Ambroise Paré

Hieronymus

Mitglied
Ambroise Paré

Franz der Erste, König der Franzosen,
zieht nach Norditalien, kampfbereit.
Konkurrent ist Habsburg, und es tosen
in dem langen, unheilbaren Streit
mörderisch die neuen Feuerwaffen.

Auch Ambroise Paré gehört zum Heer.
Für den Wundarzt ist der Krieg als Schule
schier notwendig; dort erlernt er mehr
als von Professoren auf dem Stuhle,
denen es an Praxis oft gebricht.

Mit Holunderöl sind auszubrennen
Schusswunden, dem Buch nach voller Gift.
Selbst Paré muss sich dazu bekennen,
wenn ihn auch die Qual der Menschen trifft.
Doch das Öl wird knapp, und er muss handeln.

Eigelb nimmt er, mischt‘s mit Terpentin;
eine Salbe wird daraus bereitet,
ohne Brennen, gegen die Doktrin,
lindernd auf die Wunden ausgebreitet.
Tötet die Verletzten jetzt das Gift?

Früh am Morgen schaut er nach den Kranken.
Die gebrannten Wunden schmerzen arg.
Heilung ist der Salbe nur zu danken,
hier ist die Entzündung nicht so stark,
die Verletzten leiden nicht an Fieber.

So schreibt er es auf und macht bekannt:
Schusswunden an sich sind nicht vergiftet
und gehören auch nicht ausgebrannt.
Mangel hat Erkenntnis hier gestiftet,
Menschlichkeit und offener Verstand.




Anmerkung: Ambroise Paré (1510 – 1590) gilt als größter Neuerer der Chirurgie im 16. Jh.
 

Hieronymus

Mitglied
Ambroise Paré

Franz I., König der Franzosen,
zieht nach Norditalien, kampfbereit.
Konkurrent ist Habsburg, und es tosen
in dem langen, unheilbaren Streit
mörderisch die neuen Feuerwaffen.

Auch Ambroise Paré gehört zum Heer.
Für den Wundarzt ist der Krieg als Schule
schier notwendig; dort erlernt er mehr
als von Professoren auf dem Stuhle,
denen es an Praxis oft gebricht.

Mit Holunderöl sind auszubrennen
Schusswunden, dem Buch nach voller Gift.
Selbst Paré muss sich dazu bekennen,
wenn ihn auch die Qual der Menschen trifft.
Doch das Öl wird knapp, und er muss handeln.

Eigelb nimmt er, mischt‘s mit Terpentin;
eine Salbe wird daraus bereitet,
ohne Brennen, gegen die Doktrin,
lindernd auf die Wunden ausgebreitet.
Tötet die Verletzten jetzt das Gift?

Früh am Morgen schaut er nach den Kranken.
Die gebrannten Wunden schmerzen arg.
Heilung ist der Salbe nur zu danken,
hier ist die Entzündung nicht so stark,
die Verletzten leiden nicht an Fieber.

So schreibt er es auf und macht bekannt:
Schusswunden an sich sind nicht vergiftet
und gehören auch nicht ausgebrannt.
Mangel hat Erkenntnis hier gestiftet,
Menschlichkeit und offener Verstand.




Anmerkung: Ambroise Paré (1510 – 1590) gilt als größter Neuerer der Chirurgie im 16. Jh.
 

Günter

Mitglied
Hallo Hieronymus,

mit deinem Gedicht habe ich mich trotz der "geometrischen" Schwächen darin gern beschäftigt; es erfüllt nämlich die meiner Meinung nach wichtigste Voraussetzung für gute Literatur: Eine interessante Geschichte wird erzählt.

Folgenden Mangel solltest du aber reparieren:

Das Wort "Schußwunden" stört den Lesefluss, weil es (zusammen mit der ersten Silbe des folgenden Wortes) die Silbenfolge betont-betont-unbetont-unbetont erzwingt, wohingegen sonst sich in deinem Gedicht die betonten und unbetonten Silben immer abwechseln. Vorschlag:

Strophe 3: Kugelwunden, wie man meint voll Gift
Strophe 6: Kugelwunden einen nicht vergiften (... Mangel konnte Kenntnis damals stiften)

Darüber hinaus würde ich, ohne jetzt konkrete Vorschläge dafür machen zu können, noch eine Weile versuchen, die jeweils letzten Zeilen in die Reime mit einzubinden.

Ansonsten: Meine Anerkennung

Schönen Gruß
Günter

PS: Den erklärenden Nachsatz würde ich weglassen. Bei mir hat er lediglich verhindert, dass ich den mir unbekannten Namen google. Ist doch gut, wenn dein Text Neugierde erzeugt!
 

Hieronymus

Mitglied
Hallo Günter,

vielen Dank für Deine konstruktive Kritik.
Ja, die Schusswunden. Sie passen nicht gut in ein trochäisches Gedicht. Sie sollten zusammen mit dem nächsten Wort m. E. so gelesen werden: Betont, unbetont, unbetont, unbetont, betont, d. h., man lässt einfach eine Betonung fallen. "Kugelwunden" ist aber ein schönes Wort, das ich noch nicht kannte. Ich übernehme es für die letzte Strophe.

