Herzlich willkommen, Lux!
Dein Gedicht ist wahrscheinlich in einer Zeit großer Verzweiflung entstanden. Dieses Gefühl bringst du gut rüber.
Noch besser wäre es, mehr auf Verdichtung zu setzen. Anders als in der Prosa, besitzt der Raum zwischen den Zeilen große Bedeutung. Mehr noch als das geschriebene Wort.
Auf der Vorschlagsebene stelle ich dir eine verkürzte Version deines Gedichts vor:
[blue]
Du merkst sie nicht
doch sie ist da
Du siehst sie nicht
doch sie umgibt dich stets
Du fühlst sie nicht
doch sie ist nah
[ 3]wenn sie erst schreit
[ 3]wenn dir dein Herz zu brechen droht
[ 3]wenn Tränen ihr Blut sind
dann stirbt sie schon -
ward nie beachtet nie gehört
zerbrechlich und
zerbrochen
[/blue]
Nun fragst du dich bestimmt: "Warum?"
Du merkst sie nicht-
doch sie ist da.
[blue]Hier erübrigen sich Satzzeichen; Verse genügen[/blue]
Du siehst sie nicht-
doch sie umgibt dich.
[blue]Hier fehlt etwas hinter dem "dich." So fällst du aus dem Rhythmus.[/blue]
Du fühlst sie nicht-
doch sie ist dir ganz nahe.
[blue]Hier ist das "ganz" klanglich überflüssig, das "nahe" weist eine Silbe zuviel aus, fällt deshalb rhythmisch aus dem Rahmen. [/blue]
Merkst sie erst wenn-
sie schreit
wenn das Herz dir droht dir zu brechen
wenn deine Tränen ihr Blut sind.
[blue]Das ist sehr expressionistisch (Lob!) und könnte den anderen Abschnitten angepasst werden.[/blue]
Dann stirbt sie schon, weil du sie
nicht beachtet hast, weil du nicht
hin gehört hast.
[blue]Hier ist eine stärkere Verdichtung notwendig; du merkst es jetzt wahrscheinlich selber
[/blue]]
Sie ist das zerbrechlichste was du hast und du lässt sie fallen.
[blue]Das Ende finde ich nicht lyrisch genug, bildet ja einen vollständigen Hauptsatz.[/blue]
Erschrick bloß nicht über die vielen Änderungsvorschläge - es sind - wie gesagt - nur Tipps.
Insgesamt gefällt mir dein Erstling nicht übel, zwar verbesserungswürdig, aber sehr ehrlich in der Aussage.
Liebe Grüße
Heidrun
