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Gabrielle Filteau-Chiba: Bis der Fluss taut – Tagebuch aus der Wildnis

Gabrielle Filteau-Chiba: Bis der Fluss taut – Tagebuch aus der Wildnis

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Anouk hat Montreal den Rücken gekehrt, um in einer einfachen Hütte in der Wildnis von Kamouraska zu leben. Um in dieser eisigen Kälte überleben zu können, muss sie sich jeden Tag bei durch den Schnee kämpfen, um Holz zu holen, damit der kleine Ofen, er ist ihre einzige Wärmequelle, nicht ausgeht. Bald friert der Fluss zu und gibt kein Wasser mehr her, sodass ihr nichts anderes übrig bleibt, als Schnee zu schmelzen. Von der Zivilisation hört sie nur den Zug, der ihr eine zeitliche Orientierung gibt und für eine gewisse Struktur im Alltag sorgt. Doch eines Tages fährt er nicht mehr.

Zurück will Anouk keinesfalls, denn das zivilisierte Leben hat ihr noch viel weniger zu bieten. Sie zieht die Einsamkeit vor, doch wäre ihr Zweisamkeit lieber. Die junge Frau denkt viel nach, träumt und beschäftigt sich mit dem Schreiben in den wenigen hellen Stunden und in der Dunkelheit bei Kerzenschein. Sie versucht, mit ihren Ängsten klarzukommen und sich auf das Wesentliche hier draußen zu konzentrieren, denn auch ernste Gefahren hält die Natur bereit, wie sie bald feststellen muss. Anouk ist froh, als eines Tages ein Kater kommt und ihr Gesellschaft leistet. Nach Wärme und Nähe sehnt sich sehr. Er soll nicht der einzige Überraschungsgast bleiben.

Die Autorin bedient sich einer tiefgehenden Sprache und schafft eine besondere Atmosphäre. Sie malt mit Worten faszinierende Naturbilder, die einen Gegensatz zur Enge in der einfachen Hütte bilden.

Viel ist in diesem Buch leider nicht über Anouk zu erfahren. Dazu ist es viel zu kurz. Ihre Motivation stellt sich vor allem in ihrer engen Naturverbundenheit dar. Sie sieht das Ökosystem bedroht und ist damit nicht allein. Was wird wohl aus ihr werden? Was wird sie tun nach dieser Kältewelle und nach diesem Winter? Wir erfahren es nicht, aber es ist auf den letzten Seiten ihres Tagebuchs von Hoffnung zu lesen und einem großen Vorhaben, das sie angehen will.

Rezension von Heike Rau

Gabrielle Filteau-Chiba
Bis der Fluss taut
Tagebuch aus der Wildnis
Aus dem Quebecfranzösischen von Katrin Segerer
112 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft, Dezember 2022
ISBN-10: 3423290277
ISBN-13: 978-3423290272
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Beate und Olaf Hofmann: Lockruf des Lebens – Unser Familiensabbatical in Kanada

Beate und Olaf Hofmann: Lockruf des Lebens – Unser Familiensabbatical in Kanada

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Beate und Olaf Hofmann erfüllen sich mit dem Familiensabbatical in Kanada einen Traum. Dafür gaben sie nach reiflicher Überlegung in Deutschland alles auf. Die Arbeit und das Haus. Aber sie haben Rückhalt durch Familie und Freunde. Und alles ist gut geplant. Aber nicht überplant. Sie sind keine Touristen und wollen genügend Zeit, sich treiben zu lassen, Menschen kennenzulernen oder an Orten zu verweilen, die ihnen gefallen. Mit ihnen kommt die 10-Jährige Tochter Nora, während die älteren Geschwister, die 20-Jährige Janine und der 18-Jährige Florian in Deutschland bleiben. Ganz ungebunden ist man also nicht, denn Nora ist schulpflichtig.