Ich versuche in letzter Zeit, dem "Reimzwang" zu widerstehen und auch ungereimte Zeilen in meine Gedichte einzubauen. Ich finde, ein Gedicht über Krieg und Schmerz muss nicht durch und durch harmonisch klingen. Ferner geben mir die ungereimten Zeilen die Gelegenheit, in der letzten Strophe, sozusagen als versöhnenden Ausklang, doch zu reimen.

Die Anmerkung habe ich selbst nur mit Bedenken eingefügt. Ich lasse sie gern fallen, durch Deinen Kommentar ist sie eh überflüssig geworden.
LG
Hieronymus
 

Hieronymus

Mitglied
Ambroise Paré

Franz I., König der Franzosen,
zieht nach Norditalien, kampfbereit.
Konkurrent ist Habsburg, und es tosen
in dem langen, unheilbaren Streit
mörderisch die neuen Feuerwaffen.

Auch Ambroise Paré gehört zum Heer.
Für den Wundarzt ist der Krieg als Schule
schier notwendig; dort erlernt er mehr
als von Professoren auf dem Stuhle,
denen es an Praxis oft gebricht.

Mit Holunderöl sind auszubrennen
Schusswunden, dem Buch nach voller Gift.
Selbst Paré muss sich dazu bekennen,
wenn ihn auch die Qual der Menschen trifft.
Doch das Öl wird knapp, und er muss handeln.

Eigelb nimmt er, mischt‘s mit Terpentin;
eine Salbe wird daraus bereitet,
ohne Brennen, gegen die Doktrin,
lindernd auf die Wunden ausgebreitet.
Tötet die Verletzten jetzt das Gift?

Früh am Morgen schaut er nach den Kranken.
Die gebrannten Wunden schmerzen arg.
Heilung ist der Salbe nur zu danken,
hier ist die Entzündung nicht so stark,
die Verletzten leiden nicht an Fieber.

So schreibt er es auf und macht bekannt:
Kugelwunden selbst sind nicht vergiftet
und gehören auch nicht ausgebrannt.
Mangel hat Erkenntnis hier gestiftet,
Menschlichkeit und offener Verstand.
 

MarenS

Mitglied
Ich las es vor und nach der Änderung und finde es hat sehr gewonnen. Die Anordnung der Reime und die fünfte, jeweils nicht gereimte Zeile gefällt mir. Der Inhalt macht, wie Günter schon erwähnte, wirklich neugierig und man sucht nach Information, die du als Schreiber aber nicht geben musst.
Ein schönes Gedicht mit Inhalt.

Grüße von Maren
 

Günter

Mitglied
Hallo Hieronymus,

nachdem ich mir "Schußwunden" ein Dutzend Mal laut vorgesagt habe, glaube ich, du hast recht: Einmal betont, zweimal unbetont.

Deine kleine Rebellion gegen den Reimzwang gefällt mir; sollte ich auch mal probieren. Meine Frau meint, ich sei von der Silbenzählerei in der Leselupe schon völlig verdorben. Andererseits hat mich der penetrante Nachdruck auf die äußere Form wirklich dazu lernen lassen. Die Kunst ist halt, die rechte Balance zwischen Inhalt und Form zu finden (bzw. wirkliche Kunst wäre es, wenn beide Faktoren einander befördern. Aber solche Gedichte posten wir dann nicht hier, die verkaufen wir für teures Geld ;) ).

Schönen Gruß
Günter
 

Hieronymus

Mitglied
Ambroise Paré

Franz I., König der Franzosen,
zieht nach Norditalien, kampfbereit.
Konkurrent ist Habsburg, und es tosen
in dem langen, unheilbaren Streit
mörderisch die neuen Feuerwaffen.

Auch Ambroise Paré gehört zum Heer.
Für den Wundarzt ist der Krieg als Schule
schier notwendig; dort erlernt er mehr
als von Professoren auf dem Stuhle,
denen es an Praxis oft gebricht.

Mit Holunderöl sind auszubrennen
Schusswunden, dem Buch nach voller Gift.
Selbst Paré muss sich dazu bekennen,
wenn ihn auch die Qual der Menschen trifft.
Doch das Öl wird knapp, und er muss handeln.

Eigelb nimmt er, mischt‘s mit Terpentin;
eine Salbe wird daraus bereitet,
ohne Brennen, gegen die Doktrin,
lindernd auf die Wunden ausgebreitet.
Tötet die Verletzten jetzt das Gift?

Früh am Morgen schaut er nach den Kranken.
Die gebrannten Wunden schmerzen arg.
Heilung ist der Salbe nur zu danken,
hier ist die Entzündung nicht so stark,
die Verletzten leiden nicht an Fieber.

Schreibt es auf und macht es so bekannt:
Kugelwunden selbst sind nicht vergiftet
und gehören auch nicht ausgebrannt.
Mangel hat Erkenntnis hier gestiftet,
Menschlichkeit und offener Verstand.
 



 
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