Anonyme Türsteher

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Jawohl, Sie haben richtig gelesen; dies ist eine Organisation, die sich ausschließlich einer Randgruppe von Menschen widmet, die sich tagtäglich um Recht und Ordnung bemühen und dabei Leib sowie Leben riskieren.

Von der Gesellschaft als stumme Diener, Popeys für Arme und Minimalhirnträger verachtet führen sie ein liebloses und einsames Leben jenseits unseres sozialen Gefüges.
Damit muss nun Schluss sein!

Schluss mit den Klischees!
Schluss mit der Intoleranz!
Schluss mit der Diskriminierung!


Hier könnt Ihr lieben Türsteher Euch ungezwungen und anonym öffnen, dürft ungeachtet Eures vokabularen Wortschatzes den Sorgen und Nöte Rechnung (?) tragen.
Hier werdet Ihr für die Gesellschaft fit gemacht und sozial eingegliedert.
Hier erfahrt Ihr psychologische Betreuung und fundierte Kenntnisse, wie man sich glaubhaft dem Staatsanwalt verkauft.
Aber nicht nur das - auch der Umgang mit der Polizei sowie bewährte Fachkenntnisse über körperliche Auseinandersetzungen ohne dem Gegner sichtbare Wunden zuzufügen, gehören zum Repertoire der "Anonymen Türsteher".

Ihr könnt Eure Erfahrungen austauschen, wie z.B.:
  • Tipps und Tricks im Nahkampf mit dem Feind
    Kollaboration
  • ausdruckslos und grimmig gucken
  • an die besten Schnitten rankommen
  • Schülerausweis von Führerschein unterscheiden
  • Betrunkene bergen ohne Kleidungswechsel
    Geburtsdaten zurückrechnen
  • danke zu sagen, wenn man Euch schlägt
  • bitte zu sagen, wenn Ihr schlagt
  • sportlich von elegant zu unterscheiden
  • schnell am Brandherd zu sein, ohne anderer Leute Rippen zu brechen etc.

Unser ehrenamtliches Team steht Euch allzeit tatkräftig zur Seite!

Das Team:

Messerjocke

Lange Jahre Türsteher in Hamburg; spezialisiert auf Nahkampf, Messer und Wurfsterne aller Art. Er war immer der Schnellste, verlor keinen Kampf bis...ja bis seine Gegner auf Schußwaffen umrüsteten und er empfindlich in der rechten Hand getroffen seinen Beruf an den Nagel hängen mußte.

Hightower

2,05 m - ein Fels in der Brandung - Fachmann für´s Abweisen ohne zu reden.

An ihm kam bis heute kein Gast vorbei, sofern er nicht mit einem kurzen Rock oder tiefen Dekolletee ausgestattet war.

Murat

Man nennt ihn auch "Ehrblitz", ausgebildet im Kickboxen und Karate zählt insbesondere seine Vielsprachigkeit, seine Emotionalität und sein Ehrgefühl zu den hervorzuhebenen Stärken.
Er ist quasi die personifizierte Grenze von Toleranz, Beleidigungen aller Art und Schamgefühl. Übertretungen der Grenzen sind äußerst ungesund.

Pappen - Arthur

Spezialist in Sachen Drogen aller Art; eröffnet den kleinen Fischen das Nirwana, wenn sie die großen Fische verkaufen. Darüber hinaus verfügt er über polnische und russische Sprachkenntnisse und ließ so manche Autoknackerbanden und Schmuggelringe auffliegen.

Der Pate

Wenn alle Stricke reißen, allen anderen die Argumente ausgehen, weder Lob noch Tadel hilft, schreitet ER ein!<br>
Seine einfach strukturierten Argumente lassen jeden Unbeirrbaren zú Kreuze kriechen.
Ein Schulterdrücken ist wie der Todeskuß, eine Umarmung wie ein Vorgeschmack auf unendliche Qualen, ein Blick wie der Vorhof zur Hölle.
Wer zu ihm durchgereicht wird, erlebt sein Leben im Schnelldurchlauf!

