Am Strand

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mikhan

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Am Strand

Die alte Frau, die in dem langsam vermodernden Haus am Eingang zum Strand wohnt, hängt auf ihrer Terrasse Wäsche auf und sieht zu, wie Busse voller Touristen am Strand vorüberziehen, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Nur wenige Badegäste hat es hierher verschlagen. Außer einem betrunkenen Opa, der lachend in seine Badehose uriniert, scheint kaum jemand Gefallen an dem steinreichen Sandboden zu haben, der sich hier über mehrere Kilometer an der Küste erstreckt.
Ich versuche das Beste daraus zu machen und mache eine Stelle frei von den spitzen, zackigen Steinen, um dort mein Handtuch aufzuschlagen. Das ich an diesen verkommenen Strand gegangen bin, und nicht an einen dieser Luxusstrände, hat natürlich einen besonderen Grund. Ein altes Prospekt, das als Tapete in einem Straßenlokal diente, hatte mich auf diesen Strand aufmerksam gemacht. Bevor die Luxusstrände eröffnet wurden, war der Strand ein beliebtes Ausflugsziel gewesen, die Leute zahlten sogar Eintritt dafür. Diese Zeiten sind aber schon lange vorbei. Nun bin ich aber ein doch etwas beleibter Mann mittleren Alters, der in Ruhe das Meer und den Strand genießen und nicht, wie sonst, von allen Leuten angegafft werden möchte. Also machte ich mich auf zu „meinem“ Strand und ich muss sagen, bislang läuft doch alles ganz gut. Ich mache es mir auf meinem Handtuch gemütlich und lasse mir die Sonnen auf den Rücken brennen.
Ein wandernder Händler versucht mir eine Kokosnuss anzudrehen. Er zerschlägt sie, mit einer animalisch-brutalen Mimik, direkt vor mir auf einem Stein. Spritzer von Kokosnussmilch dringen mir in die Augen ein. Auffordernd hält mir der Urmensch ein Stück Kokosnuss entgegen. Ich probiere natürlich, denn wann kriegt man schon mal was umsonst, mache dem Mann dann aber verständlich, dass ich keine Kokosnuss von ihm zu kaufen gedenke. Beinahe fürchte ich, mein Kopf könnte das gleiche Schicksal wie die Kokosnuss erleiden, doch glücklicherweise begnügt sich der Mann damit einen furchtbaren Urschrei auszustoßen, worüber der betrunkene Opa abermals in lautes Gelächter ausbricht.
Die Kokosnuss hatte zwar sehr gut geschmeckt, doch hatte ich auf meinem Weg zum Strand mehrere Kokosnusspalmen gesehen und will mich doch lieber gratis bedienen. Nun ja, die Palmen gehören wohl der alten Frau, aber die wird ja wohl nichts dagegen haben. Ich gehe also zu einer der Palmen und schüttele kräftig an ihr. Außer einer Reihe von Käfern und faulen, stachligen Blättern fällt nichts hinunter. Es bleibt mir wohl nicht anderes übrig, als nach oben zu klettern. Langsam schiebe ich meinen dicken Körper den Stamm der Palme hinauf. Doch auf halber Höhe verliere ich sowohl meine Kraft als auch meinen Mut. Erschreckt stelle ich fest, dass es viel einfacher war, sich nach oben zu robben, als nach unten. Zum Springen ist es zu hoch. Mehr oder weniger freiwillig rutsche ich den Stamm hinab und schabe mir dabei die Haut von den Beinen.
Das kann mich jedoch nicht von einem Bad in dem salzigen Meerwasser abhalten, denn mittlerweile bin ich völlig verschwitzt. Das brühwarme Wasser bringt aber nicht die erhoffte Erfrischung. Wenigstens gibt es hier Wellen. Nach einigen halbherzigen, enttäuschenden Wellen, erfasst mich schließlich, völlig überraschend, doch noch ein riesiger Brecher, der mich wie einen Kreisel herumwirbelt und unsanft auf den Meeresboden aufschlagen lässt.
Jetzt habe ich aber doch genug vom Baden, und beschließe mir bei einem ausgedehnten Strandspaziergang Entspannung zu verschaffen. Der Opa ist eingenickt und brummelt unverständliches Zeug, ein unangenehmer Gestank geht von ihm aus. Schnell mache ich mich auf den Weg. Die an den Strand anschließende Vegetation besteht überwiegend aus alten Mangroven, die wie verwesende Eingeweide aus dem Boden ragen. Dazwischen liegen Gruben mit dunklen, schlammigen Wasser, die ein Fortkommen unmöglich machen.
Voller Freude stoße ich auf einen kleinen Fluss, der hier in das Meer mündet. Das Wasser hier ist sehr klar und hat eine angenehme Temperatur, außerdem ist der Fluss nicht sehr tief. Beinahe springe ich übermütig wie ein kleines Kind hinein, doch dann entdecke ich das junge Liebespaar, das diese kleine Oase bereits für sich erobert hat. Angewidert wende ich mich ab, mache mich auf den Rückweg zu „meinem“ Strand.
Ein herrenloser Hund macht sich über die Bananenschalen her, die ich neben mein Handtuch gelegt hatte. Wie hungrig muss ein Hund eigentlich sein, damit er Bananenschalen isst?
Jetzt trampelt er auch noch auf meinem Handtuch herum! Geh ab! Mach dich davon! Er knurrt, es steckt also doch noch ein bisschen Kraft in seinem ausgelaugten Körper. Besser ich tue jetzt nichts Unüberlegtes. Im Grunde brauche ich das Handtuch doch gar nicht, der Opa hat schließlich auch keins dabei. Nicht wahr?! Er schnarcht, schläft seinen Rausch aus. Ja, das tut gut. Nur weiter so. Und, du, du kannst meinetwegen auch gleich noch das Handtuch verschlingen. Was guckst du jetzt so? Habe ich was Falsches gesagt? Spiel dich bloß nicht so auf! Wem gehört dieser Strand denn eigentlich? Dir oder mir?
 

