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Schlagwort: Weisheit

Dieter Forte: Als der Himmel noch nicht benannt wurde

Dieter Forte: Als der Himmel noch nicht benannt wurde

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In einem fast traumähnlichen Zustand geht ein Schriftsteller durch eine alte Bibliothek.
Hier verstecken sich Folianten und erste Schriftaufzeichnungen längst vergangener Zeiten.

Im Wechsel zur Bibliothek sieht man sich immer wieder ins Endlose geworfen, wo wir auf die alten Fragen der Menschheit treffen: woher kommen wir, wohin gehen wir und wer sind wir?

Mit kurzen Worten werden Andeutungen gemacht, wie die Welt entstand, wie Himmel, Mond und Sterne, die Nacht und der Tag.

Es ist ein Gemisch aus mythischen Begebenheiten, biblischen Aussagen, Anklängen an erste Aufzeichnungen überhaupt und die Menschheit in ihren allerersten Anfängen. „Aus Erzählungen entsteht Erinnerung, aus Erinnerung Vergangenheit“. Die Sprache aber machte den Menschen erst zum Menschen. Feststellungen dieser Art findet man fast auf jeder Seite dieser kleinen Geschichte.
So auch diese: bei Ovid steht “Bevor es Meer gab und Land und Himmel war nur das Chaos“.

Man könnte die Erkenntnis über das Menschsein auch so definieren, dass aus Chaos die Schöpfung entstand.

Wie Dieter Forte seine Aufzeichnungen angeht, das ist assoziativ und doch aufklärend.
Menschliche Weisheit durchzieht sein Büchlein in Form aneinander gereihter Hinweise auf die Entstehungsgeschichte der Menschheit. Da sieht man hinter Schleiern Galileo Galilei vorbeiziehen, alte Götter und Gelehrte und die zahlreichen Philosophen und Mystiker vieler Jahrhunderte. Das Alles in einer hinreißenden Sprache, zart, wissend und zuweilen verwischend, weil es keine endgültigen Antworten gibt.

Wie ein Schriftsteller auf 91 Seiten die ganze Geschichte der Menschheit in kurzen Momenten durchläuft, das ist meisterhaft! Mehr lässt sich dazu nicht sagen!

Dieter Forte
Als der Himmel noch nicht benannt war
96 Seiten, gebunden
FISCHER, Februar 2019
ISBN-10: 3103972202
ISBN-13: 978-3103972207
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Julian Barnes: Lebensstufen

Julian Barnes: Lebensstufen

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Von der Liebe und anderen Leidenschaften…

Diese drei Essays von Julian Barnes enthalten allerlei Erkenntnisse über das Leben, über Bindungen, Verlust, Leidenschaft und Trennungen.
Von der Ballonfahrt als Möglichkeit, die Erde von oben zu betrachten handelt dieses Buch ebenso wie von Liebe, Vergänglichkeit und Tod.
Über die ersten Ballonfahrten des Pioniers auf dem Gebiet der Raumfahrt berichtet Julian Barnes und stellt einen symbolischen Bezug her über Freiheit und Bindung.
Nadar war ein bekannter Ballonfahrer und Fotograph. Fotographie kann Momente bannen, doch menschliche Ereignisse in ihrer Dynamik lassen sich so nicht festhalten. Zu dieser Schlussfolgerung kommt der Autor.
Er  erläutert ferner Liebesverlangen und Verzicht. Sie sind Bestanteile unseres Lebens genau so wie Veränderungen, die der Liebe erst Bestand geben können. Über Sarah Bernhardt als Zielobjekt der Begierde handelt ein Teil des Buches. Sie wird gerne umworben, lässt sich aber kaum je erobern. Viele Männer haben sie begehrt, fast niemandem aber hat sie dauerhafte Liebe gewährt.
Im letzten Kapitel berichtet Julian Barnes über den Verlust seiner Frau, die ihm so fehlt. Hilflose Versuche des Trostes seiner Freunde sind ihm suspekt. Niemand kann ermessen, wie anhaltend der Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen bleiben kann.
Julian Barnes versteht die Menschen in ihren Abgründen und in ihren tiefsten Sehnsüchten. Er bringt uns in Metaphern seine Erkenntnisse nahe, denn er kennt sich aus mit der menschlichen Seele. In dem vorliegenden Büchlein fasst er seine Einsichten über das Leben, seine Tücken und Tiefen, haarscharf zusammen. Man liest es in einer ruhigen Stunde und findet Weisheiten, die einem selbst das Leben plausibler erscheinen lassen. Manches bleibt ungesagt und vieles muss man aus dem erfassen, wie er es umschreibt. Ein kleines Werk mit Tiefgang ist ihm gelungen!

