Allergie

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ThomasStefan

Mitglied
Allergie

Mit tränenden Augen stehe ich hinter dem Fenster und starre hinaus in die blühende, regelrecht aufschießende Natur. Wieder kribbelt es in der Nase, das Tempotuch in meiner Hosentasche, nach dem ich fingere, fasst sich durchfeuchtet an, Schit! – ich lass´ es stecken. Schlechte Angewohnheit. Schnell ein neues, die Packungen liegen ja überall herum. Plötzlich muss ich wieder husten, habe das Gefühl, als enthielte die Luft feinsten Sand, der meine Lunge verlegt. Mühsam würge und schnaube ich etwas glasigen Schleim hervor, bringt kaum Linderung. So geht´s den ganzen Tag, es nervt!
Den Rasen zu mähen habe ich gestern geschafft, jetzt ist er schön kurz. Da und dort wehen noch einige lose Halme herum, Zeugnis meiner mutigen Tat. Gespürt hatte ich beim Mähen nichts, erstaunlich. Heute dafür um so mehr, wenn ich die grüne Hölle nur anschaue.
Geschnarcht hätte ich wie ein Walross, hat sie mir gesagt. Danke für´s Kompliment. Kann ich was dafür? Scheißjahreszeit. Okay, es war für uns beide ´ne blöde Nacht: Ich immer wieder hoch, im Bad die Nase spülen, einsprühen, und sie wurde jedes Mal wach und immer stinkiger. Dann endlich habe ich auf ihren Rat zur Tablette gegriffen, obwohl ich zu dieser Pillenschluckerei absolut keine Lust habe. Aber die Lunge begann zu pfeifen. Zuletzt wurde ich gar ausquartiert, in Torbens leeres Bett. Dort ging es mir auch nicht besser, aber wenigstens sie konnte jetzt schlafen. Wie schön!
So hatte mir die Jahreszeit noch nie zugesetzt. Werde ich anfälliger? Oder nur wehleidiger? Direkt vor mir setzt sich eine Biene aufs Fliegengitter, putzt sich die Hinterbeine. Macht sich das Vieh über mich lustig? Ich klopfe laut gegen die Scheibe, sie unterbricht, glotzt mich facettenreich an. Dann macht sie unbeeindruckt weiter. Na klar: Heute bin ich kein ernstzunehmender Gegner.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Schreibt der Autor hier über sein Befinden oder schreibt das Lyrische Ich?
Genauso verläuft der Tag eines allergiegeplagten Menschen - und der Text schreit nach Arztbesuch und Asthmaspray.
Niemand weiß, wie schwer die Last des anderen ist. Für mich hast Du alles gut beschrieben.

LG Doc
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo Gernot.
Recht harte Worte.
Du setzt Autor mit Protagonist gleich, warum?
Dies hier ist keine KG, nur eine Szene, ein Prosa-Splitter. Ein Mann steht hinter dem Fenster, kränkelt, grantelt, leidet, vor allem bemitleidet er sich selbst, und zieht über alles her. Mehr soll es nicht sein. Trifft es die Situation?
Trotzdem: Danke für deine ehrliche Meinung.
Thomas
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo Doc.
Danke fürs Lesen. Vielleicht hat sich mancher Leser in einigen Reaktionen des Protag. wiedererkannt.
Beste Grüße, Thomas
 

Miner

Mitglied
Hallo ThomasStefan,
du antwortest Gernot:
„Dies hier ist keine KG, nur eine Szene, ein Prosa-Splitter.“
Thema und Situation finde ich sehr gut brauchbar für Kurzprosa. Sprachliche Sorgfalt geht mir teils ab. Beispiel für zu überarbeitenden Text, nicht nur sprachlich, sondern auch was die Aussageabsicht betrifft:
„Den Rasen zu mähen habe ich gestern geschafft, jetzt ist er schön kurz. Da und dort wehen noch einige lose Halme herum, Zeugnis meiner mutigen Tat. [blue][Sind die wehenden Halme deine Tat gewesen?][/blue] Gespürt hatte ich beim Mähen nichts, erstaunlich. [blue][Was war erstaunlich, was hast du nicht gespürt?][/blue] Heute dafür um so mehr, wenn ich die grüne Hölle nur anschaue. [blue][Ist dein gemähter Rasen die grüne Hölle?][/blue]“
Du antwortest hoffend DocSchneider:
"Vielleicht hat sich mancher Leser in einigen Reaktionen des Protag. wiedererkannt.“
Ist also doch Betroffenheit dein Anliegen?
Alles Gute für eine kreative sprachliche Überarbeitung deiner Prosa-Splitter wünscht
Miner
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nein, Betroffenheit ist hier kein Anliegen des Autors. Sondern einfach "nur" einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben eines allergiegeplagten Menschen. Die Intention ist wohl eher, dass sich jeder in einen solchen Kranken hineinversetzen kann.

Dieser schafft es sogar, den Rasen zu mähen! DAS ist eine grüne Hölle für ihn, denn er ist gegen zahlreiche Gräser allergisch! Aber er hat es trotzdem geschafft, denn merkwürdigerweise hatte er eben keinen Niesanfall beim Mähen bekommen. Die Halme, die noch lang sind, sind tatächlich ein Zeugnis, denn sie haben überlebt. :)

Der Autor will den Allergikern eine Stimme verleihen, die es leid sind, beim Niesen gefragt zu werden, ob sie erkältet sind, die froh über jeden Regentag sind, und die viele Arztbesuche brauchen, bis sie die richtige Behandlung haben.

Betroffenheit greift hier zu kurz.

LG Doc
 



 
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