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Schlagwort: Frankreich

Fred Vargas: Das barmherzige Fallbeil

Fred Vargas: Das barmherzige Fallbeil

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Es ist einige Zeit her, dass ein neuer Kriminalroman um den Pariser Kommissar Adamsberg in Deutschland erschienen ist. Nun ist es soweit. Fred Vargas’ „Das barmherzige Fallbeil“ erschien in Frankreich in einem neuen Verlag und hat gleichermaßen in Deutschland ein neues Heim gefunden. Für die Freunde von Adamsberg und seinem dienstlichen Partner Danglard hatte das Warten nun ein Ende.

Darum geht es bei diesem neuen Fall: Kommissar Bourlin vom 15. Arrondissement in Paris wird zu einer Leiche gerufen. Doch offensichtlich handelt es sich bei der Toten in der Badewanne um ein Selbsttötungsdelikt. Der zuständige Untersuchungsrichter drängt auf einen schnellen Abschluss der Ermittlungen und das Schließen der Akte. Bourlins Bauchgefühl sagt ihm aber, dass es sich nicht um Selbstmord handelt. Besonders wegen eines ungewöhnlichen Symbols auf dem Waschtisch, ähnlich einem großen „H“, jedoch mit zwei Querstrichen, einem geraden und einem gekrümmten. Bourlin möchte seinen Kollegen Danglard und über diesen Adamsberg von der Kriminalabteilung im 13. Arrondissement, dem Studentenstadtteil Quartier Latin, hinzuziehen. Immer an der Aufklärumng eines Rätsels interessiert sind diese beiden schnell bereit dazu. Mehr durch Zufall gelangen sie auf eine Spur, der sie unbedingt nachgehen wollen. Doch dabei treffen sie auf einen weiteren „Selbstmord“.
Nahezu liebevoll kümmert sich Vargas um die vor Jahren geschaffenen Protagonisten. Auf interessante Weise und in vielen Bildern bringt sie den Lesern die Figuren nahe, sodass es nicht notwendig ist, alle vorhergehenden Vargas-Krimis gelesen haben zu müssen. In knappen Worten beschreibt sie Adamsberg und Danglard in einem Dialog von Bourlin mit einem jungen Kollegen folgendermaßen, was sich in der deutschen Übersetzung dann so liest:
„Wenn wir schon im Dunkeln tappen“, meinte Adamsberg im Fortgehen mit einer laxen Handbewegung, „kann man ja auch mal sagen, was einem so einfällt. Mich erinnert das Ding an eine Guillotine.“
Bourlin sah seinen Kollegen eine Weile an.
„Wundere dich nicht“, sagte er zu seinem Brigadier. „Das ist Adamsberg.“
Als wäre damit alles erklärt.
„Aber dieser Commandant Danglard“, meinte der junge Mann, „was hat der in seinem Schädel, dass er das alles weiß?“
„Weißwein.“

Es sind nicht nur die Spannung und die Beliebtheit von Adamsberg, die den Leser an die Geschichte kleben, sondern auch der leise Humor, vom ersten Satz an festklammert. Die Dialoge, die normaler Gespräche genauso wie Frotzeleien unter Kollegen widergeben, sind fortwährend unterhaltsam. Mit zwei Ausnahmen: Die Gespräche mit dem Präsidenten der Robespierre-Gesellschaft weckten kein besonderes Interesse in mir. An diesen Stellen hatte ich eher das Gefühl, als wolle die Schriftstellerin oberlehrerhaft den Lesern ein Stück der Geschichte Frankreichs vermitteln. Ein Straffen dieser Sequenzen hätte dem Roman gutgetan. Das betrifft auch die Passagen über Island und dessen Mythologie, bei denen sich Vargas genauso zu verzetteln scheint, wie es Adamsberg von dessen Kollegen vorgeworfen wird. Diese Passagen führen bei mir als Vargas-Fan leider zu Punktabzug.

Belohnt wird der Leser schließlich mit der Auflösung der einzelnen Konflickte und Irrwege, beispielsweise die Herkunft von Victor und Amédee oder die Geschehnisse auf der isländischen Insel vor mehreren Jahren. Faszinierend schließlich die komplexe Auflösung des Falles, die Adamsberg seinen Kollegen erläutert. Man kommt als Leser nicht umhin, zuzustimmen, wenn er sagt, dass sie, seine Kollegen, auch alles gewusst haben und nur die richtigen Schlüsse hätten ziehen müssen. Als Leser ging es mir genauso. Ich erinnerte mich an die gelesenen Passagen und fragte mich, warum ich nicht auf die Lösung gekommen bin. Wenn das keine Empfehlung wert ist!

