Am anderen Ende des Tones

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vicell

Mitglied
So streicht denn der Bogen sein ewiges Lied
in der Süße zaubernd schwerer Musik verwoben
fast schwerelos gleitet der Ton
träumend seine eigene cantilene
so berückend vertraut
im stillschweigenden Übereinklang
der Harmonien
die sich berauschend entfalten
und doch immer wieder dasselbe Lied singen:

Von Wundern singen sie
Liebe und Leidenschaft
und der einsamen Trauer in uns,
die selten Worte findet,
eine Melodie führt sie dennoch in das Meer
des klangvollen Schweigens
und gibt ihr neuen Ausdruck.

Wollen wir denn eine neue Melodie in uns spannen?
Ist es nicht so, dass wir sie eher träumen als tatsächlich zum Leben erwecken?
Was erwartet uns, wenn wir uns dem Horizont nähern mit der Frage, die doch keine ist?

Manchmal, so scheint es,
erwachsen aus der Komplexität der Linien
neue Muster, die verborgen zu uns sprechen und uns geleiten.

Wenn wir denn innehalten und ihnen Raum in uns geben.
Einen Raum am anderen Ende des Tones ...
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe vicell,

Dein Text könnte,so denke ich, eindringlicher werden, wenn Du ihn aus dem Überpersönlich herausnimmst.

Ich schreibe Dir einmal hier etwas auf, nur damit Du sehen kannst, wie ich das meine.

Mein Bogen streicht
fast schwerelos den Ton
in seine zärtliche cantilene,
singt von Wundern,
erhebt Fragen,
sucht keine Antworten,
macht meine Träume
hörbar,
entwirft immer neue Linien,
neue Muster,
führt mich in seine Räume
vertraut, berauschend,
lässt mich verzaubert zurück
am Ende des Tons,
spricht in deine
stummen Tage hinein,
ein Klanggeleit
jenseits der Worte.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

vicell

Mitglied
Liebe Vera- Lena, ganz verzaubert hat mich deine Variante zurückgelassen. Ein interessantes Resultat, wenn man das lyrische Ich verändert und den Text strafft. Fast scheint es, als wäre da jemand anders nun, der diese Worte spricht.
Vielen Dank für deine konstruktive Auseinandersetzung mit meinem Text, ich weiss es zu schätzen!
Weisst du, der Text entstand in einem spontanem Austausch mit einem Freund, dem ich diese Zeilen auch sozusagen hinterher gewidmet hatte. Es folgten noch andere kleinere lyrische Geplänkel, aber diese Zeilen wollte ich mir so bewahren. Daher muss ich nun allerdings überlegen, ob ich den Text aus dem "Überpersönlichen" holen will, ihn in eine Art Dialog "umformen", so wie du das ansatzweise getan hast. Eindringlich ist er meiner Meinung nach schon von der Wortwahl, ich bin nicht sicher, ob ich ihn dahingehend noch eindringlicher gestalten will...
Mir gefällt dein Ansatz, aber der Sinn ist einfach nicht mehr dersselbe, wenn man beide Textvarationen miteinander vergleicht...worauf es mir vor allem ankommt in der Prosalyrik, ist der Grundtenor der geschriebenen Zeilen.
Wenn ich den Text nun straffen würde bzw. ein lyrisches Ich einbauen würde, wäre es sicherlich ein faszinierendes Experiment, aber eben nicht mehr dieser spezielle Klang, dem ich in mir nachspüren wollte, als ich diese Zeilen schrieb...

Lieben Gruß an dich,

vicell *immer noch grübelnd*
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe vicell,

das freut mich, dass Du mir antwortest.

Ich habe nicht angenommen, dass Du diesen Text umschreiben willst. Solche Vorschläge sind manchmal brauchbar, wenn man wieder etwas Neues schreiben will. So hatte ich das gemeint.

Dein Text ist wunderschön. Und wenn Du ihn anders schreibst, ist er eben auf andere Weise schön, aber warum soll man etwas Schönes unbedingt verändern wollen. Das ist nicht notwendig.

Musik in Worte zu bringen, ist das Schwierigste überhaupt, weil Worte im Vergleich zu reinen Klängen viel grobstofflicher sind. Es ist so, als wolltest Du "Berliner Luft in Tüten" verschenken.

Aber, man möchte immer über das sprechen, was man liebt...
Ich denke, Du wirst trotz dieser Schwierigkeit noch viele Texte verfassen, welche die Musik zum Inhalt haben, und ich wünsche Dir dabei von Herzen guten Erfolg und feue mich auch schon darauf, sie zu lesen.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Perry

Mitglied
Hallo Vic,
ein wunderbares Bild in dem sich für mich ein musikalischer Regenbogen vom Jetzt in die ungewisse Zukunft spannt. Gefällt mir ausgesprochen gut.
LG
Manfred
 



 
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