A dealer's day

YatoYagami

Mitglied
Ja, mir bleibt nichts zu sagen, außer dass der rauhe Schreibstil und die vielen abgehackten Sätze Absicht sind. Sie sollen die Aussagen unterstützen, die ihr euch selbst interpretieren könnt. Über Kommentare würde ich mich selbstverständlich freuen.

A Dealer's Day

Der Wind weht durch ihre kunstvolle Hochsteckfrisur. Sie schlängelt sich durch den Passagierstrom aus dem Zug, der seine Endstation erreicht hat. Der Geräuschpegel schwillt an, die Menschenmassen werden immer größer. Doch ihr Inneres bleibt gelassen, sperrt alles aus. Es wird noch schlimmer als sie die schalldämmenden Wände der Bahnhofshalle passiert, doch es lässt sie kalt. Mühselig schleppt sie ihren Lederkoffer durch die klirrend kalte Nacht; ihr Atem kondensiert und steigt in Wolken gemütlich zur Smogglocke der Millionenmetropole.
Sich als Dienstmädchen zu verkleiden war gar nicht mal schlecht, sie ist ohne Probleme durch den Zoll gekommen. Natürlich hat ihre Maske auch geholfen. Passend zum Kostüm kann sie einen Gesichtsausdruck auf ihr Antlitz bannen; sie beherrscht jede Rolle perfekt, was schlicht und ergreifend wichtig ist. Wenn man sie erwischt hätte, was eigentlich unmöglich sein sollte, würde es sehr schwer für sie, sich zu verteidigen- und ihre Ware zu beschützen, denn sie hat keine Waffen zur Verteidigung dabei. Das wäre zu auffällig. Zudem hätte ihr Kollege, welcher ihr Chef war, sie zwei Köpfe kürzer gemacht, denn schon 10 Kilogramm reines Heroin kann einen sehr reich machen- wenn man weiß, wie man es vertickt. Und eben diese 10 Kilo befinden sich in ihrem Koffer. Die schwersten Stationen hat sie hinter sich, vom Geburtsort des Suchtstoffes bis hierher. Nur noch abliefern, die Kohle dafür kassieren, jenes Geld bei ihrem Boss abliefern, ihren Anteil an sich nehmen und dann könnte sie wieder ein Jahr zu Hause in Deutschland leben- wenn sie nicht kurzfristig für jemanden einspringen muss.
Sie geht durch eines der Nobelviertel der gigantischen Stadt und ärgert sich über die egoistische, profitgeile Gesellschaft, in der jeder einzelne ein Stück Dreck ist. Sie muss lächeln, denn genauso wie ihre Ansicht der Society gegenüber ist, so sieht sie sich selbst. Egoistisch. Profitgeil. Niemand bedeutet ihr etwas. Sonst würde sie _das_ nicht tun. Ihr Weg führt sie zur Freiheitsgöttin, hier wird sie auf Raven treffen, Boss der größten Drogenvereinigung Amerikas. Der oberste Stock ist ihr Ziel. Doch sie wird schon vorher empfangen. Den kalten Lauf einer Waffe im Rücken spürend vernimmt sie eine raue, ungeübte Stimme: "Kleine Planänderung. Parkhaus."
Ein Befehl, emotionslos, wie sie es auch zu sein glaubt; wie sie glaubt dass hier jeder so zu sein hat. Nun gut, so was kommt öfter vor. Wahrscheinlich hat die Polizei Wind von dem bevorstehenden Minihandel bekommen und belagert die Statue. Hat wohl irgendeiner wieder petzen müssen, ein armes Kerlchen, was dem Druck in dieser Szene nicht standhalten konnte. Die Leiche des Verräters wird morgen in irgendeinem Gewässer gefunden werden- that' s life. Sie wird durch dunkle, stinkende Korridore geleitet, immer die Automatik hinter ihr, bis sie vor ihm steht.
Er tritt nie aus dem Schatten, doch man kann sein abfälliges Lachen sehen, spüren. Er lacht über die dummen Personen, die sich auf das illegale Geschäft einlassen, hoffend, schnell möglichst viel Bares ranzuscheffeln. Doch so einfach ist das dummerweise nicht. Sie weiß es ganz genau. Hat denselben Fehler gemacht wie alle anderen geldgeilen Idioten. Es gibt immer jemanden, der über einem steht. Hier ist es Raven. Jung, talentiert, hoffnungslos. Er ist der Boss. Raven lässt sich nicht herab, mit ihr zu reden; er sagt nie etwas. Ihr Rang entspricht halt nicht seinem, sie ist nur ein kleiner Drogenkurier. Aber es ist, soweit man mit seinem Platz zufrieden ist, eine große Ehre, mit mächtigen Leuten verkehren zu dürfen. Vielleicht ist es ihr irgendwann einmal nützlich, wer weiß...
Der Handel geht schnell und unproblematisch vonstatten, wie immer.
Nach zehn Minuten verlässt sie umgezogen unauffällig den Ort des Geschehens mit einem Scheck, auf dem eine hohe Summer verzeichnet ist.
An die Opfer denkt sie nicht.
Kinder, Jugendliche, Erwachsene, die glauben nur mit dem Teufelszeug besser leben zu können und sich damit kaputt machen.
Sie denkt an ihr eigenes Wohl.
Und dieses kleine Stück Papier wird dazu beitragen. Hat sich doch gelohnt.

Ende
 



 
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