Vargas, Fred
Das barmherzige Fallbeil
Aus dem Französischem von Waltraut Schwarze
Limes Verlag, München
ISBN 9783809026594

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

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Werner und Marie-Laure sind zwei junge Menschen, die in unterschiedlichen Sphären und Gegenden aufwachsen. Der Hauptteil der Erzählung umfasst zehn Jahre ihres jungen Lebens und umschließt in großen Teilen den Zweiten Weltkrieg.

Einige Jahre vor diesem Krieg lebt Werner als Waisenjunge in einem Heim bei Essen in Deutschland. Er interessiert sich für Radiotechnik und kann früh schon ferne Nachrichten empfangen. Wie sich zeigen wird ist er mit dieser Neigung ein willkommenes Mitglied der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg.

Marie-Laure ist blind und wird von ihrem liebevollen Vater geprägt. Er verwaltet die Schlüssel zu verschiedenen Abteilungen eines naturkundlichen Museums in Paris. Anhand eines Miniaturbaus ihres Viertels in Paris lernt Laure tastend sich in den heimatlichen Strassen zurechtzufinden. Nach der Flucht vor den Nazis nach Saint-Malo in der Bretagne hört Marie-Laure von einem seltenen Schatz, einem besonderen Diamanten, der Glück und Unglück zu bringen vermag. Ihr Vater hält ihn versteckt.

Dann beginnt der Zweite Weltkrieg.

In wild wuchernden und mäandernden Bildern folgt man den Spuren der beiden Protagonisten.

Werners Weg führt ihn über eine Napola, einer Eliteschule für den Führer Adolf Hitler, zum Militär und bis nach Saint-Malo in Frankreich, wo er die kleine Marie-Laure kennen lernt. Man wartet auf eine längere Beziehung zwischen den beiden. Jedoch bleibt es bei einer kurzen aber inhaltsreichen Begegnung.

Der Zweite Weltkrieg mit allen seinen Schrecken bietet den äußeren Rahmen für eine Handlung, die geheimnisvoll und unerklärlich ist. Französisches Flair, deutsche Gründlichkeit und auch die kriegerischen Grausamkeiten setzen Marksteine, die man nicht vergisst.

Mut, Tapferkeit und das Geschick, sich irgendwie durchzuschlagen, spielen keine geringe Rolle in der Handlung.

Kunstvoll webt A. Doerr eine Geschichte, in der an zahlreichen Orten mit verwirrenden Begegnungen aufgewartet wird. Er findet den Ton und die rechte Spielart, das breit angelegte Drama abzuhandeln. Man bleibt der Erzählung mit ihren Figuren immer auf der Spur und hofft, dass sich das Leben unter den kriegerischen Bedingungen doch zum Guten wenden möge. Weit verzweigt spielt die Handlung in verschiedenen Zeitebenen und Gegenden. Frankreich bietet allerdings den örtlichen Schwerpunkt. Gebannt liest man, wie einzelne Figuren sich durch schwere Prüfungen bewähren müssen. Der Krieg markiert seine Spuren mit aller Grausamkeit.

Der Roman zeigt poetische und geheimnisvolle Seiten. Zuweilen haben die Geschichten etwas Träumerisches.

Ein gelungenes Epos ist dem amerikanischen Autor Anthony Doerr mit diesem Roman gelungen. Er ist für sein Werk vielfach ausgezeichnet worden.

Anthony Doerr
Alles Licht, das wir nicht sehen
519 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Juli 2014
ISBN-10: 3406667511
ISBN-13: 978-3406667510
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Nina George: Die Mondspielerin

Nina George: Die Mondspielerin

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Dieser Roman der inzwischen zu einigen schriftstellerischen Ehren gelangten Nina George ist bereits 2011 erschienen. In ihm lässt die Autorin bereits die sanften und sinnlichen Töne anklingen, durch die sie im Roman „Das Lavendelzimmer“ berühmt geworden ist. Er besticht durch seine gefühlvolle und besinnliche Art, Dinge und Geschehnisse zu beschreiben, als würde man in die Protagonistin hinein schauen.

Wir befinden uns in Paris an der Seine, in die sich Marianne hineinstürzt, um aus dem Leben zu scheiden. Sie hat es satt, an der Seite ihres Mannes weiterhin das graue Mäuschen zu spielen, sie hat es satt, nicht mehr zu wissen, wo sie im Leben steht, sie mag einfach nicht mehr und will einen Schlussstrich unter ihr Leben ziehen. Doch so leicht wird es der Deutschen nicht gemacht. Sie wird aus dem Fluss gerettet. Enttäuscht darüber dass ihr der gewählte Weg versagt bleibt, schlägt sie einen neuen Weg ein. Ihr Mann zeigt nach wie vor kein großes Interesse an ihr. Er begreift einfach nicht, wie sie sich fühlt. Mariannes neuer Weg führt in die Bretagne. Hier, in einem kleinen Ort, lernt sie viele nette Menschen kennen, die ihr eine zweite Chance zum Leben geben. Marianne lernt französisch sprechen und sie bekommt einen Job in der Küche eines kleinen Restaurants. Sie wird mit viel Wärme und Liebe in die kleine Gemeinschaft der Bretonen aufgenommen. Doch Marianne bleibt hin- und hergerissen zwischen ihrem alten Leben an der Seite ihres Ehemannes und dem neuen, freien Leben an der Seite eines Malers, in den sie sich verliebt, so wie sie bislang noch nie verliebt gewesen war.

