"Ein Drama"

khayman

Mitglied
EIN DRAMA

Personen

Der SchicksalsSpiegler

Wilhelm

Helena

Karl (M.)

Konrad (A.)

Adam (S.)


PROLOG

P/1

SchicksalsSpiegler (aus einem Buch vorlesend):
ICH BIN

ICH BIN EIN GEDANKE –
GEFÄHRLICH. DOCH VERLETZLICH!
SPIEL MIT DEM TOD
UND LEIDE DAS LEBEN

ICH BIN EIN GEFÜHL –
VERGANGEN. UND DOCH EWIG!
SPIEL MIT DEM HASS
UND LEIDE DIE LIEBE

ICH BIN EINE SEEL’ –
NICHT WIRKLICH. UND DOCH REAL!
SPIEL MIT DEM NICHTS
UND LEIDE DAS DASEIN
(Ab.)

P/2

SchicksalsSpiegler: Der Anfangssatz, das ist der schwerste,
Wohl nicht zuletzt, es ist der erste!
Leihen Sie sich unsre Sinne,
Auf das dies Stück sogleich beginne.

Lehnen Sie sich bequem zurück
Und erleben Sie dies Schauspielstück,
In dem ein Junge, oder ein Mann,
Aus diesem, oder andrem Wann,
Von hier, von dort, von überall –
Denn Zeit und Ort sind hier egal –
Getrieben wird, von seiner Seele,
Weil diese meint, dass ihm was fehle.

Doch diese Suche gleicht ’nem Spiel –
Mit einem u n b e k a n n t e n Ziel.
(Wilhelm erscheint mit widerhallendem Schritt auf der Bühne und geht auf und ab.)

Dies ist der Herr, von dem erzählt,
Dass eine inn’re Unruhe ihn quält.
Wilhelm, achtzehn Jahre ist er alt;
Und diese hier geben ihm Halt:
(Karl betritt vom linken Bühnenaufgang selbige, erblickt Wilhelm, nickt ihm zu, der ebenso antwortet, bleibt aber am linken Bühnenrand stehen und schaut, musternden Blickes ins Publikum.)

Karl, ein feiner Kerl, bewundert Kant,
Und glaubt an Freiheit in Menschenhand.
(Adam steht im Publikum, geht mittig auf die Bühne zu, nickt ebenfalls zu Wilhelm, erhält ebenso Antwort, setzt sich dann auf den Bühnenrand und schaut mit kaltem, verachtendem Blick ins Publikum.)

Dies ist Adam, mit scharfem Verstand,
Weiß um die Macht in jedem Land.
(Konrad betritt vom rechten Aufgang her die Bühne, geht zu Wilhelm; sie reichen sich die Hände, dann geht Konrad wieder zum eben benutzten Bühnenaufgang, schlägt ein Kreuz vor der Brust und schaut verträumt ins Publikum.)

Dieser hier wird Konrad genannt,
Und er spürt der Gefühle Band.
Mit Konrad ist dieses Quartett
Verschiedenster Freunde nun komplett.

(Alle ab, der SchicksalsSpiegler verharrt auf der Bühne.)

P/3

SchicksalsSpiegler: Doch halt, zurück zum Wort „Gefühl“!
Auch Liebe gehört zu diesem Spiel.
Deshalb, das schönste Mädchen ebenda:
Gleich der Sag’ umwob’nen Helena!
(Helena erscheint auf der Bühne, indem sie mittig aus dem Hintergrund hervortritt, macht einen Knicks vor dem Publikum und lächelt diesem dann freundlich zu.)

Schön ist sie, und auch gescheit,
Eine nahezu ritterliche Maid.
Sie möchte gern die Liebe ehren,
Doch wen der Jungs wird sie begehren?
Wie sagt man, hab ich geglaubt:
Im Krieg, wie in der Liebe, ist alles erlaubt!

Helena muss nun entfliehn,
Darauf muss ich bestehen.
Doch lass ich sie sehr gerne ziehn,
Nachher wird man sie wiedersehen.

(Der SchicksalsSpiegler verbeugt sich vor Helena, die dies nicht wahrnimmt, stattdessen einen zweiten Knicks zum Publikum macht um wieder im Hintergrund zu entschwinden.)

P/4

SchicksalsSpiegler: Bevor das Stück richtig beginnt,
Und scheinbar noch mehr Zeit verrinnt,
Ein kleiner Spruch, auf dieses Werke,
Ich hoff’, dass´ sich ein jeder merke:

Zuerst da wird fein nachgedacht,
Hernach die Leidenschaft entfacht.
Drittens wird alles neu entdeckt,
Bevor alles nach und nach verreckt!

So geh’, einstweilen ich von hinnen
Und rufe laut: „So lasst das Stück beginnen!“ (Ab.)


AKT I

I/1

Adam & Karl

Karl: Wo warn wir neulich stehen geblieben,
Als wir uns im Streite aneinander rieben?
Adam: Du meintest, der Mensch könnt sein frei –
Ich fragte Dich: „Was denkst Du Dir dabei?“
Karl: Jetzt wo Dus sagst, das find ich fein,
Fällt mir’s langsam wieder ein.
Doch kann ich sagen, wie ich’s meint –
Weil’s wahr – wenn es auch nicht so scheint:

Der Mensch, kann Schaffen zweifellos,
Der Dinge winzigst und riesengroß.
Er braucht dazu nur eins – kannst Du Dir’s denken?
Adam: Andere Menschen, um sie zu lenken!
Karl: Nein! Denkst Du denn nur an Macht?
Adam: Ja ist es nicht ein reizvoll Ding?
Es sei denn, wer sie empfing
Ward ihr erlegen, weil er schwach.
Karl: Dies geschah dem Opfer dann zurecht,
Weil seine Güte nicht war echt!
Doch was ich wirklich meint,
Mein gar zu unwissender Freund,
Ich red’, weil ich es wichtig fand
Vom menschlichen Verstand.

Durch ihn können wir Schaffen –
Adam: In der Tat. Auch Todeswaffen!
Karl: Genau das ist es, hör doch zu,
Störe nicht und halte Ruh!
Vom besten, wie vom schlechtsten
Können unsre Werke sein.
Adam: Wem machst Du’s da am rechtsten?
Doch nur einer Gruppe, die s o klein!
Karl: Mag sein, doch wird die Gruppe wachsen,
Wird umfassen Bayern, Preußen, Sachsen.
Und überhaupt alle Menschen, die
Auf Erden leben, irgendwie.

Adam: Ein schöner Traum, und wahrlich klug –
Doch halt ich ihn für Lug und Trug!
Die Menschen, ob’s wollen, oder nicht,
Im guten leben, ist er auch noch
So drauf erpicht! Sie in ein Gesicht –
So siehst Du Egoismus doch!
So frage ich stets mich:
„Was kümmern mich die andern?
Denken die den auch an mich?“
Und lass meine Seele nicht von ihn’ bewandern.

Karl: Ich kann nicht anders, sieh es ein
Und bitte, spotte nicht noch meiner Pein.
Ich wünscht’ doch nur ... Ist es zuviel?
Frieden, hier und dort und überall.
Das sollt einzig sein, politisch Ziel –
Dafür zu kämpfen lohnt auch der eigene Verfall!
Denn wenn die Menschheit stoppt das Zanken,
So wird auch die Natur es bald schon danken.

Adam: Du sprichst sehr wahr, das mein ich auch!
Karl: Wieso solch zustimmender Hauch?

Adam: Ich kann’s Dir sagen, doch wird’s Dich nicht freuen,
Du sagtest: „W e n n“ – doch wir dies Wort
Die Zukunft sicher scheuen.
Und was dann bleibt, das ist noch Mord.
Und schneller noch, als wir entstanden,
Wird gesehen, wie wir verschwanden.
(Kurzes schweigen.)

Karl: Ich kann Dir nicht folgen, weiß nicht warum.
Und bitte Dich, nicht zu verharren leblos stumm.

Adam: Woher kommt Deine Ungeduld?
Karl: Ich weiß nicht. Ist nicht meine Schuld.
Adam: Nun gut, Du meintest: „W e n n!“
Und d e m stimmt ich zu, denn
Durch das Wörtchen stelltest Du,
Eine Bedingung, die niemals erfüllt.
Drum strebe nichts dem Guten zu,
Ward alles in der Vernichtung Tuch gehüllt.

Doch warum sollt ich,
Wenn auch nicht andern,
Ich opfern mich –
Für andre Welten durchwandern?
Karl: Siehst Du? Und so denken nun mal alle!
D e s h a l b steckt die Menschheit in der Falle!
Doch zögen alle an einem Strange,
So dauerte es auch nicht lange,
Es bliebe dann dabei:
Der Mensch gemacht um zu sein frei!

Adam: Ich glaub, Du Unverbesserlicher,
Ein frühes Ende ist Dir sicher.
Denn Hoffnung schüren, so wie man’s nennt,
Missfällt dem herrschenden Element!
Denn sind wir zwar verschieden,
Doch bin ich froh, dass wir uns nicht gemieden,
Weil uns nämlich was verbindet,
Was bei vielen Menschen schwindet:
Wir können, m ü s s e n, denken –
Die Welt in unsre Bahnen lenken!

Karl: Vernüft’ge Worte, doch nun Schluss,
Weil ich jetzt von hinnen muss.
Grüß’ alle, ich wird entschwinden
Und hoff euch später hier zu finden. (ab.)

Adam: Da geht Er hin und ist ein Narr,
Wie es vor Ihm keiner war.
Er ist wohl sehr belesen,
Glaubt an das Gute im Wesen –
Zum Augenblicke hat Er damit Glück,
Doch bald schon bricht’s Ihm das Genick!
Schade wär’s um Ihn, ist Er doch sehr gescheit
Und käme in der Wissenschaft recht weit.
Ich wünsche Ihm niemals den Tod,
Noch jemals irgend jemand Not.
(Er legt sich auf die Bühne und schließt die Augen.)