Das Buch ist kein Roman. Vielmehr geht es den Hofmanns darum, zu schildern, wie sich ihr Traum erfüllt hat. Es geht ihnen darum zu zeigen, welche Gründe sie bewogen hat, sich eine Auszeit für ein Jahr zu nehmen, was sie sich davon erhofft haben und was in Erfüllung gegangen ist. Es ist ein langer Prozess, bis das Zeitgefühl und die Wahrnehmung sich verändern. Erlebnisse werden zur Herausforderung und nun ganz anders verarbeitet. Die Schönheit der Landschaft prägt. Begegnungen mit anderen Menschen bieten Austausch und zeigen andere Lebenskonzepte auf.

Das Buch ist mit großer Ehrlichkeit und auch sehr emotional geschrieben. Zweifel stehen an der Tagesordnung und auch Krisen sind zu meistern. Es gelingt erst nach und nach Ruhe zu finden, eigenen Gedanken Raum zu geben oder in Gesprächen aufzuarbeiten, was wichtig scheint. Das teilen die Autoren mit ihren Lesern. Und so bekommt man viele Anstöße, über das eigene Leben nachzudenken und zu bewerten, wo man steht.

Innezuhalten scheint wichtig. Aber viel zu oft, ist man täglichem Stress ausgeliefert und hat keine Zeit. Viele Menschen halten das nicht durch, fühlen sich ausgelaugt und überlastet. Ein Sabbatical scheint eine Möglichkeit zu sein, diesem Kreislauf zu entrinnen. Für die Hofmanns war es der richtige Weg. Sie gehen gestärkt aus der Auszeit hervor, jeder für sich und auch als Familie.

Rezension von Heike Rau

Beate & Olaf Hofmann
Lockruf des Lebens – Unser Familiensabbatical in Kanada
208 Seiten, gebunden
Patmos Verlag
ISBN-10: 3843603286
ISBN-13: 978-3843603287
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Richard Ford: Kanada

Richard Ford: Kanada

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Als Bev Parsons die Air Force verlässt, ist nicht mehr genug Geld für den Lebensunterhalt der Familie da, die in Great Falls/Montana lebt. Merken sollen das weder seine Frau, noch die Zwillinge Berner und Dell.
Doch Dell ist mit seinen fünfzehn Jahren ein guter Beobachter. Er merkt, dass etwas geschieht, dass die Stimmung sich wandelt und sein Vater sich verändert.
Dass der Vater einen Banküberfall plant und die Mutter da mit hineinzieht, ahnt er nicht. Selbst als es dann geschehen ist, ist die Sache immer noch unglaublich und nicht nachvollziehbar.

Dell Parsons nähert sich im Rückblick den Geschehnissen an. Fünfzig Jahre sind vergangen und die Erinnerung ist immer noch wach. Einen anderen Blickwinkel bietet die Chronik seiner Mutter, die diese kurz vor ihrem Selbstmord im Gefängnis verfasst und die ihm seine Schwester Berner erst sehr spät ausgehändigt hat.

Mit fünfzehn stehen die beiden Jugendlichen völlig allein da. Berner reißt aus, um dem Zugriff des Jugendamtes zu entgehen, während Dell von einer Freundin der Mutter nach Kanada gebracht wird. Der Bruder dieser Freundin, Arthur Remlinger, betreibt ein einsam gelegenes Hotel in Fort Royal/Saskatchewan. Und hier gerät Dell in das nächste Verbrechen. Diesmal ist es Mord.

Dell ist als Figur unglaublich gut herausgearbeitet. Der Autor lässt ihn aus der Ich-Perspektive die Geschichte erzählen. Die gute Beobachtungsgabe, über die Dell verfügt, verleiht dem Roman eine ungeheure Tiefe. Die Geschehnisse werden von ihm schonungslos und ehrlich wirkend rekonstruiert und analysiert. Das ist sehr beeindruckend.

Das ausgesprochen gut geschriebene Buch endet in der Gegenwart. Der Leser erfährt also zum Schluss, wie sich Dells weiterer Lebensweg gestaltet hat. Dennoch, es liegt Wehmut über der Geschichte. Sich zu erinnern, ist ein Prozess, der auch alte Wunden wieder aufreißen lässt.

Rezension von Heike Rau

Richard Ford
Kanada
Aus dem Amerikanischen von Frank Heibert
464 Seiten, gebunden
Hanser Berlin
ISBN-10: 3446240268
ISBN-13: 978-3446240261
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