Mariannes Gefühle fahren auf der Achterbahn und Nina George lässt den Leser ganz tief eintauchen in die Gefühlswelt der Protagonistin. Das Schwanken zwischen dem alten und dem neuen Leben wird unheimlich nachvollziehbar und authentisch. George hat einerseits einen Blick und ein Ohr für das feinsinnige in den Beziehungen der Menschen untereinander, andererseits ist sie dank ihres handwerklichen Könnens in der Lage, diese Feinsinnigkeit so akkurat in ihre niedergeschriebenen Worte zu legen, dass dem Leser nichts anderes übrig bleibt, als mit allen Sinnen das Geschehen mitzuerleben und die Gefühlswelt der Menschen nachzuempfinden.

Angenehm ist auch der Ausklang des Buches, in welchem in kurzen Abschnitten die Bretagne von A bis Z erläutert wird. Dem einen oder anderen mag dies eine Hilfe sein, im Nachhinein so manche Kleinigkeit im Roman mit anderen Augen zu sehen.

„Die Mondspielerin“ ist ein Entwicklungsroman, bei der eine von Lethargie und Gram gebeugte Frau jenseits der 50 den aufrechten Gang lernt und sich von ihrem bisherigen Leben lossagt und vom Ehemann emanzipiert. Es ist ein großartiger Roman für alle, die Frankreich lieben, die die Bretagne lieben, und die, die nicht auf actionreiche Szenen aus sind, sondern vielmehr auf das Kopfkino, welches sich bei feinfühligen Sätzen, wie die von George, etabliert. Ich komme nicht umhin und muss diesem Roman, genauso wie zuvor schon seinem Nachfolger, die volle Punktzahl geben.

George, Nina
Die Mondspielerin
Taschenbuch
Knaur, München
ISBN-10: 342650135X
ISBN-13: 978-3426501351

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Nina George: Das Lavendelzimmer

Nina George: Das Lavendelzimmer

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Nina George hat mit diesem Roman einen stillen, poetischen, äußerst besinnlichen Roman geschaffen. Einen Roman der leisen Töne.

Worum geht es? Jean Perdu, seines Zeichens Buchhändler in Paris, nennt seinen Buchladen, der auf einem Flussschiff eingerichtet ist, „Literarische Apotheke“. Perdu hat nämlich eine besondere Gabe: Er vermag auf den ersten Blick zu erkennen, welches Buch zu einem Kunden mit dessen persönlicher Gemütslage am besten passt. Deshalb verkauft er für sein Verständnis keine Bücher, sondern er empfiehlt die Bücher als Medizin gegen den jeweiligen Gemütsschmerz des Kunden. Oft handelt es sich immer um eine besondere Form des Herzschmerzes. Anders ausgedrückt: Er empfiehlt ein Buch als Medizin für das Leben. Doch Perdu ist einsam. Vor 21 Jahren hat ihn seine große Liebe verlassen. Ohne ein Wort. Die Erinnerung an seine Geliebte Manon hat es ihm in all den Jahren verboten, je wieder an eine andere Frau zu denken. Da taucht plötzlich ein Brief seiner Liebe auf. Er hatte von diesem Brief gewusst. Der Brief war bereits vor 21 Jahren abgeschickt worden. Damals hatte er ihn auch erhalten, aber er wollte ihn zu der Zeit nicht lesen, weil er ganz tiefen Schmerz verspürte. Also verbannte er ihn in die hinterste Ecke seiner literarischen Apotheke. Doch als ihm der Brief jetzt wieder in die Hände fällt, schickt sich die schöne Nachbarin Chaterine an, Perdu dazu zu bewegen, diesen Brief zu lesen. Zaghaft und missmutig beginnt Perdu, doch er liest ihn. Perdu erfährt Erschütterndes und beschließt, noch einige Kapitel in seinem Leben zu Ende zu bringen. Das macht er, indem er mit seinem Buchladen vom Ufer ablegt und sich auf eine Reise in den Süden Frankreichs begibt. Jedoch in letzter Minute springt dabei Max Jordan, ein junger Schriftsteller, der gerade einen Bestseller gelandet hat, auf den Kahn und begleitet Perdu auf seinem Weg. Wie ein väterlicher Freund nimmt der ihn auf. Die Dialoge zwischen dem jungen Schriftsteller und dem alten Buchhändler sind einfach nur köstlich.

