1000 und zwei Morgen Land

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Khalidah

Mitglied
1000 und zwei Morgen Land- die Ballade vom Prinzen Alimdinst und der unsichtbaren Zauberin Schacharache



1000 und zwei morgen land
hab ich durchkrochen
dürstend nach dir
und weggefuchtelt mindestens vier
von sieben fliegenden plagen

“Herr Ritter, s’gibt da einen Trick-”
“O bitte halte dich zurück!
Ich mogle nicht - wer bist du nur?”
Von einem Sprecher keine Spur.

“Die Wüstenfee, die Schacharache!
Expertin für Sandstürm’ und Ungemache.
Hier bitte, da ist meine Karte.
Bevor ich mit der Rettung starte-”

“Ja Himmelszwirn, was soll denn das?
So macht doch märchen keinen Spass!
Ihr Zauberzeug, das ist mir schnurz.”

“Bittebitte, ich machs auch kurz!”

“Und überhaupt, ich seh’ Sie nicht.
Ein gutes Geschäft braucht ein Gesicht.
Es seie denn, ihm folgt Erblindung.
Das wäre schlechte Kundenbindung.”

“Ich schmeiß mein Kärtchen einfach runter,
danach mache ich Sie munter
und bleibe hinterm Schleier fein.
Muss das Entblättern wirklich sein?
Könn’ Sie’s nicht einfach so annehmen?
Sie sind wohl nicht von den Bequemen?
O so ein Ritter tugendhaft
hat’s bis zum End’ noch nie geschafft.”

“Eins sehe ich sofort, Madam:
gar unseriös ist euer Kram.
Ich dank’ zwar schön, doch seht nun ein:
den Weg geht man als Held ALLEIN!!!”

So verschwand halt Schacharache
- die ja auch nie ward gesehn',
ließ den Prinzen stehn in Brache
und kein magisch' Ding gescheh’n.

1000 und zwei morgen land
durchkrieche ich weiter
dürstend nach dir
und kämpfe noch immer mit mindestens vier
von sieben fliegenden plagen

1000 und zwei morgen land
wie in den sagen
fiels mir plötzlich ein
nicht mal 3 quadratkilometer
'ne meile 'ne seite
und wie's mich befreite
ach ich geh einfach heim
 

Udogi-Sela

Mitglied
Zweihundertundneunmittag

Nach den ausgestorbenen Drachen der Vera-Lena nun also märchenhaftes á la Tausendundeinenacht, sorry, Tausendundzweimorgen.

Wenn ich das richtig verstehe ist die Zauberin Schacharache unsichtbar, und würde, so sie sich vor dem Ritter entblätterte, sichtbar.
Zusammenfassend würde ich das ganze als Allegorie auf das ewige missverständliche Spiel zwischen Mann und Frau verstehen, oder?

Jaja:

O so ein Ritter tugendhaft
hat’s bis zum End’ noch nie geschafft.”

Herzlichst
Udo
 

Khalidah

Mitglied
Hallo,

zuerst einmal entschuldigung für die etwas verspätete Antwort.

Zusammenfassend würde ich das ganze als Allegorie auf das ewige missverständliche Spiel zwischen Mann und Frau verstehen, oder?
Obwohl das sehr scmeichelhaft wäre, dem ist nicht so, leider ganz und gar nicht!

Ich habe hier zwei Ebenen anzulegen versucht: den Dialog zwischen Schacharache und dem Ritter, der eingebettet ist in den kleingeschriebenen lyrischen Teil, sozusagen den "Gedanken" des Prinzen.
Es fängt zuckrig und poetisch an, wie im Märchen, mit einem wundervollen Wortspiel, dann kommt der formale Bruch. Die Schachrache spricht Alimdinst an: "Hallo, äh - Sie machen sich's ja sehr schwer!" Was auch wieder ein Märchenelement ist, in der Not taucht die zauberkräftige Hilfe auf. Der Ritter weigert sich aber, solche Hilfe in Anspruch zu nehmen, das passt nicht zu seiner edlen Gesinnung, er müht sich lieber von Hand, anstatt sich auf ein dubioses Angebot einzulassen. Die Fee hilft ihm also nicht, er bleibt tugendhaft und heldisch. Später geht ihm dann doch von allein auf, dass die geheimnisvollen, weiten tausend und zwei Morgen Land so wild und weit gar nicht sind, sondern in etwa der Hälfte Größe des Münchener Viertels Neuhadern entsprechen. Oder der eines kleineren Golfplatzes vermutlich.