I/2

Adam (, noch immer auf der Bühne liegend) & Wilhelm (, der weit abseits der Bühne steht in Selbstgespräche verwickelt ist und Adam noch nicht bemerkt hat.)

Wilhelm: Oh, sag mir, grenzenlose Güte,
Was schlägt so schwer mir aufs Gemüte?
Ob ich, auch noch so feil,
Verwahrt bleibt mir mein Seelenheil.
Wie nur, und wonach soll ich leben?
Weiß denn keiner mir Rat zu geben?

Dort seh’ ich Adam, ihn kann ich fragen,
Vielleicht kann er’s mir sagen.
(Wilhelm betritt die Bühne, setzt sich neben Adam, der sich aufrichtet. Sie reichen sich zum Gruß die Hände.)

Wilhelm: Oh, teurer Freund, so gib mir Rat,
Sonst schreite ich zur letzten Tat.
Adam: Halt ein, sprich nicht so unbesonnen,
Hast nicht das Leben erst gewonnen?
Wilhelm: Ja und nein, beides zugleich!
Adam: An Paradoxen bist du wohl reich!
Doch sage mir, was Dich vergrätze,
Auf das ich Dich, möglichst, ergötze.
Wilhelm: Ich mach es kurz, drum hör mich an,
Ich weiß weder Leben, noch um wie:
Mir fehlt die Lebensphilosophie!
Weiß auch nicht, wo ich sie finden kann!
Was gibt meinem Sein den Sinn?
Wo führt uns unser Sein denn hin?
Sind wir Sklaven unsrer Gene,
Des Blutes in Arterie und Vene?
Warum handeln wir manchmal so?
Werden denn nur so wir froh? (Adam überlegt eine kleine Weile.)

Adam: Ich glaube – ich mein es ehrlich –
Jeder find’ sich selbst nur herrlich.
Und jeder ist sein eigner Meister –
Ich glaube nicht an fremde Geister.
Und noch ein Tipp in eigner Sache:
Oft kann ich Dich unterstützen,
Vor mancher Gefahr Dich schützen,
Doch über Dich hältst nur Du selber Wache.

Leb so, wie’s passt Dir in den Kram,
Doch verkriech Dich nicht in Gram!
Sei frei, lass Dich nicht unterdrücken,
Liebe Dich, aus eignen Stücken.
Gedenke weniger der Andern,
Lass sie die Welt für D i c h durchwandern –
Worüber ich mich sehr ergötzt,
Der Karl war davon ganz entsetzt. (Er lacht.)
Doch frag Ihn selbst, er musst zwar gehn,
Doch heut noch, wollt er uns wieder sehn.
Wilhelm: Oh, das wird schön, und interessant.
Ihr glaubt einzigst an den Verstand?
Adam: Ja, so wie Dus fragst, so ist es auch,
Wir glauben nicht an „Regungen im Bauch“.
Wilhelm: Habt Ihr nicht auch mal Gefühle?
Adam: Ich selbst hatte schon so viele.
Doch komm ich einzig zu dem Schluss,
Dass ich sie unterdrücken muss.
Sie sind nicht wirklich, sind nicht echt,
Zwei und zwei sind ewig fünf,
Egal wie ich die Nase rümpf.
Wilhelm: Kann man so leben? Du kannst, doch wie?
Hast Du nie Anflüge von Poesie?
Fühlst Dich weder hin- noch hergerissen,
Plagt denn niemals Dich Dein Gewissen?
Adam: Oh doch, es schreit gar ewiglich,
Doch überhör ich’s. –
Wilhelm: – Wie fürchterlich.
Adam: Nur der Vollständigkeit halber,
Es ruft: „Du Denkst nur an Dich selber!“
Wilhelm: Warum bist Du dann solch Egozent,
Der vor den Andren sich nur kennt?
Adam: Sieh, was zählt heut in der Welt?
Einzigst das gute, böse Geld!
Die großen Fische fressen die Klein’.
Drum bist Du groß, hast Dus fein.
Wilhelm: Doch die großen landen auf dem Tisch,
Jeder Angler wirft zurück den kleinen Fisch.
Adam: Fressen oder gefressen werden.
Einsame Menschen in den Herden.

„Sein oder Nichtsein,
Das ist hier die Frage,“
Sagte Shakespeare fein,
Und wahr ist’s, keine Sage!
Meine Meinung würd’ ich ändern,
Wär’ der Mensch nicht seinen Rändern.
Was nützt Dir der gute Glauben?
Er wird Dir das Leben rauben!
So rat ich Dir: ‚Mach Dich frei,
Von der Gewissenssklaverei!’
Wilhelm: Ich weiß nicht, ob ich Dir folgen kann,
Vielleicht hin und wieder dann,
Ich muss wohl, um zu resümieren,
Dich ab und zu mal rezitieren.

Nun vorerst lassen wir’s in Ruh,
Warten und schauen still den Sternen zu. (Sie legen sich nieder und schauen nach oben.)

Wilhelm: Was kommt Dir in den Sinn,
Siehst Du zum Sternenhimmel hin?
Adam: Ich gedenk dem Leben.
Wer konnte es uns geben?
Und schon wird’s uns genommen,
Eh wir kaum begonnen
Richtig zu existieren,
Weil wir uns massakrieren.

Dort oben ist die große Welt,
Die auch unsre kleine hält.
Und gar die Sterne, die wir sehn,
Werden dereinst mal vergehn.
Bei uns Klein’, da hilft kein fleh’n,
Wir diese Zeit sich schneller dreh’n.
Das ist nun mal des Lebens Kreis.
Es ändert nichts, dass ich es weiß.
Niemals kann ich’s unterbinden,
Ich habe Angst dann zu verschwinden.
Wilhelm: Muss es Dich verdrießen?
Kannst nicht einfach mal genießen
Und träumen, von andren Welten,
In denen andre Gesetze gelten?
Adam: Nein, ich muss abschätzen die Macht,
Die in jedem System nun einmal wacht.
Wilhelm: Versuch es trotzdem doch einmal,
Es wird schon nicht zur Höllenqual!
Wenn nicht, so schließ die Augen zu;
Wir halten beide jetzt mal Ruh.

I/3

Adam, Wilhelm, (beide immer noch liegend,) Karl

Karl: Eben war ich noch rar,
Schon bin ich wieder da.
Doch sagt, wie habt Ihr überwunden,
Den Gang der nun schon (er schaut auf seine Uhr) z w e i Stunden?
Adam (bleibt liegen): Du warst kaum entschwunden,
Da kam unser Freund, ganz geschunden,
Her mit großer Hast
Und trug dabei ´ne große Last.
Wilhelm (richtet sich auf): So denn, ich bleib nicht stumm,
Doch trag sie noch immer mit mir rum.
Karl (setzt sich neben W.): So sprich, sag, was Dich bewegt,
Welch Gram in Deinem Hirn sich regt.
Wilhelm: Wie nur? Soll ich glücklich leben?
Und was kann mir das Leben geben?
Adam reichte mir die Hand,
Und meinte, leb durch den Verstand.
Noch dazu, erwähne ich,
Ihn deucht, Du denkest ähnelich?
Karl: Richtig, dies ist der Fall,
Doch denk ich auch, er hat ’nen Knall!
Für andre könnt er so viel leisten,
Stattdessen leist er für sich selbst am meisten.
Adam (richtet sich auf): Was, so muss ich euch fragen:
Soll ich mich für andre plagen?
Entweder teil ich aus, oder steck ein,
Letztes lass ich lieber sein.
Also m u s s ich austeilen!
Ob ich will oder auch nicht,
So kann ich wenigst auch heilen,
Bin ich deshalb ein Bösewicht?
Karl: Versteckt hinter schönem Worte,
Begeht man schöne Morde!
Durch Taten würdest helfen mehr.

Ach hätten wir ein Heer,
Für eine Revolution –
Alles wäre besser schon.

Wilhelm (erbost): Ich glaub, Ihr beide habt das Problem,
Ihr könnt des andren Seite nicht versteh’n.
Ihr glaubt, nur Ihr könnt richtig denken
Und nur selbst die Welt gerechter lenken.
Ihr müsstet doch haben erkannt,
Es ist nicht alles nur Verstand!
Ihr wolltet es mir glauben machen,
Kann jetzt nur noch drüber lachen.
Wolltet helfen, mich selbst zu finden,
Das ist sehr nett, ich halt’s in Ehren,
Doch Weisheit konntet Ihr nicht entbinden.
So will ich mich vor euch verwehren.

Ich gehe nun, alles zu überdenken –
Und nicht euch meine Zeit zu schenken.
Wenn Ihr euch besser mal verstündet
Und dieses mir dann auch verkündet,
Dann reden wir weiter,
Bis dahin, bleibt heiter. (Ab. Adam und Karl schauen sich fragend an.)

Karl: Kann es sein? Mir wird schlecht.
Er hat doch zweifelsohne Recht!
Adam: Kannst Du verneinen Deinen Glauben,
Denn er uns will, wohl heimlich, rauben?
Karl: Du sollst Dir auch nichts rauben lassen,
Sondern das große Ganze mal erfassen!
Alles sehen, im Zusammenhang,
Tu ich’s, wie wird mir band. (Er schüttelt sich.)

Komm, gehen wir nach Haus,
Es ist schon sehr, sehr spät.
Und ich muss morgen zeitig raus.
Überdenken wir, wie’s Wilhelm rät.
(Adam nickt grimmig zustimmend. Sie verschwinden aus dem Blickfeld der Zuschauer auf dem selbem Weg, wie Wilhelm.)

I/4

Wilhelm (vor seinem Haus, will gerade reingehen, da kommt) Konrad (des Weges.)

Konrad (laufend): Ruf ich, erwische ich Ihn noch.
(ruft) Wilhelm! Wilhelm! So warte doch!
(Wilhelm dreht sich um, erblickt Konrad und wartet auf Ihn. Sie reichen sich freundschaftlich die Hände.)

