Arbeitslos

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Tartan

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Arbeitslos


"Heute", sagt traurig die Mama,
"Hab ich keine Geschenke da."
Ungläubig schaut das kleinste Kind,
ob's wirklich kein Geschenk vorfind.

Die Mama, ernsthaft betroffen,
hätt sich gern Stimmung angesoffen,
nur wie es zu erwarten war,
ist nun aber kein Schnaps mehr da.

Sie weiß nicht was sie sagen soll,
umarmt ihr Kind ganz liebevoll.
Ruhiger Stimme möcht sie's erklären,
kann sich der Tränen nicht erwehren.

Fest drückend sagt's verständige Kind:
"Wichtig ist, dass wir zusammen sind!"
Schnell gibt's für Mama noch 'nen Kuss,
die sich, aus Not, verkaufen muss.

__________________
 

Mirko Kussin

Foren-Redakteur
hallo tartan,
also dein text haut mich weder inhaltlich, noch formal vom hocker.
die geschichte die du erzählst bedient sich aller klischees die es so gibt: die arme arbeitslose, die ihrem kind nichts schenken kann, auf den strich geht und auch noch säuft. das sind mir zu viele thematiken/probleme/aspekte in einem gedicht. da könntest du drei texte draus machen und wärst damit dann auch viel treffender. so ist es zu verwässert.
jetzt zu den formalen sachen. der rhythmus holpert hier und da ein wenig. das versuchst du teilweise durch verkürzungen wie "ob´s", "gibt´s", usw hinzubiegen, aber das liest sich nicht so schön. hier würde ich mal schauen, ob du es ohne diese umgangssprachlichen ausdrücke hinbekommst (zumal du "sagt das" in der vierten strophe nicht einfach in "sagt`s" umwandeln kannst, denn das steht für "sagt es")...
in der ersten strophe ist der zweite reim (kind-vorfind) auch sehr hingebogen. ach ja und "stimmung angesoffen" passt auch nicht so ganz, weil dieses ansaufen ein stark wertender ausdruck ist und nicht zu der ansonsten eher beschreibenden stimmung deines textes passt.
also mein tipp: such dir einen aspekt heraus (entweder das mutter-tochter verhältnis, oder die trinkerei, oder die arbeitslosigkeit) und versuche diesen stärker herauszuarbeiten, lass die anderen ganz weg. man muß nicht die probleme der welt in 16 zeilen packen, die sind schon für ein einzelnes problem knapp genug bemessen. und dann versuch es doch mal ohne reim und dafür in einer dichteren sprache... die thematik an sich hätte eine kraftvollere, stärkere darstellung verdient.
auch wenn der kommentar jetzt wie der totale verriss klingt, soll er dich doch ermutigen an dem text zu arbeiten, denn die anderen sachen von dir sind um einiges besser.
ach ja und zum schluss noch eine ganz fiese assoziation zur logik des textes, die ich beim lesen hatte (und wahrscheinlich nur in meiner zynischen persönlichkeit begründet liegt)"wieso arbeitslos? mama hat doch jetzt ne neue stelle"
klingt jetzt wahrscheinlich superhart, aber vielleicht verstehst du worauf ich hinaus will.
liebe grüße und nichts für ungut, mirko
 

Tartan

Mitglied
Lieber Mirko,

ich bin selber ein Verfechter von guter Kritik, also muss ich sie auch nehmen können. Außerdem finde ich auch, dass du in fast allem was du schreibst, vollkommen Recht hast.
Du weißt worauf es bei Qualität ankommt, das ist gut, doch ich denke nicht, dass jeder eine solche Hornhaut hat wie ich und das ist schlecht. Man will ja schließlich nicht einen kommentar, der viel Zeit in Anspruch nimmt einfach umsonst schreiben, oder?
Man möchte doch damit bezwecken, dass die Person, die den Kommentar bekommt ihn auch aufmerksam ließt "und" ihn sich dann auch gleichfalls zu Herzen nimmt, damit es dann auch fruchtet. Deshalb finde ich die Art wie du es schreibst, also den geschriebenen Ton sozusagen, schlecht.
Sorry, aber auch wenn das jetzt wenig mit Textarbeit zu tun hat, ist dies doch eine wichtige Sache, die für das menschliche Miteinander wichtig ist. Also eine Kritik, die man für das wirkliche Leben umsetzen kann und deshalb noch wertvoller ist. Eine diplomatischere Umsetzung führt deshalb zu mehr Einsicht und du wirst respektiert und nicht gefürchtet.