Last but not least…

Bongelli

Die Gefährtin, Soziologin, Therapeutin, Schlichterin...<br>
Eine Frau, die auserkoren wurde das Sprachrohr zu sein, die zurückpfeift und ungeschminkt austeilt. Sie hält die Truppe zusammen, lobt und sanktioniert, redet in ganzen Sätzen und fungiert in intellektuellen Diskussionen als Simultanübersetzerin.

Sie wurde gebeten diese Organisation zu gründen und zu betreuen.
Selbst viele Jahre an der Tür, wird Ihr Wort geschätzt und befolgt.
Ihr habt nun die Möglichkeit Eure Anliegen, Erfahrungen und Fragen per email an bongelli@gmx.de zu senden oder durch sie direkt mit einem der Teamkollegen zu kommunizieren.

Bongelli leitet selbstverständlich alles unverzüglich und diskret weiter!

Nichts ist TABU und alles wird vertraulich behandelt. Solltet Ihr Rechts- oder Seelenbeistand brauchen, wendet Euch bitte nicht an den Apotheker, auch wenn er unter angemessenem Druck ein hübsches Pülverchen zusammenmixt, dass Eure Probleme von jetzt auf gleich löst.
Hier wird diskutiert und nicht exekutiert.

Also Jungs, keine falsche Scham...alles wird gut!

Räumen wir erst mal mit dem Vorurteil auf, Türsteher hätten nichts in der Birne!

Für Betroffene, Opfer und Interessierte!

Stellvertretend für diese Gruppe tapferer und meist verkannter Mitmenschen, die ähnlich wie unsere Freunde in Grün/Weiß nur mit schlechterer Bezahlung und ohne Aussicht auf ein Ehrengrab stets für Recht und Ordnung sorgen, immer ein Ohr für die Sorgen und Nöte unserer lieben Mitbürger haben, sozial engagiert die Tränen jeder Generation trocknen und Nacht für Nacht ohne edle Rüstung selbstlos in den Kampf für Frieden und Gerechtigkeit ziehen, ja für diese Menschen setzten wir uns ein!

Die Ausweiskontrolle

Nicht selten versuchen Küken im zarten Alter von 14 Jahren, aufgedonnert bis ins Unkenntliche, die Pforte des puren Vergnügens zu passieren. Dabei bedienen sie sich so ausgefallener Mittel wie dem Ausweis der Mutter, überklebten Geburtsdaten im Originalausweis, Schülerausweisen mit hochoffiziellen Kartoffelstempeln etc.

Ist gerade kein Ausweis zur Hand wird dem Türsteher einfach das frisch "auswendig" gelernte Geburtsdatum entgegen geschmettert; um der Glaubwürdigkeit Nachdruck zu verleihen, werden die umherstehenden 20 Freunde zur Bestätigung gebeten und obendrein ein Schriftstück der Mutter serviert (meist auf kariertem Papier in Schönschrift übersät mit tausend Fehlern trotz Tintenkiller), die im Wissen was ihr Töchterchen so treibt, kurzerhand das Schwellenalter von 16 Jahren (bis 24:00 Uhr) bestätigt.

Das ist die Situation mit der sich der Türsteher nun auseinandersetzen muss.

Auf alle Tricks geschult, bemerkt er natürlich sofort, dass nicht die Tochter, sondern in Wirklichkeit die Mutter frisch geliftet vor ihm steht...kicher...Scherz beiseite, wir sind ja nicht zum Vergnügen hier.
Ihm fällt auf, obwohl sich die Göre Schminke für eine ganze Splatter-Filmproduktion ins Gesicht geschmiert hat, dass eindeutig nicht die Person vor ihm steht, deren Bild er im Ausweis betrachtet.
Auch die Variante der transparenten Klebenummern ist ihm durchaus geläufig. Dummerweise vergessen die Kids, dass sich das Geburtsdatum zweimal auf dem Ausweis befindet, nämlich noch mal unten in umgekehrter Reihenfolge.

