Abenteuer in der Savanne Teil 5

Kurz vor dem Löwenlager hielten die Antilopen und ihre Freunde an, um noch einmal die Einzelheiten ihres Vorgehens zu besprechen. "Willst du wirklich allein mit dieser Bestie sprechen?" fragte ein Elefant die Antilopenmutter, die vor Aufregung bebte. "Wir könnten doch jetzt diesen ganzen Haufen von Kätzchen einfach überrennen, uns dein Junges schnappen und wären beizeiten wieder zurück, denn das Wetter schlägt um und ein Sturm soll aufziehen. Wir haben also nicht allzuviel Zeit." "Ja, ich muss es tun, nur so kann ich den Kleinen retten," antwortete sie," mit Gewalt erreichen wir nichts. Es wird dann nur noch mehr Leid und Hass auf beiden Seiten sein und außerdem riskieren wir, dass sie dem Kleinen auf der Stelle etwas antun. Das Risiko ist mir einfach zu groß." "Also gut," entgegnete der Elefant, "dann geh und versuch dein Glück.Wir alle hoffen, du hast Erfolg. Wir werden hinter dir stehen und aufpassen und wehe, die werden frech," drohend erhob er seinen Rüssel, "dann werden sie die Lektion ihres Lebens bekommen." Als sie langsam auf die Löwen zuging, wurde es mucksmäuschenstill. Alle starrten ihr gebannt hinterher und hofften, dass dies hier gut für Mutter und Kind ausging.

Auch die beiden Geier hielten jetzt die Luft an. Nun wurde es ernst. Wie das wohl enden würde? Als die Antilope allein näher kam, wollten sie ihren Augen nicht trauen. Das war doch nicht möglich! Was hatte die denn vor? Aufgeregt spreizten sie ihre Flügel und fächelten sich Luft zu, denn es war mittlerweile unerträglich heiß geworden. Oder war es die Spannung die sie so schwitzen ließ? Doch jetzt hieß es Ohren spitzen, denn die Antilope rief nun den Löwen zu:" Hört mich an. Ich bin mit meinen Freunden gekommen, um mein Kind wieder nach Hause zu holen, bitte gebt es mir heraus. Es gehört zu uns und nicht in ein Löwenlager." Das Junge stand zitternd und mit angehaltenem Atem zwischen den Löwinnen, die es nicht aus den Augen ließen. "Wage es nicht dich auch nur ein wenig zu bewegen, "fauchte eine ihm zu. "Mutter," flüsterte es leise, "Mutter ich wusste das du nach mir suchen würdest."
Der Älteste trat nun hervor und fragte drohend:" Du wagst es wirklich mit diesem zusammengewürfelten Haufen hier bei uns zu erscheinen? Hast du keine Angst davor das wir dich zerreißen und dein Junges zum Nachtisch fressen könnten? Meine Leute brennen nur so darauf euch den Garaus zu machen." Als die Freunde der Antilope diese großspurigen Worte hörten stampften sie mit ihren Beinen so laut auf, dass die Erde bebte und die Elefanten trompeteten markerschütternd. "Hört, hört," rief eine der Giraffen in den Tumult hinein, "ganz schön mutig, dabei sollten sie sich vorsehen, wir sind schließlich in der Übermacht." "Wenn die Kätzchen es darauf anlegen, können sie ihren Ärger gerne haben," trompetete ein Elefant, "wehe den beiden passiert etwas, dann sind sie dran. Sie werden sich wünschen, auf einem anderen Planeten zu sein." "Ich glaube, die meinen es tatsächlich ernst," knurrte der Anführer der Löwen, "wir haben wirklich schlechte Chancen bei solch einer Horde. Wenn die Elefanten wenigstens nicht dabei wären. Mit den anderen hätten wir leichtes Spiel. Es ärgert und kränkt mich, dass wir so überrumpelt wurden. Das wird wieder die Runde im Dschungel machen, ich höre sie schon alle lachen. Nein, wie peinlich. Wir müssen jetzt das Beste daraus machen. Also schickt die Verursacherin allen Übels nach vorne, sie soll den Kleinen der Mutter übergeben. Wenn sie sich weigert, sieht sie die Sonne nicht mehr aufgehen, sie hat genug Schmach über uns gebracht." Die Löwin sträubte sich doch ihr war klar, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb. Wenn sie nicht nach gab war es nicht nur mit ihr aus, sondern mit Sicherheit auch mit dem Kleinen. Sie musste gehorchen doch im Stillen wusste sie, dass sie ihn sich wiederholen würde, egal wie. Es wird sich schon eine passende Situation ergeben.
Die Tiere schauten besorgt zum immer dunkler werdenden Himmel. Es wehte kein Lüftchen und auch nicht ein einziger Vogel sang mehr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit, denn der Sturm konnte jeden Moment über sie hereinbrechen und es war kaum noch Gelegenheit, sich in Sicherheit zu bringen. In der Savanne wurde es unheimlich still.

