Autozulassung in Kolumbien

5,00 Stern(e) 1 Stimme

Retep

Mitglied
Autozulassung in Kolumbien



1970 begann ich in Kolumbien als Lehrer zu arbeiten. Meine Aufgabe hier war, eine Deutsche Schule aufzubauen. Ich durfte einen PKW einführen, musste ihn aber nach Beendigung meiner Dienstzeit wieder ausführen. Die Deutsche Botschaft in Bogotá übersandte mir eine Bürgschaftserklärung, in der sie garantierte, dass das Fahrzeug zu gegebener Zeit wieder ausgeführt würde. Ich sollte damit auf das Zollamt in Medellín gehen und würde dort halbdiplomatische Nummernschilder erhalten.

Auf dem Weg zum Zollamt machte ich mir Gedanken, wie ich mit meinem kümmerlichen Spanisch den Beamten mein Anliegen erklären könnte.

11.00 Uhr war es, die Sonne schien, als ich ins Zollamt eintrat, ins Zimmer 13 müsse ich gehen, wie mir der Portier erklärte. Ich war stolz, dass ich seine Anweisung verstanden hatte.
Ich klopfte an die Zimmertür, worauf zunächst einmal nichts geschah, wiederholte mein Klopfen etwas stärker, niemand bat mich herein. Vielleicht machten die Beamten gerade Mittag.
Ich öffnete schließlich die Tür und trat ein und bemerkte drei Männer. Nahe der Tür stand ein Schreibtisch, an dem ein Namensschild „Jaime Jamirez“ angebracht war. Der Tisch war mit irgendwelchen Akten und Papieren überhäuft, eine Zigarette lag in einem fast vollen Aschenbecher und qualmte. Herr Ramirez lag zurückgelehnt auf einem Stuhl und schlief.
Die beiden anderen Beamten befanden sich in einer ähnlichen Lage. Der, der ganz hinten im Büro arbeiten sollte, lag auf dem Schreibtisch, Papiere und Akten lagen auf dem Fußboden.
Alle schliefen.
Vielleicht hatte ich einen ungünstigen Zeitpunkt für mein Anliegen gewählte, sollte vielleicht ein anderes Mal wieder kommen. Die Beamten könnten sonst eventuell unwirsch reagieren, wenn sie plötzlich aufgeweckt würden.
Ich machte mich also auf den Rückweg, wollte gerade das Büro verlassen, als das Telefon auf dem Schreibtisch von Herrn Ramirez ohrenbetäubend zu schrillen anfing. Die Lautstärke war wohl auf die Arbeitsumstände eingestellt worden.
Herr Ramirez schreckte auf, nahm den Telefonhörer ab, nahm stramme Haltung an. Über was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen, aus seiner Haltung schloss ich, dass ihn ein Vorgesetzter angerufen hatte.
Nachdem Herr Ramirez sein Gespräch beendet hatte, legte er den Hörer wieder auf und blickte mich nachdenklich an. Ich hatte mich wieder seinem Schreibtisch genähert.
Ich versuchte ihm meine Papiere zu überreichen. Er reagierte zunächst nicht, schaute auf seine Armbanduhr und murmelte etwas vor sich hin.
Dann streckte er doch die Hand aus, nahm meine Papiere in die Hand und las das Schreiben der Botschaft längere Zeit. Ich dachte schon, er sei wieder eingeschlafen, als er plötzlich aufsprang, fluchte und mit meinen Papieren herumschlug und das Feuer zu löschen versuchte, dass durch die liegen gelassene Zigarette auf dem Schreibtisch ausgebrochen war.
Das gelang ihm denn auch, meine Papiere waren nur ganz wenig angesengt.
Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl, betrachtete meine Papiere, als wenn er sie zum ersten Mal in seinem Leben gesehen hätte, schaute mich dann an, blickte nach oben, als ob er auf eine göttliche Erleuchtung warte.
Selbstverständlich würde man hier Ausländern gerne behilflich sein. Alles würde aber seine Zeit dauern bei der Arbeitsüberlastung, die in diesem Lande bei schlechter Bezahlung herrsche. Er zeigte auf seinen überquellenden Schreibtisch, der jetzt allerdings durch den Brand etwas leerer geworden war, zeigte auf seine Mitarbeiter, die ebenfalls aufopferungsvoll arbeiteten, wie er sagte. Sie schliefen immer noch.
Ich möge bitte in 2, nein, besser in 6 Wochen wieder kommen, dann habe man alles zu meiner vollsten Zufriedenheit geregelt.