Julian Barnes
Lebensstufen
144 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, Februar 2015
ISBN-10: 3462047272
ISBN-13: 978-3462047271
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Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte

Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte

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Märchen, Geschichten und Traditionen.

Der mit ungeheurem Sprachreichtum und einer ausufernden Fabulierkunst ausgestattete Erzähler Rafik Schami berichtet in seinem neuesten Buch, wie er zum Erzähler wurde.

Damaskus, Ort seiner Geburt und Kindheit, bot dem Jungen reichlich Gelegenheit, sich in der Erzählkunst zu schulen.

Einen nicht geringen Beitrag dazu leistete sein Großvater, der ihm die Augen öffnete für den ganzen Reichtum an Bildern, Gerüchen, Farben und Geräuschen in der großen Stadt Damaskus. Auf dem Basar sah er einst mit dem Großvater die Frau, die auf einem Schild ihren Mann feilbot. Dieser war Experte für Pferde, aber seine Frau konnte er nicht unterhalten, denn er sprach nie ein Wort. So lernte der junge Rafik, dass man mit Erzählen sein Leben verbessern und dem Verkauf als Ehemann entgehen konnte.

Rafik Schami geht auf die Bedeutung der Geschichten Scheherasads aus „Tausendundeine Nacht“ ebenso ein wie auf die Bedeutung der Volksmärchen in aller Welt oder auf die Geschichten aus der Bibel. Der Symbolgehalt und die Vielfalt dieser Geschichten bieten mannigfache Möglichkeiten, sich die Welt verstehbar zu machen und Orientierung in dieser oft so grausamen Welt zu finden.

Weitsicht und Humor zeichnen die Geschichten aus, mit denen uns Rafik Schami an seiner Entwicklung teilnehmen lässt. Seine Mutter, die sich gern zu seiner fantasiebegabten Komplizin machte, und der schelmische Großvater mit seinem Spieltalent und seiner Einfühlung in die Sichtweisen des Kindes können als Einflüsse ausgemacht werden, unter denen Rafik Schami zu dem großartigen Erzähler wurde, der er heute ist. Seit vierzig Jahren lebt er in Deutschland und schreibt seine Bücher auf Deutsch. Die Weisheit und die Herz erwärmende Sprache, mit der er uns seine literarische Welt erklärt, begeistern uns. Mit Sprüchen wie diesem: „Wer älter wird, der wird nicht aufhören zu spielen. Aber wer aufhört zu spielen, der wird älter“ von George Bernhard Shaw leitet er seine Kapitel ein und zeigt damit seine umfassende Bildung, Literatur in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. In einer längeren kulturanthropologischen Abhandlung erläutert er die Bedeutung der Märchen und erweist sich als Kenner mythologischer Ursprünge.

Diesem begnadeten Dichter ist mit seinem neuen Buch ein literarisches Geschenk für diesen Herbst geglückt.

Rafik Schami
Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte
176 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, 2. Auflage, Juli 2011
ISBN-10: 3446237712
ISBN-13: 978-3446237711
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Véronique Bizot: Meine Krönung

Véronique Bizot: Meine Krönung

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Die Welt verlassen… oder ihr doch noch einen Tribut zollen?

Der misanthropische Kauz Gilbert Kaplan lebt ruhig, zurückgezogen und wohl versorgt von seiner Haushälterin Madame Ambrunaz in seiner Wohnung in Paris. Er ist schon sehr alt, und sein Berufsleben als Wissenschaftler hat er längst hinter sich gelassen. Doch ohne Vorwarnung soll er für sein früheres wissenschaftliches Werk mit einem Preis ausgezeichnet werden.

In einem langen Monolog schaut der alte Herr zurück und überdenkt sein Leben. Da gab es, abgesehen von dem frühen Freitod seiner Frau, keine großen Überraschungen. Seine beiden Schwestern waren ihm früh schon aus dem Blickfeld geraten, und sein Sohn begegnet ihm jetzt, kurz vor seiner „Krönung“, wie ein Fremder.