Wilhelm: Hallo, ich zieh vor Dir den Hut,
Denn Dir geht’s, wie immer, gut.
Doch kann ich Dich was fragen?
Konrad: Hallo erst mal, so fang ich an.
Was soll ich Dir sagen?
Wilhelm: Ich hör Dir gerne zu,
Sag mir, wie geh ich ran,
Auf dass ich werd froh, wie Du?
Konrad: Ich hab noch niemals nachgegrübelt,
Oder ein System mir ausgeklügelt.
Wilhelm: Adam und Karl meinten kurzerhand,
Einzig entscheidend sei der Verstand.
Konrad: Unsinn! So ein Quatsch!
Schlimmer als Weibertratsch.

Ich denke nicht an morgen,
Sondern nur an heute!
Denn was ich morgen kann besorgen,
Machen heute andre Leute.
Da drängle ich doch nicht dazu,
Stattdessen hab ich lieber Ruh.
Wilhelm (skeptisch): So lebst Du nur im Hier und Jetzt?
Konrad: Ja freilich, was schaust Du so entsetzt?
Sieh: Heute leb ich, und bin frei –
Vielleicht ist’s morgen schon vorbei.
Ich richt an Gotte mein Gebet,
Steht er zu, so wird gelebt.
Hab ich’s übetrieben,
Werd ich bald im Sarge liegen.
Ob Himmel oder Hölle,
Genuss hat nicht des Schlechten Quelle!
Dem Teufel lach ich ins Gesicht:
„Meine Seele kriegst Du nicht!“

Sei immer nur gut!
Wisse, wie man Gutes tut!
Sei zu niemandem ein Schwein,
Der Rest kommt von allein.
Doch vergesse nicht Dich selbst.
Sieh, dass Du Dich am Leben hälst!
Sei auch mal Egoist! Vergesse das
Was andre sagen und hab Spaß!
Ich muss jetzt los, ich gehe feiern,
Um am Schluss zwar nur zu reihern,
Doch grüble nicht so viel.
Sonst übersiehst Du noch das Ziel,
Verlierst gar noch das Spiel.
Das Spiel des Lebens
Ist nicht vergebens.

Hast Du Probleme, komm zu mir,
Ich rede dann mit Dir.
Los, ich hab was gegen Frust!
Komm mit. Hast Du Lust?
Wilhelm: Nein. Ein andermal, nicht heut.
Konrad: Warum? Sind nur nette Leut.
Wilhelm: Ich bitt Dich! Ein andermal gern.
Konrad: Nun gut, es liegt nicht fern.
Schon morgen kommst Du mit!
Wilhelm: Bis dahin bin ich fit.
Konrad: Ruh Dich aus, das gibt Dir Kraft,
Sonst bist Du viel zu schnell geschafft!
(Sie lachen beide, Konrad verlässt Wilhelm, der noch mal zu den Sternen schaut und dann ins Haus geht.)

I/5

Wilhelm

Wilhelm: Woran nur, woran soll ich mich halten?
Was soll lenken mein walten und schalten?
Die These vom Verstand
Hat durchaus allerhand;
Immer wahr, immer echt,
Stetig nur im Recht!
Zwei und zwei sind nun mal vier!
Denn es liegt nicht an mir,
Es ist so, weil es nun mal ist!
Auch wenn es jedermann vergisst.

Schau ich mir Adam mal genauer an:
Was ist an seinem Leben dran?
Er glaubt nur an s e i n Gehirn,
Und die Gedanken, die drin schwirr’n.
Er will im Leben viel erreichen.
Und darüber gar nicht erweichen.
Andere will nutzen nur, zu seinem Zwecke,
Wie ein Parasit, gleich einer Zecke.
Um sich letztlich doch nur eins zu geben:
Ein umfangreiches, komfortables Leben.
Doch bringt ihm alles auch nur ein kleines Stück,
Vom lang ersehnten, stark begiertem Glück?
Geht’s ums lachen oder heulen,
Mit wem will er Gefühle teilen?
Mit niemandem, er stellt sie ab,
Beerdigt frühzeitig sie in ’nem Grab.
Selbst ist er glücklich, doch allein,
Wahres Glück kann es nicht sein!

Wie bewert ich Karls Ansichten,
Kann ich ihnen beipflichten?
Er glaubt an die Gedanken,
Die in seinem Hirn sich ranken,
Baut aus Ihnen eine andre Welt,
Weil Ihm die echte nicht gefällt.
Er lacht mit andren, kann sich freun,
In Wirklichkeit trügt hier der Schein.
Echtes Glück kann Ihm nur spenden,
Hörn wir auf, uns selbst zu schänden.
Doch dazu wird’s nicht kommen,
Das Böse hat zu oft gewonnen.
Weil er kann sein Ziel nie erreichen,
Muss sein Glück Ihm stets entweichen.

Konrad glaubt an Gottes Kraft,
Die uns überhaupt erschafft.
Er kümmert sich nicht um Verstand,
Er reicht jedem freundlich die Hand,
Er lebt das Leben – als Genuss –
Weil er weiß, irgendwann ist Schluss.
Doch spürt er auch Gottes Glück?
Behält Gott es vor Ihm doch zurück?
Wie auch immer, Ihm geht’s nicht schlecht,
Es sei denn, seine Freude wär’ nicht echt.
Auf der Party werde ich es sehen,
Wenn wir zusammen dahingehen.

Verstand alleine kann’s nicht sein,
Zum richtig großen Glück
Fehlt mindestens noch ein Stück,
Und sei’s auch noch so klein. (ab.)

I/6

Konrad und Wilhelm (auf der Party, auch) Helena (befindet sich unter den Anwesenden.)

Wilhelm (zu Konrad): Wer ist das Mädchen da?
Unbeschreibliche Schönheit ziert Sie,
Mit edlem Anmut und mit Grazie!
Konrad: Sie? Sie heißet Helena.

Wilhelm (zu sich): Dauernd schaut Sie mich an,
Ob ich es wagen kann?
(Wilhelm geht zu Helena und bleibt vor Ihr stehen. Sie schauen sich tief in die Augen. Auf einmal legt Wilhelm seine Arme um Sie und küsst Sie, erst schüchtern, dann inniger und bald erwidert sie den Kuss.)

Der SchicksalsSpiegler (gibt sich als einer der Partygäste zu erkennen und spricht, während sich die Bühne leert, zum Publikum.)

Der SchicksalsSpiegler: Gibt es denn ein größres Glück,
Als Liebe auf den ersten Blick?

Liebe auf den ersten Blick?
Dies nehm ich sogleich zurück!
Verliebt, verguckt, verknallt.
Worte durch den Raume schallt!

L i e b e wächst erst mit der Zeit.
Wer nimmt die sich heut noch?
Zur Liebe sag ich: „Tut mir leid.
Vielleicht klappt es irgendwann ja doch.“ (ab.)


AKT II

II/1

Helena ( lehnt sich mit Ihrem Kopf an die Schulter von) Wilhelm

Wilhelm: Oh Liebste, nur Dir zu ehren –
Ich hoff, Du wirst Dich nicht erwehren –
Schrieb ich dieses Gedicht.
Ich möchte Dich nicht missen,
Stattdessen Dein schönes Gesicht
Zärtlich lieblich küssen.
Helena: Bevor Du schöne Worte sprichst,
Und ich mein Herz Dir schenke,
Versprich, dass Du es niemals brichst!
Wilhelm: Ich schwöre, niemals an eine andre denke! (Er küsst Sie.)

In Deinem Augen bin ich eingesunken,
In die Gefühlswelt eingesunken –
Mich traf der sprichwörtliche Funken,
Mit dem sich Liebende so gern betunken.

Ich möcht’ mit Dir zusammensein
Und wäre dann auf ewig Dein –
Und Du ebenso ewig mein.
Ich ließe Dich niemals allein.

Deinen Atem möcht’ ich spüren,
Dass unsre Lippen sich berühren.
Hände über Wangen führen –
Der Leidenschaft ihr Feuer schüren.
(Sie gibt Ihm einen langsamen, liebevollen Kuss.)

Helena: Wilhelm, ich hab Dich so sehr gern,
Ich will’s bei meinem Lebens schwör’n.
(Sie küssen sich erneut, leidenschaftlich, während die Bühne dunkler wird, so dass beide, ohne sich zu bewegen, aus dem Blickfeld der Zuschauer entschwinden.)

II/2

Adam

Adam: Warum musst Wilhelm mich verhöhnen?
Gut, ich werd mit Karle mich versöhnen –
Doch Wilhelm verdient für seinen Hohn
Über m e i n e n Verstand,
Eine ordentliche Lektion,
Aus aller erster Hand!

Noch schwebt er auf Wolke Sieben,
Dies zu ändern hab ich mich verschrieben.
Ich hoffe sie abzustauben,
Und seiner Liebe zu berauben.
Sind sie erst einmal entzweit,
Fühl ich wieder Heiterkeit!

Eifersucht ist eine Leidenschaft,
Die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. (Er lacht höhnisch.)

Oh, dort nahen Karl und Konrad,
Ob sie begrüßen, meine Tat?
Nein, eher nicht, erst will ich lauschen,
Vielleicht an Ihrem Worten mich berauschen. (Er versteckt sich im Hintergrund.)

Karl und Konrad

Konrad: Was sagst Du zum jungen Pärchen?
Spielte er schon an Ihrem „Bärchen“? (Beide lachen.)
Karl: So ist er nicht!
Du weißt es genau;
Helena, obgleich eine schöne Frau –
Doch er kein sexgeiler Wicht!

Nicht wie Du, der nimmt und nimmt,
Wie ein verwöhntes Kind.
Er hat sicher sehr viel zu g e b e n,
Sei es Vernunft, Liebe, L e b e n.
Konrad (sich verbeugend): Oh welch edles Gebaren –
Karl: Wir werden es schon noch erfahren.

