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Schlagwort: Intrigen

Ian McEwan: Honig

Ian McEwan: Honig

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Ian McEwan hat einen Agententhriller der feinsten Art vorgelegt.

Serena Frome ist eine Mathematikabsolventin der Universität Cambridge mit nicht besonders aussichtsreichen Prognosen für eine verdienstvolle Anstellung in der Zukunft. Ihre Leidenschaft gilt der Literatur, in der sie sich bestens auskennt. Literatur und Schriftsteller werden auch einen Teil der Handlung dominieren. Wir schreiben das Jahr 1972 in England.

Durch einen ihrer ersten Liebhaber wird sie mit einem Professor bekannt gemacht, der ihr zu einer Anstellung im Geheimdienst, dem MI5, verhilft. Sie liebt den Professor, aber sie hat zunächst nur untergeordnete Tätigkeiten zu verrichten, die nicht ihrem Ausbildungsniveau entsprechen.

Ian McEwan baut seine Geschichte langsam auf. Sie wird bestimmt von den Liebeserlebnissen seiner Protagonistin, die jedoch bei ihren geheimdienstlichen Tätigkeiten schon bald an ihre Grenzen stößt. Serena ist hübsch, klug und sehr anziehend, so dass es ihr auch nach ersten Enttäuschungen nicht schwer fällt, sich immer wieder neu zu verlieben. Sie bleibt bei den sie umspielenden Intrigen naiv, reizend, sehr liebenswert und gelegentlich fast arglos, wenn sie auch den Ernst einer Lage zuweilen messerscharf erkennt.

McEwan besticht mit seiner Erzählung, die auf verschlungenen Wegen von dem politischen Klima der siebziger Jahre bestimmt wird und in einem verdeckten Spiel die englischen Geheimdienste aufs Korn nimmt.

Die psychologischen Seiten zeigen sinnfällig, dass man es mit Menschen zu tun hat, die nicht so abgebrüht sind, wie es für die Arbeit beim Geheimdienst vielleicht erforderlich wäre. Serena gerät in Turbulenzen, die sie an den Rand des für sie Erträglichen führen.

Die Mischung aus verdeckter und kontrollierter Arbeit, Liebe, Kränkung, Hass, Täuschung und geheimnisvoller Ranküne machte die Lektüre zu einem für mich spannenden Abenteuer. Man sieht sehr wohl den subtilen Beobachter Ian McEwan, wie wir ihn aus seinen früheren Romanen wie „Saturday“ oder „Am Strand“ kennen.

Seine Liebeszenen sind anrührend bis dramatisch. Die verwinkelten Stränge bis zum Ende der Erzählung, das mit einer Überraschung aufwartet, sind fein ausgedacht und hintersinnig komponiert. Zahlreiche Nebencharaktere zeigen allemal die Vielfalt menschlicher Verhaltensweisen von der Eifersucht über die Bösartigkeit bis hin zu hinterhältigem Gebaren, so dass der Thrillerliebhaber voll auf seine Kosten kommt.

Ein absoluter Hit unter den Neuerscheinungen des Herbstes 2013!

Ian McEwan
Honig
448 Seiten, gebunden
Diogenes, September 2013
ISBN-10: 3257068743
ISBN-13: 978-3257068740
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Antonio Carrido: Der Totenleser

Antonio Carrido: Der Totenleser

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Bei der Arbeit auf dem Feld findet Song Ci die Leiche des alten Shang. Der Mörder hat den Kopf vom Leib getrennt. Richter Feng, der angereist ist, um Cis Vater, einen ehemaligen Mitarbeiter, der in der Trauerzeit befindet, einen Besuch abzustatten, sieht sich den Toten im Lagerhaus von Bao-Pao an, obwohl es nicht sein Amtsbereich ist. Ci assistiert ihm. Bald steht fest, dass es sich um einen Raubmord gehandelt haben muss. Die Spuren führen zu Cis Bruder Lu, der den Mord unter grausamer Folter schließlich gesteht. Ci ist entsetzt. Er versucht, sich für seinen Bruder einzusetzen. Eine hohe Summe könnte es möglich machen, die Todesstrafe in Verbannung umzuwandeln.

Doch der Handel mit dem Hüter der Weisheit, der offenbar ein geldgieriger Betrüger ist, bringt Ci in große Schwierigkeiten. Als dann auch noch sein Elternhaus nach einem Blitzschlag abbrennt, erwägt er die Flucht. Seine kleine Schwester, die einzige Überlebende des schrecklichen Unglücks, nimmt er mit sich. Sein Wunsch ist es, weiter in Lin’an zu studieren, so wie Richter Feng es angeboten und sein Vater ausgeschlagen hat. Ci hat Talent, doch er ist nun ein gesuchter Betrüger und Dieb. Er ist mittellos und muss dennoch für seine kranke Schwester sorgen. Und Richter Feng ist auf Reisen und für lange Zeit unerreichbar für Ci.

