Abschied

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Gabriele

Mitglied
Abschied


sprachlos
und doch so ausdrucksvoll
kraftlos
doch noch am Leben

lesen
in starren Augen
hören
dein leises Stöhnen
spüren
kaum wahrnehmbares Zittern

fühlen
unsre Verbindung
um vieles stärker
als je zuvor

---------------------------------------------

zum Vergleich die ursprüngliche Version:


Abschied

sprachlos
jedoch nicht ausdruckslos
kraftlos
und doch nicht reglos
hilflos
doch noch nicht leblos

lesen
in starren Augen
hören
ein leises Stöhnen
spüren
kaum wahrnehmbares Zittern

fühlen
das Band der Liebe
das uns verbindet
stärker
als jemals zuvor
 

Gabriele

Mitglied
kein Echo...

Liebe LLLeserInnen!
Mich würde interessieren, ob das Thema "Abschied von einem alten/sterbenden Menschen" für Euch so wenig ansprechend ist oder ob die Umsetzung des Themas durch mich als so schlecht empfunden wird, dass sie nicht mal eines Kommentars würdig ist.
Vielleicht mag sich doch noch jemand dazu melden.
Liebe Grüße
Gabriele
 

Zarathustra

Mitglied
Liebe Gabriele

... zu wenig nachgedacht,
habe ich, als ich dein Gedicht zum erstenmal las.

Dein Kommentar - vom sterbenden Menschen -
war für mich sehr erhellend.

Der Tod wird ausgesperrt aus unserem Denken. Er findet nicht statt. Und wenn, dann muss es oft schnell gehen, er muss abgewickelt werden; - anonym.

Du aber hast Abschied genommen.
Und den Abschied hast du gut umgesetzt.
Nur du warst dabei.
Hast die Sprachlosigkeit von den Lippen gelesen und doch verstanden, nur du hast das schwindende Leben zwar bemerkt, wie es erlischt; - aber die Kraft dahinter verpürt.

In starren Augen zu lesen braucht Zeit. Den Hauch des Stöhnens zu hören braucht Nähe.
Das Zittern, beim Sterben und das Band der Liebe, das stärker verbindet als alles andere; - das zeigt uns doch die Kraft des Todes, und die Wunder der Verzeihung und Vergebung in dieser Stunde.

Du wast sicherlich dabei; - darum dieses Gedicht.
Ich finde es schön und authentisch.

Auch ich war einmal dabei:

http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=64155

Liebe Grüsse aus München
Hans
 

Gabriele

Mitglied
Lieber Hans!

Danke! Schön, dass die Aussage meines Gedichtes bei Dir "angekommen" ist! In Deinem Kommentar beschreibst Du genau das, was ich ausdrücken wollte.
Wahrscheinlich können das nur Menschen nachvollziehen (und etwas mit solchen Gedichten anfangen), die so einen Abschied einmal selbst erlebt haben.
Herzliche Grüße aus Graz
Gabriele
 
S

scarda

Gast
mich aufraffend ....

Nun denn, Gabriele, ich hatte schon an einen Kommentar gedacht, bin dann aber Erschrocken von meiner zu formalen Beurteilung und in die Regungslosigkeit zurückgetreten.

Der Abschied von einem Sterbenden ist wohl rüber gekommen, vorzugsweise im Mittelteil.
Nicht gefallen hat mir die Dreiteiligkeit:
- Näherung über Adjektive
- Näherung über Fühlen (sehen, hören, spüren)
- Näherung über Erinnerung (wobei ich das "Band der Liebe" einfach zu abgegriffen finde und Differenzierteres erwartet hätte).
Für die Beschreibung eines Abschieds in einem lyrischen Werk ist mir dies zu klar strukturiert, zu "durchdacht".

scarda
 

Gabriele

Mitglied
Danke, scarda...

...fürs Kommentieren!
Ich werde mir Gedanken machen, wie ich die Strukturen etwas auflockern könnte. Vielleicht fällt mir auch für das "Band der Liebe" noch eine weniger abgegriffene Formulierung ein. Für konkrete Vorschläge bin ich jederzeit offen und dankbar.
Liebe Grüße
Gabriele
 

memo

Mitglied
Liebe Gabriele!

Ich fühle ich mich von deinem Gedicht angesprochen
und kann deine Beschreibung gut nachvollziehen.
Ja, so ist es oft am Schluss:
noch da und doch nicht mehr wirklich.
Ich habe zwei Menschen meiner Familie verloren.
Zur Zeit fehlen mir, auch wenn ich möchte (noch) die Worte für all das.
Trotzallem habe ich einen kurzen Dialog aufgeschrieben und ihn in die Kurzprosa gestellt. (Abschied von M.)
Danke für deinen Beitrag, über ein Thema das uns alle betrifft - irgendwann.
Liebe Grüße
greta
 

Jongleur

Mitglied
jeder steht einmal an einem solchen Bett

Hallo Gabriele,
ein bewegendes Thema - und schwer umzusetzen.
Die Beobachtungen und das Gefühl des Lyrischen Ich sind mir nachvollziehbar und ich erkenne mich, auch an solchen Betten gestanden habend, wieder mit meinen Gedankengängen und Gefühlsregungen.

Ab der zweiten Strophe sind mir Inhalt und Form ebenbürtig. In der ersten Strophe jedoch (gegen die Strophenteilung in Eigenschaftsadverbien/Verben habe ich nichts einzuwenden) liest sich die Aufreihung dieser sechs -los-Endungen eher steif (als befänden wir uns schon in der Totenstarre) und zugleich spitz, scharf, kantig. Nicht inhaltlich, da verstehe ich, was Du rüberbringen möchtest. Dies Ausdrucksspektrum, die letzten Kommunikationsmittel, die auch beim schweigend und bewegungsbeschränkten oder bewegungslosen Menschen noch mit uns "sprechen", uns ansprechen.

Für das Band der Liebe stelle ich mir auch eine Straffung vor, da selbst ohne das Wort "Liebe" alles transportiert würde - meine jedenfalls ich. Dies ausgesprochene "Gedichtwort Liebe" hat, Kind unserer Zeit, die Neigung zum Selbsterfahrungstext und zum Süßlichen.

Straffen - weil mir insgesamt der beinah abgehackte Sprachfluss, aufs Wesentliche beschränkt, eine Übertragung des Sterbeprozesses auf die Sprache ist. Beschränkung auf die wesentlichen Körperfunktionen, oft ein schon unregelmäßiger, kurzer, abgehackter Atem.

Grüße vom Jongleur
 

Gabriele

Mitglied
Hallo Jongleur,
danke für Deine Auseinandersetzung mit meinem Gedicht!
Hinsichtlich der ersten Strophe gebe ich Dir recht, mit ihr habe ich auch beim Schreiben schon am meisten gekämpft. Ich werde nochmals über eine Verbesserung nachdenken.
Das Band der Liebe habe ich schon mal zu ersetzen bzw. zu straffen versucht.
Herzlichen Gruß
Gabriele
 

Gabriele

Mitglied
Hallo Greta, Scarda, Jongleur und Hans!
Ich habe nun noch einige Veränderungen vorgenommen und bin jetzt recht zufrieden mit meinem Werk.
Nochmals danke für Eure Rückmeldungen und Anregungen, die mir sehr geholfen haben!
Einen schönen Tag Euch allen!
Gabriele
 



 
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