Ätschibätsch!

Na? Wer hat denn hier nun keinen Grips in der Birne?

Die selbst gebastelten Schülerausweise sind eigentlich nie mehr als eine Lektion in Dilettantismus ersten Grades.
Aber weiter; kommen wir nun zu den Situationen in denen der Türsteher sich auf Menschenkenntnis und Fachwissen verlassen muss.
Kein Ausweis sondern nur ein verbal geäußertes Geburtsdatum, schwierig!
Zunächst muss sich der Gastanwärter den prüfenden und bohrenden Blicken der Schwellenhüter aussetzen; die Türsteher könnten es sich nun einfach machen und entweder gleich sagen:

"Ohne Pass keinen Spaß, junge Frau (junger Mann)! Tut mir leid, wünsche trotzdem noch einen schönen Abend" oder ausnahmsweise mal ein Auge zu drücken. Letzteres verstößt natürlich gegen den Berufsethos, die Auflagen des Jugendschutzgesetzes und nicht zuletzt gegen den inneren Schweinehund.
"Ohne Pass keinen Spaß" wäre zwar geschäfts- und behördenpolitisch korrekt, würde dem Individuum jedoch unwiderruflich den Abend versauen.
Da Türsteher, entgegen weitläufiger Meinung, Männer mit großen Herzen sind (das zeigt sich besonders dann, wenn einem der Blick in ihr elektronisches Gehirn = digital diary gestattet wird), eröffnen sie den Ausweislosen auf ganz unkonventionelle Art und Weise Wege sich zu rehabilitieren.

Ein typischer Eignungstest:

TS: "Guten Abend junge Frau, Deinen Ausweis mal bitte!"
JF: "Den hab´ich vergessen" (Betroffenheitsblick)
TS: "Tja, sonst nichts dabei, was Dich als mindestens 16 ausweist?"
JF: "Nö, ich bin aber schon 16, ehrlich! Du kannst Dennis, Anja, Michaela, Nicole und Benjamin fragen" (klimper mit den frisch getuschten Augen)
TS: "Mädel, wann bist Du denn geboren?" Schweigen im Walde
TS: "Wann Du geboren bist, hab´ ich gefragt!"
JF: "äääh...im September" (guckt sich nach ihren Freunden um, die schon längst mit Ausweis im Laden verschwunden sind)
TS: "Im September...was? Welches Jahr, welcher Tag?"
F brennen langsam bei der Rechnerei die Sicherungen durch...
JF: "Am 12.9., Neunzehnhundertund..und..und..85; kann ich jetzt rein?"
TS: "Moment, junge Frau...welches Sternzeichen?"
JF: "öhm...Löwe?!"
TS: "Jungfrau! Durchgefallen und tüss!"
JF: "Wichser!... Scheiß Türsteher... Alter, wir sehen uns noch!"

Na? Wer hat denn hier nun seine Schularbeiten nicht gemacht?!

Jaja, was zeigt uns das wieder, nicht die Türsteher sind hohl in der Birne, sondern die Gäste schlecht vorbereitet, aber dazu an anderer Stelle mehr; wir fangen ja gerade erst an dem Pferd mal hinten hereinzuschauen und nicht nur auf ihm herumzureiten. Und was die sich alles anhören müssen...

Durchschnittlich bei einem Durchlauf von 2000 Gästen
  • sterben Türsteher 10 Mal pro Abend
  • schlafen 20 Mal mit ihrer Mutter
  • sind 50 Mal Söhne von Huren
  • erwarten ungebeten noch 100 Besucher nach Feierabend
  • lassen sich gut 200 Mal übelst beschimpfen
Aber damit ist nun Schluss!

Die Lanze des Schweigens wird durch Anonyme Türsteher gebrochen.
Die Schmerzgrenze ist erreicht; es wird Tacheles geredet und mit den Klischees aufgeräumt.

Alles wird gut

Bongelli


© by Bongelli Dezember 2001
 



 
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