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Schlagwort: Legenden

Caroline Ronnefeldt: Quendel – Windzeit, Wolfszeit

Caroline Ronnefeldt: Quendel – Windzeit, Wolfszeit

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Nach der Schreckensnacht, die in Band 1 ihren Abschluss gefunden hat, geht es nun endlich mit Band 2 weiter. Die Bewohner des Hügellandes kommen nicht zur Ruhe, sosehr man auch versucht, zu vergessen. Kartenschreiber Bullrich Schattenbart ist dem Finster entkommen, aber es geht ihm schlecht. Beda Schattenbarts Schicksal, sie ist Bullrich Schwägerin, scheint nach einem grausigen Vorfall besiegelt zu sein. Odilio Pfiffer sieht weiteres Unheil nahen.

Bei der einberufenen Ratsversammlung wird klar, welches Ausmaß die überaus gruselige Nacht hatte. Alle haben beängstigende Beobachtungen gemacht, die darauf hindeuten, dass die Übergänge zur Anderswelt durchlässig wird. Seit Tagen ist es seltsam neblig. Es braut sich etwas zusammen, glaubt man den alten Legenden. Das anstehende Bäumelburger Maskenfest müsste eigentlich abgesagt werden. Die Bewohner des Hügellandes sollten besser in ihren Häusern bleiben und sich dort verbarrikadieren. Aber andererseits kann der Umzug vielleicht die bösen Geister vertreiben. Die Urahnen glaubten daran.

Und so ziehen sie dann doch gemeinsam los mit ihren Masken: Odilio Pfiffer mit seinem Kater Reizker Fuchsrot, der kaum genesene Bullrich Schattenbart, Hulda Hallimasch, Hortensia Samptfuß-Krempling, Zwentinbold Bitterling mit seiner Frau Tilda und der junge Quendel Karlmann Schattenbart. Die Gruppe ist mutig, aber auch verängstigt und rechnet kaum damit, bis nach Bäumelburg durchzukommen. Jedes Geräusch und jede Wetterveränderung verursacht Angst und Schrecken.

Auch dieser 2. Band gefällt mir ausgesprochen gut! Die Autorin schreibt im gewohnten Stil und schmückt die Geschichte mit vielen fantasievollen und sehr ausführlichen Beschreibungen aus. Es geht sehr langsam voran, weil es der Moment ist, der zählt und der intensiv erlebbar gemacht wird. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Buch, was nicht einfach ist, denn es wird eine kaum auszuhaltende Spannung aufgebaut. Die Versuchung ist groß, einige Seiten vorzublättern, um zu sehen, wie eine bestimmte Szene ausgeht!

Die zusammengewürfelte Gruppe, jeder Quendel hat so seine Eigenheiten, hat gegen ein unglaublich wildes Wetter und seltsame Phänomene zu kämpfen. Der Autorin gelingt es gut, diese unheimliche Atmosphäre dem Leser zu verdeutlichen. Man hat die Szenen deutlich vor Augen und bangt mit um einen guten Ausgang der Geschichte! Dieser Erzählstrang ist aber nicht der einzige. Es gibt noch einen, der später einsetzt und im Finster spielt. Band 1 ließ hier einige Fragen offen, die nun geklärt werden. Es wartet eine ungeahnte Überraschung auf den Leser!

Rezension von Heike Rau

Caroline Ronnefeldt
Quendel – Windzeit, Wolfszeit
2. Teil der Quendel-Saga
480 Seiten, gebunden
Ueberreuter Buchverlag
ISBN-10: 3764170964
ISBN-13: 978-3764170967
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Caroline Ronnefeldt: Quendel

Caroline Ronnefeldt: Quendel

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Das kleine Volk der Quendel lebt recht beschaulich im Hügelland. Nur der Wald Finster wird mit Argwohn betrachtet. Kaum einer traut sich dort hinein. Seltsame Geschichten werden erzählt, deren Wahrheitsgehalt niemand zu hinterfragen wagt. Auch Bullrich Schattenbart nicht. Doch fehlt dem selbst ernannten Kartograph dieses Stückchen Land auf seiner Karte. Um das zu ändern, muss er in den Finster gehen. Was soll schon passieren? Er sagt niemanden etwas, lenkt vielmehr von sich ab. Und dann macht er den ersten Schritt und bahnt sich einen Weg durch das den verwunschenen Wald umgebene Gestrüpp.

Bis zum Abend ist Bullrich nicht zurückgekehrt. Seinen Freunden fällt das auf, die Sorge ist groß! Sie suchen akribisch nach Hinweisen und müssen sich bald eingestehen, dass Bullrichs, so unglaublich es auch scheinen mag, in den Finster gegangen sein könnte. Dort kann man ihn schlecht suchen. Aber zumindest könnte man am Rand entlang schleichen und sehen, ob es eine Spur gibt, die Gewissheit bringt. Dabei geraten die Freunde in eine unbeschreiblich ernste Lage. Diese Nacht ist nicht mit anderen Nächten zu vergleichen. Uralte Kräfte sind am Erwachen.

