Arriba, Arriba!

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Ein kleiner Bub aus Wien kommt herum in der Welt und beschreibt, was ihm dabei so auffällt. Gemeinsam mit seiner kleinen Freundin Natasha, die aus Russland stammt und scheinbar alles weiss, versucht er die Situationen und Widersprüchlichkeiten zu verstehen. Dabei bleibt zuerst Mal der Ernst auf der Strecke...

Wir haben Mexikaner gesehen. Aber nicht in Mexiko, sondern in Amerika. Dort leben die nämlich auch. Bis auf die, die in Mexiko leben. Und wenn die Mexikaner fröhlich sind, dann machen sie eine grosse Party und tanzen sich was vor. Zu den Parties sagen die Mexikaner Fiestas, nicht so wie bei uns „Clubbing“ oder „Party“, aber die Mexikaner sind da stur. Damit sie auch lange viel tanzen können, machen die Mexikaner nachmittags Siesta, was soviel wie Mittagsschläfchen heisst, hat Papa gesagt.
Mit Mama, Papa und meiner Freundin Natasha sind wir dorthin gegangen. Natürlich nicht zur Siesta. Das wäre ja nämlich fad für uns, den Mexikanern beim Schlafen zuzusehen. Wir waren bei der Fiesta und haben den Mexikanern dabei zugeschaut.

Genau wie der Speedy Gonzales tragen die Mexikaner Mexikanerhüte. Die sind viel grösser als unsere Hüte. Papa sagt, die Hüte heissen Sombrero, die Männer Hombres und die Mädchen Muchachas. Das glaube ich aber nicht, das klingt alles wie scharfes mexikanisches Essen. Die Mexikanermädchen tragen keine Hüte, sondern bunte Bänder oder Blumen im Haar. Die Hombres haben immer ganz enge Hosen und zu kurze Jacken an. Man müsste denen mal sagen, dass sie die Wäsche nicht immer so heiss waschen sollen. Die Muchachas dagegen sind kunterbunt gekleidet und die Röcke sind ganz ganz weit, also wirklich echt ganz weit. Damit können sie herumwacheln und sie soweit hochheben, dass man immer noch nicht unter den Rock schauen kann. Natasha hat immer Röcke an, unter die man schauen kann, wenn sie beim Tempelhüpfen hochspringt.

Damit die Mexikaner viel stampfen können, tragen die Hombres Cowboystiefel und die Muchachas Eislaufschuhe ohne Metallkufen. So schauen die Schuhe nämlich aus. Und die Mexikaner stampfen viel. Und schnell. Es ist ein einziges Geknattere, so wie bei unserem alten VW-Käfer, mit dem Papa einmal auf dem Weg in die Arbeit auf der Strasse kaputt liegen geblieben ist.
Zu den Tänzen hat Trompetenmusik gespielt. Die war aber ganz anders, als es bei uns beim Frühschoppen gespielt wird. Die Mexikanertrompetenmusik klingt, als ob jemand zu viele Stiegen gestiegen ist und nun ganz ausser Atem und kurzatmig in die Trompete bläst. Aber es gibt auch Geigen dabei, in die muss man nicht reinblasen, da ist es egal, wie viele Stiegen man vorher gestiegen ist.

Die Mexikaner im Publikum waren jedenfalls ganz begeistert und haben gekreischt, geklatscht und geschrien, egal ob jemand auf der Bühne war oder nicht. Nur in der Pause war es ruhig, weil alle nach draussen zum Burritostand und der Taqueria gestürmt sind. Die Mexikaner sind halt eigen, bei uns würde man das nicht machen. Das ist ja so, als ob wir in den Konzert- oder Opernpausen zu Hause in Wien zum Würschtelstand gehen würden. Aber das machen wir nur wenn wir Hunger haben.

Wie wir von der Pause zurück gekommen sind, kamen ganz andere Mexikaner zum Tanzen. Das waren die Apotheken. Natasha sagt, das stimmt nicht, die heissen Azotheker. Aber man darf ihr nicht glauben, die Natasha will nur angeben, weil sie in so einer Azotheke im Winter immer mit ihrer Mama Hustensaft kaufen geht. Papa sagt Azteken, aber dem hat die Zunge von irgendeiner scharfen mexikanischen Sosse gebrannt, da darf man ihm nicht alles glauben. Jedenfalls waren dieser Apotheken ganz cool angezogen. Sie haben furchtbare lange Federn am Kopf getragen, mindestens zwölfzig Mal länger als bei den Indianern. Aber noch toller waren die vielen Holzglockerln, die sie um die Knöcheln und Waden gebunden haben. Damit machen sie bei jedem Schritt einen furchtbaren Lärm. Mit den Schuhen selbst können sie keinen Lärm machen, wie die echten Mexikaner, weil sie keine anhaben.

Das einzige was mir nicht gefallen hat, war, dass bei denen nicht nur die Mädchen Röcke anhatten, sondern auch die Buben. Das ist wie bei den Schotterern, die auch Röcke tragen. Aber die müssen Röcke tragen, damit beim Dudlsackspielen die Luft ordentlich durchziehen kann, sagt Papa. Und die Mädchen müssen Röcke tragen, damit ihnen beim vielen Schnattern die Luft nicht ausgeht, hat er noch hinzugefügt, aber da hat ihn die Mama böse angeschaut und aufs Schienbein getreten.

Die Musik war nur eine Trommel und ein Uuuuhuuuuu-Horn, wo wir den echten Namen nicht wissen. Dafür haben die Tänzer Rasseln mitgebracht und natürlich die Glockerln um die Füsse. Und dann sind sie hereingehopst, und im Kreis gelaufen. Und dann wieder gingen die Apotheker in einen Spagat und legten sich auf den Boden und wischten mit den riesigen Federn am Kopf den Boden ab, damit sie sich die nackten Füsse nicht schmutzig machen. Wie sie dann genug abgewischt hatten, sind sie wieder aufgestanden und hinausgehopst. Ich muss das unserer Hausmeisterin, der Frau Pospischil erzählen, damit sie das bei uns zu Hause auch macht.

Am Ende haben dann Tänzer in hölzernen Badeschlapfen und mit Fischernetzen getanzt. Trotzdem sie so arm waren und keine Stiefel kaufen konnten, haben sie ganz viel schneller mit den Füssen gestampft, als alle anderen davor. Weil die Männer alle Masken aufhatten und es heiss war, wollten sie wahrscheinlich schnell mit dem Tanz fertig werden und haben deshalb so rasch gestampft. Fische aber haben sie auf der Bühne keine gefangen. Kein Wunder bei all dem Getrampel und Wirbel...
 



 
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