die Familie versinkt im Unglück, sieht keinen Ausweg. Immer weiter abwärts dreht sich die Spirale und führt direkt in die Obdachlosigkeit.

Die Geschichte macht betroffen. Sie wird erzählt aus der Sicht von Jenna-Belle, die versucht, irgendwie mit der Situation umzugehen. Sie hat es nicht in der Hand, etwas dagegen zu tun. Das ist der Part der Erwachsenen, die sich leider nicht erklären. Sie kann nur zusehen, wie es immer weiter bergab geht, der Vater immer weniger arbeitet und schließlich mit seiner Firma pleite geht. Warum die Eltern sich schließlich trennen, erfährt Jenna-Belle lange nicht.
Die Folgen der Misere ihrer Eltern bekommt sie knallhart zu spüren, denn auch die Mutter kann aufgrund der Schwangerschaft bald nicht mehr arbeiten.
Bleibt nur das Haus. Aber es ist nicht mehr viel wert, so dass die laufenden Kredite mit einem Verkauf nicht getilgt werden können.

Die Situation der Familie wird im Buch sehr feinfühlig dargestellt. Man leidet mit, muss zusehen, wie es immer weiter bergab geht, auch weil keiner es schafft, gegenzusteuern. Aber am Tiefpunkt der finanziellen und privaten Krise angekommen, versucht die Familie, sich wieder aufzurappeln. Und es wird deutlich, wie wichtig Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft, gerade in Krisenzeiten ist und dass man sich den Problemen mit denen man konfrontiert wird, stellen muss.

Rezension von Heike Rau

Alyssa Brugman
Jenna-Belle wohnt hier nicht mehr
Aus dem Englischen von Ulli und Herbert Günther
232 Seiten, Klappenbroschur
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446235868
ISBN-13: 978-3446235861
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Barbara Ehrenreich: Smile or Die – Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt

Barbara Ehrenreich: Smile or Die – Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt

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Man muss nur fest an sich glauben und stets positiv denken, dann gelingt einem alles. Ist das wirklich so? Die Autorin hat sich dieser Frage angenommen. Nach ihrer Meinung ist das positive Denken in der USA schon zum Massenwahn mutiert. Tatsächlich kann man alles schönreden. Der ganze Optimismus ist nämlich mittlerweile ins Unverantwortliche abgedriftet. Guckt man ständig durch die rosarote Brille, erkennt man sich tatsächlich anbahnende Katastrophen nicht. Man unternimmt nichts, weil es so schlimm ja gar nicht kommen kann. Glaubt man. Die Realität sieht anders aus. Eine Krise jagt die nächste. Und das ist für jeden Menschen spürbar. Zugegeben macht es das Leben leichter, eine schwere Krankheit oder der Verlust des Arbeitsplatzes als Chance zu sehen. Aber es geht an der Realität vorbei.

Die Autorin ist diesem Phänomen nachgegangen. Sie geht zurück bis zur Grundsteinlegung des positiven Denken, berichtet über die Entwicklung und zeigt auf, wie mittlerweile eine ganze Branche davon lebt, Menschen zu positiver Einstellung zu motivieren. Sie zeigt, wie Motivationstrainer arbeiten und was es sonst noch alles auf dem Markt ist, um die Motivation anzuheizen und dem Pessimismus den Kampf anzusagen.

Es ist ein sehr spannendes Buch. Man kann das Thema natürlich auch ein Stück weit auf Deutschland übertragen. Wer kann schon behaupten, noch keines dieser Ratgeber gelesen zu haben, die auf dem Markt sind und von denen im Buch die Rede ist? Wer hat noch kein Bewerbungstraining gemacht oder ein Motivationstraining mit den Kollegen?
Man kann sich dem ganzen Wahn kaum noch entziehen. Wer mies macht, Kritik übt und ängstlich in die Zukunft blickt, wird in seine Schranken verwiesen, auch hier zuweilen.
Dabei droht Gefahr, wenn man es übertreibt mit dem erlernten Optimismus. Wenn man ausblendet, dass etwas nicht nach den gemachten Vorstellungen läuft. Die Autorin betrachtet zum Beispiel die Finanzkrise und analysiert, inwieweit die Haltung der Menschen dafür verantwortlich war.

Die Autorin hat hinter die Kulissen gesehen und nachgeforscht, ob man tatsächlich gesünder ist, erfolgreicher und länger lebt, wenn man seine Gedanken kontrolliert. Und sie zeigt zeitgleich, was passiert, bzw. bisher passiert ist, weil man der Realität nicht ins Auge geblickt hat.
Der Gesellschaft wird der Spiegel vorgehalten. Die Autorin beschönigt nichts. Mit beißender Ironie zuweilen, bohrt sie immer weiter. Ihr Ziel ist es, dass jeder endlich wieder seinen gesunden Menschenverstand einschaltet, sein Realitätsbewusstsein wiederentdeckt und auch mal kritisch schaut, was geschieht. Gute Laune zu haben und eine insgesamt positive Grundeinstellung schließt das nicht aus.

Rezension von Heike Rau

Barbara Ehrenreich
Smile or Die – Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt
Aus dem Englischen von Gabriele Gockel und Barbara Steckhan
288 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3888976820
ISBN-13: 978-3888976827
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