Wenn der Roman auch in vielerlei Hinsicht ein traurig schöner Liebesroman ist, lässt er trotzdem nicht den Humor vermissen. Über weite Strecken sind es die Aufeinandertreffen zwischen dem Buchhändler Jean Perdu und dem Schriftsteller Max Jordan, die dem Leser ein ständiges Lächeln auf sein Gesicht zaubern. Ein Lächeln, das er nur vergeblich unterdrücken kann. Aber auch weitere Reisende, die sich auf dem Weg in den Süden anschließen, tragen zu der amüsanten Stimmung bei.

Die Wort- und Bildgewandtheit der Autorin spricht alle Sinne des Lesers an. Er kann sich kaum dem Drang entziehen, selbst auf die Tanzfläche zu gehen und einen argentinischen Tango zu tanzen, als über mehrere Seiten die Begegnung des Protagonisten mit einer Tangotänzerin in einem heimlichen Club für Tangotänzer geschildert wird. All die Wollust, all die Leidenschaft, die aus den Tänzen spricht, setzt sich beim Leser im Kopf fort. Ein Beispiel gefällig? »Er ist klein, dick und, objektiv gesehen, nicht in der ersten Reihe der Männer, die auf ein Wandposter gehören. Aber er ist klug, stark und kann wahrscheinlich alles, was wichtig ist für ein liebevolles Leben. Er ist für mich der allerschönste Mann, den ich je küssen werde.«
Die Autorin schafft es hervorragend, dass französische Flair wiederzugeben. Viele Örtlichkeiten in Paris, all die vielen Straßen und Gassen, die Nachbarn im Haus Rue Montagnard Nummer 27, die Concierge, alles scheint so vertraut. Dafür kann es nur die höchste Wertung geben.

George, Nina
Das Lavendelzimmer
384 Seiten, gebunden
Knaur, München
ISBN-10: 3426652684
ISBN-13: 978-3426652688

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Liv Winterberg: Sehet die Sünder

Liv Winterberg: Sehet die Sünder

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Sehr flüssig zu lesender, historischer Roman. Er spielt im Nordwesten Frankreichs, in der Bretagne, im Jahre des Herrn 1440. In dem kleinen Dorf Saint Mourelles verschwinden Menschen. Zunächst wird den Einwohnern nicht klar, ob diese Menschen getötet oder ob sie einfach nur verschwunden sind. Misstrauen gegenüber den Nachbarn und Angst schleichen sich unter die Bewohner des Dorfes, die zuvor eine unverbrüchliche Dorfgemeinschaft bildeten. Es wird von Gottesstrafe gesprochen, es wird eine Heimsuchung des Teufels vermutet oder es wird angenommen, dass es vielleicht doch das Werk eines Wahnsinnigen ist. Protagonisten dieses Romans, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, sind Catheline, die Haushälterin des Dorfpfarrers, und der junge Bauer Mathis, der vor kurzem erst ein Krüppel geworden ist, weil er dem Lehnsherren das Leben gerettet hatte. Beide versuchen auf ihre Art Licht in das Dunkel der verschwundenen Menschen zu bringen. Jeder von ihnen hat eine eigene Theorie, die er zu beweisen versucht. Während für Catheline die Spuren ganz eindeutig zum nahe gelegenen Schloss und dessen Herrn führen, versucht Mathis loyal gegenüber dem Baron zu sein, dem er vor kurzem das Leben gerettet hat, und der ihm deshalb in besonderer Weise verbunden ist.

Eine grundlegende Spannung des Romans basiert also auf einer kriminellen Geschichte. Der Leser wird stets bemüht sein, mit dem Protagonisten zu ermitteln und zu rätseln, um zu erfahren, wer hinter den Morden steckt, wie sich herausgestellt hat. Eine weitere Spannung bezieht der Roman aus der Liebesgeschichte zwischen Catheline und Mathis. Mathis weist Catheline ab, weil er nicht möchte, dass sie sich mit einem Krüppel abgibt. Neben den Spannungsbögen hat das Buch einen angenehmen Schreibstil, der sehr gut zu lesen ist. Die historischen Hintergründe und Abenteuer machen Spaß zu lesen.