Die Geschichte spielt in China um das Jahr 1200. Es ist die Zeit der Song-Dynastie unter Kaiser Nin Zong. Im Buch geht es um den Lebensweg Songs Cis, der als erster Forensiker der Geschichte gesehen werden kann. Der Autor hat ausführlich recherchiert und so ist ein Buch entstanden, das faszinierender nicht sein könnte. Cis Lebensweg ist geprägt von Schicksalsschlägen. Seine Fähigkeiten rufen Neider auf den Plan. Und so ist er bald verstrickt in eine Intrige am Hofe des Kaisers, in der es um Macht und Ansehen geht und die Verschleierung von Betrug. Ci hat diesem Netz aus Lügen nichts entgegen zu setzen. Er vermag zunächst nicht hinter die Fassade zu sehen. Genauso wenig wie der Leser. Und so wendet sich das Blatt ein ums andere Mal. Das erzeugt eine ungeheure Spannung.

Der Autor versteht es, eine Geschichte lebendig werden zu lassen. Man kann sich perfekt in das Geschehen hineinversetzen. Es ist Art des Autors zu erzählen, die begeistert. Als Leser ist man mittendrin, wird mitgerissen und immer wieder zum Staunen gebracht.

Rezension von Heike Rau

Antonio Carrido
Der Totenleser
Aus dem Spanischen von Julika Brandestini und Enno Petermann
640 Seiten, gebunden
Rütten & Loening
ISBN-10: 3352008418
ISBN-13: 978-3352008412
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Robin LaFevers: Grave Mercy – Die Novizin des Todes

Robin LaFevers: Grave Mercy – Die Novizin des Todes

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Als Ismaes frisch angetrauter Ehemann hinter ihr Geheimnis kommt, scheint ihr Schicksal besiegelt. Doch eine alte Kräuterfrau verhilft ihr zur Flucht. Im Kloster St. Mortain findet Ismae Sicherheit. Ihr wird offenbart, eine Tochter des Todes zu sein, ausgestattet mit beachtlichen Gaben. Ihr ist bestimmt, dem Gott des Todes zu dienen und für ihn zu töten. Drei Jahre wird Ismae im Kloster ausgebildet, dann wird ihr der erste Auftrag zugeteilt. Sie meistert ihn mit Bravour. Auch der zweite Auftrag wird ausgeführt. Doch beide Male kreuzt sie die Wege von Gavriel Duval, dem Ratgeber der Herzogin der Bretagne, und vereitelt seine Pläne. Um eine bessere Zusammenarbeit zu gewährleisten, oder vielmehr um ihn auszuspionieren und seine wahren Motive in Erfahrung zu bringen, beschließen die Äbtissin und Kanzler Crunard, ihm Ismae als seine Mätresse zur Seite zu stellen. Duval ist alles andere als begeistert.

Ismae gerät mitten hinein in Intrigen, politische Machenschaften und Ränkespiele bei Hofe. Dementsprechend spannend ist das Buch. Lange Zeit lässt sie sich von den Befehlen des Klosters leiten und spielt ihre Rolle zuverlässig. Was den Leser an ihr zweifeln lassen könnte, ist ihre Kaltblütigkeit auf der einen Seite und ihre Naivität auf der anderen. Diese Naivität gibt sie aber später auf, als sie beginnt, die Mordaufträge nicht mehr unbedacht auszuführen, sondern die Geschehnisse zu hinterfragen.

Es geht im Buch vor allem darum, einen gut getarnten und sehr schlauen Verräter zu finden und diesen aus dem Weg zu räumen. Dabei läuft einiges schief, weil man im Kloster mit falschen Informationen versorgt wird, aber daraus das weitere Vorgehen plant. Es kommt zu sehr vielen spannenden und auch sehr gefährlichen Szenen.

Wie zu erwarten spielt auch die Liebe eine Rolle in dieser Geschichte. Ismae verliebt sich in Duval. Sie wehrt sich heftig gegen ihn, könnte doch auch er ein Verräter sein. Doch nach und nach verliert sich ihr Misstrauen und man kann beobachten, wie beide aufhören, sich an die Kehle zu gehen und sich langsam annähern. Die Autorin wählt oft sehr schöne Worte, um diese romantisch aufgeladene Atmosphäre zu beschreiben.