Nach 6 Wochen betrat ich wieder das Büro Nummer 13, gegen 9.oo Uhr, wollte ich doch nicht auf völlig überarbeitete Beamte treffen.
Inzwischen war ich in Kolumbien mit deutschen Zollnummern herumgefahren, was niemanden gestört hatte.
Es war fast alles wie beim letzten Mal, auf mein Klopfen reagierte niemand. Alle schliefen wieder, der einzige Unterschied war, dass der Mann im Hintergrund jetzt unter dem Tisch lag. Auf dem Schreibtisch von Ramirez qualmte auch keine Zigarette.
Ich hüstelte zunächst leise vor mich hin, dann wurde mein Husten immer lauter, es hörte sich zuletzt wie ein Erstickungsanfall an.
Ramirez und auch die anderen rührten sich nicht, hatten wohl vergangene Nacht durchgearbeitet.
Schließlich wusste ich mir nicht mehr anders zu helfen, ich trat gegen den Schreibtisch von Ramirez.
Er fuhr hoch, schaute mich sprachlos an, fragte mich dann nicht sehr freundlich, was ich hier eigentlich wolle, wie ich dazu käme, seine kostbare Arbeitszeit zu unterbrechen.
Mein Spanisch war immer noch nicht viel besser geworden, ich versuchte ihm zu erklären, dass ich ihm vor 6 Wochen alle notwendigen Papiere für die Zulassung meines Autos übergeben hätte, dass er mir versprochen habe, diese Angelegenheit zu regeln.
Nachdenklich strich er sich durch sein zerzaustes Haar, blickte auch wieder nach oben wie beim letzten Mal, schüttelte den Kopf und sagte, er habe mich noch nie in seinem Leben gesehen.Ich müsse mich irren, vielleicht sei ich in einem anderen Büro gewesen.
Ob ich irgendetwas Schriftliches von ihm vorweisen könne, was ich natürlich nicht konnte.
Es sei hier üblich, dass man eine Empfangsbestätigung erhalte, sagte er.
Dann stand er mühsam auf, weckte seine beiden Mitarbeiter mit leichten Schwierigkeiten. Auch diese bestätigten, mich noch nie gesehen zu haben, was der Wahrheit entsprach, hatten sie doch beim letzten Mal geschlafen.
Ich solle mich an die deutsche Botschaft in Bogotá wenden, würde von ihnen eine Bürgschaftserklärung erhalten, solle dann wieder kommen. Alles könne dann geregelt werden.

Ich erhielt dann auch von der Botschaft eine neue Bürgschaftserklärung und ein Anschreiben an das Zollamt, wurde daraufhingewiesen, dass ich mir auf jeden Fall eine Empfangsbestätigung ausstellen lassen müsse.
Dieses Mal ging ich erst gegen 17.00 Uhr auf das Zollamt, Kolumbianer hatten mir erklärt, dass dies ein günstiger Zeitpunkt sei, da die Beamten dann wohl etwas erholt seien, sich ausgeschlafen hätten.
Niemand schlief, Herr Ramirez gab mir eine Empfangsbestätigung, in 6 Wochen solle ich wieder kommen, man würde mir dann sogar die Nummernschilder anschrauben.

