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Schlagwort: Musikerleben

Udo Jürgens: Spiel des Lebens

Udo Jürgens: Spiel des Lebens

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Ja, dass das Leben ein Spiel sei, wie im Titel angedeutet, mag wohl angehen, zumal wenn einer mit jugendlichen Elan seiner inneren Stimme folgt. Aber in den nun folgenden Geschichten von Udo Jürgens, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Michaela Moritz verfasst hat, merkt man sehr schnell, dass es auch Mühsal und Plage sein kann.

Es geht ganz einfach um Beobachtungen von Menschen, die im Alter unerwartet großen Ruhm erlangten; es geht um Betrachtungen über Vergänglichkeit und wesentliche Lebensveränderungen, und es zeigt einmal mehr die nachdenkliche und melancholische Mentalität des Sängers, Entertainers und Chansoniers Udo Jürgens. Eigene Lebenserinnerungen mischen sich mit solchen, die nichts mit seinem Leben zu tun haben.

Im Gegensatz zu den möglichen Erwartungen des Lesers sind die Betrachtungen und Erfahrungsberichte nicht oberflächlich oder nichtig. Die zwei ersten Erzählungen tragen autobiographische Züge und wirken daher echt.
Sei es plötzlicher Ruhm und Erfolg mit den materiellen Möglichkeiten, die diesen Erfolg begleiten, oder sei es eine Wiederbegegnung wie die zwischen dem erfolgreichen Maler und den vor Jahren schon in Berlin in der Paris Bar erlebten Kellner: hier wird Atmosphäre vermittelt, die man unmittelbar nachempfinden kann.
Die Erzählungen erheben allerdings sicher nicht den Anspruch hochwertiger Literatur.

Die folgenden Geschichten aber wirken weit hergeholt und können dem angestrebten Anspruch nicht gerecht werden. Sie sind schlichtweg langweilig.

Der hoch gepriesene Sänger hatte es nicht nötig, sich auch noch ein literarisches Denkmal zu setzen. Insofern nur als leichte Lektüre zu empfehlen.

Udo Jürgens
Spiel des Lebens
224 Seiten, gebunden
S. FISCHER, August 2019
ISBN-10: 3100024354
ISBN-13: 978-3100024350
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Peter Härtling: Liebste Fenchel!

Peter Härtling: Liebste Fenchel!

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Gesellschaft und Leben zu Zeiten der Romantik.

Als Peter Härtling die Nachricht von der Geburt seines siebten Enkelkindes erhält, das den Namen „Fanny“ tragen soll, fällt ihm sogleich Fanny Mendelssohn ein. Ihr widmet er sich fortan in einer Biographie, die ganz seine Handschrift trägt.
Schon in seinen Biographien über Schubert, Schumann und Hölderin zeigt P. Härtling sein herausragendes Talent, aus imaginierten Vorstellungen ferner Zeiten Wirklichkeit werden zu lassen. Er vertieft sich beinahe ganz mit seinen Gefühlen in das Leben um 1800 und verzaubert mit den filigranen Beschreibungen von Raum, Zeit und Handeln das Geschehen.

Fanny Menlssohn,1805 geboren, war die älteste Tochter von Lea und Abraham Mendelssohn, die nach ihr noch drei weitere Kinder haben werden. Unter ihnen zeigt der vier Jahre jüngere Felix später ein außergewöhnliches musikalisches Talent, mit dem er zu Ruhm und Ehre kommen soll. Auch Fanny ist eine hervorragende Musikerin. Peter Härtling lässt sie wie in einem flämischen Bild durch die häuslichen Räume tänzeln, sie summt vor sich hin und bildet sich anhand des Vorlebens ihrer Eltern, des Onkels und der Tante, die im gleichen Hause leben. Von Hamburg zieht es die Familie vor den Repressalien der Napoleontruppen nach Berlin, wo der Vater mit seinem Schwager Joseph ein Bankhaus begründete.

Schon früh musizieren die Geschwister zusammen, bis Felix seinen ersten Konzertauftritt mit 9 Jahren hat. Fanny muss zeitlebens im Schatten des Bruders stehen, weil sich Broterwerb für Frauen in ihren Kreisen nicht schickte.

Nur kurz aber intensiv bietet Härtling Einblicke in die religiösen Überzeugungen der Familie. Was es mit dem Glauben auf sich hat, führt bei Fanny zu nachdenklichen Fragen, denn ihr Großvater war der berühmte Philosoph jüdischen Glaubens Moses Mendelssohn, einer der denkerischen Begründer der Aufklärung. Die Eltern ließen ihre vier Kinder taufen und nahmen später selber den christlichen Glauben an.

P. Härtling beschäftigt sich intensiv mit der musischen Entwicklung und dem Familienleben der begabten Mendelssohnkinder Fanny und Felix. Ein ausgedehntes Gesellschaftsleben führte zu den so genannten „Sonntagskonzerten“, die im Hause der Mendelssohns veranstaltet wurden. Bach und immer wieder Bach wird gespielt und gesungen; auch Mozart und Haydn sind beliebte Komponisten, denen sich die Kinder verschrieben haben. Eigene Kompositionen von Fanny und Felix werden ebenfalls aufgeführt und bewundert. Felix ist der strahlende Stern der Familie Mendelssohn-Bartholdy, wie sie sich nach der Christianisierung nannte.
Die Geschwister fühlten sich bis zu Fannys frühem Tod emotional und musisch innig verbunden. Dazwischen aber lagen viele Jahre schöpferischen Schaffens, Hochzeiten und Kindergeburten.
Diese bilden zusammen mit den Abschieden immer wiederkehrende Ereignisse. Antisemitismus und Anfeindungen stehen im Wechsel zu Ruhm und Erfolg der musischen Familienmitglieder.
Mit fortschreitender Erzählung rundet sich das Bild einer künstlerisch anregenden und ereignisreichen Zeit mit zahlreichen bekannten Künstlernamen, zu denen Heine, Kleist, die Varnhagens und selbstverständlich auch Goethe zählten.
Peter Härtling hat seine gelungene Biographie über das Leben von Fanny Mendelssohn gründlich recherchiert.
Unvergleichlich in seiner sensiblen Vorstellungsweise taucht der Autor in das 19. Jahrhundert ein. So ersteht vor uns wahrhaftig ein Bild, das uns in ferne Zeiten entführt und unser Interesse bannt. Man fühlt sich verzaubert vom Reichtum der Erzählung Peter Härtlings und kann sich nur schwer von seinem Buch trennen.

Peter Härtling
Liebste Fenchel!
256 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Mai 2011
ISBN-10: 3462043129
ISBN-13: 978-3462043129
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