Überhaupt gefällt der Schreibstil ausgesprochen gut. Es ist leicht zu lesen, die Worte und Sätze fließen und man wird gut von diesem historischen Fantasy-Roman unterhalten.

Rezension von Heike Rau

Robin LaFevers
Grave Mercy – Die Novizin des Todes
Aus dem Englischen von Michaela Link
544 Seiten, broschiert
cbj, München
ISBN-10: 3570401561
ISBN-13: 978-3570401569
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Rebecca Gablé: Der dunkle Thron

Rebecca Gablé: Der dunkle Thron

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Der vierzehnjährige Nicholas of Waringham ist 1529 im Schulinternat bei Sir Thomas More, einem engsten Vertrauten des Königs Henry VIII. Eigentlich hat er keine Lust zu lernen. Der junge Mann fühlt sich mehr zur praktischen Arbeit berufen denn zu den geistigen Künsten. Da erreicht ihn der Ruf, er solle zur Klärung einiger Dinge um seinen Vater Jasper, der kurz davor steht, beim König in Ungnade zu fallen, nach Waringham zurückkehren. Ob seiner Einstellung zum Lernen gegenüber ist er nicht traurig über diesen Ruf. Allerdings stimmt ihn der Grund bedenklich. Er soll seinen Vater überreden, seine ketzerische Meinung zurück zu halten und nicht überall kund zu tun. Doch es hilft nichts. Jasper wird von Cromwell verhaftet, im Verlies gefoltert und stirbt kurze Zeit darauf. Nick erbt die Baronie und muss sich nun gegen seine Stiefmutter und deren Familie durchsetzen. So gelangt er in ein ungeheures Intrigenspiel am und um den königlichen Hof.

Faszinierend sind die fiktiven Personen mit den historischen Personen verknüpft. Intelligent und spannend hat die Autorin die fiktive Geschichte in all die weißen Löcher der englischen Geschichtsschreibung gewoben, so dass eine gewaltige Mischung aus historisch belegten Fakten und erfundenem Abenteuer entstand. Da wundert es nicht, dass viele Details vom Hofe der Tudors des 16. Jahrhunderts ohne Mühe recherchierbar sind. Die Handlung ist im Herrschaftszentrum des Hofes genauso angesiedelt wie im damaligen Parlament, die Auflösung der Klöster durch Cromwell, die Hinrichtung der zweiten Gattin Henrys VIII., seine weiteren Ehen und Liebschaften. Überall ist ein Waringham mittendrin. Das ist so nah an der Realität, dass manch ein Leser in Versuchung geraten könnte, nach dem Adelsgeschlecht derer zu Waringham zu recherchieren. Andersherum gesagt, mag es für den Leser vielleicht schwieriger sein, die fiktiven Ereignisse herauszufinden. Es ist beinahe schade, dass es die Waringhams nicht tatsächlich gibt. Aber glücklicherweise gibt es Rebecca Gablé, die sich um die Nachkommen der Waringhams wohl weiterhin wird kümmern müssen.

Das Netz der Intrigen wurde von der Autorin so geschickt konstruiert, dass der Leser unwillkürlich jede Figur, die im Roman in Erscheinung tritt, nur noch argwöhnisch beäugen kann. Schon nach kurzer Zeit wird ihm der Gedanke nicht aus dem Sinn kommen, dass die äußerst sympathisch erscheinende Figur vielleicht doch etwas Hinterlistiges vorhat. Er erlebt damit ein unablässiges Wechselbad der Gefühle, die sich beim Lesen des Romans auf einer Achterbahn zu befinden scheinen.

Wer sich etwas in der englischen Geschichte auskennt, der kennt zwar den Ausgang dieser Geschichte, zumindest den historischen. Denn daran hat die Autorin nicht gerüttelt, aber offen bleibt die Zukunft der Waringhams. Die Spannungsbögen innerhalb der 960 Seiten um Nicholas of Waringham, der wegen seines Versprechens zum Schutzbefohlenen von Prinzessin Mary, der ersten Tochter Henrys VIII., geworden ist, sorgen für ein rasches Durchkommen durch so viel geballte Geschichte im doppelten Sinne.

Höchst empfehlenswert ist dieser Roman ohnehin, und dennoch mögen auch die persönlichen Worte von Rebecca Gablé am Ende beeindrucken, in welchem Sie einige kleine Geheimnisse ihrer akribischen Arbeit preisgibt.

Gablé, Rebecca
Der dunkle Thron
960 Seiten, gebunden
Ehrenwirth Verlag
ISBN-10: 3431038409
ISBN-13:978-3431038408

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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