Als ich dann nach 6 Wochen wieder kam, schlief niemand, es wurde wirklich gearbeitet, auch auf mein Anklopfen war nach mehreren Versuchen reagiert worden, nur Herr Ramirez war nicht mehr da.
Ich zeigte einem anderen Beamten meine Empfangsbestätigung mit der Unterschrift von Herrn Ramirez. Unruhe entstand, auch der Mann aus dem Hintergrund kam herbei.
Beide Beamten schüttelten ihre Köpfe, redeten leise miteinander, schauten mich an, als wenn sie einen Wahnsinnigen vor sich hätten.
Ein Ramirez habe hier noch nie gearbeitet, sie wären immer nur zu Zweit hier gewesen, ein Irrtum sei ausgeschlossen, wären sie doch schon mehrere Jahre hier.
Ich zeigte auf den Schreibtisch, an dem noch das Namensschild „Ramirez“ war, auch Brandspuren waren noch auf der Tischplatte.
Beide Beamten brachen in ein Riesengelächter aus, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern und meinten, dass dies ein alter Schreibtisch sei, den sie von irgendwoher erhalten hätten, ein dritter Beamter solle demnächst wegen ihrer Arbeitsüberlastung eingestellt werden, das würde aber sicherlich noch dauern.
Man würde mir aber meinen Irrtum nicht übel nehmen, sei ich doch Ausländer, spräche wenig die christliche Landessprache, ich müsse irgendwo anders gewesen sein. Auch die Unterschrift auf der vorgezeigten Empfangsbestätigung könne man kaum entziffern.
Ich müsse eine Bürgschaftserklärung so schnell wie möglich beibringen.

Nach einigen Wochen erhielt ich dann auch von der Botschaft neue Unterlagen, ein Anschreiben vom Generalzollamt in Bogotá war beigefügt mit der Anweisung an den Zoll in Medellín, nun endlich die Zulassung auszuführen.
Ich gab alle Papiere ab, Herr Ramirez war immer noch nicht da, ein anderer Mann saß an seinem Schreibtisch, nahm die Papiere in Empfang und bestätigte ihn.

6 Wochen später erhielt ich dann meine neuen amtlichen Nummern. Anschrauben musste ich sie mir selber.
Fast ein Jahr war vergangen.
 
hallo @retep

also deine Geschichte finde ich Klasse geschrieben. Ich frag mich grad, ob dir das wirklich mal passiert ist. Das die Behörden in manchen Ländern eine etwas seltsame Berufsauffassung zu Tage legen, ist uns wohl allen bekannt.

Hm. Da es unter Tagebuch eingestellt ist, kann man sagen, so ist es einfach passiert und nicht anders. Denn es ist mir schon etwas unklar, was mit diesen Rodrigez geschehen ist. Ich bin zu der Annahme gekommen, dass man ihn wegen seiner schlampigen Berufsauffassung (vielleicht durch Beschwerden der Botschaft) gefeuert hatte, und dass es den beiden anderen Beamten einfach nur peinlich war, und sie daher die Existenz und alles andere abstritten. Oder irre ich mich und hab da irgendwo etwas überlesen oder die Zusammenhänge nicht richtig gedeutet?

Eines hat mich stutzig gemacht. Das Feuer auf dem Tisch hat Rodrigez erst nach längerer Zeit (da er ja in dem Schreiben vertieft war) bemerkt und gelöscht, aber du warst ihm ja unmittelbar gegenüber und hättest es ja sofot erkannt, dass es zu brennen anfing, und natürlicherweise hättest du ihn darauf aufmerksam machen müssen, denn das konnte dir nicht entgehen und bei Feuer wird immer schnell reagiert, oder ein Schrei abgelassen.---solltest du vielleicht ein bisschen ändern.

zwei Vertipper hab ich gesehn:
Schreibtisch, an dem ein Namensschild „Jaime [red]J[/red]amirez“ angebracht war. Der Tisch war mit irgendwelchen Akten und Papieren überhäuft, eine Zigarette lag in einem fast vollen Aschenbecher und qualmte. Herr Ramirez lag zurückgelehnt auf einem Stuhl und schlief.
Vielleicht hatte ich einen ungünstigen Zeitpunkt für mein Anliegen gewählt[red]e[/red]
und ein Wort finde ich nicht gerade passend:
Ich öffnete schließlich die Tür und trat ein und [red]bemerkte [/red]drei Männer.
liebe grüße gernot
 
oje, nochmals ich
konnte nicht mehr editieren. der Name hat mich draußgebracht, und hab rodrigez geschrieben. meinte ramirez.
entschuldigung
gruß gernot
 
S

suzah

Gast
hallo retep,
tolle geschichte, kann ich mir gut vorstellen.

wie konntest du aber auch, bei deinem zweiten besuch, zu nachtschlafender zeit um 9 uhr zur behörde gehen.

hast du jemals in erfahrung bringen können, wo der ramirez abgeblieben war? ich schätze mal, dass einfach ein neuer beamter eingestellt wurde, vielleicht weil er gut beziehungen hatte...