Ich hoff, und bete, für der beiden Glück,
Dann hätten alle dabei gewonnen,
Doch ist die Lieb einmal geronnen,
Gibt es für beide kein zurück.
Konrad: Ja eben, drum sollen
Sie sich ergeben, dem Gott gegebnen Genuss
B e v o r es beide schnell beenden wollen.
Karl: Was redest eigentlich für einen Stuss?
Du, und ewiglich Dein Gott,
Den führt schon Nietzsche zum Schafott.

Genug davon, zurück zu unsren beiden,
Ich bang, dem werden viele neiden
Und auch versuchen zu entzwei’n.
Konrad: Glaubst Du, dass würde mich erfreu`’n?
Karl: Nein, doch ihre Lieb ist noch so jung, so zart –
Konrad (schmunzelnd): Ich wette s e i n e, ist ganz hart.
(Er lacht, hört aber bei einem Blick in Karls ernstes Gesicht auf.)

Karl: Die beiden sind ein schönes Paar –
Konrad: Ihr Treffen, Gottes Werk wohl war. (Karl schaut Konrad leicht genervt an.)
Karl: Ich kenne wen’ger Helena,
Bei Wilhelm ist mir eines klar:
Sollte er Sie irgend verlier’n,
Erginge es Ihm schlecht.
Er würde nach der Liebe gier’n,
Die Sie Ihm nicht mehr brächt.
Ich weiß nicht, würde er verzagen
Und zu leben, weiter wagen?
Konrad: Nun mal den Teufel mal nicht an die Wand,
Sonst kommt er schnurstracks angerannt.
Und überhaupt, mach Dir nicht soviel Sorgen;
Denke doch nicht nur an morgen.

Doch Dich will ich auch bekehren,
Und, was es heißt zu leben, lehren!
Komm wir geh’n jetzt einen trinken,
Und werden die Mädels zu uns winken! (Beide ab.)

Adam (, der aus seinem Versteck kommt.)

Adam: Oh Wilhelm, wehe Dir!
Dieser Sieg gehört wohl mir!
Ich glaube einen Grund zu kennen,
Von Helena Dich schnell zu trennen.
Ich muss nur euer Vertrauen,
Langsam, Stück für Stück, abbauen...

Eifersucht ist eine Leidenschaft,
Die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.

(Er beginnt zu lachen und verschwindet in die Nacht.)

II/3 [Die Bühne ist sporadisch geteilt, die beiden Figuren scheinen sich gegenseitig nicht zu bemerken.]

Helena und Wilhelm (in jeweils in einer der Hälften.)

Helena: Was lief hier warum nur schief?
Wieso erhielt ich diesen Brief?
Wer sei das Mädchen, das Ihm schrieb?
Hat er mich nicht wirklich lieb?
Braucht er ’ne andre neben mir?
Diese Frage stelle ich noch Dir! (Sie winkt wütend mit einem Brief in der Hand.)

Wilhelm: Was soll nur dieser Brief bedeuten?
Sollten Alarmglocken beginnen zu läuten?
Ist dies hier denn wahr? (Er wedelt mit einem Brief.)
Es scheint mir gar zu sonderbar.
Ich kann und will gar nicht dran denken,
Dass Sie Ihre Lieb mag andren schenken.

Helena: Ich werde mit Ihm reden und
Bemerken, ist er nur ein Hund,
Oder ist er doch der treue liebe Mann,
Von dem ich gar nicht lassen kann.
(sehnsüchtig) Oh Wilhelm, wie wertvoll Du mir bist!
Ich hoff sosehr, dass Deine Liebe wahr ist.

Wilhelm: Oh Helena, wie stürzt Du mich in Zweifel –
Ich möcht mich stürzen, in die Tiefe,
Vom Turme des Herrn Eifel.
Doch als wenn das Schicksal zu mir riefe,
Steht ebendieser in der Stadt der Liebe –
(sehnsüchtig) Ich wünscht mir nur, das S i e meine Liebe bliebe.

(Der SchicksalsSpiegler steht plötzlich mitten im Publikum.)

SchicksalsSpiegler: Hochverehrtes Publikum.
Hier nun bleibe ich nicht stumm,
Sondern biete diesen beiden,
Die sich mehr als lieben,
Die sich Ihre Seelen verschrieben,
Die Chance, das Böse zu meiden.

Normalerweise ist es mir verboten,
In den Lauf der Welt einzugreifern.
Drum bitt ich Sie, mir nicht nachzueifern,
Legen Sie an Ihre Münder Ihre Pfoten.

Zeit vergehe jetzt ein bisschen schneller,
Es werde dunkel, nachher heller.
Besiegt den Hass, der euch bedroht,
Sonst droht euch beiden große Not!

(Er hält die Zeit an, schiebt die Trennwand weg und lässt die Zeit weiterlaufen.)

Helena: Oh Wilhelm, wie hab ich Dich vermisst!
Und gehofft, dass Du mich nicht vergisst. (Sie blickt Ihn mit großen Augen an.)
Wilhelm: Auf ewig ist es eingebrannt, Dein Bild.
Und seh ich Dich, klopft mein Herz wild. (Er lächelt gequält und seufzt.)
Und doch befürcht ich, Du wirst gehen,
Und ich werd ganz allein dastehen. (Er kniet vor Ihr nieder.)

Sagst Du mir, dass Du mich liebst –
All Deine Liebe mir nur gibst,
So glaub ich’s, denn ich vertrau
Dir, der ich meine Liebe bau.
(Sie hilft Ihm aufzustehen, bricht in Tränen aus und kniet vor Ihm.)

Helena: Steh auf, und ... und vergebe mir,
Denn auch ich zweifelte an Dir.
(Er küsst Ihre Tränen weg, küsst Ihr Gesicht, Ihre Stirn, Ihre Nase, Ihre Wangen, Ihre Lippen, Ihre Zunge, dann hebt er Sie hoch, trägt Sie zu einen im Hintergrund stehenden Bett – und während sich der Hintergrund verdunkelt – beginnen Sie sich unter unendlichen Liebesbekundungen auszuziehen, ...)

Adam

Adam: So hat die Macht der Liebe jetzt gewonnen, (Er schwenkt drohend mit der Faust.)
Doch wie gewonnen, so zerronnen.
Sie werde ich verführ’n,
Und er bekommt die Einsamkeit zu spür’n.
(Er holt aus einer seiner Taschen ein Fläschchen und hält es hoch.)

Ein kleiner Schluck von diesem Saft
Nimmt Ihr Ihre Willenskraft –
Und macht Sie zur Sklavin meiner Lust.
Auf das erst dies erlöse meinen Frust! (Er beginnt wieder zu lachen; ab.)

II/4

Karl und Konrad (, der offensichtlich unruhig ist.)

Karl: Was soll dies teuflische Gebaren?
Konrad (zittrige Stimme): Der Teufel ist nicht in m i c h gefahren!
Und doch war er anwesend heute Abend,
Am Ränkespiel sich fürstlich labend,
Hat er entfesselt seine Kraft,
Die nur zerstört, nichts Neues schafft.
Karl: Was redest Du? Ich wird nicht schlau,
Erkläre es mir ganz genau!

Konrad: Ich komm gerade von’nem Feste,
Da waren viele, mir bekannte Gäste.
Auch Adam, in lockerem Gewand –
Jetzt kommts! – Stand am Rand,
Heftig, und auch leidenschaftlich
Eng umschlungen, unerschöpflich,
Mit einem, kaum in Stoff gehülltem,
Wohl mit Liebesgier erfüllten,
Mädchen, das sehr schön erscheint,
Obgleich Ihre Anwesenheit erstaunt.
Denn ’nem andren schwor sie Treue,
Für den ich mich nun nicht mehr freue,
Die, des Wilhelm Liebste sah ich da:
Die schöne F r a u... (flüsternd:) Helena.

Karl: Du meinst, er hat ... , hat sie genommen?
Konrad: Mehrmals hatte er gewonnen,
Bei diesem schmutz’gen Liebesspiel. –
Karl (flackernden Blickes): Das alleine war sein Ziel.
Ich bin mir sicher, er liebt sie nicht,
Er wollte sich an Wilhelm rächen –
Denn das wird das Herz Ihm brechen.
Hast Wilhelm auf dem Feste auch geseh’n?
Konrad: Nein, er war nicht Zeuge dieser Szen’.
Noch nicht, doch bald schon wird er’s wissen,
Denn es war wohl inszeniert... sehr gerissen:
Ein Fotograf, ob Profi oder Amateur,
Schoß Bilder, nicht wen’ge, eher mehr.

Karl: Oh nein! Konrad, nun sind wir in der Pflicht!
Denn sehen, darf Wilhelm diese Bilder nicht!
Konrad: Ja willst Du Ihn denn entführen?
Karl: Nein, wir gewähren Ihm eine lange Reise,
Bevor diese Geschichte Ihn wird berühren.
Wir bringen Ihm es bei, auf unsre Weise.
Nun glaub ich endgültig nicht
An den Gott da oben –
So viele, die Ihn loben –
Und keiner, der hier richt!

Konrad: Er wird, er wird noch richten
Und die Bösen dabei vernichten.
Komm, bete nun mit mir,
Der da oben dankt es Dir.
Auf dass, das Schicksal ward gewendet
Und das Gute nicht geschändet.
Karl: Amen. (Sie bekreuzigen sich. Ab.)

II/5

Wilhelm (an einem Fluss sitzend)

Wilhelm: Ich ward noch nie so in meinem Leben –
So froh, und konnte Liebe geben.
Und sie kam auch noch zurück,
Ach, das mir schert ist, soviel Glück!
Sie ist so süß, so schön, so unbeschreiblich,
Klug und mitfühlend und unvergleichlich.

Reden kann ich über alles mit Ihr,
Es bedarf vieler Worte kaum,
Warum wünscht ich Sie heute nicht bei mir?
So ist sie nur in meiner Gedanken Raum.
Doch wollte ich es selber so,
Braucht Raum und Zeit für mich allein,
Nun weiß ich, würde nimmer froh,
Ohne Sie kann ich nicht sein!

