Am Ende

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Aceta

Mitglied
Am Ende ...

Alt bin ich, unendlich alt -
mein Körper ohne Kraft,
mein Geist müde, aber klar.

Einsam bin ich, meine Freunde tot,
meine Familie selten,
mein Alltag leer.

Warten muss ich - auf die Pflegerin,
auf das Essen, Hilfe beim Kleiden,
Hilfe bei allem - selbst auf dem Klo -

rufe ich, weil es mich drängt,
haben sie keine Zeit
es ist schmerzhaft und demütigend

es schließlich nicht mehr halten könnend,
fluchen sie und schimpfen, und sagen:
"die Alte ist inkontinent!"

- ich bin es nicht - habe mich doch bemüht
und rechtzeitig vorher gerufen - gejammert,
geschrien sogar - nur alles verhallt !!

Einsam bin ich, Tag für Tag, sehe den
zweiundneunzigsten Sommer kommen
und spüre einfach keine Wärme mehr.
 

Schakim

Mitglied
Hallo, Aceta!

Alt werden ist eine Kunst. Zeit haben für die Alten auch. Gegenseitiges Verständnis darf man nicht mehr erwarten, weil bei einem alten Menschen, welcher ein dementes Verhalten aufweist, andere Denkprozesse ablaufen. Einer Regression, die kleinkindliche Verhaltensformen annimmt bei einem Alten, sollte man die gleiche Fürsorge zukommen lassen können wie bei Kindern ... Das Schwierige dabei ist wohl, dass man erwachsene Leute vor sich hat.

Gerade jene aber, die geistig noch topfit sind, die leiden am meisten unter der "Vernachlässigung" ihrer körperlichen Bedürfnisse. Auch hier macht sich der Vergleich zu Kindern wieder sichtbar. Ein Kind, das Urindrang hat, muss innerhalb der nächsten Minuten sich davon befreien können, sonst geht's bildhaft "in die Hose"! Bei Alten ist das auch so ...

Du hast sehr treffend die Problematik herausgearbeitet.

LG
Schakim
 
I

IKT

Gast
Liebe Aceta, inhaltlich berührt Dein Gedicht sehr.
Du sprichst von einer alten Frau (die übrigens nicht dement ist liebe Schakim), dei auf Hilfe angewiesen ist.
Alt bin ich, unendlich alt -
mein Körper ohne Kraft,
[blue]mein Geist müde, aber klar[/blue].
Das Schlimme ist, es gibt Personen, die helfen können/sollen, aber oft überlastet sind. Das passiert 1000-fach in den Krankenhäusern, Pflegeheimen usw.
Ich muß Schakim recht geben: Du hast die Probleme kritisch benannt.
Ein kleiner Hnweis noch:
rufe ich, weil es mich drängt,
haben sie keine Zeit
es ist schmerzhaft und demütigend

[blue]es schließlich nicht mehr halten könnend,
fluchen sie und schimpfen, und sagen:
"die Alte ist inkontinent![/blue]"
wenn man das blau gefärbte liest, hört es sich so an, als könnten die , die fluchen es nicht mehr halten.

Eine kleine Umstellung würde dies ändern.
"es schließlich nicht mehr halten könnend[red].
Sie fluchen[/red] und schimpfen, und sagen:
"die Alte ist inkontinent!"

So, dass war aber auch alles, was es zu "meckern" gibt. ;)
Dir wünsche ich noch einen schönen Tag! IKT
 

Aceta

Mitglied
Hi,

inzwischen ist sie gestorben, meine Großmutter, durch deren Augen ich sah, was in diesem Gedicht beschrieben.
Ich danke Euch für Eure konstruktive Auseinandersetzung damit - mir hat es geholfen, diese Texte geschrieben zu haben.

Die vorgeschlagene Änderung überzeugt mich nicht völlig, da der Punkt die Strophe irgendwie zu sehr trennt. Möge der Kontext helfen zu verstehen, daß nicht des Pflegepersonals Harnblasen überliefen!

*lächel*

Aceta
 



 
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