Winterberg hat außerdem sehr viel Wert darauf gelegt, dass sich der Leser in diesem Roman nicht so verloren vorkommt. So gibt es zu Beginn eine detaillierte Personenübersicht über die Figuren in den einzelnen Abschnitten, zum Ende des Romans gibt es darüber hinaus ein Glossar, in welchem die ausgefallenen Begriffe und auch einige real existierende Figuren beschrieben wurden. In weiteren Notizen beleuchtet die Autorin den geschichtlichen Hintergrund sowohl des Landstrichs der Bretagne als auch konkret den Hintergrund des Inquisitionsprozesses, den es in ähnlicher Weise in der Vergangenheit tatsächlich so gegeben hat.

Ein angenehm zu lesender und spannender historischer Roman mit allem Drum und Dran, was ein solcher Roman bieten sollte. Von meiner Seite gibt es dafür fünf von fünf Punkten.

Winterberg, Liv
432 Seiten, gebunden
Sehet die Sünder
Taschenbuch
DTV, München
ISBN-10: 3423249404
ISBN-13: 978-3423249409

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche

Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche

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Die Geschichte dieses ruhigen, besinnlichen Romans ist schnell erzählt. Jo hat einen kleinen Kurzwarenladen. Hin und wieder verirren sich Kunden dorthin. Sie hat also viel Zeit. Deshalb beginnt sie im Internet-Zeitalter einen kleinen Blog und gibt dort Tipps zu Nadel, Faden und Stoffe. Sie erzählt aus ihrem Leben, von ihren Kindern, von ihrem Mann, den sie trotz aller männlichen Eigenheiten sehr liebt. Sie weiß zwar nicht warum, aber sie liebt ihn. Auch ein Flirt schafft es nicht, sie von ihrem Mann wegzuziehen. Sie träumt davon, ihrem Mann vielleicht einmal alle seine Wünsche erfüllen zu können: einen Porsche, eine teure Armbanduhr, eine Kreuzfahrt. Alles solche Sachen, von denen Männer träumen, wenn sie als kleiner Arbeiter oder Angestellter in einem großen Konzern arbeiten, bei dem sie nie das Geld zur Verwirklichung ihre Träumen verdienen werden. Da passiert etwas Unvorhergesehenes: Jo gewinnt in der Lotterie 18 Millionen Euro. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Der 1960 geborene Delacourt hat einen besinnlichen Roman geschrieben. Als Mann hat er die Geschichte aus der Sicht der Protagonistin erzählt und daher eine nüchterne, beinahe naive Sprache gefunden. Viele Sätze klingen wie belanglos dahin geredet, lassen aber um so mehr Tiefe zu. Sicherlich trägt auch die Übersetzerin Claudia Steinitz einen Anteil daran, wenn die schlichten Worte so wirkungsvoll klingen, wie beispielsweise in dem Abschnitt, in welcher Jo von ihrem Ehemann Jo erzählt: „Wir machten lange Spaziergänge auf der Steilküste und hielten uns bei den Händen; manchmal, wenn keine Spaziergänger da waren, drückte er mich an den Felsen und küsste mich auf den Mund, seine freche Hand verirrte sich in meine Unterhose. Er hatte schlichte Worte, um sein Verlangen zu beschreiben. Schinken ohne Schwarte. Ich kriege einen Ständer. Du machst mich geil. Und an einem Abend …“ Übrigens erfährt der Leser natürlich im Roman, warum der Ehemann von Jo ebenfalls Jo heißt.

Doch auch ein zweites Zitat soll Auskunft darüber geben, wie schön so manche Tatsache beschrieben werden kann. Als die Protagonistin von dem Freund ihrer Tochter erzählt und eigentlich nur aussagt, dass sie eine Nebenrolle in einem Film spielen durfte: „Einmal war er mit uns in Bristol und zeigte mir das Ardman Studio, wo er arbeitet; er gab der Blumenverkäuferin, an der Gromit im Film vorbeirennt, mein Gesicht. Ein Tag so schön wie die Kindheit.“

Der Schriftsteller zeigt mit viel Feingefühl, dass Besinnlichkeit nicht bedeutet, humorlos zu sein. Denn immer wieder platzen der Hauptfigur Worte heraus, die dem Leser ein Lächeln auf das Gesicht zaubern.

Ein kurzer (127 Seiten), beinahe zu kurzer Roman, der den Leser an viele Alltäglichkeiten erinnert und ihn in eine kleine Welt zieht. Ein Genuss für jede Jahreszeit.

Delacourt, Grégoire
Alle meine Wünsche
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
126 Seiten, gebunden
Hoffmann und Campe, Hamburg
ISBN-10: 3455403840
ISBN-13: 978-3455403848

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012

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Franziska Franke: Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris

Franziska Franke: Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris

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Zwar bereits im letzten Jahr erschienen, aber deshalb nicht weniger spannend.