Du hast mich von Tristes befreit,
Drum leiste ich jetzt diesen Eid:

(er ruft in die Nacht:) Oh Liebste, ich schwöre in dieser Nacht,
Ich halte immer über Dich wacht!
Und sollte jemals jemand wagen,
An Deinem Seelenheil zu nagen,
So gibt es nur eine einzig Sühne:
Er verlässt des Lebens Bühne!

(normale Stimme:) Ja, Liebe ist eine Droge,
Mit ihr fliegt man auf wolker Woge,
Und ohne sie? Keine Lebenslust,
Menschenhass und Lebensfrust.
Liebe ist doch eine Sucht,
Von ungeheurer Wucht.

Oh Helena, oh He ... (plötzlich hält er inne)
Wie wird mir bang,
Dass ich Sie nie mehr wiederseh’,
Wusste ich eben eine Sekunde lang.

Warum wütet ein Gefühlsorkan,
So dass ich keinen Gedanken fassen kann?
Nun hilft mir weder mein Verstand,
Noch der Gefühle Liebesband. (Er schaut aufs Wasser.)

Ich muss nach Hause
Schneller! Ich sause!
(er ruft) Helena! Helena!
(flüsternd) Ich fürcht, Du bist in Gefahr. (Er rennt nach Hause.)

II/6

Karl (wartet vor Wilhelms Haus und) Wilhelm (der angerannt kommt.)

Karl: Wilhelm. Warte, hier für Dich.
Schnell geh rein und packe Deine Sachen,
Du kommst mit uns, mit Konrad und mich.
Wir werden spontan ´nen Urlaub machen.
Hier Dein Ticket, für einmal um die Welt,
Ich hoff, dass Dir die Reise gefällt.

Wilhelm: Ich kann nicht mit, nicht jetzt!
Irgendwas hat die Seele mir vergrätzt.
Ich bang so um meinen Schatz,
Kann sie nicht mit, mach ich Rabatz!

Karl: Sie kann nicht, tut mir Leid,
Doch los jetzt, haben wenig Zeit!
Bitte komm, vertraue uns, vertraue Ihr,
In einer Woche sind wir wieder hier!

Wilhelm: Ich mache mich nun rar,
Freu mich mit meinen Freunden,
Traure um der Stunden, den versäumten,
Mit Dir, oh geliebte Helena. (Beide ab.)

Der SchickalsSpiegler

SchicksalsSpiegler: Gibt es ein größres Missgeschick,
Als zerstörte Liebe, Stück für Stück.

Doch wollen wir erst mal genießen,
Was das Leben uns kann bieten,
Woll’n uns tüchtig mal begießen –
Heute zieh’n andere die Nieten!

Sex, Cannabis, Tabak, Wein,
Feste soll man Feiern, wie sie fallen.
Lass die Sorgen, Sorgen sein.
Uns werden sie sich doch noch krallen. (Ab.)


AKT III

III/1

Karl & Wilhelm

Karl: Der Sinn und Zweck von unsrer Reise,
Ist, dass Du lernst umzugeh’n,
Mit dem Leben, auf eine Weise,
Die Dich an der Zerstörung Rand
Mit Leichtigkeit kann führ’n.
Erschließe dieses neue Land,
Mach von Vorurteilen Dich frei –
Hirn und Herz sind einerlei –
Die setzen wir mal eben außer Kraft –
Du wirst schon sehen, wie leben schafft.
Doch wenn Du weißt, wie Dir geschieht,
Bist Du Deines eigenen Glückes Schmied,
Hältst Gut und Schlecht Du in der Waage,
Bleibst Du immer Herr der Lage.
(Er nimmt eine Flasche Rotwein, öffnet sie, schenkt 2 Gläser ein, hält aber jedes mit einer Hand fest.)

Karl: Die Forschung tat uns einmal kund,
Ein Gläschen Rotwein täglich sei gesund.
Ich halte das für eine Phrase,
Den selten bleibt’s bei einem Glase.

Nun denn, trinken wir auf unser Wohl,
Auch wenn der Alkohol macht Birne hohl.
(Er reicht Wilhelm ein Glas, nimmt das andere für sich selbst. Sie stoßen an, trinken auf Ex aus, woraufhin Karl nachgießt.)

Karl: Gut am Alkohol ist das Vergessen,
Doch sich drauf verlassen, wär’ vermessen,
Denn wenn die Sinne kehren zurück,
Fehlt wieder etwas zum heilen Glück.
Dazu zerstört er Dein Leben, zweifach,
Äußerlich verwahrlost Du, und ach,
Deine Leber wird zu langsam aber sicher
Unaufhörlich weichlicher,
Bis zu Deinem bitterlichen Ende,
Von dem Du wünscht es käm’ behände.
(Er füllt die Gläser ein zweites mal; sie stoßen noch mal an und leeren die Gläser ein zweites Mal. Karl zaubert nun eine Flache Wodka und eine Baguette hervor.)

Karl: Jetzt woll’n wir uns die Kante geben,
Und so richtig trinken, auf das Leben:
Das höchste gut auf Erden.
Auf das wir keine Säufer werden!
(Er gießt in zwei Schnapsgläser Wodka ein, bricht vom Brot zwei Stücken ab und reicht eines, zusammen mit einem Glas an Wilhelm, sie prusten einander zu und kippen sich den Wodka, mit einem Bissen Brot, hinunter.)

Karl: Das kriegt man schon das Schütteln,
Doch mich musst Du nicht lange Betteln. (Er füllt nach.)

Wir denken nicht an morgen,
Und auch nicht an die Sorgen.
Vielleicht auch werden wir vergessen,
Was wir alles haben besessen.
(Sie prusten, mehr oder wenige unbeholfen einander zu, und trinken die ganzen Abend hindurch.)

III/2

Konrad und Wilhelm

Konrad: Der Karl hatte sich aufgebauscht,
Und Du Dich eben ausgerauscht.
Ich weiß, was Du jetzt brauchst:
Wie wäre es, wenn Du eine rauchst?
(Er öffnet eine Schachtel bietet Wilhelm eine an. Dieser nimmt sich eine und Konrad nimmt sich ebenfalls eine und steckt die Schachtel wieder ein, dann zündet er beide Zigaretten an.)

Konrad: Hiermit tue ich Dir kund:
Rauchen ist nicht gesund.
Doch genug von der Moral,
Die find ich nämlich schal. (Er nimmt einen kräftigen Zug.)
Es haben schon die ehrwürdigen alten
Indianer Umgang mit Tabak gehalten.
Und die lebten in Einklang mit der Natur,
Mit jedem Tier, auf weiter Flur.

Um Gott wussten sie zwar nicht,
Doch glaube ich kaum,
Dass er sie dafür hat gericht’ -
Jetzt sind sie in s e i n e m Raum.
(Wilhelm nimmt einen tiefen Zug, atmet stockend ein, und noch stockender aus, worauf er stark zu husten beginnt.)

Konrad: Nicht so gierig, nicht so hastig,
Du hast doch alle Zeit der Welt,
Sonst wird er nur zu Teer- lasstig,
Was Morris, nicht dem Staat gefällt. (Er nimmt ernst einen tiefen Zug.)

Weißt Du, wenn ich rauche,
Egal, ob ich nun brauche
Oder nicht, ich fühle dann,
Dass Freiheit ich gewinnen kann.
(Beide nehmen einen tiefen Zug. Wilhelm hustet nur leicht, atmet aber normal weiter.)

Konrad: Rauchen, und bin ich süchtig,
Merke ich’s nur flüchtig,
Und fühle mich nicht dabei schlecht,
Ich steh dazu, und mach es gerne,
Fühl versetzt mich in die Ferne.
Gott gab uns den Genuss,
Wobei man zu dosieren wissen muss,
Sonst ist’s I H M auch nicht recht.
(Und noch mal nehmen beide einen tiefen Zug, dann nimmt Karl Wilhelm die Zigarette weg und macht sie aus.)

Konrad: Na siehst Du, es geht doch schon,
Da kommt ja schon der Mühe Lohn.
Ich hoff’ natürlich, Du rauchst nicht Kette,
Dann kann Dich keiner retten, ich wette.
Ich habe etwas zum Ausprobieren,
Etwas, wonach auch viele gieren.
(Er holt zwei Zigarren aus seiner Tasche, schneidet sie an, zündet sie an und reicht eine Wilhelm, woraufhin sie anfangen die Zigarren zu rauchen.)

Konrad: Ab und zu, ein bisschen Snob,
Gut, ruft auf den Plan den Mob,
Macht aber Spaß, und wie gesagt,
Ich mache das nicht jeden Tag. (Er lächelt, sie haben ungefähr die Hälfte aufgeraucht...)
Wir haben Zeit bis zur Sonne,
Greife zu, es ist ´ne Wonne!
(Er lacht und holt eine ganz Kiste Zigarren und sie reden scheinbar noch den ganzen Abend.)

III/3

Wilhelm und Karl (sitzend an einem Tisch auf dem deutlich sichtbar Cannabis steht...)

Karl: Vergiss jetzt diese Babysachen,
Wo selbst Kinder drüber lachen:
Den Alkohol und den Tabak
Packen wir in diesen Sack
Und werfen, mit großer Hast,
Sie von uns, diese Last.
(Er packt tatsächlich Alkohol und Zigaretten in einen Sack und wirft diesen hinter die Bühne, wo er mit einem Klirren landet.)

SchicksalsSpiegler (unsichtbar): Solch Lebensfreuden!
Wer mocht sie vergeuden?

(Wilhelm lächelt kurz.)

Karl: Doch nun zum ernst der Lage,
Diese „Droge“ sei nicht so ungesund,
Wie vielen Menschen leider kund,
Und so versetzt der Name allein,
Obwohl es sollt nicht sein,
Ganz entsetzlich schon in rage.
Vergiss am besten drum,
Jegliches bisheriges Tun.

