Am Springbrunnen

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Vera-Lena

Mitglied
Am Springbrunnen

Perlenschimmer, Wasserwogen
sprühend in die Luft gehoben,
rauschen, fallen,
flüstern, lallen.
Sommer-Sonnen-Widerschein
taumelt in die Flut hinein.

Das war gestern. Heute brechen
Wassermassen, stürzen, sprechen,
schreien, klagen,
klatschen, schlagen
auf den harten Brunnenrand.
Bald hält Eis sie ganz gebannt.

Kaltes Glitzern von Kristallen
wird durch meine Lider fallen,
schmerzen, bohren.
Gib verloren
Sommer-Sonnen-Lieder-Lust.
Fern, sehr fern ist der August.
 

Haget

Mitglied
MoinMoin Vera-Lena,
Dein Gedicht gefällt mir sehr gut!
Einziger "Fast-Reim" ist wogen/hoben. Vielleicht in die physikalische Unwahrheit retten und ,,wogen/zogen'' reimen?
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Haget,

danke für Dein großes Lob. Mit dem Reim in den ersten beiden Zeilen ist das so eine Sache. Bei dem Wort "gezogen" würde mir die Leichtigkeit fehlen, die in der ersten Strophe so wichtig ist. Es ist mir schon öfter passiert, daß einfach nur ein einziges Reimwort fehlte. In so einem Fall habe ich das dann in Kauf genommen. Vielleicht gelingt mir an anderer Stelle etwas wirklich Vollkommenes.

Liebe Grüße Vera-Lena
 

Cassiopeia

Mitglied
Bitte genauso lassen.

Es liest sich gut und ob es nun ein reiner oder unreiner Reim ist, finde ich hier nicht wichtig, weil der Inhalt stimmt. Zudem ist die Form soweit gewahrt, dass es nicht stört, sondern im wahrsten Sinne des Wortes fließt.

Gefällt mir.
 
L

Lame

Gast
Ja, tolles Gedicht!

Die Strophen entsprechen der Zeiten-Reihenfolge Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft (und zwar großräumig: so habe ich es durch die Verben der zweiten Strophe unwillkürlich empfunden) und transportieren in dieser Reihe die Gefühlszustände angenehm - unangenehm - unerträglich.

Formal finde ich alle drei Strophen angenehm leicht. Inhaltlich, d.h. begrifflich, findet - entsprechend den obigen Reihenfolgen - eine Veränderung statt: leise - laut - tja, und die dritte Strophe würde ich am liebsten mit "schweigend/starr" charakterisieren (im Sinne von: Am Ende ist nur noch Schweigen/Starrheit, vielleicht Resignation), auch wenn "schmerzen" und "bohren" da jetzt nicht ganz reinpassen. Vielleicht hätten mir Verben, die eine Lähmung, ein hilfloses Erstarren wiedergeben, besser gefallen, sie hätten gut zu "Eis", "gebannt", "kaltes Glitzern" und "Kristallen" gepaßt.

Der letzte Vers der zweiten Strophe enthält einen Ausblick auf die dritte Strophe. Das paßt gut, weil die zweite Strophe gekonnt auf diesen letzten Vers hinarbeitet (v.a. "hart"). Demgegenüber empfinde ich, ehrlich gesagt, die Verse 4 - 6 von Strophe drei als Bruch. Sie sollen wahrscheinlich zum Anfang des Gedichts zurückführen, diesmal nicht in der Darstellung eines Zustands, sondern eines Wunsches, einer Willensbekundung. Bis zu diesen Versen ist das ganze Gedicht eine Beschreibung von sich (ins Schlimme hinein) steigernden Zuständen. "Gib verloren" paßt noch zum Vorhergehenden, dann aber, die Stimmung übergangslos wechselnd: "Sommer-Sonnen-Lieder-Lust" - strahlender als die ganze erste Strophe! Hmmmhmmm... Mit dem letzten Vers konnte ich mich auch nicht mehr anfreunden. Vor allem der "August" stieß mir auf. Wenn das Gedicht so wirkungsvoll über großräumige Zeiträume wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schreitet, scheint mir die plötzliche Erwähnung eines "August" wie ein Otto Meier, der plötzlich an der Festtafel des Olymp auftaucht *g* ;-) .

Nun, tut nichts, ein tolles Gedicht! Ich hoffe,die kritischen Anmerkungen sind trotzdem erlaubt und trüben nicht Deine berechtigte Freude am Gedicht.

Liebe Grüße,

Lame
 

Vera-Lena

Mitglied
Leid- weg vom Leid

Hallo, Lame,

Du gibst Dir ja immer viel Mühe. Es ist mir eine Freude, daß Du Dich mit Texten so intensiv befaßt. Bei der dritten Strophe ist Dir aber etwas entgangen. Dieses Glitzern von Kristallen wird ja erst schmerzhaft, wenn man unablässig darauf starrt, weil man wünscht, daß es wieder so sein sollte wie vorher. Und wenn es dann lange genug weh getan hat, kommt man endlich zur Vernunft und sagt sich, jetzt füge Dich mal in das Unabänderliche, jetzt ist Winter, nimm es endlich zur Kenntnis, und was da war, war schön, in der verklärenden Erinnerung noch schöner, aber es ist schon eine Weile her. "Fern, sehr fern ist der August" klingt für mich in diesem Zusammenhang außerordentlich wehmütig. Ich meine natürlich den Sommermonat August.

Liebe Grüße Vera-Lena
 
L

Lame

Gast
Hihi, den Dummen August hab ich auch nicht gemeint, schon den Monat ;-) . Aber Du hast recht, das "kalte Glitzern", das durch die "Lider fällt", habe ich nicht genau genug gelesen :) .

Liebe Grüße,

Lame
 



 
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