In lakonischem, teils drolligem Tonfall, so, als nähme er alles gar nicht so ernst, lässt Véronique Bizot ihren Protagonisten agieren und reagieren.

In seinen Selbstgesprächen erfährt man, wie es ihm als Forscher erging; auch hier scheint sich das Unwahrscheinliche mit dem Wahrscheinlichen in einem Ungleichgewicht zu befinden, und Erfolge werden eher als Überraschung wahrgenommen. Dass es bei Gilbert immer sehr unordentlich und chaotisch zugeht, zeigt ein Blick in seine Wohnung, in der es behaglich aber unübersichtlich aussieht. Er lebt schon lange ruhig und für sich allein.

Mit dem Mittel der langsamen Rückschau erscheinen die Erlebnisse des Lebens wirklich wie weit entfernt und nicht so richtig wichtig. Wie eine Verfremdung der Gegenwart ist diese in der Rückschau gar nicht mehr so bedeutend und weltbewegend, wie sie zu Zeiten des Erlebens gewesen sein mag.

In diesem Sinne spricht Gilbert eher belustigt von seinen so unterschiedlichen Schwestern, von denen sich die altmodische und umständliche Alice zu seiner „Krönung“ angemeldet hat.

Eine kurze Weile begleiten wir den alten Herrn auf seinem letzten Lebensabschnitt, der ihm gelegentlich zusetzt und ihn auch mürrisch macht, denn das Alter zeigt ab und zu hässliche Seiten. Dem aber steht Madame Ambrunaz entgegen! Sie ist die gute Seele, die für ihn sorgt mit ihren feinen Linsensüppchen und anderen Überraschungen und auch dafür, dass er sich nicht ganz in sich selbst verliert.

Mit feinem Humor, sicherem Instinkt für die Befindlichkeiten des Alters und einem leicht melancholischen Unterton erzählt Véronique  Bizot ihre Geschichte von dem alten Herren. Hinreißend kurze Sätze bilden einen Erzählstil, dem man mit Entzücken folgt.

Ein wunderschöner, weiser, kluger und humorvoller Debütroman ist der Autorin  Véronique Bizot hiermit gelungen, für den sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

Auch die Übersetzung von Tobias Scheffel und Claudia Steinitz ist hervorzuheben.

Nicht vergessen sollte man die äußere Aufmachung des kleinen aber feinen Büchleins, die der komisch-melancholischen Stimmung des Inhalts bestens gerecht wird.

Véronique Bizot
Meine Krönung
126 Seiten, gebunden
Steidl, März 2011
ISBN-10: 3869302305
ISBN-13: 978-3869302300
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Das große Fabelbuch

Das große Fabelbuch

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Mehr als 100 Fabeln sind in diesem Band versammelt. Über Jahrhunderte hinweg haben sie Bestand, werden immerzu weitergegeben und erneut erzählt. Immer haben diese Geschichten einen tieferen Sinn, eine Moral. Manche Wahrheit wäre unangenehm, würden nicht Tiere, die wie Menschen handeln, die Akteure der Fabeln sein. Diese Tiere sind in ihren Charakterzügen den Menschen gleich, haben wie sie Fehler. Doch so mit den Schwächen konfrontiert zu werden, tut nicht weh.
Man kann vorbehaltlos über das nachdenken, was geschrieben steht und Kritik annehmen, eigene Schwächen erkennen, die Lehren annehmen und einen weiteren Schritt tun, auf den Weg zur Weisheit.

Breitgefächert ist die Auswahl. So findet man im Buch „Der Löwe und die Stiere“ von Johann Gottfried von Herder, „Wer sich mit fremden Federn schmückt“ von Gotthold Ephraim Lessing, „Der Zaunkönig“ von den Brüdern Grimm, „Die Maus und die Schnecke“ von August Gottlieb Meissner, „Die Mücke und der Löwe“ von Christian Fürchtegott Gellert, „Der junge und der alte Fuchs“ von Johann Ulrich Megerle, „Frischgebäck und frische Fische“ von Ludwig Bechstein und auch „Der Falke und der Hahn“ von Leo Tolstoj.

Manche Fabel geht über mehrere Seiten, andere kommen mit ein paar Zeilen aus. Lehrreich und unterhaltsam sind sie alle. Die Auswahl überzeugt.
Das Buch kommt in sehr schöner Aufmachung daher. Es wurde von Gerhard Glück illustriert. Diese Bilder gehen manchmal sogar über eine Doppelseite. Diese sehr detailreichen, lebendigen Zeichnungen gefallen ausgesprochen gut.

