Ansprache eines wenig Noblen an die noble Verflossene - Sonett

3,70 Stern(e) 3 Bewertungen

Walther

Mitglied
Ansprache eines wenig Noblen an die noble Verflossene


Schau zu, wie du die nächste Herrschaft adelst:
Bei mir ist blaues Blut nicht mehr gefragt.
Das Negligé liegt dort im Eimer, angenagt:
Selbst meine Hausmaus, die du immer tadelst,

Hat seinen Schnitt nicht mehr goutiert. Du rödelst
Wie wild geworden durch das Plüschgepränge
Des Nachsalons. Ach, wenn Dein Schimpfen klänge:
Es stört nur. Du störst. Kurz: Du episödelst.

Von gestern bist du, ausgelatscht und -lutscht:
Dein Rouge ist eine schwarz gestreifte Pampe,
Die Wimpern sind dir vom Geplärr verrutscht:

Mensch, zieh dich an, das Kleid hängt auf der Lampe.
Du glaubst, du hast dich an die Macht geputscht -
Ganz falsch: Du kommst jetzt auf die Resterampe.
 
O

orlando

Gast
Lieber Walther,
in mancher Hinsicht könnte ich das Werk tadeln (zuviel Message), aber mir gefällt es trotzdem sehr. Es kommt halt ungemein ehrlich rüber und schildert überdeutlich die Wutgefühle eines Verlassenen.

Du zeigst uns einen spannenden Rhythmus; ich demonstriere mal kurz wie ich das Teilchen lesen würde:

Schau zu, wie du die nächste Herrschaft adelst:
Bei mir ist blaues Blut nicht mehr gefragt.
Das Negli liegt dort im Eimer, angenagt:
Selbst meine Hausmaus, die du immer tadelst,

Hat seinen Schnitt nicht mehr goutiert. Du delst ......
[blue]Wie wild geworden durch das Plüschgepränge[/blue]
Des Nachsalons. Ach, wenn Dein Schimpfen klänge:
Es stört nur. Du störst. Kurz: Du episödelst.

Von gestern bist du, ausgelatscht und -lutscht:
Dein Rouge ist eine schwarz gestreifte Pampe,
Die Wimpern sind dir vom Geplärr verrutscht:

Mensch, zieh dich an, das Kleid hängt auf der Lampe.
Du glaubst, du hast dich an die Macht geputscht -
Ganz falsch: Du kommst jetzt auf die Resterampe.
Ein Paradebeispiel für wissbegierige Leser, dass Rhythmus und Metrum durchaus nicht immer übereinstimmen müssen oder sollen. Im Gegenteil!
In einem Verslein (blau markiert) falle ich etwas raus, vermutlich weil wie viel stärker als wild wirkt ...
Sehr schön: die Sache mit der Hausmaus und natürlich das Episödeln, das mir gar herrlich im Ohr klingt.

Und noch eins: Bei mir hat der Hochadel auch verschissen, spätestens nach ...

Solidarische Grüße ;)
orlando
 

Walther

Mitglied
hi orlando,

hier mein lesevorschlag:
Wie wild geworden durch das Plüschgepränge
du folgst mit deinen überlegungen Bernd, aber auch dem "Anthologist", dessen englische version ich sehr zu lesen empfehle.

danke für deine rezitationsüberlegungen. lesen macht ein gedicht nochmals völlig neu. wer selbst liest, hat diese erfahrungen bei eigenen und fremden werken immer wieder.

ganz lieben dank für deine freundliche (be-)wertung meines etwas "irren" sonetts!

lg w.
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Walther,
obwohl mir einiges an dem Sonett nicht gefällt (es ist nicht meine Sprache), ist es ausgezeichnet gesetzt. Ich finde nicht, dass hier Metrik und Rhythmus nicht zusammen geht. Bis auf S1/Z3. Hier ist eine Silbe zu viel und man kommt beim angenagt ins stolpern.
Trotz allem gerne gelesen.
Hermann
 

Walther

Mitglied
Ansprache eines wenig Noblen an die noble Verflossene


Schau zu, wie du die nächste Herrschaft adelst:
Bei mir ist blaues Blut nicht mehr gefragt.
Das Negligé liegt löchrig rum, zernagt:
Selbst meine Hausmaus, die du immer tadelst,

Hat seinen Schnitt nicht mehr goutiert. Du rödelst
Wie wild geworden durch das Plüschgepränge
Des Nachsalons. Ach, wenn Dein Schimpfen klänge:
Es stört nur. Du störst. Kurz: Du episödelst.

Von gestern bist du, ausgelatscht und -lutscht:
Dein Rouge ist eine schwarz gestreifte Pampe,
Die Wimpern sind dir vom Geplärr verrutscht:

Mensch, zieh dich an, das Kleid hängt auf der Lampe.
Du glaubst, du hast dich an die Macht geputscht -
Ganz falsch: Du kommst jetzt auf die Resterampe.
 

Walther

Mitglied
hallo hermann knehr, hallo orlando,

auf hinweis aus verschiendenen federn habe ich s1v3 geändert. ich hoffe, das erhält die melodie. der zusätzliche takt hilft, muß aber wohl nicht sein.

lieber gruß w.
 

Walther

Mitglied
Ansprache eines wenig Noblen an die noble Verflossene


Schau zu, wie du die nächste Herrschaft adelst:
Bei mir ist blaues Blut nicht mehr gefragt.
Das Negligé liegt löchrig rum, zernagt:
Selbst meine Hausmaus, die du immer tadelst,

Hat seinen Schnitt nicht mehr goutiert. Du rödelst
Wie wild geworden durch das Plüschgepränge
Des Nachtsalons. Ach, wenn Dein Schimpfen klänge:
Es stört nur. Du störst. Kurz: Du episödelst.

Von gestern bist du, ausgelatscht und -lutscht:
Dein Rouge ist eine schwarz gestreifte Pampe,
Die Wimpern sind dir vom Geplärr verrutscht:

Mensch, zieh dich an, das Kleid hängt auf der Lampe.
Du glaubst, du hast dich an die Macht geputscht -
Ganz falsch: Du kommst jetzt auf die Resterampe.
 



 
Oben Unten