Ausgesondert

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Echoloch

Mitglied
Erdlos, abgedroschen schlagen
deine Worte in mein Leben,
reißen Krater in Gefühle, Stadtparkboden,
Erdnusslehm zerbröselt eben,
wenn Vertrautheit
plötzlich stirbt.

Kalt und feige, Eisfassade
ziehst du eine Trennwand auf,
hoch bis über Sehnsuchtswellen,
die aus deinen Augen fließen,
kranke Meereshiebe schellen
schäumend auf die Todesfelsen.

Fahl asthmatisches Erwachen,
Übelkeit zerrt an Bewusstsein,
kalte Asche, Frühstücksblues,
lahme Lunge atmet kein
Verständnis mehr.
Erstickter Ton.

Klamm benommenes Erwachen,
Einsamkeit zehrt Nerven aus,
Nägel pulen Denkmalswunden,
Spinnen bauen Seidenhölle,
ausgesondert, matt, geschunden,
sinnentleert, Desillusion.
 
S

Sandra

Gast
Liebe Maja,

hat man dir eigentlich schon einmal gesagt, dass du sehr bildhaft schreibst und vielleicht manchmal deine sehr ausdrucksstarken Bilder überbelegst? ;)
Hier brechen Metaphern auf mich ein - gute, unverbrauchte Metaphern, die mir sehr, sehr, gut gefallen. Manchmal ist es vielleicht ein wenig zu viel, was du dem Leser zumutest. Obwohl ich sagen muss, dass es mich nicht wirklich stört, da ich gerne selber so schreibe, wenn es dann gelingt ;)
Manchmal jedoch ist weniger mehr und auch wenn ich dir das nicht unbedingt mit ganzer Vehemenz anraten möchte deine Zeilen zu ändern, wäre es vielleicht ein Gedanke, sie von dir dahingehend zu überprüfen.

Bei diesem Bild z.B.:
Fahl asthmatisches Erwachen,

Asthmatisches Erwachen, allein gelesen ist schon ein so ausdruckstarkes Bild, dass du es mit dem "fahl" fast ein wenig schwächst.

Auch hier:
kranke Meereshiebe schellen
schäumend auf die Todesfelsen

Krank, Hieb, schellen, Tod, das sind alles sehr große Begriffe, sie lassen das Bild auf eine etwas unnatürliche Größe wachsen, die aber in der Aussagekraft des Bildes auch ohne beschreibende Adjektive schon gegeben wäre.

Du beginnst deine dritte und vierte Strophe in der ersten Zeile mit dem Erwachen, ist dies beabsichtigt? Zeigt es vielleicht vergehende Zeit? Wenn nicht, würde ich auch hier über die jeweils ersten Zeilen noch einmal nachdenken.

Ich pendele, was die Bewertung angeht, zwischen einer 8 und einer 9, dies sage ich dir nur, damit du weißt, wie du meine Kritik, die nur teilweise Kritik als eher Denkanstoß ist, werten sollst. Mir gefällt dein Schreibstil außerordentlich gut und ich bin von deiner bildhaften Sprache sehr angetan.

Einen lieben Gruß

Sandra
 

Echoloch

Mitglied
Hallo Sandra, erst einmal vielen Dank für deine sehr ausführliche Auseinandersetzung mit meinen Zeilen! Bin ja ganz beeindruckt :eek:
Dann: Ja, ich weiß, dass ich sehr bildhaft und ausdrucksstark und häufig zu bildhaft und ausdrucksstark schreibe. Ich versichere dir auch, dass ich schon viel besser geworden bin - kaum zu glauben, aber früher war meine Ausdrucksweise tatsächlich noch viel wuchtiger... ;O) Vielen Dank für deinen Hinweis, das ist sehr wichtig für mich, und auch, wenn es nicht so scheinen mag, nehme ich mir die Hinweise immer sehr zu Herzen, und mittel- bis langfristig schlagen sie sich dann auch immer nieder. (Das "Manchmal ist weniger mehr!"-Männchen sitzt schon immer parat, wenn ich neue Texte schreibe.)
Ach so, und dann noch zum Erwachen: Das war durchaus Absicht, dass die beiden letzten Strophen damit beginnen, es sollte zum Ausdruck bringen, dass "sie" langsam wieder zu sich kommt nach dem plötzlichen Schock und dass der Schmerz sich zwar ändert, aber nicht vergeht. In diesem Sinne also schon vergehende Zeit. Wenn das aber nicht plausibel erscheint, muss ich es wohl wirklich noch einmal ändern, denn wie eine versehentliche Wiederholung soll es natürlich nicht wirken. Wäre an dieser Stelle auch dankbar über den Eindruck anderer Leser zu diesem Punkt.

Nun wünsche ich dir noch einen schönen Samstag und hoffe, du lässt es dir irgendwo gut gehen!
Ganz lieben Gruß von Maja
 
I

IKT

Gast
Hallo Maja, Du wolltest noch andere Meinungen zum "Erwachen"? Kannst Du haben! :p
"Fahl asthmatisches Erwachen" bedeutet für mich:
Es tut weh, wenn man so will, mit jedem Atemzug. (Hier paßt das Bild total!)MAn fühlt mit jeder Faser bis tief innen.

"Klamm benommenes Erwachen" interpretiere ich als:
Wei betäubt fühlt man den Schemrz, weiß er ist da, aber irgendwie nicht so bohrend wie der o.g.

Also kurz gesagt: Laß es an dieser Stelle wie es ist. Alles was sonst an Textarbeit möglich war, hat Sandra ja schon wunderbar übernommen. :D
Schönen Sonntag! IKT
 

Echoloch

Mitglied
@ IKT

Klasse, wenn du die beiden Zeilen so empfindest, da bin ich ein bißchen stolz drauf - denn besser hätte ich das, was ich mit ihnen verbinde/ sagen will, auch nicht formulieren können!

Vielen Dank für deinen Kommentar und einen schönen Start in die Woche wünscht Maja
 



 
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