Abgezockt

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Talarmar

Mitglied
Abgezockt​


In Baltimore, in Baltimore,
da lieg ich in den Ketten,
nie kam es mir so schwierig vor
wie hier den Hals zu retten.

Auf einem großen Riverboot,
da hab’ ich sie gesehen,
sie sagte mir ihr Mann sei tot
und wollte mit mir gehen.

Ich sagte ihr: „Mein lieber Schatz,
du musst ein wenig warten.“
Da nahm ich bei den Gamblern Platz
und zückte meine Karten.

Ich sah den Zorn in ihrem Blick,
doch ich kannt’ keine Gnade,
ich konnt’ und wollte nicht zurück
und fand es auch nicht schade.

Ich mischte mir ein volles Haus,
mit Damen und mit Assen,
noch lange war das Spiel nicht aus,
es wollte niemand Passen.

Die Dollars türmten sich zuhauf,
gewinnen wollten alle,
da sah ich den Pistolenlauf
und witterte die Falle.

Sechs Schüsse krachten dann war Ruh,
sechs Zocker am verenden,
sie schmiss mir die Pistole zu,
ich fing sie mit den Händen.

Sie sackte sich die Dollars ein,
verschwand mit ihrem Gatten,
ließ mit den Leichen mich allein,
sehr schnell sie mich auch hatten.

In Baltimore, in Baltimore,
da lieg’ ich in den Ketten,
nie kam es mir so schwierig vor,
hier meinen Arsch zu retten.

©RT​
 

Udogi-Sela

Mitglied
Super,

Talarmar!
Das ist ja ein richtiges Spelunken- und Halunkengedicht im Stil von Fritz Grasshoff.

Den Reimrhythmus hast Du auch prima hingekriegt; ich zweifle schon fast, ob das ein richtiger „Talarmar“ ist.
Klär’ mich auf.

Herzlichst
Udo
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Udogi-Sela,

wollt nur mal eben zeigen dass ich auch anders kann und weil ich die ewige Nörgelei der Silbenzähler leid bin. Völliger Stilbruch bei mir, aber Du brauchst nicht besorgt sein alles auf meinem Mist gewachsen sogar die Story.
Die klau ich ja auch nur wenn ich mal einen Witz in Reimform bringe. Da wurde mir aber von oben nahe gelegt ich solle doch die begnadeten Dichter dieses Forums nicht mehr mit so etwas belästigen und beleidigen, wo sie sich doch alle so viel Mühe geben ihren eigenen geistigen Müll unterzubringen. Hätte man z.B. Goethe bei seinem Faust, der auch nur Volksgut war, auch nicht besser flüstern können. Nicht dass ich mir anmaße mich mit diesem zu Vergleichen.
Übrigens den ollen Grasshoff mag ich auch sehr gerne. Danke fürs Lob und ich nehme Dir die fast Unterstellung nicht krumm. Schau nach, es steht nicht in der Halunkenpostille.
Das nächste wird wieder ein echter Talarmar, vielleicht sogar mal wieder ein Witz.

Schönes Wochenende,
Talarmar
 

Schakim

Mitglied
Wie wunderbar ist Talarmar!

Hey, mein Dichterfreund!

Ein Wunder tut sich vor mir auf!
Es gibt hier Narren ja zu Hauf!
Da muss man nicht nach Baltimore;
das kommt auch in der "Lupe" vor:

Denn hier tummeln die "Spieler" wild
und puzzeln gern an ihrem Bild!
Es gibt die Opfer und die Schützen,
die ihren Vorteil nützen!

Solang' einer begnadet ist,
schreibt er in der "Lupe" Mist!
Hingegen - hält er auf sich mehr,
greift er zu seinem Schiessgewehr ...

Da fliegen dann nicht lauter Schüsse,
sondern ein Haufen Dank und Küsse!



I wish you ...
Schakim
 

Talarmar

Mitglied
Wunder

Hallo Schakim mein liebes Haus,
wo leierst Du das bloß alles raus?
Zwischen Hausarbeit und Schicht,
schnell kommt wieder ein Gedicht.

Denn auf alles findest Du Parolen,
spielst mit Metaphern und Symbolen.
Ging Dir verloren mal diese Gnade,
nicht nur für die LL wär’s Schade

Dank und Küsse find ich sehr nett,
doch schwacher Trost durchs Internet.
Andererseits kann’s nicht verdrießen,
bin dadurch auch nicht abzuschießen.