Die Antilopenmutter wartete am Rand des Löwenlagers, ihre Freunde alle hinter sich. Nun kam die Löwin auf sie zu und sagte:" Du hast gesiegt. Jedenfalls für den Augenblick. Denn ich muss vernünftig sein und an das ganze Rudel denken, und nicht nur an mich. Nur weil meine Sehnsucht nach einem Jungen so groß ist, darf ich nicht alle in Gefahr bringen. Auch ich hätte gerne eine richtige Familie wie alle meine Freundinnen, doch leider blieb mir das bisher versagt. Aber ich sage dir, seid wachsam , denn ich gebe nie auf, niemals! Und irgendwann werde ich mir wieder eines holen."
Der Älteste traute seinen Ohren kaum. "Also wenn das hier vorbei ist," knurrte er, "schicken wir sie in die Wüste."
Nun gab die Löwin ein Zeichen, das Junge zu bringen. Ganz wackelig auf den langen Beinen vor Angst, rannte es stolpernd auf seine Mutter zu.

In dem Moment brach der Sturm mit ungeheurer Kraft los. Die Sonne verfinsterte sich und dunkle Wolkenfetzen jagten über den Himmel. Es war, als sei die Nacht über sie alle hereingebrochen. Nun war auf beiden Seiten erst einmal der Hass vergessen und Sicherheit angesagt. Die Tiere legten sich ganz schnell dicht an dicht auf die Erde und nahmen die Jüngsten in ihre Mitte. Selbst die Geier über ihnen klammerten sich so fest wie nie an ihren Ästen fest, und pressten sich aneinander. Heute kam aber auch alles auf einmal! Der Sturm trieb entwurzelte Sträucher vor sich her und der aufwirbelnde Sand war so dicht, dass man kaum noch etwas sehen konnte. Die Bäume bogen sich fast bis zur Erde und schauerlich brachen Äste. Plötzlich war ein fürchterliches Krachen zu hören. Der Sturm hatte mit seiner gewaltigen Kraft einen der stärksten Bäume entwurzelt. Schwer fiel er zur Erde und begrub eine der Löwenfamilien unter sich. Sofort versuchten die anderen ihnen zu helfen, doch es war zu spät. Nur die Jungen überlebten unverletzt, denn die Eltern hatten sie mit ihren Körpern vor dem Sandsturm geschützt. Nun klagten sie leise vor Angst und Trauer um ihre Eltern.

Ganz allmählich legte der Sturm sich. Es wurde zusehends heller und die Sonne lugte durch die Wolken. Langsam erwachte das Leben wieder in der Savanne. Ein Aufatmen ging durch die Tiere. Bei den Antilopen und ihren Freunden herrschte Freude, denn sie hatten nicht nur den Sturm alle gesund überstanden, sondern das Antilopenjunge war wieder unversehrt bei seiner Mutter und seinem Bruder. Ihre Mission war also geglückt und so konnte man sich auf den Heimweg machen.

Zerzaust blickten die Geier von ihrem Baum herunter neugierig, was als nächstes passieren würde. "Ich dachte, es reißt mich vom Baum," meinte der eine, "so einen Sturm habe ich selten mal erlebt." "Ja," antwortete der andere, "mein Gefieder ist noch ganz durcheinander. Wollen mal sehen, wie es jetzt da unten weitergeht."

Die Löwen schüttelten sich den Sand aus ihren Mähnen und besahen sich den Schaden, den der Sturm in ihrem Lager angerichtet hatte. Sie kümmerten sich um die verwaisten Jungen und trösteten sie, so gut sie konnten. Es machte den Anführer traurig als er sah, wie verzweifelt die Kleinen waren. Nach einiger Überlegung kam er auf eine Idee. "Ruft mir die Löwin, die das Antilopenjunge in unser Lager geschleppt hat." Als sie mit hängendem Kopf vor ihm stand, sprach er: "Höre, was ich dir zu sagen habe. Du hast uns in diese mießliche Lage gebracht und dir haben wir es zu verdanken, dass die ganze Savanne über uns lacht. Du kannst es nicht mehr ungeschehen machen, doch will ich noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen." Er erhob seinen Kopf mit der mächtigen grauen Mähne. "Wenn du bereit bist die kleinen verwaisten Jungen an Kindesstatt anzunehmen und ihnen eine gute Mutter sein willst, so werden wir dir alle noch einmal deine Dummheiten verzeihen und du darfst bei uns bleiben. Was meinst du dazu?" Glücklich strahlte sie ihn an. "Ob ich das möchte?" Fragte sie ungläubig. "Nichts täte ich lieber. Endlich darf ich auch eine eigene Familie haben. Ich werde die Jungen aufziehen, als wären sie meine eigenen. Sie werden eines Tages große Jäger und starke Kämpfer sein und dem Rudel alle Ehre machen, das verspreche ich." "Nun gut," antwortete er milde," dann geh und sei ihnen eine gute Mutter." Und zu der Antilope knurrte er böse hinüber:" So, nun hast du dein Junges wieder. Es hat Glück gehabt, dass wir es nicht gefressen haben. Noch einmal lassen wir es nicht zu, dass hier solch ein Braten unbehelligt herumläuft. Jetzt rate ich dir, mit deinen Freunden ganz schnell das Weite zu suchen, denn wenn ich euch so ansehe, läuft mir das Wasser im Maul zusammen. Eines muss ich euch lassen, als Braten seid ihr unübertrefflich."
 



 
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