Aufbruch

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Aufbruch der Wanderin


Als ich an diesem Morgen erwachte, wusste ich es plötzlich. Heute würde ich aufbrechen, diese Herberge verlassen und meine Reise endlich fortsetzen. Leicht war mir ums Herz. Ich schaute mich noch einmal im Zimmer um. Es kam mir nun so fremd vor. Ich war hier nur untergekrochen auf meiner Wanderschaft. Der andere Wanderer, mit dem ich dieses Zimmer bislang geteilt hatte, bemerkte, dass ich gehen wollte und fragte erstaunt:
„ Du willst schon fort? Wie spät ist es denn?“ „Es ist höchste Zeit!“, antwortete ich. Er schien mich, wie so oft, nicht zu verstehen und fragte nach der genauen Uhrzeit. Ich hatte nichts hinzuzufügen. Es war längst höchste Zeit, ich hätte schon eher gehen müssen. Die Luft in dem Zimmer war verbraucht, reichte nur noch für ihn. „Wir haben es doch schön hier, du musst es nur mit meinen Augen sehen! Du solltest noch ausruhen!“, sagte er, „Ich bin zu erschöpft, um zu bleiben“, sagte ich, „sonst verliere ich meinen Weg aus dem Blick!“ „Aber wo willst du denn hin?“, fragte er, “Draußen wartet nur die Einsamkeit!“„Schlimmer wäre es, am Ende nicht meinen Weg gegangen zu sein, wer weiß schon, was mich dort erwartet?“, antwortete ich. „Wirst du etwas mitnehmen, wovon du unterwegs zehren kannst?“ „Natürlich“, sagte ich, “die Erinnerungen, denn damit wird mein Weg ja gepflastert!“


C.W., Juni 2005
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Schneewittchen,

an Deinem Text gefällt mir die Idee der Darstellung einer Trennung als Aufbruch zu bzw. Fortsetzung einer Wanderschaft.

Die Vorstellung vom Pflastern des Weges aus den Erinnerungen behagt mir nicht so ganz. Da fehlen mir Fantasien, Ziele, Lust an der Bewegung, u.s.w. Auch bremst diese Arbeit doch sehr das Vorwärtsstreben, das Wandern ausmacht. Dadurch stimmt m. E. das Bild nicht so recht.

Dein Schreibstil gefällt mir ansonsten gut.

Schöne Grüße

Elke
 
Uff, ja

Hallo, Elke!
Danke, für Deine Anregung!
Vielleicht wäre es besser gewesen zu schreiben, denn damit "ist mein Weg ja gepflastert" um nicht der Eindruck zu erwecken, dass die Protagonistin das Pflastern selbst in die Hand nimmt. Der Weg, den ich meinte ist eigentlich der Lebensweg und ist der nicht bei uns allen am Ende mit Erinnerungen gepflastert, die aus Erfahrungen erwachsen? Ich will damit nur darstellen, was ich mir gedacht habe, das Ganze ist natürlich als Parabel zu verstehen, vielleicht hast Du recht und das Bild stimmt am Ende nicht so ganz. Ich wollte bewusst einen Text,bei dem sich etwas hinter den zeilen abspielt und einfach nur die unmittelbare Trenungsituation darstellen. Womit ich aber sehr zufrieden bin,ist die Darstellung des Kommunikationsproblems meiner beiden Handlungstäger.
Ganz liebe Grüße,
Schneewittchen
 



 
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