Somit gefeit vor Mord und Schuss,
geb’ ich zurück gern Dank und Kuss.
Wie schnell ist vieles Remittende,
Dir erst mal schönes Wochenende.

Talarmar
 

LuMen

Mitglied
mit Staunen...

Hallo Talarmar,

ich bin erstaunt (positiv!), und fand daher auch die Fragestellung von Udo nicht ganz überraschend. Du tanzt diesmal mit wohlgesetzten Versfüßen über die Bühne! Ich nehme Dir auch Deine alleinige und umfassende Urheberschaft ab (Du hast einmal auf eine Anregung von mir ähnlich "gekonnt" reagiert). Auch in der Halunkenpostille habe ich nichts Derartiges entdeckt(grins). Mich stört nur, daß Du Dein Können anscheinend, aus welchen Gründen wohl?, unter den Scheffel stellst und mit Silbenzählerei gleichsetzt. Waren die Alten, von Busch über Morgenstern bis Grashoff, alle nur "Silbenzähler"?
Einen "Diskussionsbeitrag" hätte ich aber noch: Vielleicht sollte man die letzte Zeile der vorletzten Strophe etwas deutlicher abheben
"..ließ mit den Leichen mich allein -
ganz schnell sie mich auch hatten."

Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende und gleichbleibende Schöpferkraft
LuMen
 

Talarmar

Mitglied
Hallo LuMen,

es ist nicht meine Absicht irgendetwas unter meinen Scheffel zu stellen. Wenn ich bei Dir diesen Eindruck erweckt habe, bestimmt nicht mit Absicht.
Gerade in der Balladendichtung gibt es genügend Beispiele für ein gesundes freies Reimen, nicht eingeengt in Rhythmen oder Versmaß. Um mit Münchhausen, Liliencron, bis hin zu Tucholsky und Kästner nur einige zu nennen, die auch nicht ständig Silben gezählt haben. Da ich meistens Balladen oder zumindest erzählende Lyrik schreibe, lege ich auf Gezirkeltes und auf, für mich einzwängende, Formen nicht allzu viel Wert. Wenn der Text mit meiner mir eigenen inneren Melodie konform geht bin ich schon zufrieden.

Mit der Zeile in der vorletzten Strophe gebe ich Dir Recht. Die schnelle Verhaftung sollte ich besser zum Ausdruck bringen.

Ansonsten freue ich mich über Dein Lob und wünsche Dir auch ein zufrieden stellendes Wochenende.

Talarmar
 

LuMen

Mitglied
Silbenzählen

Hallo Talarmar,

ich muß doch noch mal auf das "Silbenzählen" zurückkommen. Möglicherweise mißverstehen wir uns da. Lassen wir den Reim einmal beiseite, obwohl gerade beim gereimten Gedicht die Silbenzahl größere Bedeutung hat als beim ungereimten (ich schreibe auch selbst gelegentlich "Ungereimtes" - im Doppelsinn!) Was m. E. immer, von der großen Ausnahme abgesehen, stimmen sollte, ist das Versmaß, also der Rhythmus. Man sollte zumindest in ein und derselben Strophe den Jambus,Trochäus, Anapest, Daktilus usw. schon durchhalten, und das ist bei den von Dir genannten Dichtern, von denen ich Kästner und Tucholski ganz gut kenne, in aller Regel der Fall. Nicht so sehr kommt es auf die gleichbleibende Zahl von Silben in einer Zeile an (vielleicht meinst Du das). Da sind durchaus Varianten denkbar und u. U. ein angebrachtes Stilmittel.
Daß Du die Einhaltung einer gewissen Form als "Einengung" Deiner dichterichen Schaffenskraft empfindest, verstehe ich zwar, habe aber dazu eine andere Meinung. Die Form hat eine ganz wichtige Funktion: Sie diszipliniert. Oft quäle ich mich bei der Suche nach einem passenden Wort und bin geneigt zu sagen, ach laß das doch einfach so stehen, auch wenn es formal nicht stimmt. Aber nach einiger Zeit kommt mir dann das Passende, manchmal blitzartig, in den Sinn, und ich empfinde dann eine besondere Befriedigung. Zugegeben, das macht Arbeit und kostet wirklich Mühe, aber die sollte man schon investieren.
Es gibt natürlich auch Menschen, denen das Gefühl für den richtigen Rhythmus von Vornherein abgeht, die haben es beim "Dichten" dann allerdings besonders schwer.
So, Ende des Traktats, und nichts für ungut (eigentlich eine dämliche Redensart).

Beste Grüße
LuMen
 



 
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