Während die Kriminalautorin Franziska Franke an ihrem nächsten Sherlock-Holmes-Roman strickt, der zum 125-jährigen Jubiläum von Sherlock Holmes noch in diesem Jahr erscheinen soll, lese ich derweil den dritten Band. Dieses Mal wird nicht in Florenz ermittelt, sondern es geht nach Frankreich. Zunächst nach Montpellier, anschließend ins mondäne Paris. Leser der Sherlock-Holmes-Bücher wissen bereits, dass sich der große Meisterdetektiv auf der Flucht vor seinem erbitterten Gegner Professor Moriarty befindet, bzw. sich vor diesem versteckt hält. Aus diesem Grund hält sich Holmes außerhalb Englands auf und gibt sich als Norweger namens Sigerson. Seit längerem verbindet ihn eine Freundschaft mit dem englischen Buchhändler David Tristram, der ihm bei seinen Ermittlungen gerne zur Seite steht und ein ebensolches Bild wie Dr. Watson abgibt. Tristram ist es übrigens auch, der den eigenartigen Fall, der mit Holmes und dessen Großmutter zu tun hat, in dem vorliegenden Roman erzählt.

Tristram besucht seinen Freund Holmes, der sich im südfranzösischen Montpellier aufhält und sich um seine Bienen kümmert und sich chemischen Experimenten widmet. Holmes wurde das Tagebuch seiner aus Frankreich stammenden Großmutter zum Kauf angeboten. Der Anbieter ist ein Antiquar aus Nimes. Homes und Tristram begeben sich dort hin, denn selbstverständlich muss Holmes dieses Tagebuch haben. Doch der Verkäufer des Tagebuchs, der den Antiquar lediglich zur Vermittlung eingeschaltet hatte, erscheint nicht zum vereinbarten Zeitpunkt. Einen Tag später erfahren die beiden, dass der Verkäufer, ein Anwalt, in Paris tot aufgefunden wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach Mord, die Pariser Kriminalpolizei vermutet einen Serienverbrecher, der seit geraumer Zeit in Paris sein Unwesen treibt. Doch die Spur zum Tagebuch scheint abhandengekommen zu sein. Aber sie bringen in Erfahrung, dass darin der Ort eines Versteckes zu einem Schatz enthalten sein kann, den Marie Antoinette vor ihrem Gang zur Guillotine bewerkstelligte.

Sprachgewandt im Stile der klassischen Sherlock-Holmes-Bücher erzählt Franziska Franke äußerst spannend von den Ermittlungen in Paris, die bis in die Katakomben unterhalb der Riesenmetropole führen. Für den klassischen Holmes-Liebhaber ist das Buch einfach ein Muss. Neben dem kriminalistischen Spürsinn beim Rätseln und Spekulieren erfährt der Leser Altbekanntes und auch Neues aus dem Leben des Meisterdetektivs, was von akribischer Recherchearbeit und tiefes Wissen um Sherlock Holmes seitens der Autorin zeugt.
Empfehlenswert in jedem Fall, besonders aber für Liebhaber dieses speziellen Subgenres.

Franke, Franziska
Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris
360 Seiten, broschiert
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3942446197
ISBN-13: 978-3942446198

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

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Mitte des 18. Jahrhunderts lebte es sich als armer Mensch in Frankreich noch schwer. Der Adel beherrschte das gesellschaftliche Leben, und die Armut unter dem dienenden Volk war groß.

Weitab von zivilisatorischen Bequemlichkeiten und den Segnungen eines heutigen Sozialstaates wurden Kinder aus Armut häufig ausgesetzt, hier auch als Findelkinder bezeichnet und, je nach Unterbringung, war ihr Tod schon bald besiegelt.

Leon ist ein solches Findelkind. In einer bettelarmen Familie mit einer Reihe eigener und fremder Kinder wuchs er bei Annette und Henri auf. Die beiden brachten sich mühsam als Waschfrau oder mit Holzschlagen als Tagelöhner durch. Die Kinder mussten so bald wie möglich mit anpacken, um das Überleben aller zu sichern. Méline, die älteste Tochter der Familie, kümmerte sich liebevoll um Leon, der als Esser am kärglichen Mittagstisch eher als Belastung von der Mutter angesehen wurde. Méline aber kommt eines Tages auf erschütternde Weise um, und Leon beschließt, sich nach Paris durchzuschlagen, um seine Mutter zu suchen. Das einzige Lebenszeichen von ihr war eine Karte in seiner Windel, die er fortan mit sich führt.

Paris ist eine große und unüberschaubare Stadt. Mit dem Verkauf von Kräutern und kleinen Helferdiensten schlägt sich Leon tapfer durch. Er wächst heran, wird groß und stark und bringt sich selber das Lesen und Schreiben bei. Als Schreiber im Dienste von Analphabeten kann er schließlich sogar seine Existenz verbessern. Bis dahin aber hat er noch eine weite Strecke in Armut und im Überlebenskampf vor sich. Er ist nicht frei von Anfechtungen und natürlich begegnet er der Liebe!

