Auf Tannensuche

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Auf Tannensuche

Heute ist es bitterkalt,
Leute stapfen durch den Wald.
Dick vermummt und dick verpackt.
Heute wird ein Baum gehackt.

In der einen Hand ein Beil,
in der anderen ein Seil.
Wenn man einen Baum gefunden,
wird er mit dem Seil umwunden.

Doch noch ist es nicht soweit.
Man lässt sich ein wenig Zeit.
Schaut mal hierhin und mal dort,
sieht sich an den ganzen Ort.

Leider kann man es nicht hören,
dass die Tannen woll'n betören.
''Nimm doch mich, ich bin sehr schön''
wispern sie mit leisenTön'.

''Einmal möcht' ich doch im Leben
vielen Menschen Freude geben.
Ja, es ist mein Lebenstraum,
zu stehen da als Weihnachtsbaum.

Geschmückt mit sehr viel Silber, Gold,
das hab immer ich gewollt.
Wenn Kinder glücklich vor mir steh'n,
ach, das wäre wunderschön.''

Jedoch die Menschen hören nicht,
was fast jede Tanne spricht.
Sie suchen sich die schönsten aus
und fahren dann damit nach Haus.

Stolz sie am Heiligabend sagen:
Die Tanne hab' ich selbst geschlagen.
Doch bald ist sie nur ein Gerippe.
Ungeschmückt kommt sie zur Kippe.

Den Traum, den alle Tannen weben,
bezahlen sie mit ihrem Leben.
Um einmal Mittelpunkt zu sein,
geh'n sie gern den Handel ein.

Marie-Luise Wendland
 

Gerd Geiser

Mitglied
Hallo Marie-Luise,

du erzählst von dem Brauch, in den Wald zu fahren und nach einem geeigneten Weihnachtsbaum Ausschau zu halten. Als mitfühlende Zeitgenossin versetzt du dich dabei in den Baumbestand und teilst uns mit, warum die Tannen nach ihrem Schlächter rufen. "Wenn Kinder glücklich vor mir stehn, ach, das wäre wunderschön", heißt es da und man möchte sagen, ja, so sind sie, die selbstlosen Tannebäumchen, ein schönes Symbol. Aber, so erfahren wir am Ende des Gedichtes, der Tanne geht es doch nur um sich selbst, sie will im Mittelpunkt stehen. Wir hatten es schon geahnt, war sie doch immer schon hinter Gold und Silber her. Und die Moral von der Geschicht: Das selbstbezogene Streben kappt die Lebensader und man/Baum findet sich als Gerippe wieder. Eigentlich schlimmer noch: Das Bäumchen weiß um den Preis seiner Eitelkeit und geht wissend ins Verderben.
Da hab ich so meine Schwierigkeiten, mich von ihm bescheinen zu lassen und o du fröhliche zu singen. Aber diese Schwierigkeit hatte ich vorher auch schon.

Dein Gedicht ist nicht ganz gerade gewachsen. Aber da es weihnachtet und wenn schon Tannebaum, mir die ein wenig verwachsenen am liebsten sind, will ich mit damit anfreunden.

Auch dir ein frohes Fest.
Lieben Gruß,
Gerd
 
Hallo Gerd,
da du mich darauf aufmerksam gemacht hast, dass die Tanne nicht so ganz uneigennützig war, ist mir der Widerspruch auch aufgefallen.
Manchmal geht es den Menschen ja auch so. Sie handeln scheinbar uneigennützig und hoffen doch auf einen Vorteil für sich.

Danke für den Kommentar und noch einen Gruß
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Hallo Marie-Louise,

mir sind Menschen (und Tannenbäume), die Gutes tun und auch ein wenig an sich dabeidenken, lieber als manche Extreme (die nur raffen und die nur "gut" sind). Die ersteren mag ich nicht, weil das eine Einstellung ist, die ich für wenig fruchtbar halte (der Stimm "Nimm") und bei der zweiten habe ich einfach deshalb ein Problem, weil das ein Verhalten ist, das ich für selbstzerstörerisch (und damit wieder selbstsüchtig) halte.

Man darf Gutes tun (und dafür gut angesehen werden wollen, keiner ist nur für die anderen da, Jesus einmal ausgenommen).

Daher ist das OK mit dem Tannenbaum. Der darf sich im Glitter wohlfühlen. Er schenkt ja Freunde. Es gibt da übrigens ein amerikanisches Weihnachtslied mit dem Titel "Christmas Tree", das exakt Deiner Dichtung ähnelt. :)

Allerdings hat Gerd Geiser recht, wenn er ein paar kleinere Unrundheiten im Text bemerkt hat. Du weißt ja, wer hier wieder mäkelt. Da aber Weihnachten ist, überlasse ich es Dir, die kleinen Stockfehler zu finden. ;)

Lieber Gruß und allerbeste Neujahrswünsche an Dich, Gerd und alle anderen Lesenden und Lupenden

der W.
 
Hallo Walther,
ich danke dir für den netten Kommentar. Ja, ein wenig erstaunt bin ich schon, dass ich das Wort ''Metrum'' darin nicht fand.Ich werde dann wohl selbst auf die Suche nach Unreinheiten gehen müssen.
Ich wünsche ebenfalls ein gutes Neues Jahr, und dass wir 2008 noch oft voneinander hören bzw. lesen werden.

Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Liebe Marie-Louise,
ich habe mir für das neue Jahr vorgenommen, meine Erwartungen in mich zu übertreffen und die anderer in vielfacher Hinsicht zu enttäuschen (auch metrisch). Mal sehn, was draus wird. :)
Auch ich freue mich auf weitere Werke von Dir, denen ich immer mehr abgewinnen kann. In diesem Sinne!
Gruß W.
 



 
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