freifrau von löwe
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Jeden Morgen sehe ich sie.
Ihr hellblauer Anorak leuchtet mir schon von Weitem entgegen, wenn ich auf die S-Bahn zur Arbeit warte. Sie gehört zu den unerschrockenen Radfahrern, die sich bei jedem Wetter auf den Drahtesel schwingen und mit einem Gleichmut gegen Wind und Regen radeln, von dem ich nicht weiß, ob ich ihn bewundern oder belächeln soll.
Im letzten Sommer bemerkte ich sie zum ersten Mal.
Der Himmel hing tief über der Wiese und erste Tropfen fielen platschend auf den Asphalt vor meinen Füßen. Da kam sie angeradelt, den Kopf zwischen die Schultern geduckt. Sie schloss ihr Rad am Fahrradständer an und eilte mit großen Schritten zum Bahnsteig.
Ihr regennasses Gesicht lächelte mich an. Ich grinste zurück.
Sie ist keine schöne Frau, dachte ich.
Damals.
Schon bald begann ich, morgens auf sie zu warten. Wenn sie einmal nicht kam, vermisste ich sie. Ich beobachtete sie. Sie bewegt ihren langen, viel zu hageren Körper vorsichtig und ihre Gesten haben eine unerwartete Anmut. Feines dunkelblondes Haar umrahmt ein blasses Gesicht und fällt bis auf die Schultern herab. Das Kinn ist ein wenig zu spitz und gibt dem Gesichtsausdruck einen entschlossenen Zug. Die blauen Augen unter schweren Lidern sind von blonden Wimpern umrahmt.
Ich mag keine blonden Wimpern.
Sie trägt kein Make-Up und selbst im Sommer ist sie nie braun. Menschen mit so heller Haut sind gewöhnlich übersäht von Sommersprossen. Aber an ihr habe ich keine entdeckt. Ihre Haut ist so glatt, dass ich oft den Wunsch nieder kämpfen muss, zu überprüfen, was meine Augen mir versprechen.
Aber am meisten fasziniert mich ihr Mund. Unter der schlanken, leicht gebogenen Nase sieht er aus wie gemalt. Ober- und Unterlippe wölben sich voll und sinnlich und enden in zwei schelmisch herauf gezogenen Mundwinkeln. Wenn sie lächelt, hat sie zwei hinreißende Grübchen. Der kleine Leberfleck neben ihrer Unterlippe berührt mich seltsam. Er macht diesen schönen Mund weniger vollkommen.
Wenn wir in der Bahn sitzen, achte ich immer darauf, dass ich ihr gegenüber sitze. Ich will sie betrachten.
Einmal klingelte während der Fahrt ihr Handy. In ihren Anblick versunken, hörte ich nicht, was sie sprach, sondern lauschte nur der dunklen melodischen Stimme und starrte wie gebannt auf ihre Lippen. Sie bewegten sich, als würden sie etwas liebevoll umschließen, um dann hingebungsvoll einen Namen zu seufzen.
Mir wird noch immer flau im Magen, wenn ich daran denke.
Ich will sie küssen.
Manchmal liest sie ein Buch. Ihre großen Hände berühren es fast andächtig und sehr sanft. Zuweilen blickt sie auf, und es scheint, als kehrte sie nur mühsam wieder zurück in diesen Tag und diese Bahn.
Wenn sie bemerkt, dass ich sie ansehe, lächelt sie und irgendwie habe ich das Gefühl, sie weiß, was in mir geschieht. Es ist wie ein stillschweigendes Einverständnis zwischen uns und ich lächele zurück.
Sie ist wunderschön.
(Mit einem danke an b. Ich habe viel gelernt!)
Ihr hellblauer Anorak leuchtet mir schon von Weitem entgegen, wenn ich auf die S-Bahn zur Arbeit warte. Sie gehört zu den unerschrockenen Radfahrern, die sich bei jedem Wetter auf den Drahtesel schwingen und mit einem Gleichmut gegen Wind und Regen radeln, von dem ich nicht weiß, ob ich ihn bewundern oder belächeln soll.
Im letzten Sommer bemerkte ich sie zum ersten Mal.
Der Himmel hing tief über der Wiese und erste Tropfen fielen platschend auf den Asphalt vor meinen Füßen. Da kam sie angeradelt, den Kopf zwischen die Schultern geduckt. Sie schloss ihr Rad am Fahrradständer an und eilte mit großen Schritten zum Bahnsteig.
Ihr regennasses Gesicht lächelte mich an. Ich grinste zurück.
Sie ist keine schöne Frau, dachte ich.
Damals.
Schon bald begann ich, morgens auf sie zu warten. Wenn sie einmal nicht kam, vermisste ich sie. Ich beobachtete sie. Sie bewegt ihren langen, viel zu hageren Körper vorsichtig und ihre Gesten haben eine unerwartete Anmut. Feines dunkelblondes Haar umrahmt ein blasses Gesicht und fällt bis auf die Schultern herab. Das Kinn ist ein wenig zu spitz und gibt dem Gesichtsausdruck einen entschlossenen Zug. Die blauen Augen unter schweren Lidern sind von blonden Wimpern umrahmt.
Ich mag keine blonden Wimpern.
Sie trägt kein Make-Up und selbst im Sommer ist sie nie braun. Menschen mit so heller Haut sind gewöhnlich übersäht von Sommersprossen. Aber an ihr habe ich keine entdeckt. Ihre Haut ist so glatt, dass ich oft den Wunsch nieder kämpfen muss, zu überprüfen, was meine Augen mir versprechen.
Aber am meisten fasziniert mich ihr Mund. Unter der schlanken, leicht gebogenen Nase sieht er aus wie gemalt. Ober- und Unterlippe wölben sich voll und sinnlich und enden in zwei schelmisch herauf gezogenen Mundwinkeln. Wenn sie lächelt, hat sie zwei hinreißende Grübchen. Der kleine Leberfleck neben ihrer Unterlippe berührt mich seltsam. Er macht diesen schönen Mund weniger vollkommen.
Wenn wir in der Bahn sitzen, achte ich immer darauf, dass ich ihr gegenüber sitze. Ich will sie betrachten.
Einmal klingelte während der Fahrt ihr Handy. In ihren Anblick versunken, hörte ich nicht, was sie sprach, sondern lauschte nur der dunklen melodischen Stimme und starrte wie gebannt auf ihre Lippen. Sie bewegten sich, als würden sie etwas liebevoll umschließen, um dann hingebungsvoll einen Namen zu seufzen.
Mir wird noch immer flau im Magen, wenn ich daran denke.
Ich will sie küssen.
Manchmal liest sie ein Buch. Ihre großen Hände berühren es fast andächtig und sehr sanft. Zuweilen blickt sie auf, und es scheint, als kehrte sie nur mühsam wieder zurück in diesen Tag und diese Bahn.
Wenn sie bemerkt, dass ich sie ansehe, lächelt sie und irgendwie habe ich das Gefühl, sie weiß, was in mir geschieht. Es ist wie ein stillschweigendes Einverständnis zwischen uns und ich lächele zurück.
Sie ist wunderschön.
(Mit einem danke an b. Ich habe viel gelernt!)