Kathleen Vereecken beschreibt das Leben in seiner ganzen Erbarmungswürdigkeit. Niemand kann sich heute mehr ein Bild davon machen, wie schmutzig, unhygienisch, armselig und Hunger leidend die einfachen Leute leben mussten. Reichtum und Armut standen im krassen Gegensatz zu einander. Wer überlebte, hatte oftmals besondere Gaben und Kräfte.

Alles sollte sich zum Ende des Jahrhunderts mit der französischen Revolution vermeintlich zum Besseren verändern!

Die Autorin erwähnt Philosophen und Dichter mit Namen wie Voltaire oder Rousseau, die mit ihren Schriften den Nährboden für diese entscheidende Revolution boten. Als deren Ziele galten neben vielen anderen Aufrufen die Losung von der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“. Das Zeitalter der Aufklärung nahm damit seinen Anfang. Rousseau hat mit seinen pädagogischen Schriften wie z.B. „Emile oder über die Erziehung“, in denen er für eine modernere Form von Erziehung plädiert, das Denken zu dieser gravierenden Zeitenwende beflügelt. Seine eigenen Kinder aber hat er ins Findelhaus gegeben. Er soll in diesem Roman keine ganz unbedeutende Rolle spielen!

Wunderbar nachvollziehbar beschreibt K. Vereecken die damaligen Zustände mit ihren Unbilden, der Armut und Bedürftigkeit. Mit Spannung folgt man der Suche Leons nach seiner Mutter, die ihn zu ungewohnten Begegnungen und an geheime Orte führt. Die Atmosphäre in den Straßen und Gassen mit ihren Gerüchen und dem einfachen Leben sind überzeugend eingefangen. Seltene Zeichen von Liebe, Zuneigung und Hilfsbereitschaft bieten Leon immer wieder Halt zum Überleben.

K. Vereecken malt ein getreues Bild des 18. Jahrhunderts.

Man darf das Buch für Jugendliche ab 13 Jahren uneingeschränkt empfehlen!

Die Autorin lebt in Antwerben und wurde für dieses Buch mit dem belgischen „Boekenleeuw“ ausgezeichnet.

Kathleen Vereecken
Eine größere Welt
360 Seiten, gebunden
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher, April 2012
ISBN-10: 3827054575
ISBN-13: 978-3827054579
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Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

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Angefüttert durch Alex Capus’ „Leon und Louise“ und dem darin enthaltenen Flair bin ich auf das hier besprochene Buch von Julia Stagg aufmerksam geworden. Zugegeben, das Auto auf dem Umschlagbild war auch nicht ganz unschuldig, wie das ganze Umschlagbild an einige schöne Tage im Périgore erinnerte.

Nun ist das Flair in diesem Buch nicht mit der Besinnlichkeit bei Capus zu vergleichen, aber Flair, französischen Charme und ausgelassene Fröhlichkeit bringt es trotz aller Katastrophen ins Spiel. Die Schriftstellerin hat den französischen Nerv sehr gut getroffen, und das obwohl, oder gerade weil?, sie eine Britin ist. Das wird daran liegen, dass sie ähnliche Erlebnisse wie die des englischen Ehepaares Lorna und Paul Webster in dem Buch hatte erfahren müssen. Genau wie diese hat Stagg mit ihrem Mann eine Pension auf dem französischen Lande eröffnet und betrieben. Für die Websters geht es in dem Pyrinäendörfchen Fogas nicht gerade lustig zu. Als sie sich im Sommer die „Auberge de Deux Vallées“ anschauten und sich in sie verliebten, wohnten dort noch die Inhaber mit ihrer Familie, das Restaurant war in Betrieb, die Betten bezogen, in der Küche hatte es nach Gewürzen geduftet. Doch nun, als sie im Winter endlich die Möbelwagen ausladen, ist die Herberge nichts weiter als eine dreckige und heruntergekommene Herberge, deren Möbel und Fußböden von Mauseköttel übersät sind. Doch dies ist nicht das einzige Ungemach, welches sie erwartet. Viel schlimmer soll der Ärger werden, den Serge Papon, Bürgermeister des Örtchens, ihnen bereitet. Denn dass das Restaurant in einem französischen Dorf von Engländern, die noch nie etwas vom Kochen verstanden hätten, seinem Schwager vor der Nase weggeschnappt wurde, ist ein unverzeihlicher Affront.