Jetzt noch kurz zu meinem Gedicht:

Ich will ja was lernen, also werde ich zu jedem Klischee ein Gedicht schreiben, denn wenn ich dieses Gedicht überarbeite, steigert sich die Qualität ja nicht, weil es dann immer noch zu klischeebeladen ist.

Aber noch kurz zu den Klischees:
Ich finde es generell nicht schlimm, wenn man über Klischees schreibt, nur vielleicht nicht über ganz so Viele wie ich es getan habe. Da gebe ich dir nachdem doch einiges an Zeit verstrichen ist, seit ich dieses Gedicht schrieb Recht, dass das billig ist. Aber wenn man gar nicht über sie schreibt, wird ein Klischee zum Mythos, weil bestimmte gesellschaftliche Probleme, die sich tatsächlich auch so abspielen, abgewertet, verharmlost oder als gar nicht mehr aktuell angesehen werden. Glaub mir, ich habe beide Seiten der Gesellschaft betrachten dürfen. Es gibt erdrückend wahre Klischeegeschichten und es gibt Leute die sie nicht für wahr erachten und einfach nur für Klischees halten, weil sie kein Teil ihrer eigenen Realität sind.

Zurück zum Gedicht:
Ich finde zwar nicht, dass es sonderlich holpert, doch meine
(umgangssprachlichen) Verkürzungen, finde ich selber nicht gut. Daran werde ich arbeiten.

"Stimmung angesoffen", ja, das ist ein Perspektivwechsel, aber keinesfalls wertend. Nur Saufen ist kein schönes Wort. Allerdings ein derbes Thema und daher passt es. "Sie weiß nicht was sie sagen soll" ist auch keine beschreibende Perspektive und auch nicht werten , weil da kein "saufen" dabei ist nicht wahr? Das ist allerdings sehr unbegründet von dir dahergeschrieben, denn woher würde man sonst so genau wissen können, was diese Frau gerne gemacht hätte oder was sie empfindet? Wie geht das ohne die Perspektive der Frau? Wenn es also die Perspektive der Frau ist, dann kann sie doch nicht wertend sein, oder?
Ich als Person, denke darf solche Sachen in Gedichten schreiben, denn ich nenne keine Namen, die werten würden und
schreibe ebenfalls nicht, dass alle Menschen oder alle Frauen so reagieren.
Was wäre denn mit der Möglichkeit, man weiß es ja schließlich nie, wenn der Dichter da über sich selbst schreibt. Ist er dann deiner Meinung nach wertend, weil er sich selbst eine negative Eigenschaft anhängt?
Ja, er wertet über sich selbst, doch dass war in unserer Gesellschaft noch nie verpönt, also kannst du nur das andere Werten meinen. Nämlich das Werten über andere Menschen. Aber dazu muss doch erst einmal jemand erkennbar sein, über den man möglicher Weise werten kann, um wertend zu sein.

Du hast den Titel wohl auch nicht auf meine Weise verstanden, so wie ich ihn gesetzt habe. Sie ist nicht arbeitslos. Nein, das stimmt. Doch mann muss unterscheiden, ob ein Titel beschreiben oder begründen soll. Meine Wahl war definitiv als Begründung der Umstände und nicht als bloße Schilderung dieser gedacht. Da ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Aber alles in allem werde ich Besserung geloben und weiter auf deine interessante Kritik hoffen, falls dir meine Antwort jetzt nicht zu viel war.

Lieben Gruß,
Tartan

( Es ist spät. Rechtschreibung ohne Gewähr.:D)
 



 
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