Die Fabeln eigen sich gut zum Vorlesen für Kinder. Denn immer liefern sie reichlich Gesprächstoff. Die Pointe erschließt sich meist sofort. Trotzdem ist es gerade für Kinder wichtig, sich darüber auszutauschen, damit auch ein Lerneffekt entsteht.
Die Fabelsammlung ist ein Familienbuch. Jung und Alt dürften ihre Freunde daran haben. Mann kann immer wieder im Buch lesen und so auch die Geschichten bewahren.

Rezension von Heike Rau

Das große Fabelbuch
Illustriert von Gerhard Glück
173 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830311583
ISBN-13: 978-3830311584
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Martin Page: Die besten Wochen meines Lebens

Martin Page: Die besten Wochen meines Lebens

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Ein liebestoller kluger Tor auf der Suche nach dem Glück!

Voller Selbstzweifel, Furcht und eingebildeter Krankheiten zieht der dreißigjährige Virgile durch Paris, immer auf der Suche nach dem Liebesglück. Seine Psychoanalytikerin versucht ihr Bestes, er aber bleibt verfolgt von seinen Zwängen und wartet auf Erlösung von seinen Ängsten.

Als er eines Tages auf dem Anrufbeantworter eine Frau mit Namen Clara hört, die mit ihm Schluss machen will, ist es ganz um ihn geschehen, denn er kennt überhaupt keine Clara, von einer Beziehung ganz zu schweigen. Er macht sich auf die Suche, diese ominöse Frau zu finden.

In seiner Werbeagentur ist er fleißig und zuverlässig. Dort erlebt er den Tag in einem fest gelegten Zeitrahmen, so dass er sich sicher und geborgen fühlt. Als ihm eines schönen Tages ein Aufstieg mit einer Gehaltserhöhung in der Agentur angekündigt wird, lehnt er das Angebot ab. Er hält es mit Marc Aurel: „Man muss im Leben gleichermaßen danach trachten, nicht zu verlieren und nicht zu gewinnen.“ Das ist ein schwieriges Unterfangen, das von Gegensätzen bestimmt wird.

Wir erleben einen Virgile, der gescheit, witzig und mit Selbstironie ausgestattet seinen Weg im Leben sucht immer bedroht von seiner Hypochondrie.

Mit Witz und Humor erzählt Martin Page von einem Helden, der einem Woody Allen gleich durchs Leben marschiert. Geistreich und überbordend kreiert der Autor immer neue Einfälle, mit denen er den Leser begeistert. Die Analytikerin trägt den symbolträchtigen Namen Zetkin, der an die bekannte sozialistische deutsche Frauenrechtlerin und ihr Wirken zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnert. Dass der Held seine Kindheit ausgerechnet in einem Wanderzirkus verbracht hat, gibt der Geschichte eine besondere Note.

In Bezug auf die merkwürdige Liebe zu Clara sagt Virgile den denkwürdigen Spruch: “Wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, diejenigen zu verlieren, die wir lieben könnten, gibt es nur ein einziges Mittel: Wir dürfen sie nicht in unser Leben hineinlassen“. Fantasie und Wirklichkeit vermischen sich bei ihm zu irrwitzigen Vorausahnungen.

Man darf sich amüsieren und erfreuen an einem Helden, der sich auf die Suche nach der vermeintlich nicht existierende Clara begibt. Paris mit einer Mischung aus Freiheit, Kunst und gutem Leben wird hautnah spürbar.

Teils als Hypochonder und teils als verliebt – ängstlichen jedoch klugen Toren sieht man den Helden der Geschichte auf der Suche nach dem Glück! Das Ende wird überraschen!

Martin Page ist ein erfolgreicher französischer Autor, der bereits mit zahlreichen Romanen von sich reden machte. Seinem ersten Roman „Antoine oder Idiotie“ war gleich ein großer internationaler Erfolg beschieden. Dieses Buch reicht an seinen ersten Erfolg nicht ganz heran glänzt jedoch auch mit Witz und Einfallsreichtum.

Martin Page
Die besten Wochen meines Lebens
208 Seiten, gebunden
Thiele Verlag, Februar 2010
ISBN-10: 3851791207
ISBN-13: 978-3851791204