Die märchenhafte Atmosphäre und der ausgefeilte Sprachstil der Autorin haben mich sofort in die Handlung des Buches hineingezogen.
Es sind nur ein Tag und eine Nacht im Leben der Quendel, die hier beschrieben werden. Zunächst skizziert die Autorin die Kulisse mit dem Dorf und die Umgebung. (Es gibt sogar eine Karte im Buch.) Die eigenwilligen Hauptpersonen, mit ihren witzigen Eigenheiten, werden vorgestellt, allen voran Bullrich Schattenbart. Es wird ein idyllisches Bild geschaffen, das anhält, bis Bullrich den ersten Schritt in Richtung Finster geht. Dann schlägt die Stimmung um. Jetzt wird es gruslig und die Autorin zieht die Spannungsfäden straff an.

Ich bin begeistert von diesem Buch, das von Sagen und Legenden lebt, an die keiner mehr recht geglaubt hat. Die Autorin beschreibt jedes Detail, sodass die Geschichte gut vorstellbar wird. Es bleibt spannend bis zum Ende. Ein Teil der Handlung ist dann abgeschlossen. Aber es bleiben viele Rätsel ungelöst. Ich hoffe sehr auf einen nächsten Band!

Rezension von Heike Rau

Caroline Ronnefeldt
Quendel
448 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3764170778
ISBN-13: 978-3764170776
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Tanja Heitmann: Nebelsilber

Tanja Heitmann: Nebelsilber

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Die siebzehnjährige Edie und ihr Vater brauchen eine Auszeit. Ein einsames Haus im Spreewald, im kleinen Dörfchen Wasserruh, das sich im Familienbesitz befindet, ist der geeignete Ort dafür. Edie muss von ihren Liebeskummer loskommen und ihr Vater braucht etwas Abstand zu seiner Frau, der Mutter von Edie.

Die Gegend ist voller Mythen und Legenden, die wirklich unheimlich sind. Der Erlenkönig scheint hier das Zepter in der Hand zu halten. Über die Jahrzehnte hat er sich so manches Kind geholt. So auch Silas Sterner, der nun nach zehn Jahren plötzlich wieder auftaucht. Die Dorfgemeinschaft weiß nicht, was sie davon halten soll, die Eltern des mittlerweile fast erwachsenen Jungen schon gar nicht. Zumal Silas vorgibt, die Erinnerung verloren zu haben. Edie ist überzeugt, dass ihr Herzschlag den Jungen zurückgebracht hat. Sie hat eine Gabe, mehr zu fühlen und zu sehen als andere.

Edie mag Silas. Sie ist gern mit ihm zusammen, nur scheint es, dass der Erlenkönig alles daran setzt, ihn zurückzuholen in die Nachtschatten tief unter der Erde.

Ein einsames Dorf, alte windschiefe Häuser, auf unsicherem Boden erbaut, die tückischen Fließe und der verwunschene Erlenwald, der unheimliche Nebel und die Kälte. Ich kann mir diese Kulisse sehr gut vorstellen. Es verstärkt die Wirkung, die die Geschichte hat. Alles ist geheimnisvoll und man mag sich eigentlich gar nicht ausmalen, was wirklich vorgeht. Es kann nichts Gutes sein.
Tatsächlich hat die Autorin die Hintergründe zur Geschichte sehr glaubwürdig entwickelt. Mich hat fasziniert, welche Abgründe sich auftun. Aber nur so kann diese Geschichte realistisch wirken. Natürlich muss man dafür der Fantasie der Autorin folgen und sich darauf einlassen. Das ist mir aber mühelos gelungen. Es gibt viele interessante Wendungen im Buch. So hat die Autorin auch das Ende unerwartet gestaltet.

Rezension von Heike Rau

Tanja Heitmann
Nebelsilber
400 Seiten, gebunden
cbt, München
ISBN-10: 3570161218
ISBN-13: 978-3570161210
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Meir Shalev: Meine Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger

Meir Shalev: Meine Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger

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Humorvoll, witzig und skurril beginnt Meir Shalev die Geschichte um seine in Russland geborene Großmutter und ihren Sauberkeitswahn. Das geht nicht, ohne tief in die Familiengeschichte einzutauchen.

Äußeres Merkmal der Putzsucht seiner Großmutter Tonia war ein über die Schulter geworfenes Tuch, mit dem sie jeder Zeit Flecken wegwischen konnte.

Es war nicht ratsam, an einem Freitag bei ihr anzuklopfen, denn da ging es besonders eifrig zu. Wehe, ein Besucher traute sich ins Haus! Da konnte sie sehr rigide reagieren. Auch Batja, Meirs Mutter, wurde zu Unzeiten aus der Schule nach Hause beordert: Putzen ging vor Lernen! In einer geheimen Kammer verwahrte Großmutter Tonia ihr Kleinod: einen Staubsauger aus Amerika. Man muss sich vorstellen, dass in Israel während der Urbanisationsphase Staub und Schmutz in alle Ritzen und Ecken drang, was für eine vom Putzteufel Besessene nur schwer zu ertragen war. Israelisches Leben seit der Staatsgründung und davor zeichnet sich zudem durch schwere Landarbeit aus, die mit entsprechendem Schmutz einhergeht.