Ihm ergeht es da wie mir, ich fing mit der Zeile "tausend und zwei Morgen Land" an. Das Gedicht war ursprünglich als Antwort auf ein anderes Gedicht geplant, das die Zeile "Tausend und eine Nacht" beinhaltete. Den Faden wollte ich aufnehmen, doch dann dachte ich mir, "Hm tausend und zwei Morgen, wie viel Lande wäre das denn eigentlich?", jagte es durch den Taschenrechner und war reichlich enttäuscht. Das klang so toll und dann war es nur einen knappen Golfplatz groß! Dazu kam dann noch meine derzeitige Vorliebe für das Märchengenre und voilá, habe ich versucht, auch meinen eigenen Schreibstil mit aufs Korn zu nehmen, indem eben alles mit einem hochfliegenden, träumerischen Bild beginnt und dann ganz lakonisch endet. Ich wollte einen Kontrast zwischen dem idealen, poetischen, märchenhaften und dem handfesten, banalen aufbauen.


Nun zum Element mit der unsichtbaren Schacharache. Das hat (zu meiner Schande) einen höchst banalen Hintergrund.
Es fing eigentlich alles mit diesem Reim an:

Zitat:
[...] Ich mogle nicht - wer bist du nur?”

Von einem Sprecher keine Spur.
Den Strang mit dem unsichtbaren Sprecher konnte ich nicht einfach fallen lassen und da hat sich der Text einfach wie von allein weitergeschrieben, so wie er jetzt ist. Das fand ich in dem Moment einfacher, als mir den Kopf zu zerbrechen, wie jetzt der Auftritt der Fee vonstatten geht, und das ganze auch noch in Reimform zu pressen.
Von meinem jetztigen Standpunkt aus würde ich sagen, anders als im gewöhnlichen Märchen, wo die guten Geister aus dem nichts auftauchen, hilfreich sind und die Geschichte auf spektakuläre, magische Weise einem guten Ende zuführen, hat die Zauberin nicht so Recht Lust, sich zu zeigen, sie und der Held "zicken" sich an.

Für eventuelle weitere Tips zur besseren Ausarbeitung wär ich dankbar!

LG
Khali
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo Khalidah,

über Deiner ausführlichen Antwort und Deinem Gedicht und den Verbindungen zwischen beidem habe ich lange gebrütet, aber es wollte nichts rechtes dabei herauskommen.
Die Idee finde ich sehr gut und Deine Beschreibung leuchtet mir ein, aber das Gedicht hat zu viele Brüche, sodass man nicht so recht dahinter kommt, welche Absicht eigentlich in den Zeilen liegt.

Mir ging beim Lesen des erstem lyrischen Teils (der ersten Strophe) und dem nachfolgenden Dialog nicht auf, dass der erste Teil gedachte Worte des Ritters sein sollen.

Du schreibst, der erste Teil enthält ein „wundervolles Wortspiel“; wenn ich aber darin lese: „weggefuchtelt“, dann klingt Deine Beschreibung doch ironisch.

(Da würde besser passen:
„und weggefuchtelt mindestens vier
von sieben plagenden Fliegen.) ;-)

Die Worte „O bitte halte dich zurück!“ sprechen eigentlich jemanden an, den man sehen kann und auch nicht erst grade in diesem Moment kennen gelernt hat. Wenn man Worte hört und nicht weiß, wo sie herkommen, reagiert man anders.

Wovor soll die Schacharache den Ritter eigentlich retten?
Von wo schmeißt sie ihr „Kärtchen einfach runter“?

Sie ließ den Prinzen stehn in Brache? Was heißt das?

Nach wem dürstet der Ritter?

u.s.w.

Man kann natürlich wie immer und überall vieles unausgesprochen lassen, aber es sollte dann auch genug Raum für Assoziationen oder gar Intuitionen bleiben; hier scheint dieser Raum zu fehlen.

Vielleicht sehe ich das aber gar zu streng und andere sehen das anders.

Herzliche Grüße
Udo
 



 
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