Mit leicht süffisantem Humor hat Julia Stagg diesen Roman verfasst. Hin und wieder musste ich in lauteres Lachen ausbrechen. Der Streit zwischen den „geschmacklosen“ Engländern und den „Froschschenkelfressern“ bildet die Grundlage dafür und für ein heilloses Chaos in den Bergen Frankreichs. Zahlreiche Begebenheiten, wie die von Jaques, der dem Bürgermeister eine Flamme an dessen Hinterteil hält, worauf der in Flammen aufgeht, der Raum nach geschmortem Fleisch riecht und Jaques sich vor Lachen nicht mehr einkriegt, geben Anlass, so manche Traurigkeit schnell zu vergessen. Denn immer wieder neue Intrigen des Bürgermeisters lassen die Websters nicht zur Ruhe kommen. Manche Szenen haben etwas von Situationskomik an sich und man liest sie gern ein zweites Mal.

Einfühlsam und gut gelungen ist die Einführung eines Geistes in die reale Welt dieser Dorfgemeinschaft. Aber dieser Geist macht keinesfalls eine Fantasy-Geschichte aus dem Roman. Es ist der verstorbene Ehemann einer Dorfbewohnerin, die mit ihm gerne noch Zwiesprache hält.

Die sprachliche Umsetzung des Humors wird zweifellos auch das Verdienst der Übersetzerin Angelika Naujokat sein. Sie hat hervorragend die sprachlichen Schwierigkeiten (die Websters sprechen anfangs mit deutlichem, später mit weniger ausgeprägtem Akzent) für den deutschen Leser gemeistert. Und auch Annie mit ihrem losen Gebischkommtbeschonderschgutrüber.

Das Buch ist äußerst unterhaltend, bannt den Leser in einem ständigen Auf und Ab von Gefühlen und ist deshalb sehr zu empfehlen.

Stagg, Julia
Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Übersetzt von Angelika Naujokat
349 Seiten, gebunden
Hoffmann & Campe
ISBN-10: 3455403433
ISBN-13: 978-3455403435

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Alex Capus: Léon und Louise

Alex Capus: Léon und Louise

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Dieser Roman ist ein sehr sinnlicher und gefühlvoller Roman, der Lust auf Lesen macht. Grund hierfür sind der Erzählstil und die anrührende Geschichte.

Den obersten Rahmen bildet die Beerdigung des Großvaters. Sie wird beobachtet und erzählt von seiner Enkelin. Während sie über Opa und sein Leben nachdenkt, über die Geschichten, die sich in der Familie über ihn erzählt wurden, schmückt sie sich das Leben ihres Großvaters aus und erzählt es aus ihrer ganz persönlichen Sichtweise.

Sie erzählt, wie ihr Großvater (Léon) sich vor der Front im Ersten Weltkrieg drückte, wie er seine erste Liebe (Louise) kennenlernte, wie er mit seiner Frau lebte und mit ihr Kinder bekam. Sie erzählt vom Leben Léons als Beamter in Paris. Die Bilder der Okkupation Frankreichs durch das Deutsche Reich werden lebhaft und detailgenau dem Leser nahe gebracht. Obwohl Léon seine Louise bereits im Ersten Weltkrieg verloren hat und tot glaubt, hört er nie auf, sie zu lieben. Zehn Jahre später begegnen sie sich in Paris, verbringen eine Nacht miteinander. Bis zum nächsten Kontakt werden erneut Jahre vergehen. Die deutsche Besetzung hat die Pariser verändert. Dies wird an der Ehefrau Léons deutlich erkennbar.

Obwohl mir das Buch ausnehmend gut gefallen hat, habe ich mich über kleine Überlängen geärgert. Längen, in denen Passagen und Geschichten erzählt werden, die nicht das Niveau anderer Episoden erreichen. Denn unverkennbar wollte Capus nicht die Geschichte des Liebespaares erzählen, sondern das Leben in Frankreich zu beiden Zeiten der Weltkriege. Es sollte die Geschichte des zurückhaltenden, kleinen Widerstandskämpfers erzählt werden. Um die Episoden aus dem Leben Léons nicht losgelöst erscheinen zu lassen, wurde eine gefühlvolle Liebesgeschichte als roter Faden geschmiedet, der eine spannende, solide Grundlage bildet, auf die sowohl Autor als auch Leser immer wieder Erdung bekommen.

Die ruhige Erzählweise als auch die knappen Dialoge schaffen es, beim Lesen eine Stimmung hervorzurufen, die einen Zuschauer beim Betrachten eines gefühlvollen französischen Spielfilms beschleicht. Obwohl man bedauern kann, dass es in dem Buch nur um Léon und nicht um Louise geht, ist der Roman dennoch von vorne bis hinten spannungsvoll und macht Spaß.

Capus, Alex
Léon und Louise
Hanser Verlag, München
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446236309
ISBN-13: 978-3446236301
© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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