Nun kann man nicht ein ganzes Buch mit den Putzgewohnheiten der Großmutter füllen. Meir gelingt die Synthese zwischen skurrilen Eigenarten einzelner Verwandter mit den absurden Gewohnheiten der anderen. Mit Zärtlichkeit, Herz und einem ausgeprägten Sinn für humorvolle Details berichtet der Autor über seine Verwandten und ihr über alle Widrigkeiten hinweg bestehendes Zusammengehörigkeitsgefühl. Meir Shalev ist der geborene Geschichtenerzähler, der fabuliert und sich in Einzelheiten verliert, ohne zu langweilen. Charakteristiken über Land und Leute gewinnen Kontur und bringen den Leser zum Schmunzeln.

Ob Shalev die Bibel neu erzählt oder von Judiths Liebe berichtet: mit Humor, Schalk und Witz, mit Charme und außergewöhnlichen Einfällen überrascht er seine Leser und bietet Lesevergnügen pur!

Meir Shalev
Meine Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger
281 Seiten, gebunden
Diogenes, Februar 2011
ISBN-10: 3257067798
ISBN-13: 978-3257067798
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Susann Pásztor: Ein fabelhafter Lügner

Susann Pásztor: Ein fabelhafter Lügner

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Familienlegenden mit Komik, Witz und Humor erzählt!

Selten hat mich ein Buch von der ersten Zeile an so fasziniert!

Schon bei den ersten Sätzen spürte man den Witz und Humor und die leicht makabere Inszenierung, mit der das Buch geschrieben wurde.

Da will einer seinen Selbstmord schön ordentlich vollziehen,–und natürlich misslingt ihm das! Um sein Bett versammeln sich ehemalige und gegenwärtige Partnerinnen, die eine schwanger, die andere kurz vor der Niederkunft und die dritte mit einem schon  zehnjährigen Sohn gesegnet. Dieser ist „nicht glücklich“, wie es so schön lakonisch heißt.

In der Kürze der berichteten Kuriositäten schaut ein hintergründiger Witz hervor, der einen sofort gefangen nimmt.

Großvater Jószef Molnár ist der mutmaßliche Vater einer Schar von Kindern verschiedener Frauen. Er ist längst tot, als die Nachfahren seiner Frauen ein Familienfest zu Ehren seines hundertsten Geburtstags beschließen. Erst einmal muss man allerdings alle auffinden! Hanna, Marika und zuletzt Gabor, letzterer schon leicht überdrüssig, finden sich zusammen.

Was zunächst skurril, witzig und amüsant beginnt, das geht in eine gar nicht komische Geschichte über: eine Frau und zwei Kinder von Joschi sind als Juden im Konzentrationslager Auschwitz geendet. Auch Joschi war s. Zt. in Buchenwald.

Niemand durchschaut so ganz, was Wahrheit und was Erfindung ist, denn Joschi betreibt seine eigene Legendenbildung, wozu auch die Frage zählt, ob er Jude war oder nicht. Er ist ein verschmitzter und mit allen Wassern gewaschener Tunichtgut!

Lily, seine Enkelin, wollte eigentlich nur ein Referat über Buchenwald schreiben! Als sie aber dort ankommt, ist es mit der Komik vorbei. Dennoch vermittelt Susann Pasztor aus dem Blickwinkel von Lily eine Familiengeschichte, in der sich Posse, Ulk und Schabernack zusammenfügen. Sie fabuliert über die verwirrende Herkunft aller Beteiligten, von dem Durcheinander und den komischen Zufällen in der Familie mit Schmiss und Charme.

Die Autorin findet den leichten und ernsten Ton, mit dem sie sich als einfallsreiche, frohsinnige und amüsante Erzählerin zeigt. Sie fühlt sich in die Vergangenheit ein und bezaubert mit ihrer Geschichte, die mit dem Talent des Humors bestrickt, ohne den Ernst zu vergessen. So ist das Leben: Tragik, Fröhlichkeit, Lebenslust und unterschiedliche Charaktere finden sich in Familien wieder; Legenden bilden den Hintergrund, auf dem die Geschichten dann weiter erzählt werden. Wer die Gabe hat, die Widersprüchlichkeiten zu begreifen, wird sich an den unterschiedlichen Mentalitäten ergötzen und sein Vergnügen an einem Familienleben der besonderen Art finden.

Susann Pásztor  macht uns bekannt mit einer Familiengeschichte, die ihresgleichen sucht!

Der Debütroman der Autorin, die bisher als Kinderbuchillustratorin gearbeitet hat, wird mit Sicherheit begeisterte Leser finden! Sie betätigt sich in der Nachfolge von I. B. Singer und Andre Kaminski, die mit ihren jüdischen Familiengeschichten unvergessen sind und noch heute gerne gelesen werden.

Susann Pásztor
Ein fabelhafter Lügner
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 346204219X
ISBN-13: 978-3462042191