ich habe mich köstlich amüsiert. hast du noch mehr erlebnisse dieser art zu schildern?

wie kamst du denn mit geringen spanischkenntnissen, wie du sagst, überhaupt zu dieser aufgabe, ich hätte gdacht, fliessend spanisch wäre bedingung.

liebe grüße aus berlin, suzah
 

Retep

Mitglied
Autozulassung in Kolumbien



1970 begann ich in Kolumbien als Lehrer zu arbeiten. Meine Aufgabe hier war, eine Deutsche Schule aufzubauen. Ich durfte einen PKW einführen, musste ihn aber nach Beendigung meiner Dienstzeit wieder ausführen. Die Deutsche Botschaft in Bogotá übersandte mir eine Bürgschaftserklärung, in der sie garantierte, dass das Fahrzeug zu gegebener Zeit wieder ausgeführt würde. Ich sollte damit auf das Zollamt in Medellín gehen und würde dort halbdiplomatische Nummernschilder erhalten.

Auf dem Weg zum Zollamt machte ich mir Gedanken, wie ich mit meinem kümmerlichen Spanisch den Beamten mein Anliegen erklären könnte.

11.00 Uhr war es, die Sonne schien, als ich ins Zollamt eintrat, ins Zimmer 13 müsse ich gehen, wie mir der Portier erklärte. Ich war stolz, dass ich seine Anweisung verstanden hatte.
Ich klopfte an die Zimmertür, worauf zunächst einmal nichts geschah, wiederholte mein Klopfen etwas stärker, niemand bat mich herein. Vielleicht machten die Beamten gerade Mittag.
Ich öffnete schließlich die Tür und trat ein und sah drei Männer. Nahe der Tür stand ein Schreibtisch, an dem ein Namensschild „Jaime Ramirez“ angebracht war. Der Tisch war mit irgendwelchen Akten und Papieren überhäuft, eine Zigarette lag in einem fast vollen Aschenbecher und qualmte. Herr Ramirez lag zurückgelehnt auf einem Stuhl und schlief.
Die beiden anderen Beamten befanden sich in einer ähnlichen Lage. Der, der ganz hinten im Büro arbeiten sollte, lag auf dem Schreibtisch, Papiere und Akten lagen auf dem Fußboden.
Alle schliefen.
Vielleicht hatte ich einen ungünstigen Zeitpunkt für mein Anliegen gewählt, sollte vielleicht ein anderes Mal wieder kommen. Die Beamten könnten sonst eventuell unwirsch reagieren, wenn sie plötzlich aufgeweckt würden.
Ich machte mich also auf den Rückweg, wollte gerade das Büro verlassen, als das Telefon auf dem Schreibtisch von Herrn Ramirez ohrenbetäubend zu schrillen anfing. Die Lautstärke war wohl auf die Arbeitsumstände eingestellt worden.
Herr Ramirez schreckte auf, hob den Telefonhörer ab, nahm stramme Haltung an. Über was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen, aus seiner Haltung schloss ich, dass ihn ein Vorgesetzter angerufen hatte.
Nachdem Herr Ramirez sein Gespräch beendet hatte, legte er den Hörer wieder auf und blickte mich nachdenklich an. Ich hatte mich wieder seinem Schreibtisch genähert.
Ich versuchte ihm meine Papiere zu überreichen. Er reagierte zunächst nicht, schaute auf seine Armbanduhr und murmelte etwas vor sich hin.
Dann streckte er doch die Hand aus, nahm meine Papiere in die Hand und las das Schreiben der Botschaft längere Zeit. Ich dachte schon, er sei wieder eingeschlafen, als er plötzlich aufsprang, fluchte und mit meinen Papieren herumschlug und das Feuer zu löschen versuchte, dass durch die liegen gelassene Zigarette auf dem Schreibtisch ausgebrochen war.
Das gelang ihm denn auch, meine Papiere waren nur ganz wenig angesengt.
Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl, betrachtete meine Papiere, als wenn er sie zum ersten Mal in seinem Leben gesehen hätte, schaute mich dann an, blickte nach oben, als ob er auf eine göttliche Erleuchtung warte.
Selbstverständlich würde man hier Ausländern gerne behilflich sein. Alles würde aber seine Zeit dauern bei der Arbeitsüberlastung, die in diesem Lande bei schlechter Bezahlung herrsche. Er zeigte auf seinen überquellenden Schreibtisch, der jetzt allerdings durch den Brand etwas leerer geworden war, zeigte auf seine Mitarbeiter, die ebenfalls aufopferungsvoll arbeiteten, wie er sagte. Sie schliefen immer noch.
Ich möge bitte in 2, nein, besser in 6 Wochen wieder kommen, dann habe man alles zu meiner vollsten Zufriedenheit geregelt.


