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Schlagwort: Lebensstrategien

Elizabeth Poliner: Wie der Atem in uns

Elizabeth Poliner: Wie der Atem in uns

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Jüdisches Leben und Schicksalsschläge …

Molly Leibritzky ist die Icherzählerin einer typisch jüdischen Familiengeschichte in Middletown/Connecticut. Die Familie verbringt die Sommer am Meer in Woodmont/Connecticut. Wie so viele Juden sind die Ahnen der Familie ursprünglich vor Jahrzehnten aus dem Osten nach Amerika zugewandert. Mit ihrem Kaufhaus hat sie eine einträgliche Einkommensquelle, so dass sie sich ein gutes Leben leisten kann. Man hilft sich untereinander und steht sich in allen schwierigen Fragen des Lebens zur Seite. Doch wie überall auf der Welt gibt es in der Familie nicht nur eitel Sonnenschein. Schicksalsschläge und Querelen untereinander geben so manchen Anlass zur Sorge und zu Zwietracht.

Der Sommer 1948 prägt sich allen ins Gedächtnis ein, denn es ist der Sommer, in dem Davy, der Jüngste der Familie, zu Tode kommt. Er ist damals erst acht Jahre alt.

Molly, seine Schwester, versucht in ihrem Rückblick nach Jahren Ordnung in die Geschehnisse von damals zu bringen.

Auf diese Weise erfahren wir etwas vom Zusammenleben ihrer Mutter Ada mit ihren Schwestern Vivie und Bec.

Ada ist in Laufe der Jahre mit drei Kindern gesegnet worden und hat ihre unbefangene frühere Lebensfröhlichkeit verloren. Vivie hat ihrer Schwester lange verübelt, dass sie ihr den Mann einst ausgespannt hat. Doch nun ist sie früh zu einem gewissen Gleichmut und einer korrekten Realitätseinschätzung gelangt. Mit Leo und ihrer gemeinsamen Tochter Nina führt sie schließlich eine ruhige und treue Ehe. Bec, die jüngste der Schwestern, hat einen ganz eigenen Weg genommen.

Elizabeth Poliner zeichnet ein lebhaftes Bild der Gemeinschaft in ihrem Sommerdomizil. Man isst zusammen, treibt Sport, geht schwimmen und verlustiert sich auf vielerlei Weise.

Elizabeth Poliner vermittelt das Bild einer jüdischen Familie, wie wir sie aus zahlreichen Familiengeschichten schon kennen. Wichtig ist allen, dass man unter sich bleibt. Die jüdische Familie fordert bedingungslose Achtung bei der Einhaltung ihrer Traditionen und fest gefügten Lebensmuster. Das fällt nicht jedem leicht! Die Liebe erfährt Veränderungen und sprengt den Rahmen dessen, was jeder zu leisten vermag.

Als in Sommer 1948, der Gründung des Staates Israel, Davy tödlich verunglückt, bricht das mühsam konsolidierte Familienleben zusammen.

Die tragischen Ereignisse um Davys Tod berühren jeden tief.

Warum interessiert einen dieser Roman so sehr?

Er sprüht vor Lebendigkeit, erzählt von Klima, Luft und Familiensinn mit feiner Beobachtungsgabe und beinhaltet zudem eine Menge Erkenntnisse zu dem, was das Menschsein ausmacht. Hinzu kommt eine Einsicht, die so oft zum Leben gehört: Zufälle können eine unerwartete Wende bringen, die das Leben aller Beteiligen erschüttert. Keiner bleibt unberührt, wenn ein junges Leben vorzeitig endet. Und die Erwartungen an aneinander sind, wie sich zeigen wird, nicht immer erfüllbar.

Zitat: “Doch so sind Familien: sie sagen uns, was wir sind, und das sind wir dann, und deshalb besteht ein Teil des großen Lebenskampfes darin, sich jenseits der Last der erdrückenden kollektiven Definition selbst kennenzulernen.“(S.88)

So klar ausgesprochene tiefsinnige Betrachtungen findet man selten in diesem Roman. Sie fassen aber zusammen, worum es in der Geschichte geht: Selbstfindung, Identitätssuche und Überlebensstrategien. Am Ende ist die Geschichte schlüssig und man legt das Buch mit dem Wissen aus der Hand, dass hier wieder einmal ein Roman lehrt, wie das Leben so spielt und wie viele Variablen es beinhaltet.

Elizabeth Poliner
Wie der Atem in uns
428 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag. Juli 2016
ISBN-10: 3832198172
ISBN-13: 978-3832198176
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