Befreie Deine Sinne schnell,
Lass hinter Dir die Realität,
Farben werden grell,
Morgen ist’s früh, jetzt ist’s spät.
(Er beginnt zu lachen und dreht dabei einen Joint.)

Karl: Hanf, Marihuana heißt der Stoff,
Der sicherlich nicht unschädlich ist,
Wenn man die Dosierung vergisst –
Worauf ich bei Dir nicht hoff.
(Wilhelm nimmt den Joint, Karl zündet Ihn an, Wilhelm nimmt einen Zu, und beginnt verrückt zu grinsen. Dieses Grinsen nimmt mit jedem weiteren Zug zwar ab, er bleibt jedoch heiter.)

Karl: Ja, ja, der aller erste Zug,
Viele wollten nur testen,
Und täten sie nur dies,
Es wär’ für sie am besten.
Doch fühlen sie sich kurz nur mies,
So machen’s weiter. (Er schüttelt den Kopf.) Unklug.

Auch Dir, den ich gerad behüte,
Reiche ich nur eine Tüte. (Wilhelm raucht den Joint auf und schaut fragend.)

Karl: Nein, es ist genug für heute,
Wie schnell süchtig werden die Leute... (erneutes Kopfschütteln)
Geh nun lieber, und ruhe Dich aus,
Morgen ist das Gift aus Deinem Körper raus.

Konrad uns ich, wir glauben,
Uns noch e i n e Lektion zu erlauben.
(Karl lächelt, Wilhelm legt sich aufs Bett und beginnt auch gleich einzuschlafen. Karl ab.)

III/4

Wilhelm (auf einem Tisch stehen Flaschen, liegen Zigaretten und Hanf.)

Wilhelm: Wo bleiben Karl und Konrad?
Was hecken sie nur aus?
Fest steht, ihrer Übung Saat
Kam irgendwie doch raus,
Denn stehe hier zwar alle Sachen,
Doch werd ich damit nichts wohl machen.

Ich werd doch schnell nervös,
Ich mache mir leicht Sorgen,
Wo bleiben die? Ich werde bös’!
Die könn auf mich warten morgen!
(Er seufzt, gießt sich ein Glas Rotwein ein, nimmt sich eine Zigarette und zündet sie an, als es plötzlich an die Tür klopft.)

Wilhelm: Lieber zu spät als nie, (Er öffnet die Tür)
Hmpf...
(Es sind drei junge Frauen, die Ihn verführen und obwohl er sich versucht zu wehren, weisen sie Ihn in die Künste des Liebesspiels ein. – Am nächsten Morgen erscheinen) Karl und Konrad, Wilhelm (ist zerzaust und müde.)

Karl und Konrad: Guten Morgen Casanova,
Wow, was für ein Tohuwaboha! (Beide lachen.)

Wilhelm: Steckt Ihr dahinter?
Kinder, Kinder!
Warum tatet Ihrs mir an?
Seht euch nicht als mein Dekan!
Karl: Mit diesem Stuss,
Konrad: Ist jetzt Schluss! (Wilhelm schaut fragend.)

Karl: Wir erklären’s Dir,
Konrad: Du wilder Stier (Er lacht, schaut beide an, und hört abrupt auf zu lachen.)
Karl: Wir mahnten Dir doch an,
Wohin Übermaß führen kann!
Konrad: Tja, und er, (zeigt auf Karl,) glaubt, dies gelte auch für Liebe,
Es kommt mir vor, wie eine Lüge!
Denn Gottes Liebe kann man nicht beschreiben.
Karl: Solch Reden mag ich gar nicht leiden. (Er lächelt.)
Konrad (zu Wilhelm): Aber es gefiel Dir doch?
Wilhelm (schreit): Raus! Sonst vergesse ich mich noch!
(Eine Tür knallt schallend laut und die Figuren sind getrennt: Karl und Konrad | Wilhelm.)

Karl: Ich glaub, wir sind zu weit gegangen!
Konrad: Nein, bedenke, wie er an Helena gehangen!
(Sie hören lautes Schluchzen und Wüten aus Wilhelms Zimmer.)

Karl: Ich weiß und er hängt immer noch,
Und ich denke, wir irrten doch! (Alle bleiben auf Ihrem Platze.)

III/5

Wilhelm

Wilhelm: Oh Helena, oh Helena,
Wie soll ich Dir’s nur sagen?
Ich liebe Dich doch immer dar! –
Bin schuldig, weil die Sinne unterlagen. (Er seufzt.)
Ich wollt und will sie niemals quälen,
Doch muss ich es Ihr jetzt erzählen!
(Er nimmt sein Mobiltelefon und tippt eine Nummer ein.)

SchicksalsSpiegler Stimme: Die gewünschte Person ist zur Zeit,
Das vertreibt die Heiterkeit,
Leider nicht zu erreichen –
Doch lass das Herz Dir nicht erweichen.
(Wilhelm wirft das Handy aufs Bett und bricht in Tränen aus.)

Wilhelm (schreit): Helena, ewige Treue schwor ich Dir,
Sonst sollt der Tod ereilen mich!
So schwöre ich nun mir:
Ich töte mich, für Dich!

(normal): Doch muss ich vorher Dich erst sehen,
Ein allerletztes mal.
Dann werd von der Brücke ich gehen.
Leben ist eine Qual.

Karl hat schon irgendwie Recht,
Von einem Extrem ins andere.
Doch macht es mich nicht schlecht,
In der Welt, die ich durchwandre.

Oh Helena, mit Deinem Segen
Geh ich friedlich in eine andre Welt.
Würd’s verstehen, magst Groll Du hegen.
Was hält mein Los für mich bereit?

Nun schnell nach Haus, (Er beginnt zu packen.) zu Helena.
Zu meiner Liebsten ebenda.

III/6

Karl, Konrad und Wilhelm (in einem Flugzeug. Wilhelm sitzt eine Reihe vor Karl und Konrad und schläft unruhig.)

Konrad: Warum die plötzlich, schnelle Reise?
Karl (leise zu Konrad): Er will Ihr seine Liebe beweisen.
Wir müssen vor Ihm zu Adam hin,
Sonst wird’s wahrscheinlich Ungemach.
Konrad (leise zu Karl): Wie kommt Dir so was in den Sinn?
Ich fürcht nur um Wilhelms Schmach.
Du weißt, dass kann nicht gut ausgehen.
Karl: Ja, und hoffe doch – wir werden sehn.

Wilhelms Traum

Helenas Stimme: Ich sprech von Deiner Schuld Dich frei,
Von Deiner Liebe auch dabei.
Ich liebe Dich, vermisse Dich,
Und ich weiß, Du denkst an mich.
Wäre zwar gern vereint mit Dir,
Doch zum Glück bist Du nicht hier.
Folg mir erst später, lass Dir Zeit.
Du bist noch lange nicht soweit.
Ich liebe Dich, ich geh dahin,
Bleib Dir mit ’nem Kuss im Sinn.

(Alle ab.)

SchicksalsSpiegler: Ob Norden, Süden, Osten, Westen –
(verkleidet als Pilot) Zu Hause ist es doch am besten.

Jetzt geht es los, jetzt fängt es an,
Sie sahen, wie das Ende schon begann!
Man war zusammen, man ist im Streit,
Und wen schon hatte es gefreut?

Doch die Rechnung zahlt im Leben –
Dafür bin ich der Garant! –
Ich lass so manches Herz scheinbar erbeben.
Und bleib doch immer nur am Rand... (Ab.)


AKT IV

IV/1

Adam

Adam (nervös): Ich kann das einfach nicht verstehen,
Nirgends eine Spur zu sehen.
Weder vom Karle, noch von Konrad,
Nicht von Wilhelm, noch von Helena.
Es wird mir langsam ziemlich fad,
Keiner ist zu meiner Unterhaltung da.

Wie soll ich mich so rächen?
Kann ich Wilhelms Herz so brechen?
Würd auch gern Helenas Körper frönen,
Denn daran könnt ich mich echt gewöhnen. (Er lächelt verschmitzt.)

Was soll’s? Ich rufe Karl jetzt an –
Hoffentlich geht er jetzt ans Handy ran!
(Er wählt eine Nummer in seinem Handy, woraufhin es unmittelbar hinter Ihm zu klingeln beginnt.)

Adam (erschrocken): AH! (normal): Wieso
Erschreckst Du mich denn so?
Du nimmst mir ja die Lebensjahre –
Dann lieg ich tot auf einer Bahre!

Karl (grimmig): So mein Freundchen, hör mir zu,
Denn eher geb ich keine Ruh!
Du bist e i n Schritt zu weit gegangen
Und hast Dich dadurch selbst gefangen.
Adam: He... –
Karl (brüllt): S c h w e i g! (normal): Ich will nicht wissen „Warum?”,
Denn wahrscheinlich ist es mir zu dumm.
Doch höre: R a c h e ist ein Gefühl!
(laut): E i n G e f ü h l! Hörst Du? K e i n S p i e l!

Adam: Ich tat Ihm garantiert einen Gefallen
Und er wird es auch noch schnallen:
Er sollte nicht so schnell Vertrauen schenken.
Karl: D u willst Ihm den Hals verrenken!
Mir ist egal, ob Du es raffst,
Mir ist egal, ob Du es schaffst!
Entweder, Du bringst das ins Reine,
Oder Du ziehst schnellstens Leine!

Adam: Langsam ekelst Du mich an,
Gefühle machen nun Dich auch weich,
Was lässt Du andre an Dich ran?
Du bist doch mit Dir schon reich.

Karl: Da Du es doch niemals verstehst,
Schlage ich vor, dass Du sofort gehst.
Dreh am besten zurück die Zeit,
Drehe schnell, drehe weit.
Adam (aufgebracht): Nein, nein, und nochmals nein!

(Plötzlich erscheint Konrad, mit einer Zeitung in der Hand.)