Nach 6 Wochen betrat ich wieder das Büro Nummer 13, gegen 9.oo Uhr, wollte ich doch nicht auf völlig überarbeitete Beamte treffen.
Inzwischen war ich in Kolumbien mit deutschen Zollnummern herumgefahren, was niemanden gestört hatte.
Es war fast alles wie beim letzten Mal, auf mein Klopfen reagierte niemand. Alle schliefen wieder, der einzige Unterschied war, dass der Mann im Hintergrund jetzt unter dem Tisch lag. Auf dem Schreibtisch von Ramirez qualmte auch keine Zigarette.
Ich hüstelte zunächst leise vor mich hin, dann wurde mein Husten immer lauter, es hörte sich zuletzt wie ein Erstickungsanfall an.
Ramirez und auch die anderen rührten sich nicht, hatten wohl vergangene Nacht durchgearbeitet.
Schließlich wusste ich mir nicht mehr anders zu helfen, ich trat gegen den Schreibtisch von Ramirez.
Er fuhr hoch, schaute mich sprachlos an, fragte mich dann nicht sehr freundlich, was ich hier eigentlich wolle, wie ich dazu käme, seine kostbare Arbeitszeit zu unterbrechen.
Mein Spanisch war immer noch nicht viel besser geworden, ich versuchte ihm zu erklären, dass ich ihm vor 6 Wochen alle notwendigen Papiere für die Zulassung meines Autos übergeben hätte, dass er mir versprochen habe, diese Angelegenheit zu regeln.
Nachdenklich strich er sich durch sein zerzaustes Haar, blickte auch wieder nach oben wie beim letzten Mal, schüttelte den Kopf und sagte, er habe mich noch nie in seinem Leben gesehen.Ich müsse mich irren, vielleicht sei ich in einem anderen Büro gewesen.
Ob ich irgendetwas Schriftliches von ihm vorweisen könne, was ich natürlich nicht konnte.
Es sei hier üblich, dass man eine Empfangsbestätigung erhalte, sagte er.
Dann stand er mühsam auf, weckte seine beiden Mitarbeiter mit leichten Schwierigkeiten. Auch diese bestätigten, mich noch nie gesehen zu haben, was der Wahrheit entsprach, hatten sie doch beim letzten Mal geschlafen.
Ich solle mich an die deutsche Botschaft in Bogotá wenden, würde von ihnen eine Bürgschaftserklärung erhalten, solle dann wieder kommen. Alles könne dann geregelt werden.

Ich erhielt dann auch von der Botschaft eine neue Bürgschaftserklärung und ein Anschreiben an das Zollamt, wurde daraufhingewiesen, dass ich mir auf jeden Fall eine Empfangsbestätigung ausstellen lassen müsse.
Dieses Mal ging ich erst gegen 17.00 Uhr auf das Zollamt, Kolumbianer hatten mir erklärt, dass dies ein günstiger Zeitpunkt sei, da die Beamten dann wohl etwas erholt seien, sich ausgeschlafen hätten.
Niemand schlief, Herr Ramirez gab mir eine Empfangsbestätigung, in 6 Wochen solle ich wieder kommen, man würde mir dann sogar die Nummernschilder anschrauben.

