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Schlagwort: Gefängnis

Franzobel: Rechtswalzer

Franzobel: Rechtswalzer

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Malte Dinger, Getränkehändler und Besitzer einer Bar, könnte zufrieden sein mit seinem Leben. Er ist glücklich mit Frau und Kind. Dass die Politik im Land einen ungünstigen Verlauf nimmt, muss ihn nicht interessieren.

Doch als er beim Schwarzfahren erwischt wird, wendet sich sein Leben. Dabei hat er eigentlich einen gültigen Fahrschein. Doch seine Frau Elvira hat vergessen, ihm seine Monatskarte zurückzugeben. Solche Ausreden kennen die Kontrolleure. Das lassen sie nicht gelten. Malte kann die Strafe nicht bezahlen, ihm fehlen drei Euro, die sich auch nicht auf die Schnelle beschaffen lassen. Auch hat er, wie sich herausstellt, falsche Personalangaben gemacht. So wird ihm mit einer Anzeige wegen Betrug gedroht. Doch auf die Wachstube will er nicht. Er setzt sich zur Wehr, tritt um sich und verletzt einen Polizisten. Das bringt ihn schließlich ins Gefängnis. Und da bleibt er.

Kommissar Groschen interessieren solche kleinen Fälle nicht. Er ist mit einem Mord beschäftigt. Scheinbar ist dieser ominöse Branko, man nennt solche Typen Witwentröster, beim Ausleben fragwürdiger sexueller Vorlieben ums Leben gekommen. Was für ein Anblick! Aber kann man das glauben? Die Ermittlungsarbeiten bringen jedenfalls etwas anderes ans Licht.

Der Krimi spielt in der nahen Zukunft im Jahre 2024. Österreich wird von einer neuen rechtsnationalen Regierung angeführt. LIMES will ein Schutzwall sein, nicht nur gegen illegale Einwanderung. Die wirklichen Ziele lassen sich nicht so einfach durchschauen. Aber Kommissar Groschen kommt diesen im Zuge seiner Ermittlungsarbeiten nach und nach auf die Spur.

Es ist schon absurd, was da geschieht! Es entwickelt sich eine Gesellschaftssatire, die extrem irrwitzig und überzeichnet ist, im Kern wohl aber eine Warnung.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Der Autor hat es vollgepackt und treibt den Irrsinn mit Schwung voran. Ich hatte Mühe, da mitzukommen und mich hineinzudenken. Es gibt nichts, woran man sich festhalten kann. Und auch keine der agierenden Personen wirkt sympathisch. Das Szenario, das der Autor entwickelt, mag absichtlich abwegig sein, aber es ist vielmehr haarsträubend. Da werden Fäden gesponnen und zu irgendwas zusammengefügt, das für mich nicht passen will.

Rezension von Heike Rau

Franzobel
Rechtswalzer
Kriminalroman
416 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552059229
ISBN-13: 978-3552059221
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Zülfü Livaneli: Roman meines Lebens

Zülfü Livaneli: Roman meines Lebens

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Leben und arbeiten unter den Bedingungen politischer Repression.

Schon in seinem Roman „Glückseligkeit“ konnte man von Zülfü Livaneli einiges erfahren zur Befindlichkeit und zu den Lebensumständen in der Türkei während der letzten vierzig Jahre.

In dieser Romanbiographie steht er selbst im Mittelpunkt seiner Erzählung.

Livaneli ist als bekannter Liedermacher, Komponist, Sänger, Filmemacher und Schriftsteller zu Berühmtheit gelangt. Er berichtet, wie problematisch das Leben in der von verschiedenen zivilisatorischen Einflüssen geprägten Türkei auch heute noch ist.

Livaneli ist ein aufgeklärter Europäer, der sich mit den politisch prekären Verhältnissen in seinem Land nicht anfreunden konnte. Zu viele Freunde und Kollegen sind ihm im Laufe der Jahre durch sich wiederholende politische Umbrüche verloren gegangen. Er selber saß mehrfach im Gefängnis und verbrachte 11 Jahre im Exil in Schweden, später in Frankreich und zuletzt in Griechenland. Die Liebe zu seinem Land und ihren Menschen aber ist ihm immer geblieben. Er sieht die Licht- und die Schattenseiten, die durch unterschiedliche Mentalitäten und krasse Strukturen verdeutlicht werden. Wie immer sind es gerade die in der Öffentlichkeit stehenden Künstler und Intellektuellen, die unter autoritären Regierungen um ihr Leben fürchten müssen. Gehört doch zu ihrer Profession die kritische Reflexion, die gerade von Autokraten gefürchtet wird.

Zülfü Livaneli berichtet von Freunden, Politikern und Kollegen, die sich den Vorschriften ihrer Regierungen nicht beugen mochten und so in ihrer Lebensform beeinträchtigt wurden. Seine Erzählweise ist intensiv und leidenschaftlich und zeigt ihn als engagierten Künstler, der neben der eigenen Kunst immer auch das Leben in der Türkei im Blick behält. Warmherzig und liebevolle zeichnet er die Bilder derer, die ihm am Herzen liegen.

Im Laufe seines Lebens schloss er zahlreiche Freundschaften mit bekannten Komponisten, Schriftstellern und Künstlern im In-und Ausland. Eine beeindruckende Zuneigung und Arbeitsgemeinschaft verband ihn mit Mikis Theodorakis, mit dem er die Feindschaft zwischen der Türkei und Griechenland zu überwinden trachtete. Illustre Namen tauchen in seinen Erinnerungen auf und man gewinnt den Eindruck, dass er wirklich eine Art Kosmopolit wurde.

Das Leben schreibt die interessantesten Romane. Das von Zülfü Livaneli gelebte Leben gehört zu den wirklich lesenswerten dieses Genres.

Er zeigt uns ein Stück türkischer Gegenwartsgeschichte.

Die Abneigung in der EU, die Türkei in ihre Gemeinschaft aufzunehmen, wird verständlich, wenn man von den Repressionen gegen anders Denkende und von der strengen islamischen Ausrichtung des Staates liest.

Der mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen und politischen Aufgaben bedachte Autor Zülfü Livaneli lebt seit 1984 wieder in der Türkei.

Zülfü Livaneli
Roman meines Lebens
Ein Europäer vom Bosporus
364 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Februar 2011
ISBN-10: 3608938958
ISBN-13: 978-3608938951
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