Konrad: Fang jetzt bloß nicht an zu wein’. (Er schlägt Adam einmal.)

Adam (fassungslos): Was? Das wirst Du mir büßen!
Konrad (wütend): Lerne Du, was Sühne heißt,
Bevor Du mich zum Büßen beißt!
Karl (belustigt zu Konrad): Was mocht’ Dir den Tag versüßen?

(Er umarmt Karl, der plötzlich in Tränen ausbricht.)

Konrad (mit zittriger Stimme): Das, lies selbst. Der Lauf der Welt
Ist, nicht zu stoppen, losgerollt,
Auf das dem Teufel sie gefällt,
So dass, mehr als einer schmollt.
(Er schaut verächtlich zu Adam, lässt die Zeitung fallen und geht langsam weg. Karl nimmt die Zeitung, schlägt sie auf und beginnt zu lesen.)

SchicksalsSpieglers Stimme: Extrablatt, Extrablatt,
Polizei noch immer Schachmatt.
Ein tragischer Tod, der sich ereignet hat,
Erschüttert unsere sonst so zivilisierte Stadt.
Die wunderschöne Helena ward geborgen –
Bis jetzt machte sich noch niemand Sorgen.
Doch an Ihrem Finger fand man ein Ding,
Das Fragen aufwirft – ein Verlobungsring.
Die Öffentlichkeit wird um Mithilfe gebeten,
Damit die Behörden nicht auf der Stelle treten.
Denn auch das Motiv ist zwar noch unbekannt,
Doch wird an Verbrechen jeder Gedanke verbannt.
Nicht der Körper des Mädchen ertrug Leid,
Vermutlich aber die Seele, für unbestimmte Zeit.

(Karl lässt die Zeitung fallen und schaut Adam hasserfüllt an.)

Karl: Sturm erntet, wer Wind säht.
Adam: Zur Umkehr ist es jetzt zu spät.

Karl (ohrfeigt Adam): Das ist es nicht. Sie ist verloren,
Rette jetzt wenigstens Ihn!
Sonst wirst Du von m i r geschoren!
Leg ab, Deinen „Rache – Splin“! (Er wendet sich Konrad hinterher.)
(ruft): Konrad?! Warte doch auf mich! (Ab.)

Adam (ruft Karl hinterher): Ich verleugne mich nicht! (Ab.)

IV/2

Karl und Konrad (nebeneinander gehend)

Konrad: Lassen wir’s auf sich beruh’n?
Oder sollten wir doch was tun?
Karl: Wir müssen es Ihm sagen, bestens jetzt –
Du weißt doch, was er sich in den Kopf gesetzt!
Und das bis zum Schluss,
An dem Ihn jemand hindern muss.
Und ganz unschuldig sind wir nicht daran:
Wir zerrten Ihn fort, als die Tragödie begann.

Konrad: Aber doch in besten Absichten!
Karl: Trotzdem wird man uns abrichten.
Vermutlich nicht in dieser Welt,
Doch das wäre (beide): Ein zu weites Feld.
Konrad: Gut. Doch was, muss ich Dich fragen,
Was, sollen wir Ihm denn sagen?
„Adam hat Helena berührt,
Weshalb wir Dich letztlich entführt.“?
Karl: Ja. Und nein. Wir sagen mit Klarheit,
Offen und ehrlich die Wahrheit.
Wir werden nichts herunterleiern,
Unsere Schuld auch nicht verschleiern.
Wenn wir Ihn nicht bringen zur Vernunft,
Wird unser Freundeskreis geschrumpft!
Konrad: Ich will Dir folgen, Dir unter die Arme greifen,
Zusammen werden wir das Böse schleifen!
(Sie erreichen einen Platz, an dem Wilhelm steht und die Sterne beobachtet.)

Karl (zu Konrad): Lass mich zuerst mit Ihm sprechen.
Konrad (zu Karl): Ja. Sag Ihm, wir wollten Ihn nicht brechen.

Karl: Wilhelm. Wilhelm? Wie fühlst Du Dich?
Wilhelm (sehr leise): Fürchterlich.
Karl: Was ist geschehen?
Wilhelm: Ich würd Sie gerne wiedersehen.
Karl: Aber Du kannst Sie nicht erreichen?
Wilhelm: Ja, das auch. Doch viel schlimmer:
Ich spürte Ihre Aura immer
Rings um mich herum,
Doch diese Aura bleibt nun stumm.
Karl (hält Wilhelms Schulter): Du bangst ob dieses Zeichen?
(Konrad beginnt stumm zu weinen und wendet sich von Wilhelm ab.)

Karl (zu Konrad): Jetzt reiß Dich mal zusamm’,
Hilf mir, los, fang an!

Wilhelm (sieht die Tränen): Konrad? Was hast Du?
Sag mir, was stört Deine Ruh’?

Konrad (laut): Ich muss es Ihm sagen!
Groß ist meine Not,
Mich zu drücken, will ich nicht wagen.
Helena, sie ist... (Er bricht wieder in Tränen aus.)
Karl: ... tot.

(Wilhelm erstarrt, setzt sich hin. Steht gleich wieder auf, rennt wild herum und schaut gen Himmel.)

Wilhelm (gen Himmel): Nein! NEIN! N E I N !
Karl: Hör auf zu schrein!
Wilhelm: Mit was willst Du denn noch mich quälen?
Karl: Nichts mit quälen, nur erzählen.
Wilhelm: Wo und Wie und Warum und Wann?
Karl: So gut ich selbst es sagen kann.

Doch eins musst Du mir versprechen,
Eher fang ich nicht an zu sprechen!
Wilhelm: Niemals brech ich einen Eid,
So wird es bleiben, tut mir Leid. (Schaut Karl aber mit flehendem Blick an.)

Ich fleh Dich an, es mir zu sagen
Und werd versuchen, nicht zu verzagen.
Und wenn ich’s sollte nicht verstehn,
So bitt ich Euch, mir’s nachzusehn.

(mit leeren Augen) Ich liebe Sie von ganzem Herzen –
Es ward um uns Elysium
Nun bleibt Sie auf ewig stumm,
Und meine Seele, die wird schmerzen.
(Karl schaut fragend zu Konrad, der langsam aber bestimmt nickt.)

Karl (seufzt): Gut. So sei es denn.
Wilhelm, handele besonnen,
Es wird Dir schlecht ergehn, wenn
Du Sich nicht dran hälst!
Wie gewonnen so zerronnen –
Und Du nur in Trübniss fällst.
Wie wir lehrten: Halte bitte Maß!
Sonst vergeht für immer Dir der Spaß.

(erzählt betonungslos): Adam hat Helena erst berührt,
Danach hat Er Sie dann verführt.
Er hat sie wohl betört,
Und sie letztlich so verstört,
Dass sie sich alleine dann zerstört. (Wilhelms Gesicht spiegelt traurigen Hass wieder.)
Karl: Wilhelm? Hast Du mich gehört?
Konrad (zu Wilhelm): Bitte, halte Dich bei Adam zurück,
Sonst findest niemals wieder Glück.
Wilhelm (zittrig böse Stimme): Mit Ihr habe ich a l l e s verloren!
Doch hab ich einen Eid geschworen.
Gäb Helena mir ein Zeichen,
Würd ich mich vielleicht erweichen.

Karl (energisch): Ich werd Dich nicht zu Ihr lassen!
Wilhelm: Warum? Soll ich Dich auch noch hassen?
(flehend): Machs mir doch nicht so schwer zu gehen,
Hilft da auch kein auch noch so flehen?
Karl: Warum musst Du nach dem Tode gieren?
Versteh doch: Wir wolln Dich nicht verlieren!

Wilhelm: Ich werde jetzt nach Hause gehen,
Denn ich muss es erst mal verstehen.
Darüber kann ich nur alleine sinnen
Und vielleicht von vorn beginnen.

Konrad: Ich wünsch Dir alles Gute,
Lass den Kopf nicht hängen.
Karl: Sonst schlag ich Dich mit einer Route!
Wilhelm (unruhig): Hört auf, mich ewiglich zu zwängen! (Ab.)

Karl (ruft Wilhelm hinterher): Halte Dich von Adam fern,
Dich verletzen will er gern!

IV/3

Wilhelm (kommt zu Hause an, öffnet seinen Briefkasten, nimmt den darin befindlichen Brief und befreit Ihn aus dem Umschlag und liest Ihn.)

Helenas Stimme: Oh Geliebter, Du mein Gott;
Wenn Du dies hier liest,
Führt ich mich längst schon zum Schafott.
Ich weiß, dass Du das nicht genießt –
Denn ich liebe Dich
Von ganzem Herzen,
Doch Du verdienst besseres als mich.
Ich möchte Dich nicht schmerzen.
Du denkst wahrscheinlich: „Nein! –
So kann und darf es doch nicht sein!“

Ich habe Dich zwar nicht belogen,
Dafür Dich, unabsichtlich, betrogen.
Ich hätte widerstehen müssen,
Und er hät’ mich nicht dürfen küssen.

So tragen wir alle unsre Schuld –
Mit dem Leben hab Geduld.
Die nächste wird Dich finden.
Sei glücklich mit Ihr,
Du sollst Dich an Sie binden.
Sei zu Ihr, wie Du warst zu mir.

Mein Leben war dunkel,
Liebe war mir unbekannt,
Mit Dir kam Licht und Gefunkel,
Nach Dir hab ich mein Herz benannt!
Leb wohl, ich geb Dich frei!

(Wilhelm bricht zusammen, braucht einige Minuten um zu sich zu sammeln, schaut auf den Brief, fällt wieder auf die Knie.)

Wilhelm (brüllt): N E I N ! Was dachtest Du dabei?
(Nach einiger Zeit nimmt er sein Mobiltelefon und tippt eine Nummer ein.)