Als ich dann nach 6 Wochen wieder kam, schlief niemand, es wurde wirklich gearbeitet, auch auf mein Anklopfen war nach mehreren Versuchen reagiert worden, nur Herr Ramirez war nicht mehr da.
Ich zeigte einem anderen Beamten meine Empfangsbestätigung mit der Unterschrift von Herrn Ramirez. Unruhe entstand, auch der Mann aus dem Hintergrund kam herbei.
Beide Beamten schüttelten ihre Köpfe, redeten leise miteinander, schauten mich an, als wenn sie einen Wahnsinnigen vor sich hätten.
Ein Ramirez habe hier noch nie gearbeitet, sie wären immer nur zu Zweit hier gewesen, ein Irrtum sei ausgeschlossen, wären sie doch schon mehrere Jahre hier.
Ich zeigte auf den Schreibtisch, an dem noch das Namensschild „Ramirez“ war, auch Brandspuren waren noch auf der Tischplatte.
Beide Beamten brachen in ein Riesengelächter aus, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern und meinten, dass dies ein alter Schreibtisch sei, den sie von irgendwoher erhalten hätten, ein dritter Beamter solle demnächst wegen ihrer Arbeitsüberlastung eingestellt werden, das würde aber sicherlich noch dauern.
Man würde mir aber meinen Irrtum nicht übel nehmen, sei ich doch Ausländer, spräche wenig die christliche Landessprache, ich müsse irgendwo anders gewesen sein. Auch die Unterschrift auf der vorgezeigten Empfangsbestätigung könne man kaum entziffern.
Ich müsse eine Bürgschaftserklärung so schnell wie möglich beibringen.

Nach einigen Wochen erhielt ich dann auch von der Botschaft neue Unterlagen, ein Anschreiben vom Generalzollamt in Bogotá war beigefügt mit der Anweisung an den Zoll in Medellín, nun endlich die Zulassung auszuführen.
Ich gab alle Papiere ab, Herr Ramirez war immer noch nicht da, ein anderer Mann saß an seinem Schreibtisch, nahm die Papiere in Empfang und bestätigte ihn.

6 Wochen später erhielt ich dann meine neuen amtlichen Nummern. Anschrauben musste ich sie mir selber.
Fast ein Jahr war vergangen.
 

Retep

Mitglied
Ja, lieber Gernot, die Geschichte ist wirklich passiert.
Unglaubliche Geschichten habe ich in den fünf Jahren erlebt, die ich in diesem wunderschönen Land gelebt habe.

Die Fehler habe ich berichtigt.
Das Feuer hat nicht längere Zeit gebrannt, bevor es gelöscht wurde, der Typ hat längere Zeit in meine Papiere geschaut.(vorher)

Danke für deinen Kommentar.

Gruß

Retep
 

Retep

Mitglied
Hallo suzah,

es war nicht "nachtschlafende Zeit", es war 9.00 Uhr morgens.

Du fragst, wie ich bei meinen kümmerlichen Kenntnissen der spanischen Sprache zu der Aufgabe kam, eine Schule aufzubauen.
Auch das war seltsam. Ich dachte natürlich, man hätte mich für diese Aufgabe aus gewählt wegen meiner überragenden Fähigkeiten!!!
Nach zwei Jahren kam dann ein Mensch vom Auswärtigen Amt und fragte mich, wann wir denn den Versuch, eine Schule aufzubauen, abrechen könnten.
Da wurde mir klar, dass man mich geschickt hatte, damit das Projekt möglichst bald scheiterte.
(Ein Minister hatte einer sehr einflussreichen Frau zugesagt, dass man versuchen werde, eine Deutsche Schule aufzubauen. Das erfuhr ich später)
Die Schule funktioniert noch heute, die Arbeit da war für mich sehr interessant, ich habe viel dabei gelernt.

Wo Ramirez geblieben ist, habe ich nie erfahren, hat mich, ehrlich gesagt, auch nicht interessiert. Ich vermute, dass er nicht entlassen wurde. Mit den zwei "verlorenen" Bürgschaftserklärungen hat er sicherlich ein gutes Geschäft gemacht!
Gruß

Peter
 
S

suzah

Gast
hallo retep,
danke für deine erklärungen. dann warst du aber doch sehr erfolgreich, wenn die schule tatsächlich noch heute funktioniert, alle achtung, keine leichte aufgabe.
in unserer engeren familie sind keine frühaufsteher, deshalb sagen wir häufig aus spaß "zu nachtschlafender zeit" bei morgendlichen terminen vor 10 uhr.
jetzt verstehe ich auch deine sehr guten kenntnisse der neuen dt. rechtschreibung und den spaß, den du bei bluefins geschichte hattest.

liebe grüße aus berlin, suzah
 



 
Oben Unten