Pritt

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Tag Mikhan!

Bereits Dein erster Satz ist unglücklich. Zwar kann ich mir denken, dass die Toristen den Strand keines Blickes würdigen, aber Du hast so misslungen konstelliert, dass der Leser verwirrt ist, da es auch ohne Weiteres die alte Frau oder der Bus selber sein könnten, die den Strand unbeachtet lassen.
Die alte Frau... Ich denke, wenn Du eine KURZGESCHICHTE so beginnen lässt, sollte besagte und betagte Person noch irgendeine Funktion erfüllen, und sei es auch nur die eines sog. Falken. Ich glaube nicht, dass es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt. Dafür vermisse ich sämtliche Wesenszüge, die solch einen Text ausmachen. Dies hier ist ein Bericht und deshalb fehl am Platze. Sorry, nur meine Meinung.
P.S. Wie habe ich mir einen 'Urmenschen' vorzusetellen?
Nichts für ungut ... Pritt
 

mikhan

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Hallo Pritt!

Vielen Dank, für die, recht harsche, Kritik. Eigentlich sollte die Beschreibung des Strandes durch den Ich-Erzähler dessen abstoßenden Charakter offen legen. Dessen Sicht der Welt ist ja sehr eindimensional und pessimistisch angelegt, sein Inneres spiegelt sich im Äußeren des Strandes wieder. Das war zumindest das Anliegen dieser Geschichte. Nun ja, es ist mir offenbar nicht so geglückt, wie ich es mir gewünscht habe. Gruß, Mikhan.
 

Pritt

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Hallo abermals!

1. Schön, dass Du meine Worte nicht persönlich nimmst, wie so viele hier. :)
2. Die Grundidee, einen verwahrlosten Strand als Metapher für einen eben solchen Charakter zu benutzen, halte ich für eine sehr gute. Aber ich glaube, da reicht es nicht, den Strand als schmutzig, an den Rändern mit Mangroven und Sümpfen begrenzt und mit einem urinierenden Opa 'verziert' zu beschreiben. Bzw. KÖNNTE es reichen, wenn Du genauer erzählst, warum sich der Prot zu diesem hässlichen Flecken Erde so hingezogen fühlt. Vielleicht erinnert ihn die alte Frau an wen Bestimmtes? Nur so als Beispiel. Dann haste auch den wohl wichtigsten Baustein einer Kurzgeschichte: Der oder die Charaktere müssen immer von irgend etwas getrieben sein, innerlich oder äußerlich. Bei Strand - Charakter hättest Du beides schön miteinander kombiniert. Ich denke, Du hast mit diesem Thema Stoff für locker 10 Seiten...
Schönen Sonntag noch ... Pritt
 



 
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