Wilhelm: Wenn Ihr in einer Stunde bei Adam seid,
Gibt’s zwischen uns vieren nie mehr Streit –
Nur noch Glück und Harmonie,
Wie es sie gab noch nie. (Er legt auf.)
(Er geht in seine eigene Wohnung, kommt aber fast sofort wieder heraus, geht zu Adams Wohnung und klingelt bei Ihm. Adam öffnet und sieht sich einer geballten Faust gegenüber, die aber beim Anblick Adams zögert.)

Wilhelm (mitleidig): Wer tat mir das denn warum nur an?
Wo ich doch keinen Verletzten schlagen kann!
Adam (sarkastisch): Na dann habe ich ja richtig Glück.
Wilhelm (kalt): Vielleicht davon ein zu kleines Stück. (Er schlägt zu.)

Adam (voller Hass): Hast Du heut schon Zeitung gelesen?
Es steht drin: „Tod ist Helena.“
Du warst wohl nicht immer für sie da?
Wilhelm: Du wirst nie mehr genesen.
(Er holt ein großes Messer aus seinem Mantel, woraufhin Adams Augen groß werden und Er ein wenig zu zittern beginnt. Das Zittern hört auf, als Wilhelm einen Arm von Adam festhält und mit dem Messer aufritzt.)

Wilhelm (wie von fern): Ich liebte Dich, ich glaubt zu Recht,
Dachte, wir sind niemals schlecht.
Deshalb will ich Dich nun erlösen
Von dem anderen Du – dem Bösen!

Adam (panisch): Wilhelm, komme zu Dir!
Bitte mach das nicht mit mir.
Viele, die Leben, verdienen den Tod
Und manche die sterben das Leben,
Kannst Du es Ihnen geben?
Hilf mir, bring mich nicht in Not.

Wilhelm: Du weißt doch, ich handle nicht nach Verstand,
Worin dies alles seinen Anfang fand.
Du nahmst mir, was mein Leben war!
Brachtest Dich somit selbst in Gefahr. (Er sticht zu.)

Adam (röchelnd): So sei es, ich fühlte nie, auch jetzt nicht, Reue
Und halt mir selbst im Tode noch die Treue!
Wilhelm: So sei es, mein Freund,
Ich hätt gereut, hätt ich dies versäumt.
(Wilhelm sticht Adam ins Herz, und schließt, als dieser tot am Boden liegt, Ihm die Augen. Hernach schließt er die Wohnungstür von innen.)

IV/4

Karl und Konrad (vor Adams Wohnung)

Karl: Ich sags Dir! Wilhelm rief mich an,
Wir sollen herkommen, denn dann
Wird alles wieder gut. –
Nur Mut, nur Mut.
Konrad: Glaubst Du das auch?
Karl: Ich will es trotz allem glauben,
Ja willst Du mir die Hoffnung rauben?
Konrad: Nein, es sprach nur so aus meinem Bauch.
Karl (schaut auf seine Uhr): Ich kann nicht mehr warten!
Wo ist Wilhelm nur?
Komm, lass uns starten! (Er klingelt.)
(Er schaut nach oben.): Bitte Gott, hilf uns, sei nicht stur!
(Wilhelm öffnet – leeren Blickes – stumm die Tür, das Messer noch in der Hand, streift er mit selbigem über Karls linke und Konrads rechte Wange, woraufhin Konrad es Ihm aus der Hand schlägt. Blut und Adams Leiche sind im Hintergrund zu sehen.)
Karl: Seht! Seht!
Wir kommen zu spät.
Wilhelm, warum?
Konrad: Ich glaub er bleibt stumm.
Karl (panisch): Wir müssen hier verschwinden!
Und erst mal Zeit ein wenig schinden!
Konrad (ruhig): Wir müssen die Behörden holen. (Er geht zum Telefon.)
Karl (noch panischer): Und dann schnellst weg, auf leisen Sohlen!

(Sie fliehen und reißen Wilhelm mit sich. Sie kommen an den Fluss, in den schon Helena sich stürzte, Wilhelm läuft schon lange nicht mehr selbst, sondern wird nur noch mitgezogen und mitgezerrt.)

IV/5

Karl, Konrad und Wilhelm

Karl: Bitte Wilhelm, was ist denn los?
Komm, gib Deinem Herzen einen Stoß.
Konrad: Karl, mach halt!
Wilhelm ist ganz kalt. (Karl fühlt Wilhelms Puls.)
Karl: Er hat keinen Puls mehr,
Wilhelm! Machs uns doch nicht so schwer!
Konrad: Mach Dir nicht so viele Sorgen,
Es ist zu spät, denk an morgen.
Du weißt, es war sein Willen.
Das müssen wir respektieren.
Da hilft kein Bitten, hilft kein Brüllen
Und erst recht kein plakatieren.

(Er durchsucht Wilhelms Taschen, findet dabei den Brief von Helena, liest Ihn Karl vor. Auf der Rückseite schrieb Wilhelm etwas dazu.)

Wilhelms Stimme: Wenn Ihr das hier lest,
Ist es, wie Ihr seht,
Um mich zu retten, zu spät.
Ich bitte Euch um ein M u s s!
Erstens, dass Ihr nicht döst,
Zweitens, werft mich in den Fluss.
So dass ich wie Helena sterben kann.

Ich bitte Euch, für all das Gute,
Für das Ihr steht.
Helft mir finden meine Route,
Mit der es für mich zu Helena geht.
Denkt an uns, ab und an.
Lasst uns zusammen verbrennen,
Und unsre Asche in e i n e Urne sinken.
Nichts soll unsre Namen nennen –
Wir möchten auch kein Abschiedswinken.

Klärt den Behörden alles auf. –
Ich bin der Böse, weil ich liebe! –
Ich will nicht, dass Ihr Euch mit irgend jemand rauft.
Wenn doch, gebt ihm in meinem Auftrag Hiebe!

(Karl und Konrad schauen einander an, nicken sich an und werfen Wilhelm in den Fluss.)

IV/6

Karl und Konrad und der SchicksalsSpiegler (, der als „Pfarrer“ verkleidet ist auf einer Beerdigung.)

SchicksalsSpiegler: Wir nehmen Abschied, heute hier,
Von diesem Pärchen, beide liebten wir.
Wir hoffen, Sie sind vereint,
Wo die Sonne ewig scheint.

Es geht immer so rasche,
Egal ob Mensch, ob totes Laub:
Asche zu Asche
Staub zu Staub.

Der Tod dauert das ganze Leben
Und hört auf, wenn er eintritt, zu existieren.
Ewigkeit kann niemand geben.
Der Tod hält mit dem Leben schritt. (Ab.)


EPILOG

E/1

SchicksalsSpiegler: Das Stück ist zwar nun aus,
Doch bitte, gehen Sie nicht raus.

Ich hoffe doch, Sie lernten dran,
Wie grausam schön die Welt sein kann.
Und wenn sie nicht gefällt,
Bedenkt: Wir schaffen selbst unsre Welt!

Die Hoffnung darf nie sterben,
Sie ist die letzte Rettung vor der Not,
Denn nichts und niemand kann sie beerben. –
Nach ihr kommt immer nur der Tod.

E/2

SchicksalsSpiegler: Das Leben bahnt sich seinen Weg,
Seltenst gerade meistens schräg.
Drum möchte ich Ihnen nicht enthalten,
Wie Karl und Konrad Ihres entfalten.
(Beide erscheinen auf der Bühne, bleiben aber im Hintergrund stehen.)

Konrad vertraut seinem Gott nicht blind,
Er denkt dafür jetzt sehr viel mehr.
Es fällt Ihm zusehends wen’ger schwer.
(verträumt): Wie niedlich meine Schafe sind.
(normal): Auch Karl veränderte sein Denken,
Der Liebe will er mehr Beachtung schenken.
Er glaubt nun auch an Gottes Macht –
Sieht meine Wunder Tag und Nacht.
So kommen die beiden geistig sich nah,
Was leider heutzutage rar.

Noch drei Figuren sahen wir,
Drum bitt ich sie schnell zu mir.
Adam und das Liebespaar:
Wilhelm und seine Helena.
(Adam auf einer Wolke über dem Publikum, Helena und Wilhelm auf einer Wolke über der Bühne mit sich selbst beschäftigt.)

Adam ist geläutert worden,
Auch wenn man Ihn dazu musst ermorden.
Im Tode wurd’s Ihm dann gewahr,
Zwar zu spät, doch ist’s jetzt wunderbar.

Und unsre beiden Süßen? (Er schaut hoch, und sieht sie eng umschlungen und nackt.)
Hm, die werden so schnell nicht grüßen.
Hach ja, die Liebe vereint,
Gibt nichts schönres, wie mir scheint. (Alle ab, außer SchicksalsSpiegler.)

E/3

SchicksalsSpiegler: Nun gut. Kommen wir zum Schluss.
Ein paar Worte noch, auf Ihren Wegen:
Stürzen Sie sich nicht in den Fluss.
Beenden Sie nicht einfach Ihr Leben –
Es kann soviel schönes Ihnen geben.
Sie haben meinen Segen. (Er streut Goldstaub übers Publikum.)

Habe Sie in Ihrem Leben Spaß,
Beachten Sie jedoch das Maß!
Es liegt an Ihnen, was geschehen mag,
Drum gehn Sie fröhlich in jeden Tag.

Jetzt ist das Stück auch endlich aus,
Hat es gefallen, so geben Sie Applaus. (Ab.)

E/4

SchicksalsSpiegler (vorlesend):
ICH WAR

ICH WAR EIN GEDANKE –
VERLETZLICH. DOCH GEFÄHRLICH!
SPIELT MIT DEM LEBEN
UND ERLITT DEN TOD

ICH WAR EIN GEFÜHL –
EWIG. UND DOCH VERGANGEN!
SPIELT MIT DER LIEBE
UND ERITT DEN HASS

ICH WAR EINE SEEL’ –
REAL. UND DOCH NICHT WIRKLICH!
SPIELT MIT DEM DASEIN
UND ERLITT DAS NICHTS
(Er klappt das Buch zu und ab.)

*fin*

by.myself
 



 
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